Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 30.04.2003, Az.: L 4 KR 63/01
Sachdienlichkeit einer Klageerweiterung im Berufungsverfahren; Weitere Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS); Begrenzung der beitragsgünstigen Krankenversicherung der Studenten (KVdS), um insbesondere Missbräuche zu unterbinden ; Verbleib in der KVdS nach Zeitablaug wegen Art der Ausbildung oder familiärer oder persönlicher Gründe; Erwerb der Zugangsvoraussetzung in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.04.2003
- Aktenzeichen
- L 4 KR 63/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20376
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0430.L4KR63.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 2 KR 546/99
Rechtsgrundlagen
- § 99 Abs. 1 SGG
- § 5 Abs.1 SGB V
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Versicherungspflicht von Studenten soll nach dem Willen des Gesetzgebers für einen Zeitraum beibehalten werden, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Semestern oder bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres.
- 2.
Nach Ablauf dieses Zeitraums müssen gewichtige familiäre oder persönliche Gründe für einen Verbleib in der Versicherung vorliegen.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft weitere Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) über den Monat September 1999 hinaus.
Der im Juni 1969 geborene Kläger legte im Mai 1988 das Abitur ab und leistete in der Zeit vom 3. Oktober 1988 bis 31. Mai 1990 Zivildienst. Ab 1. Juni 1990 studierte der Kläger an der Universität Hannover Deutsche Literaturwissenschaft und Philosophie. Dieses Studium schloss der Kläger im Sommersemester 1998 mit dem Magister Artium ab. Ab 1. Oktober 1998 nahm der Kläger ein Zweitstudium im Fach Mathematik auf.
Mit Schreiben vom 18. Februar 1998 wandte sich die Beklagte an den Kläger und teilte diesem mit, dass er das 14. Fachsemester bereits erreicht bzw. abgeschlossen habe und deshalb grundsätzlich die Versicherungspflicht in der KVdS zum Ablauf des Semesters am 31. März 1998 ende. Soweit zu seinen Gunsten ein Verlängerungstatbestand greife, möge er diesen mitteilen. Mit Schreiben vom 20. Februar 1998 gab der Kläger an, dass er sein Studium noch nicht abgeschlossen habe, weil er in den letzten drei Jahren durchgängig krank gewesen sei und legte Atteste seiner behandelnden Ärzte vor. Er habe sich bereits zum Magisterexamen gemeldet, indessen wegen seiner Erkrankung um Verlegung der mündlichen Prüfung bitten müssen. Somit könne er sein Studium im laufenden Semester nicht mehr beenden, zumal er auch durch die Erkrankung seines Vaters beeinträchtigt sei. Er beantragte, die Versicherungspflicht in der KVdS mindestens bis zum Ende des kommenden Semesters, dem 30. September 1998, zu verlängern. Die Beklagte verlängerte mit Bescheid vom 23. März 1998 die KVdS für den Kläger antragsgemäß bis zum 30.September 1998.
Mit Schreiben vom 23. Juni 1999 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und beantragte die Verlängerung der KVdS bis mindestens 30. September 2003. Er habe am 1. Oktober 1998 ein Zweitstudium im Fach Mathematik aufgenommen, das frühestens nach 5 Jahren beendet werden könne. Wegen seiner 37 Monate andauernden Erkrankung und der abgeleisteten 20 Monate Zivildienst sei die KVdS in seinem Falle um diese Zeiträume zu verlängern. Seinem Antrag waren mehrere ärztliche Atteste, eine Bescheinigung des Bundesamtes für den Zivildienst und ein Formular der Beklagten beigefügt.
Die Beklagte lehnte den Antrag unter Anerkennung der Versicherungspflicht in der KVdS bis zum 30. September 1999 mit Bescheid vom 2. Juli 1999 mit der Begründung ab, dass der Kläger im Juni 1999 sein 30. Lebensjahr vollendet habe und damit nach den gesetzlichen Bestimmungen die Versicherungspflicht in der KVdS ende. Die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmetatbestände seien in seinem Falle nicht gegeben. Seinen Widerspruch vom 3. August 1999 begründete der Kläger damit, dass sowohl die Art seiner Ausbildung, als auch familiäre und persönliche Gründe ein Andauern seiner Ausbildung über das 30. Lebensjahr hinaus notwendig machten. Mit seinem Erststudium habe er die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst für den höheren Bibliotheksdienst bei der Niedersächsischen Landesbibliothek angestrebt. Die Niedersächsische Landesbibliothek habe ihm jedoch mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 mitgeteilt, dass er zwar geeignet sei, aber wegen der Vielzahl der Bewerbungen nicht habe zum Zuge kommen können. Aus diesem Grunde sei das aufgenommene Zweitstudium im Fach Mathematik als berufsqualifizierende Notwendigkeit zu betrachten. Seine Krankheitszeiten seien durch die vorgelegten Atteste belegt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14. Oktober 1999 zurück und führte zur Begründung aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) besondere Hinderungsgründe das Fortbestehen der KVdS-Pflichtversicherung nur dann rechtfertigten, wenn sie für die Überschreitung der Altersgrenze bzw. Fachstudiendauer ursächlich seien. Der Kläger habe sein Studium in Deutscher Literaturwissenschaft und Philosophie bereits vor Vollendung des 30. Lebensjahres abgeschlossen. Für ein Zweitstudium führten Hinderungszeiten nicht zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung in der KVdS. Mit weiterem Bescheid vom 21. Dezember 1999 nahm die Beklagte den Kläger als freiwillig versicherten Studenten ab 1. Oktober 1999 mit einem Beitrag von monatlich 139,66 DM auf. Ebenfalls mit Bescheid vom 21. Dezember 1999 nahm die Pflegekasse der Beklagten den Kläger ab 1. Oktober 1999 in die Pflegeversicherung zu einem monatlichen Beitrag von 25,00 DM auf.
Mit seiner am 15. November 1999 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Verlängerung der Pflichtversicherung in der KVdS weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, ihm die Beiträge in der freiwilligen Krankenversicherung zu erlassen, soweit sie den Beitragssatz für pflichtversicherte Studenten übersteigen. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage durch Urteil vom 16. Januar 2001 abgewiesen. Hinsichtlich des Antrages auf Beitragsnachlass sei die Klage bereits unzulässig, weil es an der Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens fehle. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil die Beklagte zu Recht festgestellt habe, dass eine Mitgliedschaft in der KVdS nach dem 30. September 1999 nicht begründet werden könne. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) seien Studenten, die an staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben seien, versicherungspflichtig bis zum Ende des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Danach seien Studenten nur noch dann versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzung in eine Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigten. Die geltend gemachten persönlichen Gründe (Krankheit) hätten die Beklagte bereits veranlasst, den Kläger über das 14. Fachsemester hinaus bis zum 30. Lebensjahr in der Pflichtversicherung zu belassen. Eine Überschreitung der Altersgrenze komme jedoch nur in Betracht, wenn und soweit sie durch besondere Gründe weiterhin gerechtfertigt sei. Voraussetzung dafür sei nach der Rechtsprechung des BSG, dass das Erststudium und das Zweitstudium als Einheit angesehen werden könnten. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall. Soweit er geltend mache, das Studium der Mathematik mit der zusätzlichen naturwissenschaftlichen Qualifikation verspreche im Hinblick auf die angestrebte Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Höheren Bibliotheksdienst größere Erfolgsaussichten, habe er selbst eingeräumt, dass das Mathematikstudium keine Einstellungsvoraussetzung sei. Es könne deshalb auch nicht als berufsbezogene Ausbildung für den Höheren Bibliotheksdienst betrachtet werden. Eine inhaltliche Einheit zwischen Erst- und Zweitstudium des Klägers sei ebenso wenig anzunehmen, wie man von einem Aufbaustudium sprechen könne. Die Überschreitung der Altersgrenze sei vielmehr ausgeschlossen, weil es sich bei dem Mathematikstudium um einen neuen Studiengang handele.
Gegen dieses seinem Bevollmächtigten am 12. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. März 2001 Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das SG seinen Antrag auf teilweisen Erlass der erhobenen Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung als unzulässig abgewiesen. Eines Vorverfahrens bedürfe es nicht, weil seine Anträge auf Weiterversicherung in der KVdS und auf teilweisen Erlass der Beiträge zur freiwilligen Versicherung bis zur Höhe der Beiträge zur KVdS als konkurrierende Ansprüche zu betrachten seien. Seinem Antragsschreiben vom 23. Juni 1999 nebst Anlagen sei inzidenter und konkludent zu entnehmen, dass er den Erlass der Beiträge zur freiwilligen Versicherung bis zu dem Betrag erstrebe, der als Beitrag zur KVdS zu entrichten wäre. Die Beklagte habe in ihrem Bescheid vom 2. Juli 1999 und im Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1999 inzidenter und konkludent den Antrag des Klägers abgelehnt. Soweit das SG über diesen Antrag nicht entschieden habe, könne der Senat den Rechtsstreit gegebenenfalls an das SG zurückverweisen. Der Kläger könne die Beiträge nicht selbst zahlen; diese würden von den Eltern getragen, die ihrerseits nur über geringes Einkommen verfügten. Im Übrigen betreue er seine beiden pflegebedürftigen Eltern.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des SG Hannover vom 16. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 1999 zu ändern;
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den Monat September 1999 hinaus bis mindestens März 2000 - oder für einen anderen vom Senat für rechtmäßig erachteten Zeitraum - als Pflichtversicherten in der KVdS und Pflegeversicherung zu führen und die dem entsprechenden Beiträge zu erheben;
- 3.
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung im Wege eines Teilerlasses soweit zu reduzieren, dass sie der Höhe nach den Beiträgen zur KVdS entsprechen;
- 4.
weiter hilfsweise, einen Teilerlass der vom Kläger an die Beklagte zu zahlenden Beiträge anzuordnen in der Höhe, die der Senat für geboten erachtet;
- 5.
weiter hilfsweise, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen, soweit der Erlass von Beiträgen betroffen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger sei wegen der Überschreitung der Altersgrenze nicht mehr in die Pflichtversicherung der KVdS aufzunehmen. Ein Erlass der Beiträge sei nicht in Betracht zu ziehen, weil die Beiträge regelmäßig entrichtet würden und deren Erhebung daher nicht als unbillig zu erachten sei. Soweit der Kläger und seine Eltern nicht leistungsfähig seien, müsse die Übernahme der Beiträge, die ohnehin der Höhe nach als Mindestbeiträge zu betrachten seien, durch den Sozialhilfeträger beantragt werden. Im Übrigen verstoße die Nichteinziehung von Beiträgen gegen wichtige Grundsätze des Krankenversicherungsrechtes. Die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sei ein Gemeinschaftsgut von wesentlicher Bedeutung, da sie der Sicherung der Gesundheit des Großteils der Bevölkerung diene. Sie, die Beklagte, sei verpflichtet, die Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben, um eine ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung zu gewährleisten. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung sei höher zu bewerten, als die Gründe für den Erlassantrag des Klägers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der erstmals mit dem Berufungsschriftsatz vom 5. März 2001 gestellte Antrag, den Kläger in die Pflegeversicherung der Studenten aufzunehmen, ist als Klageerweiterung im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufzufassen. Eine derartige Klageerweiterung ist grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren möglich. Soweit - wie hier - über den geltend gemachten Anspruch erstinstanzlich noch nicht entschieden wurde, entscheidet der Senat hierüber als Klage (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 99 Rdnr 12). Der Senat erachtet die Erweiterung nicht für sachdienlich und die Klage damit als unzulässig, weil die Pflegekasse am Verfahren nicht beteiligt ist und zu dem Anspruch auch noch keine Stellung genommen hat. Ferner ist der erkennende Senat für Angelegenheiten der Pflegeversicherung nicht zuständig.
Die gemäß § 143 und § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig.
Sie erweist sich jedoch insgesamt als unbegründet.
Nach § 5 Abs.1 Ziffer 9 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) in der Fassung des zum 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl.. I, 2477) sind versicherungspflichtig Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des vierzehnten Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des vierzehnten Fachsemesters oder nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre oder persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzung in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen.
Der Kläger hat im Juni 1999 sein dreißigstes Lebensjahr vollendet. Das SG und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf ein Verbleiben in der KVdS über diesen Zeitpunkt hinaus hat. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 1999, mit dem sie entschieden hat, dass die Mitgliedschaft des Klägers mit Ablauf des Sommersemesters 1999 am 30. September 1999 endete, ist rechtmäßig.
Der Senat folgt der Auffassung des SG, dass die Art der Ausbildung des Klägers keinen Hinderungsgrund dafür darstellt, dass er seine Ausbildung nicht schon zu diesem Zeitpunkt beenden konnte. Nach seinem Vorbringen strebte er mit dem Studiengang "Deutsche Literaturwissenschaft und Philosophie" eine Verwendung im Bereich des Höheren Bibliotheksdienstes bei der Niedersächsischen Landesbibliothek an. Aus dem Schreiben der Niedersächsischen Landesbibliothek vom 23. Dezember 1998 ergibt sich, wie auch der Kläger eingeräumt hat, dass er mit seinem im Sommer 1998, also ein Jahr vor Vollendung des dreißigsten Lebensjahres, erworbenen Abschluss des Magister Artium für die Aufnahme in diesen Dienst als geeignet bezeichnet worden ist. Zum Zeitpunkt der Vollendung des dreißigsten Lebensjahres hatte der Kläger ein Zweitstudium im Fach Mathematik begonnen, das für den angestrebten Beruf im Höheren Bibliotheksdienst nicht Voraussetzung ist.
Zu Recht hat das SG auch darauf hingewiesen, dass dieser Studiengang nicht als Aufbaustudium zu dem bereits erworbenen Abschluss angesehen werden kann. Soweit der Kläger dargelegt hat, erfahrungsgemäß sei eine Studienausbildung erst Erfolg versprechend, wenn eine zusätzliche naturwissenschaftliche Qualifikation erworben werde, wird nicht deutlich, für welchen konkreten Abschluss dieser zusätzliche Studiengang bezogen auf das Erststudium erforderlich sein soll. Wenn lediglich allgemein die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden sollen, handelt es sich hierbei um einen Gesichtspunkt, der dem Tatbestandsmerkmal "Art der Ausbildung" nicht zugeordnet werden kann. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Versicherungspflicht von Studenten nach dem Willen des Gesetzgebers auch im SGB V für einen Zeitraum beibehalten werden soll, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Semestern oder bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres (BSG in SozR 3-2500 § 5 Nr. 4, Seite 12). Bei der Verabschiedung des GRG habe der Gesetzgeber es für erforderlich gehalten, die beitragsgünstige KVdS zu begrenzen, um insbesondere Missbräuche zu unterbinden (BSG a.a.O., Seite 13). Der Gedanke der Missbrauchsabwehr habe zwar den Anstoß für die vorgenommene Begrenzung gegeben, sie sei aber nicht auf diesen Gesichtspunkt beschränkt gewesen. Vielmehr schieden auch solche Studenten wegen Überschreitens der Zeitgrenzen aus, denen ein Missbrauchsvorwurf - wie im Falle des Klägers - nicht gemacht werden könne (BSG a.a.O., Seite 14).
Ist demnach davon auszugehen, dass die Art der Ausbildung des Klägers ein weiteres Studium im Fach Mathematik nicht erforderte, können auch die von ihm geltend gemachten familiären und persönlichen Gründe nicht dazu führen, dass das nach der Art der Ausbildung nicht erforderliche Zweitstudium zu einem Verbleib in der KVdS führt, weil solche Gründe für den Verbleib an der Universität nicht kausal geworden sind. Die nachgewiesene längere Erkrankung des Klägers hat die Beklagte bereits bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, den Kläger auch nach Vollendung des 14. Fachsemesters im März 1998 in der KVdS zu belassen. Soweit die Beklagte den Kläger sogar noch bis zum Ende des Sommersemesters 1999 in der KVdS weiterversichert hat, ist sie dem Kläger weitestgehend entgegen gekommen. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb auch die Tatsache, dass der Kläger seine beiden pflegebedürftigen Eltern betreut, weil auch dieser Umstand für die Fortdauer des Studiums nicht kausal geworden ist.
Die vom Kläger gestellten Hilfsanträge zu 3) und 4), die Beklagte zu verurteilen, seine Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung soweit zu erlassen, wie sie die Beiträge zu KVdS übersteigen bzw. soweit es der Senat für geboten hält, hält der Senat nicht für zulässig, weil die Beklagte hierüber durch Verwaltungsakt noch nicht entschieden hat.
Der Hilfsantrag zu 5), den Rechtsstreit wegen des beantragten Beitragserlasses an das SG zurückzuweisen, ist als Anregung an den Senat zu verstehen, weil er diese Entscheidung von Amts wegen selbst zu treffen hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 159 Rdnr. 5). Das Landessozialgericht ist nicht zur Zurückverweisung verpflichtet; es muss berücksichtigen, dass die Zurückverweisung die Ausnahme sein soll (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.). Der Senat hält eine Zurückverweisung vorliegend nicht für zweckmäßig, weil zunächst noch eine den Vorgaben des § 76 SGB IV entsprechende Verwaltungsentscheidung zu erfolgen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen.