Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.04.2003, Az.: L 16 KR 26/00

Rückzahlung von Krankengeld aufgrund Rückforderungsvorbehalt; Fiktion der Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt; Vertrauensschutz bezüglich der Wiedergewährung von Krankengeld

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
23.04.2003
Aktenzeichen
L 16 KR 26/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 20377
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0423.L16KR26.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 23.11.2000 - AZ: S 7 KR 45/99

Redaktioneller Leitsatz

Die Nahtlosigkeitsregelung, für die die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt gesetzlich fingiert wird, reicht zur Begründung der Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V nicht aus.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 23. November 2000 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger das von der Beklagten in der Zeit vom 30. Juni 1998 bis 30. Juli 1998 in Höhe von DM 3.037,38 bezogene Krankengeld zurückzuzahlen hat.

2

Der im Februar 1944 geborene Kläger, der früher als Krankenpfleger erwerbstätig war, erlitt am 9. September 1994 beim Bogenschießen einen Unfall, bei dem er sich eine Knieverletzung links zuzog. In der Folgezeit war er überwiegend arbeitsunfähig krank und bezog von der Beklagten für längere Zeiträume Krankengeld. Dabei wurde die Arbeitsunfähigkeit unter der Diagnose "Zustand nach Empyem (Eiteransammlung) des linken Kniegelenks mit nachfolgenden rezidivierenden Ergüssen" (vgl. z.B. Gutachten des Internisten Dr. H. - Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) im Lande Bremen - vom 17. Oktober 1995) festgestellt. Mit Schreiben vom 17. April 1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Anspruch auf Krankengeld bestehe bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Maßgebender Drei-Jahres-Zeitraum sei hier die Zeit vom 9. September 1994 bis 8. September 1997. Sein 78-wöchiger Krankengeldanspruch ende mit dem 17. Juni 1996. Der Kläger meldete sich daraufhin mit Wirkung zum 18. Juni 1996 arbeitslos und bezog von diesem Zeitpunkt an bis zum 30. September 1997 im Wesentlichen Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach §§ 105a, 134 Abs. 4 des damals noch maßgeblichen Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Ausgenommen war der Zeitraum vom 15. April 1997 bis 1. Juli 1997, während dessen er Übergangsgeld von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erhielt.

3

Mit Schreiben vom 21. August 1997 nahm der Kläger einen zuvor bei der BfA gestellten Rentenantrag zurück und war sodann in der Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 28. Juni 1998 bei der seiner Tochter gehörenden Firma I. beschäftigt. Zwischenzeitlich bestand vom 14. November 1997 bis 31. März 1998 Arbeitsunfähigkeit wegen eines chronisch rezidivierenden Reizzustandes des linken Kniegelenks mit Ergussbildung (vgl. zu den Diagnosen das MDK-Gutachten des Allgemeinarztes J. vom 18. Dezember 1997).

4

Am 29. Juni 1998 bescheinigte der Arzt für Orthopädie Dr. K. dem Kläger erneut Arbeits-unfähigkeit. Als Diagnosen gab er an: Arthroskopie mit Synovektomie, Teilresektion, Synovektomie des linken Kniegelenks am 30. August 1996. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeiträume vom 30. Juni 1998 bis 22. Juli 1998 sowie vom 23. Juli 1998 bis 30. Juli 1998 erneut Krankengeld. In diesem Zusammenhang unterzeichnete er bei Zahlung des ersten Teilbetrags am 22. Juli 1998 folgende Erklärung: "Die Zahlung des Krankengeldes erfolgt unter Vorbehalt. Ich habe davon Kenntnis genommen, dass eventuell überzahltes Krankengeld zurückzuzahlen ist." Eine ähnlich lautende Erklärung unterzeichnete er auch bei der Auszahlung des zweiten Teilbetrags am 13. August 1998. Der Kläger erhielt von der Beklagten Leistungen in Höhe von insgesamt DM 3.037,38.

