Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 20.03.2003, Az.: L 1 RA 14/01
Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation; Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit; Beschränkung des Recht zur Bestimmung von Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßen Ermessen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 20.03.2003
- Aktenzeichen
- L 1 RA 14/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 14379
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0320.L1RA14.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 01.01.1000 - AZ: S 8 RA 179/99
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 1 SGB VI
- § 9 Abs. 2 S. 1 SGB VI
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw. berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation in Gestalt der Förderung eines vom Kläger bereits durchgeführten vierjährigen Studiums "Management in Einrichtungen des Gesundheitswesens".
Der 1955 geborene Kläger hat durch staatliche Anerkennung die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung Krankenpfleger zu führen. Er war zuletzt seit 1988 Fachkrankenpfleger für Anästhesie im Zentralkrankenhaus H. in I ... Vom 30. April bis zum 24. Juli 1996 führte er zu Lasten der Beklagten eine medizinische Heilmaßnahme wegen der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit durch. Im Entlassungsbericht vom 7. August 1996 hieß es, beim Kläger habe sich ein pathologisches Trinkverhalten mit zuletzt etwa 5 Litern Bier pro Tag gezeigt, im Übrigen eine tief greifende Persönlichkeitsstörung mit Nähe- und Distanzproblematik bei Beziehungs- und Arbeitsstress. Der Alkohol habe unter anderem dazu gedient, den beruflichen Stress auszublenden. Wenn der Kläger seine bisherige Arbeit wieder aufnehme, sei eine eher ungünstige Prognose zu stellen. Parallel zu einer ambulanten Therapie, die auf das Aufarbeiten der persönlichen Problembereiche abzielen müsse, sei eine Veränderung der beruflichen Situation anzuraten.
Daraufhin beantragte der Kläger formlos im Oktober 1996 und auf Formantrag im November 1996, ihm Leistungen zur Berufsfördernden Rehabilitation (Teilhabe am Arbeitsleben) zu gewähren. Die Beklagte zog unter anderem einen Befundbericht des Hausarztes Dr. J. vom 27. Juni 1997 bei. Darin hieß es, bezüglich der Alkoholkrankheit sei kein Rückfall aufgetreten. Es bestehe im Übrigen ein Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links.
Die zur Erstellung eines Eingliederungsvorschlags (nach § 2 der Gesamtvereinbarung über die Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeit bei beruflicher Rehabilitation) eingeschaltete Arbeitsverwaltung, Arbeitsamt I., führte unter dem 29. September 1997 aus, der Kläger, der sich bereits für die Zeit ab dem 1. September 1997 bei der Fachhochschule K. als Student eingeschrieben hatte, beabsichtige ein vierjähriges Studium im Fachbereich Gesundheitswesen. Mit einem derartigen qualifizierten Abschluss werde es dem Kläger möglich sein, in der Krankenhaus-Verwaltung zu arbeiten. Dabei habe der Arbeitgeber dem Kläger ermöglicht, parallel bis zu 20 Stunden wöchentlich in seinem alten Beruf des Fachkrankenpflegers zu arbeiten. Alternativen zu dem aufgenommenen Studium seien nicht er-sichtlich, da der Kläger im kaufmännischen Bereich oder als Fachlehrer kaum in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne.
Die Beklagte lehnte es mit ihrem Bescheid vom 5. Januar 1998 gleichwohl ab, das Studium zu fördern. Die Leistungen zur beruflichen Rehabilitation dürften in der Regel nicht länger als zwei Jahre dauern (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch, SGB, VI a.F ... Die Beklagte wies gleichzeitig daraufhin, es bestehe weiterhin Bereitschaft den Kläger im Rahmen einer Reha-Maßnahme zu fördern.
Der Kläger erhob Widerspruch und führte aus, entsprechend den Beratungen beim Arbeitsamt I. und beim Arbeitsamt L. sei das Management-Studium als einzige Maßnahme anzusehen, langfristig wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden. Die Arbeitsberater hätten unabhängig voneinander bestätigt, dass die alternativ denkbaren Rehabilitationsmöglichkeiten Nachteile mit sich brächten, die den Erfolg der Rehabilitation in Frage stellten.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 31. März 1998 zurück. Der Kläger erfülle schon nicht die persönlichen und medizinischen Voraussetzungen, um seinen Wunschberuf im Gesundheitswesen ausfüllen zu können. Die bestehende psychische Erkrankung stehe einem Beruf im Managementbereich des Gesundheitswesens entgegen. Dort würden hohe Anforderungen an Flexibilität, Stresstoleranz und Anpassung gestellt. Es lägen keine Tatsachen oder Umstände vor, die Rehabilitationsmaßnahmen mit einer Förderungsdauer von bis zu 2 Jahren schlechthin ausschlössen. Die Berufsförderungswerke böten im Rahmen einer bis zu zweijährigen Ausbildung vielfältige berufliche Einsatzmöglichkeiten an. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, eine volle Rehabilitation nur durch eine mehr als zweijährige Ausbildung zu erreichen. Weiterhin bestehe die Bereitschaft, im Zusammenwirken mit der Arbeitsverwaltung zu prüfen, welche andere berufsfördernde Leistung innerhalb des zweijährigen Förderungsrahmens in Betracht komme.
