Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.03.2003, Az.: L 9 U 73/01
Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung; Geeignetes Unfallerereignis bei einem Arbeitsunfall; Materielle Beweislast des Versicherten für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls; Hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs; Unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.03.2003
- Aktenzeichen
- L 9 U 73/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16026
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0318.L9U73.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - AZ: S 7a U 26/99
Rechtsgrundlagen
- § 547 RVO
- § 548 Abs. 1 S. 1 RVO
Redaktioneller Leitsatz
Um einen Versicherungsfall festzustellen und dem Versicherten darüber hinaus bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss das Gericht die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse auf Grund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als zutreffend erachten; dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Unfallereignisses und damit der für die Beurteilung der Schadensursächlichkeit bedeutsamen Einzelheiten.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines von ihm als Arbeitsunfall bewerteten angeschuldigten Ereignisses vom 2. November 1995.
Der 1950 geborene Berufungskläger erlitt nach eigenen Angaben am 2. November 1995 in der Werkstatt seines Arbeitgebers als Schlosser einen Arbeitsunfall, indem er ausweislich seiner Unfallhergangsschilderung im Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. D. vom 3. November 1995 angab, dass er ein Ersatzteil habe hochheben wollen, wobei er plötzlich Schmerzen im Rücken bekommen habe. Am 5. September 1996 stellte sich der Berufungskläger auf Veranlassung des Arztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. E. dem Arzt Dr. F., Evangelisches Krankenhaus Oldenburg, Neurochirurgische Klinik, vor wegen seit zwei Tagen andauernder akuter Lumbalgien rechts. Ein Unfallereignis erwähnte der Berufungskläger nicht. Ausweislich des Zwischenberichtes des Prof. Dr. D. vom 24. Februar 1997 berichtete der Berufungskläger unter diesem Datum, dass er am 2. November 1995 beim Herabfallen eines Containers diesem habe ausweichen wollen, dabei gestürzt und auf den Rücken gefallen sei. In dem Unfallfragebogen vom 10. Juli 1997 schilderte der Berufungskläger den Unfallhergang derart, dass ein zu reparierendes Teil von der Gabel des von seinem Kollegen gefahrenen Gabelstaplers gerutscht und er infolgedessen zur Seite gesprungen sei, um nicht von dem Teil erschlagen zu werden. Dabei sei er über die Führungsschiene in der Waschhalle gestolpert und habe sich den Rücken verdreht. In der Unfallanzeige vom 6. August 1997 schilderte der Arbeitgeber des Berufungsklägers, die Firma G. (Deutschland) GmbH, Cloppenburg, den Unfall wie folgt: Beim Hochheben eines Ersatzteils mit dem Stapler, den ein Mitarbeiter fuhr, rutschte das zu reparierende Teil von der Gabel, der Berufungskläger sprang weg, um nicht von dem Teil erschlagen zu werden, stolperte über die Führungsschienen in der Waagschale und verdrehte sich dabei seinen Rücken.
Am 3. November 1995 stellte sich der Berufungskläger Prof. Dr. D. vor. Ausweislich dessen Durchgangsarztberichtes vom 3. November 1995 klagte der Berufungskläger über starke Rückenschmerzen ohne Ausstrahlung in die Beine. Er bekundete Druckschmerz in Höhe LWK 4 , Muskelhartspann rechtsseitig in Höhe der Lendenwirbelsäule, keine Sensibilitätsausfälle, Lasègue links bei 20 Grad positiv, rechts negativ bei 80 Grad. Die Röntgenuntersuchung der LWS in zwei Ebenen ergab keinen Anhalt für eine Fraktur, leichte skoliotische Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule, die Beckenübersichtsaufnahme keinen Hinweis auf eine Fraktur. Er diagnostizierte eine Lumbago. Nach Hergang und Befund lag nach diesem Durchgangsarztbericht kein Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor. Arbeitsunfähigkeit bestand wegen Lumbago ausweislich der von der AOK unter dem 9. April 1997 mitgeteilten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 2. bis zum 10. November 1995.
Vom 27. Dezember 1995 bis zum 8. April 1996 und vom 17. Juli 1996 bis zum 25. August 1996 wurde ausweislich der durch die AOK mitgeteilten Arbeitsunfähigkeitszeiten der Berufungskläger durch Dr. H. wegen rezividierender Lumbago, vom 2. September 1996 bis zum 1. Oktober der 1996 und vom 23. Dezember 1996 bis zum 31. Dezember 1996 durch Dr. E. wegen eines Rückenleidens bzw. wegen rezidivierender Lumbalgie arbeitsunfähig krank geschrieben.