5

Die Beklagte holte sodann das MDK-Gutachten des Allgemeinarztes J. vom 10. August 1998 ein. Dieser führte aus, der Kläger leide an einem chronisch rezidivierenden Reizzustand des linken Kniegelenks mit Ergussbildung. Auf Grund des klinischen Befundes, der erneuten Bewegungs- und Belastungseinschränkung sowie der Beschwerdesymptomatik bestehe Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres. Auf Anfrage der Beklagten führte er unter dem 19. August 1998 ergänzend aus, auf Grund des Verlaufs sei von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit - ausgenommen die Zeiträume vom 1. Oktober 1997 bis 12. November 1997 und vom 1. April 1998 bis 28. Juni 1998 - auszugehen.

6

Nach einer telefonischen Anhörung des Klägers am 20. August 1998 forderte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 21. August 1998 auf, das für die Zeit vom 30. Juni 1998 bis 30. Juli 1998 unter Vorbehalt gewährte Krankengeld zurückzuzahlen. Nach den gesetzlichen Vorschriften bestehe für Versicherte, die im letzten Drei-Jahres-Zeitraum (hier: 9. September 1994 bis 8. September 1997) wegen einer Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen hätten, nach Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraums (hier: 9. September 1997 bis 8. September 2000) u.a. nur dann ein weiterer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen seien und mindestens sechs Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hätten. Der Kläger habe nach dem Ende des ersten Krankengeldbezuges in der Zeit vom 18. Juni 1996 bis 30. September 1997 Alg bzw. Alhi bei infolge Krankheit geminderter Leistungsfähigkeit bzw. Übergangsgeld bezogen. In der Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 13. November 1997 sowie vom 1. April 1998 bis 28. Juni 1998 sei er erwerbstätig gewesen. Nach einer Bescheinigung des Dr. K. bzw. entsprechend dem Gutachter des MDK sei er über den 17. Juni 1996 hinaus bis wenigstens zum 30. September 1997, vom 14. November 1997 bis 31. März 1998 und ab dem 29. Juni 1998 bis auf weiteres wegen der Knieerkrankung arbeitsunfähig (gewesen). Damit seien die Voraussetzungen für einen neuen Krankengeldanspruch innerhalb des neuen Drei-Jahres-Zeitraums zur Zeit nicht erfüllt. Er sei in diesem nicht mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen und habe auch nicht für wenigstens sechs Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden.

7

Hiergegen legte der Kläger am 18. September 1998 Widerspruch ein. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. K. vom 29. Juni 1998 sei inhaltlich unzutreffend. Die Arbeitsunfähigkeit habe nicht dieselbe Krankheit betroffen. Vielmehr habe er einen Unfall erlitten, der auch der zuständigen Berufsgenossenschaft angezeigt worden sei.

8

Die Beklagte zog in der Folgezeit die Unterlagen der Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel und Gaststätten bei. Aus dem hierin enthaltenen Durchgangsarztbericht des Arztes für Chirurgie Dr. L. vom 8. September 1998 ergibt sich, dass der Kläger dort bei der Erstvorstellung am 7. September 1998 angegeben hat, am 28. Juni 1998 einen Arbeitsunfall erlitten zu haben. Er sei zwischen auf dem Boden liegende Heizrohre getreten, dort mit dem linken Fuß stecken geblieben und habe sich dabei das linke Knie verdreht. Dr. L. nahm diagnostisch einen Zustand nach Kniegelenksdistorsion bei erheblicher Vorschädigung an und führte aus, die jetzige Beschwerdesymptomatik sei eher unfallunabhängig.

9

Der Arzt für Orthopädie Dr. K. teilte der Beklagten auf Anfrage mit Schreiben vom 17. November 1998 mit, der Kläger habe sich dort am 29. Juni 1998 erneut mit Beschwerden im Bereich des linken Kniegelenks vorgestellt, dabei jedoch kein weiteres Unfallereignis angegeben. Von dem Arbeitsunfall habe er erst am 7. September 1998 erzählt, worauf er ihn unverzüglich an Dr. L. überwiesen habe.

10

Nachdem die Beklagte dem Kläger ihre weiteren Ermittlungsergebnisse vorgehalten hatte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1999 den Widerspruch zurück.