Das sich anschließende Klageverfahren endete mit einem am 14. Januar 1999 geschlossenen gerichtlichen Vergleich vor dem Sozialgericht (SG) M ... Der Kläger erklärte sich darin bereit, an einer Maßnahme der Arbeitserprobung und Berufs-Findung teilzunehmen. Im Anschluss daran sollte eine erneute Entscheidung der Beklagten ergehen.
In der Zeit vom 15. bis zum 25. Februar 1999 absolvierte der Kläger die angesprochene Berufsfindungs- und Arbeitserprobungsmaßnahme beim Berufsförderungswerk in N ... Im Abschlussbericht vom 17. März 1999 hieß es unter anderem zu dem Thema "Abklärung der beruflichen Möglichkeiten", unter Berücksichtigung der Ergebnisse der psychologischen Eignungsuntersuchung und Exploration sowie der arbeitsmedizinischen Untersuchung und Beratung seien mit dem Kläger realisierbare Anknüpfungsmöglichkeiten für eine berufliche Neuorientierung besprochen sowie die Erprobungsziele festgelegt worden. Aufbauend auf der beruflichen Erfahrung als Krankenpfleger komme grundsätzlich in Betracht, zur Pflege-Dienstleistung weitergebildet zu werden. Im Übrigen seien medizinisch-technische Berufe wie derjenigen des Hörgeräteakustikers oder Augenoptikers in Erwägung zu ziehen. Anknüpfend an die medizinischen Kenntnisse sei im Bereich Dokumentationswesen eine Qualifizierung zum medizinischen Dokumentationsassistenten realisierbar. Von therapeutischen, sozialen und pädagogischen Berufen werde demgegenüber unter Berücksichtigung der Krankheitsgeschichte abgeraten weil erhöhte Anforderungen an die sozioemotionale Belastbarkeit gestellt würden.
Der Kläger machte in der Folgezeit, unter anderem in dem Team-Beratungsgespräch mit der Beklagten und der Arbeitsverwaltung am 29. März 1999 deutlich, er wolle am Studium festhalten und wenigstens für die Restlaufzeit gefördert werden.
Die Beklagte erließ den Bescheid vom 28. April 1999, mit dem sie es ablehnte, das Studium zu fördern. Weiterhin bestehe die Bereitschaft, im Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt alternative Möglichkeiten entsprechend dem vorliegenden Leistungsbild zu erarbeiten. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 24. September 1999 zurück. Es seien weiterhin keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb ausschließlich durch ein vierjähriges Vollzeit-Fachhochschulstudium die Eingliederung in das Arbeitsleben möglich sein sollte. Nach dem Sachleistungsprinzip würden Maßnahmen lediglich in ihrer Gesamtheit bewilligt. Für Teilleistungen, hier die Förderung des Restes des Studiums, bestehe keine gesetzliche Grundlage.
Dagegen hat der Kläger am 12. Oktober 1999 Klage zum SG M. erhoben und unter anderem vorgetragen, die Beklagte habe durch die schleppende Bearbeitung dazu beigetragen, dass er das Studium von sich aus aufgenommen habe. Das Studium sei inzwischen weit fortgeschritten. Sein sozialer Status lasse sich nur durch Absolvierung des Studiums und eine sich anschließende adäquate Tätigkeit halten. Als Pflegedienstleiter könne er ohnehin nicht mehr eingesetzt werden, weil in den in Betracht kommenden kleinen und mittleren Betrieben Mitarbeit in der Kranken- und Altenpflege gefordert sei. Das wiederum sei bei ihm medizinischerseits wegen der Vorschädigung der Wirbelsäule ausgeschlossen.