Unter dem 13. März 1997 erfolgte durch den Arbeitgeber des Berufungsklägers eine weitere Unfallmeldung mit dem Inhalt, dass der Berufungskläger am 02.09.1996 über die Gabel eines Gabelstaplers, an dem er gearbeitet habe, gestolpert und zu Fall gekommen sei und sich hierbei den Rücken verdreht habe, nachdem er versucht habe, einem von einem Gabelstapler zu Boden fallenden Staplerrad auszuweichen, indem er, um nicht von dem herunterfallenden Rad getroffen zu werden, zur Seite haben springen müssen. Ausweislich des Zwischenberichtes des Prof. Dr. D. vom 24. Februar 1997 zeigte sich in dem Kernspintomogramm ein sequestrierter Bandscheibenvorfall L4 und L5. Aus dem an Dr. E. gerichteten Arztbrief des Dr. F. vom 5. September 1996 ergibt sich bei einem eindeutigen Befund die Rechtfertigung eines neurochirurgischen Eingriffs.
Die Berufungsbeklagte veranlasste die Einholung des neurochirurgischen Zusammenhangsgutachtens des Dr. F. vom 21.Mai 1998 nach ambulanter Untersuchung des Berufungsklägers. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das Ereignis als Missgeschick im Rahmen eines so genannten Verhebetraumas als Gelegenheitstrauma ohne richtungsweisenden Charakter zu bewerten sei, wobei es aus gutachterlicher Sicht retrospektiv belanglos sei, ob der Berufungskläger ausgerutscht oder zu Boden gegangen sei. Dr. F. sah nach den verschiedenen Hergangsschilderungen des Ereignisses vom 2. November 1995 kein geeignetes Unfallereignis im Sinne eines Arbeitsunfalles. Mit Bescheid vom 26. Juni 1998 lehnte die Berufungsbeklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, dass es sich bei dem angeschuldigten Ereignis vom 2. November 1995 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe.
Hiergegen legte der Berufungskläger Widerspruch ein und trug im Wesentlichen vor: In der Schilderung des Unfallherganges sei offenbar ein Missverständnis aufgetreten. Das Ereignis von November 1995 habe sich so zugetragen, wie er es bei der erneuten Vorstellung beim Durchgangsarzt am 24. Februar 1997 geschildert habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1998 wies die Berufungsbeklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Ein Unfallereignis liege nur dann vor, wenn ein plötzliches, von außen auf den menschlichen Körper einwirkendes Ereignis rechtlich wesentlich einen Körperschaden verursacht. Ein derartiges Ereignis fehle jedoch. Es habe sich nicht um ein Unfallereignis, sondern vielmehr um einen willentlich gesteuerten, kontrollierten Belastungsvorgang gehandelt. Hierbei sei sie von den ersten Angaben des Berufungsklägers über das Unfallereignis ausgegangen, welche noch unter dem Eindruck des Geschehens abgegeben worden seien und denen ein größerer Beweiswert beizumessen sei.
Hiergegen hat der Berufungskläger am 5. Februar 1999 Klage beim Sozialgericht Oldenburg erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass er vor dem 12. November 1995 keine Rückenprobleme gehabt habe. Das Ereignis vom 2. November 1995 habe zu einer Bandscheibenschädigung geführt, die die Annahme für den Bandscheibenvorfall vom 2. September 1996 begründet habe. Danach sei der Arbeitsunfall vom 2. November 1995 Ursache für die seither vorliegenden Körperschäden. Die Berufungsbeklagte hingegen hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2001 hat das Sozialgericht, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass das Ereignis vom 2. November 1995 für die am 2. September 1996 festgestellten Bandscheibenvorfälle nicht ursächlich gewesen sein könne und auch nicht ein geeigneter Versicherungsfall für die im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 2. September 1996 festgestellten Bandscheibenvorfälle gewesen sei. Ein geeignetes Unfallereignis habe nicht vorgelegen.