11

Mit seiner am 6. April 1999 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Arbeitsunfähigkeit ab dem 29. Juni 1998 habe nicht auf der Ersterkrankung des linken Knies beruht, sondern sei auf den am 28. Juni 1998 als Angestellter der Firma seiner Tochter erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen. Dieser sei der zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet worden. Er habe sich mit der bei diesem Unfall erlittenen Beschädigung am linken Knie an den ihm vertrauten Arzt Dr. K. gewandt und ihm berichtet, was geschehen sei. Dieser habe ihn zu dem Unfallarzt Dr. L. weitergeleitet mit der Bemerkung, es handele sich um einen BG-Fall. Wenn nunmehr Dr. K. sich nicht mehr an den Vorgang aus dem Jahre 1998 genau erinnern könne, sei dies nicht ihm anzulasten. Des Weiteren sei er zur Rückzahlung des Krankengeldes auch deswegen nicht verpflichtet, da er bei zügiger Bearbeitung durch die Beklagte beim zuständigen Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe hätte beantragen können. Die Beklagte habe aber mehr als acht Wochen benötigt, um hier über eine Frage zu entscheiden, die sich innerhalb von ein bis zwei Tagen hätte beurteilen lassen können. Er sei auf Leistungen angewiesen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Andere Einkünfte außer Arbeitslosenhilfe bzw. Krankengeld oder auch Sozialhilfe habe er nicht gehabt.

12

Demgegenüber hat die Beklagte an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten.

13

Mit Urteil vom 23. November 2000 hat das Sozialgericht (SG) Bremen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, der Kläger sei zur Erstattung des ihm unter Vorbehalt gezahlten Krankengeldes verpflichtet, weil die Ermittlungen der Beklagten ergeben hätten, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) für die erneute Gewährung von Krankengeld bei erneuter Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach Beginn eines weiteren Drei-Jahres-Zeitraums nicht vorlägen. Soweit der Kläger schon meine, die Arbeitsunfähigkeit ab 29. Juni 1998 betreffe nicht dieselbe Krankheit, könne seiner Auffassung nicht gefolgt werden. Dr. K. habe auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29. Juni 1998 die Diagnosen "Arthroskopie mit Synovektomie, Teilresektion, Synovektomie linkes Kniegelenk am 30. August 1996" vermerkt. Auf Anfrage der Beklagten habe er am 30. Juli 1998 bestätigt, dass die Arbeitsunfähigkeit nur auf Grund der bekannten Diagnose eingetreten sei. Ein neues Unfallereignis habe der Kläger dem Arzt gegenüber erst am 7. September 1998 angegeben. Seine Behauptung, er habe Dr. K. den Unfall bereits am 29. Juni 1998 mitgeteilt, sei unglaubhaft. Hiergegen sprächen auch die Ausführungen in dem MDK-Gutachten vom 10. August 1998, in dem an keiner Stelle ein neuer Unfall erwähnt werde. Für die Darstellung von Dr. K. spreche weiter, dass dieser den Kläger erst am 7. September 1998 zum Durchgangsarzt überwiesen habe. Der Anspruch auf Krankengeld nach § 48 Abs. 2 SGB V scheitere im Übrigen am Fehlen des Nachweises, dass der Kläger in der Zeit seit dem letzten Krankengeldbezug am 18. Juni 1996 und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit am 28. Juni 1998 für mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei. Arbeitsfähigkeit habe nur für die Zeiträume seiner Erwerbstätigkeit vom 1. Oktober 1997 bis 13. November 1997 und vom 1. April 1998 bis 28. Juni 1998 bestanden. Für weitere ca. 7 1/2 Monate sei Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. In der verbleibenden Zeit sei der Kläger ebenfalls arbeitsunfähig gewesen, auch wenn keine Bescheinigung ausgestellt worden sei. Dies ergebe sich aus der Auskunft des Dr. K. vom 12. August 1998 sowie - für die Zeit ab 14. November 1997 - aus dem MDK-Gutachten vom 10. August 1998. Auch sei der Kläger in dem genannten Zeitraum weder über wenigstens sechs Monate hinweg erwerbstätig gewesen noch habe er für einen entsprechenden Zeitraum der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Seine Erwerbstätigkeit habe sich auf einen Zeitraum von ca. 4 1/2 Monaten beschränkt. Zwar habe er vom 18. Juni 1996 bis 14. April 1997 sowie vom 2. Juli 1997 bis 30. September 1997 Alg bzw. Alhi bezogen. Jedoch könne im Fall des Klägers nicht von einer Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt ausgegangen werden, da es sich um Leistungsansprüche nach §§ 105a, 134 Abs. 4 AFG gehandelt habe, die Versicherten gewährt würden, die wegen einer nicht vorübergehenden Minderung der Leistungsfähigkeit nur kurzzeitige Beschäftigungen ausüben könnten, solange der Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht festgestellt habe. Leistungen auf Grund dieser so genannten Nahtlosigkeitsregelung reichten zur Begründung der Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V nicht aus. Der Kläger könne dem Rückforderungsbegehren der Beklagten nicht entgegenhalten, sie habe durch eine verzögerliche Bearbeitung verhindert, dass er rechtzeitig Anträge auf Alg bzw. Sozialhilfe gestellt habe. Er habe die von ihm geforderte Verdienstbescheinigung erst nach einer Mahnung am 22. Juli 1998 eingereicht. Außerdem seien die Voraussetzungen für den Krankengeldbezug zu ermitteln gewesen.