Das SG hat die Klage durch sein Urteil vom 28. November 2000 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Förderung des vierjährigen Studiums scheitere schon an dem Grundsatz in § 19 Abs. 1 SGB VI a.F., vorrangig Reha-Maßnahmen mit einer Dauer bis zu zwei Jahren zu fördern. Die Beklagte habe sich zu Recht an diesen Grundsatz angelehnt und ermessensfehlerfrei einen Ausnahmefall abgelehnt. Denn nach den Ermittlungen hätten ausreichende Möglichkeiten bestanden, auch im Rahmen der grundsätzlich auf zwei Jahre begrenzten Förderungsdauer eine berufliche Wiedereingliederung zu erreichen. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitsmarkt für Pflegedienstleiter in der vom Kläger beschriebenen Weise eingeengt sei. Das Erfordernis einer Mitarbeit in der Pflege sei als Ausnahme anzusehen und bei der Wahl des späteren konkreten Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Auch im Lichte des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergebe sich nichts anderes. Zunächst und vor allem schütze das Grundrecht der Berufsfreiheit gegen staatliche Eingriffe. Hier gehe es jedoch um Leistungsansprüche, bei denen es ausreiche, wenn Eignung und Neigung des Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt würden. Mit ihrem Vorschlag, die Qualifikation zum Pflegedienstleiter zu fördern, habe die Beklagte den genannten Kriterien hinreichend Rechnung getragen. Der Beklagten obliege es nicht, mit ihrer Förderung den sozialen Status zu wahren oder gar einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Vielmehr sei anerkannt, dass ungeachtet der beruflichen Rehabilitation gewisse Einbußen hingenommen werden müssten. Die Klage könne auch nicht deshalb Erfolg haben, weil das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eine unzumutbar lange Zeit in Anspruch genommen habe. Denn die Beklagte habe den Verlauf der medizinischen Rehabilitation abwarten dürfen. Der Zeitraum bis zur ersten ablehnenden Entscheidung Anfang 1998 sei keineswegs unverhältnismäßig lang gewesen.
Gegen das ihm am 22. Dezember 2000 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit seiner am 22. Januar 2001 eingegangenen Berufung. Zu deren Begründung trägt er vor, die vom Berufsförderungswerk N. vorgeschlagenen Alternativen seien im Hinblick auf eine Wiedereingliederungschance nicht hinreichend geprüft worden. So könne er etwa die Zugangsvoraussetzung "Erfahrung in der Leitungstätigkeit" für einen Pflegedienstleiter nicht erfüllen. Die vom SGB XI und der Heimpersonalverordnung an Pflegedienstleiter gestellten Anforderungen könnten ihm ebenfalls nicht abverlangt werden. Die Beklagte habe im Verlaufe des Verfahrens das von ihm angestrebte Rehabilitationsziel "Controlling" willkürlich in Pflege-Dienstleistung abgewandelt. Er habe bereits Mitte des Jahres 1997 deutlich gemacht, allein durch das Studium sinnvoll in dem Arbeitsprozess eingegliedert werden zu können. Er sei durch die schleppende Bearbeitung der Beklagten gezwungen gewesen, die Erfolg versprechende Rehabilitation in Eigenregie voranzutreiben. Sein Spezialstudium biete in dem angestrebten Bereich des Controlling gute Wiedereingliederungschancen, da ein massiver Arbeitskräftemangel herrsche, der sich noch weiter ausweiten werde.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 28. November 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchs-Bescheides vom 24. September 1999 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Gestalt der Förderung eines bereits absolvierten Studiums "Management in Einrichtungen des Gesundheitswesens" zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelzeiten des Sachverhalts und des weiteren Vortrages der Beteiligten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Rehabilitationsakten der Beklagten verwiesen. Diese haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und sind Gegenstand von Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, das Studium Management im Gesundheitswesen als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation, §§ 9 ff, 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 30. Juni 2001 geltenden Fassung bzw. als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß den §§ 9 ff, 16 SGB VI in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung (Einführung durch Neuntes Buch des Sozialgesetzbuchs - SGB IX - mit Gesetz vom 19. Juni 2001, Bundesgesetzblatt I S. 1046) i.V.m. den §§ 33 bis 38 SGB IX anzuerkennen und entsprechende Zahlungen (insbesondere Übergangsgeld) zu erbringen.
Auf die Vorschriften des neuen Rechts brauchte nicht näher eingegangen zu werden. Denn nach § 301 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind für Leistungen zur Teilhabe bis zum Ende dieser Leistungen diejenigen Vorschriften weiter anzuwenden, die zum Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten. Hier war ein Antrag vorausgegangen, nämlich der in dem gerichtlichen Vergleich vor dem SG sinngemäß enthaltene, eine erneute Entscheidung zu dem Begehren auf Förderung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme zu treffen.
Die Beklagte und das SG sind übereinstimmend und richtig davon ausgegangen, dass beim Kläger Rehabilitationsbedarf bestand und (obwohl der Kläger nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen als "Gesundheitsmanager" berufstätig ist und sogar Abwerbeversuche stattgefunden haben) möglicherweise weiter besteht. Das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Gestritten wird allein um die Frage, ob die Beklagte in dem ihr durch § 13 Abs. 1 SGB VI eingeräumten Recht, im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßen Ermessen zu bestimmen, beschränkt ist. Indem der Kläger die Förderung des von ihm "auf eigene Faust" ohne vorherige Bewilligung aufgenommenen Studiums verlangt, hat er der Beklagten die Möglichkeit genommen, die Bestimmung nach pflichtgemäßen Ermessen vorzunehmen. Da aber auf der Rechtsfolgenseite eine ganz bestimmte Leistung nicht vorgesehen ist, kann die Berufung - jedenfalls in der vorliegenden Konstellation - keinen Erfolg haben.