Gegen diesen ihm am 7. Februar 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Berufungskläger am 7. März 2001 Berufung beim Landessozialgericht Niedersachsen eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Am 2. November 1995 sei er beim Ausweichen von einem herunterfallenden Staplerrad über Schienen gestolpert, auf den Rücken gefallen und habe sich dabei den Rücken verdreht. Im Zusammenhang mit diesem Sturz seien Lähmungserscheinungen und ein Taubheitsgefühl an beiden Beinen aufgetreten. Er habe weder aufstehen noch gehen oder die Beine bewegen können. Er sei zunächst absolut regungslos liegen geblieben. Nachdem er sich von dem Schock erholt habe, habe er bei geringsten Bewegungen unerträgliche Schmerzen im Rückenbereich verspürt. Dr. F. gehe in seinem Gutachten von einem falschen Unfallereignis aus. Der Arbeits-unfall vom 2. November 1995 habe die Anlage für den Bandscheibenvorfall vom 2. September 1996 begründet.
Der Berufungskläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Oldenburg vom 2. Februar 2001 und den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 26. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1998 aufzuheben,
- 2.
die Berufungsbeklagte zu verurteilen, festzustellen, dass die beim Berufungskläger eingetretenen Bandscheibenvorfälle vom 2. September 1996 Folgen des Arbeitsunfalles vom 2. November 1995 sind,
- 3.
die Berufungsbeklagte zu verurteilen, dem Berufungskläger anlässlich des Arbeitsunfalles vom 2. November 1995 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v.H. zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes hat der Senat durch seinen Berichterstatter den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 18. Juli 2001 nebst diverser Arztunterlagen eingeholt und die Arztbriefe des I. vom 24. Januar 1996 und der Orthopädischen Klinik J. vom 9. Juli 1998 beigezogen. Außerdem hat der Senat durch seinen Berichterstatter das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. K. nach Aktenlage vom 20. August 2001 eingeholt. Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten und zur Beweisaufnahme am 31. August 2001 ist der Arzt für Orthopädie Dr. K. als medizinischer Sachverständiger gehört worden. Hinsichtlich seiner Ausführungen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakten des ersten und zweiten Rechtszuges und auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Berufungsbeklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis der Beteiligten ist gem. §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden/Berichterstatter als Einzelrichter entschieden worden.
Die gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gem. § 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend die Klage abgewiesen; denn die von dem Berufungskläger angefochtenen Bescheide der Berufungsbeklagten sind rechtmäßig. Zu Recht hat die Berufungsbeklagte es abgelehnt, die bei dem Berufungskläger festgestellten Bandscheibenvorfälle als Folgen des Arbeitsunfalles vom 2. November 1995 festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v.H. zu gewähren.
Gem. §§ 212, 214 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - Gesetzliche Unfallversicherung - sind auf den vorliegenden Rechtsstreit noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO - anzuwenden; denn der Berufungskläger macht den Eintritt eines berufsbedingten Arbeitsunfalles vor dem 1. Januar 1997 geltend.
Nach § 547 RVO besteht ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere auf Heilbehandlung oder Verletztenrente, nach Eintritt eines Arbeitsunfalles. Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 - 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Der Eintritt eines Versicherungsfalles setzt in der gesetzlichen Unfallversicherung danach eine bestimmte Abfolge ursächlich miteinander verknüpfter Umstände und Ereignisse voraus. Erforderlich ist insoweit, dass es infolge der versicherten Tätigkeit zu einem Arbeitsunfall, mithin zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis kommt, das seinerseits zu einem unmittelbaren Gesundheitsschaden oder dem Tod, dem so genannten Primärschaden, führt. Bleibt das Ereignis im Rechtssinn folgenlos, so liegt schon kein Unfall vor (vgl. Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rdnr. 19 ff). Sind hingegen die genannten Voraussetzungen für einen Versicherungsfall erfüllt, so sind unter den weiteren Erfordernissen der einzelnen Leistungsfälle als Folgeschäden auch solche Unfallfolgen zu entschädigen, die ihrerseits ursächlich auf die eingetretenen Primärschäden zurückzuführen sind (vgl. Kasseler Kommentar, a.a.O., § 26 Rdnr. 3). Um einen Versicherungsfall festzustellen und dem Versicherten darüber hinaus bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss das Gericht die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse auf Grund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als zutreffend erachten. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Unfallereignisses und damit der für die Beurteilung der Schadensursächlichkeit bedeutsamen Einzelheiten. Es bedarf insoweit des Vollbeweises, für dessen Nachweis der Versicherte die materielle Beweislast trägt (BSG SozR 3-2002, § 550 Nr. 7). Danach müssen die Tatsachen, zwischen denen ein Ursachenzusammenhang bestehen soll, zur vollen Überzeugung nachgewiesen sein. Der ursächliche Zusammenhang selbst zwischen diesen Tatsachen bedarf dagegen nur hinreichender Wahrscheinlichkeit. Die geringen Anforderungen an die Überzeugungsbildung für das Vorliegen der genannten ursächlichen Zusammenhänge sind nur deshalb ausnahmsweise zugelassen, weil sie zu den Tatsachen gehören, für die wegen ihrer Eigenart ein voller Beweis häufig nicht zu führen sein wird, sodass Beweiserleichterungen notwendig sind, wenn ein Nachweis nicht im Regelfall unmöglich gemacht werden soll (BSGE 45, 287); denn im Allgemeinen geht es um innere, nach außen nicht deutlich zu Tage tretende Tatsachen (vgl. zu alledem Kasseler Kommentar, a.a.O., § 8 Rdnr. 19 sowie 257 ff m.w.N.).