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Gegen das ihm am 15. Dezember 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Dezember 2000 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, die Auszahlung des Krankengeldes an ihn sei zwar unter Vorbehalt erfolgt. Allerdings habe die Beklagte erst mit Bescheid vom 21. August 1998 entschieden, dass ihm keine Leistungen zustünden. Auf Grund der langsamen Bearbeitung durch die Beklagte hätten für ihn die Voraussetzungen für die Beantragung von Alhi oder Sozialhilfe nicht bestanden. Rückwirkend werde er nunmehr durch die erstinstanzliche Entscheidung mittellos gestellt.

15

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 23. November 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 1999 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

18

Dem Senat haben außer der Prozessakte die den Kläger betreffenden Verwaltungsunterlagen der Beklagten vorgelegen. Alle Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Sachvortrags der Beteiligten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die gemäß §§ 143 f. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist indessen nicht begründet. Das SG und die Beklagte haben zutreffend entschieden, dass der Kläger das überzahlte Krankengeld zu erstatten hat.

20

Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch der Beklagten ist der in die Bescheide über die Zahlung von Krankengeld vom 22. Juli 1998 und 13. August 1998 jeweils aufgenommene Rückforderungsvorbehalt. Dieser Vorbehalt, dessen Kenntnisnahme der Kläger in beiden Fällen mit seiner Unterschrift bestätigt hat, ist anlässlich der ersten Krankengeldzahlung auf der Auszahlungsquittung vom 22. Juli 1998 selbst und bei der zweiten Leistungsgewährung auf dem von dem behandelnden Orthopäden Dr. K. ausgestellten Auszahlungsschein vermerkt worden.

21

Die Ausübung des Rückforderungsvorbehalts ist nicht zu beanstanden. In Übereinstimmung mit dem SG geht der Senat davon aus, dass der Kläger für den Zeitraum vom 30. Juni 1998 bis 30. Juli 1998 keinen Anspruch auf Krankengeld hatte.

22

Gemäß § 48 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung besteht für Versicherte, die im letzten Drei-Jahres-Zeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