Ausnahmsweise wäre dann eine Abweichung von der der Beklagten obliegenden Bestimmung der Art der Förderung denkbar, wenn ein so genannter Fall der "Er-messensreduzierung auf Null" gegeben wäre. Dafür wäre wiederum erforderlich, dass sich die Förderung des vom Kläger aufgenommenen Studiums als einzige Leistung darstellt, wieder ins Berufsleben integriert zu werden. Der in diese Richtung lautende Vortrag des Klägers kann jedoch nicht überzeugen. Vielmehr hat bereits das SG zutreffend herausgearbeitet, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, zum Pflegedienstleiter umgeschult zu werden. Die von ihm gegen diesen Beruf vorgebrachten Einwände überzeugen demgegenüber nicht. Dass es im Anschluss an die Eingliederungsmaßnahme möglicherweise Schwierigkeiten gibt, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, ist ein bei fast jedem Beruf denkbarer Einwand. Der Kläger hat letztlich selbst eingeräumt, durch die Umschulung zum Pflegedienstleiter Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu haben.
Auch die weiteren vom Berufsförderungswerk Heidelberg aufgezeigten beruflichen Alternativen hätten für eine Wiedereingliederung es Klägers zur Verfügung gestanden.
Für eine Ermessensreduzierung auf Null war zugunsten des Klägers lediglich anzuführen, dass er das Studium bereits aufgenommen hatte und mit weiterem Studienfortschritt immer weniger Sinn darin bestehen konnte, eine andere Maßnahme zu ergreifen. Diese Überlegung gibt hier aber nicht den Ausschlag zugunsten des Klägers. Sonst könnte jeder Versicherte selbst eine bestimmte Maßnahme aufnehmen und der Beklagten damit die Möglichkeit nehmen, pflichtgemäß Ermessen nach § 13 Abs. 1 SGB VI auszuüben. Es ist demgegenüber umgekehrt richtig, dass der Versicherte ein Risiko eingeht, wenn er eine Ausbildung oder Fortbildung beginnt, bevor über seinen Leistungsantrag entschieden worden ist.
Die Beklagte hat richtig erkannt, dass allein durch die Studienaufnahme und entsprechenden Zeitablauf die ihr eingeräumte Ermessensausübung nach den §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 SGB VI nicht eingeschränkt war. Denn der Antrag des Klägers war zumindest sinngemäß weiterhin auf ein "aktuelles" Rehabilitationsbegehren ausgerichtet. Das galt für den gesamten ab der Antragstellung laufenden und - darüber hinaus - selbst bei Bescheiderteilung noch ganz überwiegend in der Zukunft liegenden Zeitraum. Ob die von der Beklagten anzustellenden Ermessenserwägungen möglicherweise dazu hätten führen können, zumindest einen Teilzeitraum von zwei Jahren des Studiums zu fördern (gesetzliche Förderungshöchstdauer) konnte offen bleiben. Gegen eine solche Teilförderung spricht, dass der Gesetzgeber selbst Ausnahmen von der Förderungshöchstdauer für den Fall anerkannt hat , dass der Versicherte "nur durch eine länger dauernde Leistung eingegliedert werden konnte", § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB VI a.F ... In einem solchen Fall hat das SGB VI den Rehabilitationsträger deshalb gerade über eine derartige denkbare Teilförderung hinaus für verpflichtet angesehen, die gesamte Rehabilitationsmaßnahme zu unterstützen. Im Falle des Klägers kommt es zu derartigen Überlegungen aber bereits deshalb nicht, weil alternative Eingliederungsmöglichkeiten nachgewiesen sind, die nicht länger als zwei Jahre dauern (vgl. zu einer Konstellation, in der der Rehabilitand sich die Leistung bereits selbst beschafft und zu einem wesentlichen Teil - zehn Monate - durchgeführt hatte: LSG Berlin, Urteil vom 26. Mai 2000, Az.: L 1 RA 50/98; zu einem Fall der selbstbeschafften Rehabilitation und einer ausnahmsweisen Förderung lediglich bei objektiv unaufschiebbarem Bedarf in atypischen Fällen auch bereits Urteil des Senats vom 6. April 1995, L 1 An 154/93).
Nach alledem ist ein beruflicher Rehabilitationsbedarf des Klägers, der allein durch Förderung des von ihm aufgenommenen Studiums Management im Gesundheitswesen befriedigt werden könnte, nicht feststellbar. Die Berufung musste zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.