Das SG hat in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid im Einzelnen zutreffend ausgeführt, dass es sich einerseits bei dem angeschuldigten Ereignis vom 2. November 1995 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und andererseits das Ereignis vom 2. November 1995 nicht geeignet war, den im zeitlichen Zusammenhang mit dem am 24. Januar 1996 diagnostizierten Bandscheibenvorfall ursächlich herbeizuführen. Zutreffend hat das SG mithin festgestellt, dass die Bandscheibenvorfälle vom 2. September 199 nicht als Unfallfolge des Ereignisses vom 2. November 1995 anzuerkennen und zu entschädigen sind, weil sich für ihre Verursachung durch das streitbefangene Ereignis kein Anhalt ergibt. Der Senat nimmt daher zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug.
Neue Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Entscheidung führen könnten, sind im Berufungsverfahren nicht zu Tage getreten.Entgegen der Auffassung des Berufungsklägers ist der im Berufungsverfahren wieder gegebenen anderweitigen Hergangsschilderung nicht zu folgen, wonach der Berufungskläger beim Ausweichen eines herabfallende Staplerrades über Schienen gestolpert und auf den Rücken gefallen sei und sich hierbei den Rücken verdreht habe. Dieser Vortrag vermochte nicht zu überzeugen. Der von dem Berufungskläger selbst unter dem 3. November 1995 geschilderte Hergang des angeschuldigten Ereignisses gegenüber dem Durchgangsarzt misst das erkennende Gericht einen größeren Beweiswert zu als der späteren erst am 24. Februar 1997 durch den Berufungskläger erfolgten geänderten Sachverhaltsdarstellung. Nach der unter dem 3. November 1995, einem Tag nach dem angeschuldigten Ereignis vom 2. November 1995, dem Durchgangsarzt gegenüber abgegebenen Schilderung hat sich das Ereignis derart ereignet, dass der Berufungskläger ein Ersatzteil habe hochheben wollen, wobei er plötzlich Schmerzen im Rücken verspürt habe. Diese Sachverhaltsschilderung wiederholte der Berufungskläger bei der Untersuchung durch den Arzt für Orthopädie L. am 9. Januar 1996. Im Rahmen der Anamnese berichtete der Berufungskläger dort, dass er sich im letzten Jahr während der Arbeit verhoben habe. Auch aus dem Rehabilitations-Entlassungsbericht der M. Bad Schwalbach vom 17. Januar 1997 anlässlich der vom 19. November bis zum 10. Dezember 1996 durchgeführten stationären Rehabilitationskur ergibt sich im Rahmen der Eigenanamnese, dass der Berufungskläger selbst davon ausgeht, im November 1995 eine akute Ischialgie links nach schwerem Heben erlitten zu haben. Auch anlässlich der sozialmedizinischen Begutachtung durch den MDK-Niedersachsen gab der Berufungskläger unter dem 22. Februar 1996 an, dass er sich im November 1995 bei der Arbeit verhoben habe. Unter Würdigung der eigenen wiederholten Einlassungen des Berufungsklägers im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 2. November 1995 vermag der Senat einen Arbeitsunfall am 2. November 1995 deshalb nicht zu bejahen, weil nicht feststellbar ist, dass es sich bei dem die Bandscheibenvorfälle vom 2. September 1996 auslösenden Geschehen um ein am 2. November 1995 eingetretenes plötzliches von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis gehandelt hat. Der Berufungskläger hat anlässlich des Unfallereignisses vom 2. November 1995 lediglich eine Verhebeverletzung ohne nachgewiesene Fraktur und ohne Einwirkung von außen erlitten. Dieses Ereignis vom 2. November 1995 war auch im Übrigen nicht geeignet, eine intakte Bandscheibe zu verletzen. Übereinstimmend haben dies sowohl der Arzt für Orthopädie Dr. K. in seinem Gutachten vom 20. August 2001 als auch der im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. F. festgestellt. Dieser hat das Geschehen vom 2. November 1995 als ein so genanntes Verhebetrauma bezeichnet, welches er als Gelegenheitstrauma ohne richtungsweisenden Charakter bewertet hat. Auch Dr. K. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass das angeschuldigte Ereignis nicht groß genug gewesen sei, eine intakte Bandscheibe zu verletzen.
Zwar ist anerkannt, dass auch Kraftaufwendungen wie schweres Heben oder Drücken, auch wenn gewohnte betriebsübliche Arbeit, als körpereigene Bewegungen äußere Ereignisse i.S.d. Unfallbegriffes sein können (vgl. BSG Breithaupt 1974, 843, 845). Ob den Ausführungen des Dr. F. gefolgt werden kann, dass im Falle des Berufungsklägers kein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis stattgefunden hat, kann dahingestellt bleiben. Übereinstimmend haben sowohl Dr. F. als auch Dr. K. ausgeführt, dass das Ereignis vom 2. November 1995 nicht geeignet gewesen ist, die Bandscheibe des Berufungsklägers zu schädigen. Das bewusste, kontrollierte Heben ist kein Vorgang, der als wesentliche Teilursache eines Körperschadens im Bereich der Bandscheibe zu diskutieren ist. Die Muskulatur kann nicht mehr an Kraft aufwenden, als es die Strukturen der Bandscheiben tolerieren. Wird ein schwerer Gegenstand angehoben, dann entlastet die Rückenstreck- und Bauchmuskulatur die Wirbelsäule und schützt sie so vor Schaden. Die Druckfestigkeit altersentsprechender Bandscheiben liegt weit über der Druckfestigkeit altersentsprechender Wirbelkörper. Dies hat zur Folge, dass im Falle maximaler Kraftanstrengung nicht die Bandscheibe infolge Druckerhöhung Schaden nimmt, sondern der Wirbelkörper. Etwas anderes gilt nur im Falle degenerativer Veränderungen der Bandscheibe. Dies ist von Dr. F. im Einzelnen in seinem Gutachten vom 21. Mai 1998 überzeugend ausgeführt und durch Dr. K. bestätigt worden.
Auch weist Dr. K. darauf hin, dass nach dem Ereignis vom 2. November 1995 weder durch das CT am 24. Januar 1996 noch durch das MRT im Juli 1996 eine wesentliche Bandscheibenverletzung nachgewiesen worden ist. Vielmehr ist nach dem Ereignis vom 2. November 1995 die Gesundheitsstörung des Berufungsklägers im Lendenwirbelsäulenbereich erstmalig als Lumbago beschrieben worden. In der Zwischenzeit ist mit CT am 24. Januar 1996 eine Protrusion der Bandscheibe L5/S1 festgestellt worden, wo hingegen im Juli 1996 durch das MRT kein besonderer Befund mehr erhoben worden sei. Erst ein CT der LWS vom 12. Mai 1998 habe dann einen medio-lateralen Bandscheibenvorfall L 5/S1 ergeben, also zu einem Zeitpunkt nach einem weiteren von dem Berufungskläger angeschuldigten Ereignis vom 2. September 1996. Hiernach steht fest, dass die zunächst festgestellte Gesundheitsstörung einer Protrusion der Bandscheibe L5/S1 anlässlich des MRT im Juli 1996 nicht mehr vorgelegen hat und demzufolge folgenlos ausgeheilt war. Mithin waren nach dem Ereignis vom 2. November 1995 sowohl durch das CT am 24. Januar 1996 als durch das MRT im Juli 1996 keine wesentliche Bandscheibenverletzungen mehr nachgewiesen worden. Auch wird dieser Befund bestätigt durch die medizinischen Sachverständigen Dr. F. und Dr. K ... Beide kommen übereinstimmend auch zu dem Ergebnis, dass eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit seit dem 2. November 1995 nicht vorgelegen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG haben nicht vorgelegen.