23

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen lässt sich nicht feststellen. In Übereinstimmung mit dem SG geht auch der Senat davon aus, dass der Krankschreibung des Klägers durch den behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 29. Juni 1998 dieselbe Erkrankung zu Grunde lag, die bereits in der vorangegangenen Blockfrist (9. September 1994 bis 8. September 1997) zur Arbeitsunfähigkeit und zur Ausschöpfung des damals bestehenden Leistungsanspruchs geführt hat. Der Angabe des Klägers, die Beschwerden am linken Kniegelenk seien nicht mehr auf den Privatunfall beim Bogenschießen im September 1994, sondern auf den am 28. Juni 1998 erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen, kann nicht gefolgt werden. Zutreffend hat das SG in der angefochtenen Entscheidung hiergegen ausgeführt, der behandelnde Orthopäde Dr. K. habe in seiner Bescheinigung vom 29. Juni 1998 als zur Arbeitsunfähigkeit führende Diagnosen die bei dem Kläger am 30. August 1996 durchgeführte Arthroskopie mit Synovektomie, Teilresektion, Synovektomie des linken Kniegelenks angeführt und im Übrigen mit Schreiben an die Beklagte vom 30. Juli 1998 nochmals bestätigt, dass Arbeitsunfähigkeit nur wegen dieses Leidens bestanden habe. Zu Recht hat das SG seine Auffassung auch damit belegt, dass der Kläger weder seinem behandelnden Arzt Dr. K. im Arzttermin vom 29. Juni 1998 noch dem MDK- Gutachter J. bei der Untersuchung am 10. August 1998 etwas von einem Arbeitsunfall mitgeteilt hat. Erst gegenüber dem nach Erlass des Rückforderungsbescheids vom 21. August 1998 am 7. September 1998 aufgesuchten Durchgangsarzt Dr. L. hat er einen Arbeitsunfall angegeben (vgl. Durchgangsarztbericht vom 8. September 1998). Da der Kläger hierzu in der Berufungsinstanz nichts Neues vorgetragen hat, sieht der Senat in Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG von einer erneuten detaillierten Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen auf die zutreffenden Erwägungen des SG. Ergänzend ist allein noch darauf hinzuweisen, dass ein Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten seit dem 30. Juni 1998 auch dann nicht bestünde, wenn das von Dr. K. am 29. Juni 1998 neuerlich diagnostizierte Kniegelenksleiden links tatsächlich auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen wäre. In diesem Fall wäre dem Kläger statt Krankengeld von der zuständigen Berufsgenossenschaft Verletztengeld nach Maßgabe der §§ 45 ff. des Sozialgesetzbuches Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zu leisten gewesen.

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Allerdings folgt aus den vorstehenden Erwägungen nicht, dass damit ein Krankengeldanspruch für den hier streitigen Zeitraum endgültig ausscheidet. Die Wiedergewährung von Krankengeld wegen derselben Krankheit nach Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraums ist nach dem Gesetz (§ 48 Abs. 2 SGB V) durchaus möglich; im vorliegenden Falle liegen die maßgeblichen Voraussetzungen indes nicht vor. Richtig ist, dass bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 29. Juni 1998 ein neuer Drei-Jahres-Zeitraum begonnen hatte und der Kläger zu diesem Zeitpunkt mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Jedoch fehlt es an der vom Gesetz geforderten zwischenzeitlichen sechsmonatigen Arbeitsfähigkeit wegen dieser Krankheit. Richtigerweise hat das SG in diesem Zusammenhang auf die Äußerung des Orthopäden Dr. K. vom 12. August 1998 hingewiesen, wonach der Kläger auch nach dem Ende der letzten Krankschreibung am 17. Juni 1996 wegen des degenerativen Schadens am linken Kniegelenk arbeitsunfähig war. Ebenso hat es sich zutreffend auf die Äußerung des MDK vom 19. August 1998 bezogen, wonach der Kläger abgesehen von den Zeiten seiner Erwerbstätigkeit vom 1. Oktober 1997 bis 13. November 1997 und vom 1. April 1998 bis 28. Juni 1998 wegen des genannten Leidens durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen sei. Ebenso hat der Kläger in der Zwischenzeit nicht für sechs Monate in einer Erwerbstätigkeit oder als Arbeitsloser der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die Erwerbstätigkeit selbst hat lediglich etwa 4 1/2 Monate gedauert. Allerdings hat der Kläger zwischen dem 18. Juni 1996 und dem 30. September 1997 für längere Zeiträume vom Arbeitsamt Alg bzw. Alhi bezogen. Jedoch handelte es sich um Leistungen nach §§ 105a, 134 Abs. 4 AFG, d. h. für Versicherte, die wegen einer nicht vorübergehenden Minderung der Leistungsfähigkeit keine längere als kurzzeitige Beschäftigung ausüben können, solange der Rentenversicherungsträger weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit festgestellt hat. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich hierbei um die so genannte Nahtlosigkeitsregelung, für die die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt gesetzlich fingiert wird. Eine solche Fiktion reicht zur Begründung der Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V nicht aus (vgl. außer den bereits im angefochtenen Urteil enthaltenen Nachweisen noch BSG SozR 3-2500 § 48 Nr. 5, S. 27). Zwar entfällt die Fiktion, wenn der Rentenversicherungsträger das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit verneint. In diesem Fall hat die Bundesanstalt für Arbeit von der Verfügbarkeit des leistungsgeminderten Arbeitslosen auszugehen (vgl. zu dem in diesem Zusammenhang noch maßgeblichen alten Rechtszustand Steinmeyer/Winkler in Gagel: Arbeitsförderungsgesetz, § 105a Rdnr. 23). Eine Entscheidung über das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist im Fall des Klägers indessen nicht ergangen, denn er hat am 21. August 1997 seinen bei der BfA gestellten Rentenantrag zurückgenommen. Damit ist ungeklärt geblieben, ob der Kläger während des bis zum 30. September 1997 andauernden Leistungsbezuges tatsächlich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat. Da es sich hierbei um ein anspruchsbegründendes Merkmal für die Wiedergewährung des Krankengeldes wegen derselben Krankheit nach § 48 Abs. 2 SGB V handelt, trifft die Feststellungslast insoweit den Kläger.

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Der Kläger kann sich schließlich gegenüber der Rückforderung des für die Zeit vom 30. Juni 1998 bis 30. Juli 1998 gezahlten Krankengeldes nicht auf Vertrauensschutz berufen. Ihm war bereits im Zeitpunkt der Leistungsgewährung bekannt, dass es sich hierbei um eine Entscheidung unter Vorbehalt handelte. Die Beklagte hat ihn bei Auszahlung der Teilbeträge am 22. Juli 1998 und 13. August 1998 jeweils über den Vorbehalt belehrt und ihn zusätzlich darauf hingewiesen, dass eventuell überzahltes Krankengeld zu erstatten sei. Die Kenntnisnahme von diesen Belehrungen hat der Kläger in beiden Fällen mit seiner Unterschrift bestätigt. Demgemäß konnte er auf den Bestand dieser Entscheidungen nicht vertrauen. Soweit er weiter vorträgt, durch die Rückforderung des Krankengelds für die Zeit vom 30. Juni 1998 bis 30. Juli 1998 werde er nachträglich mittellos gestellt, denn bei rechtzeitiger Kenntnis vom Nichtbestehen des Anspruchs hätte er insoweit unverzüglich Arbeitslosenhilfe bzw. Sozialhilfe beantragt, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung des Rechtsstreits. Nach § 198 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 119 Abs. 3 Nr. 1 des für die Zeit ab 1. Januar 1998 maßgebenden Sozialgesetzbuchs Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) setzt der Bezug von Arbeitslosenhilfe u.a. voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. Dies war in dem fraglichen Zeitraum nicht der Fall, denn der Kläger war damals wegen der bei ihm bestehenden Beschwerden im linken Kniegelenk von seinem behandelnden Orthopäden Dr. K. arbeitsunfähig krankgeschrieben. Zwar ist nach § 126 Abs. 1 SGB III ein Leistungsbezug für die Dauer von bis zu sechs Wochen auch während der Arbeitsunfähigkeit möglich. Voraussetzung hierfür ist indessen, dass bereits vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Alg bzw. Alhi bestanden hat (vgl. Winkler in Gagel: SGB III - Arbeitsförderung -, § 126 Rdnr. 15). Dies war hier nicht der Fall, denn der Kläger stand bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 30. Juni 1998 in versicherungspflichtiger Beschäftigung bei der seiner Tochter gehörenden Firma I ... Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei umgehender Ablehnung des Krankengeldanspruchs ggf. Sozialhilfe hätte beantragen können. Abgesehen davon, das der Kläger zu einer damals eventuell bestehenden Bedürftigkeit nichts vorgetragen hat (vgl. zu diesem Erfordernis § 2 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -), werden bei einer vorübergehenden Notlage Leistungen in der Regel nur als Darlehen gewährt (§ 15b BSHG). Um eine solche vorübergehende Notlage aber handelt es sich im vorliegenden Fall, denn der Kläger hat sich nach dem Ende der Krankschreibung am 20. August 1998 bei der Bundesanstalt für Arbeit arbeitslos gemeldet und seitdem Arbeitslosenhilfe bezogen.

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Schließlich kann der Kläger dem Rückforderungsbegehren des Klägers nicht entgegenhalten, die Beklagte habe die Krankengeldangelegenheit verzögert bearbeitet. Dies hat bereits das SG zutreffend verneint, auf dessen Ausführungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird.

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Nach alledem hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

29

Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen.