Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 20.03.2003, Az.: L 6 U 29/99

Anerkennung einer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit; Verletztenrente aufgrund Bronchialasthma; Hinreichende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung einer Atemwegserkrankung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
20.03.2003
Aktenzeichen
L 6 U 29/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 16037
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0320.L6U29.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 15.12.1998 - AZ: S 22 U 360/96

Redaktioneller Leitsatz

Die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung einer Erkrankung setzt voraus, dass nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Dezember 1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als Berufskrankheit (BK) Nr. 4301 bzw. 4302 (durch allergisierende bzw. durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

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Der im Februar 1941 geborene Kläger war nach Abschluss seiner Berufsausbildung zum Zahntechniker (1960 bis 1964) bis 31. August 1971 bei verschiedenen Arbeitgebern in Deutschland und der Schweiz als solcher abhängig beschäftigt. Nach dem Besuch der Meisterschule (September 1971 bis April 1972) war er anschließend wiederum bei verschiedenen Arbeitgebern bis 31. Mai 1991 als Zahntechniker beschäftigt. Anschließend arbeitete er bis 31. Juli 1992 als Otoplastiker und danach als Fahrer in einem Unternehmen für Datenerfassung.

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Im Juli 1994 beantragte der Kläger, das bei ihm bestehende Bronchialasthma, das zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Dezember 1991 führte, als BK anzuerkennen. Er gab an, dass erste Beschwerden 1964 mit Atemnot und Erstickungsanfällen aufgetreten seien und führte seine Erkrankung auf den berufsbedingten Umgang mit Kunststoff, Metall und Keramikstaub zurück. An Atemschutzmaßnahmen habe er Absauganlagen und Mundschutz genutzt (Angaben des Klägers vom 2. September 1994). Die Beklagte holte das Vorerkrankungsverzeichnis der C. Ersatzkasse, den Befundbericht des Dr. D. und E. sowie die medizinischen Unterlagen des Rentenversicherungsträgers (insbesondere das Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchial-Heilkunde und Allergologen Dr. F. vom 1. Dezember 1992) und Auskünfte der jeweiligen Arbeitgeber ein. Danach veranlasste die Beklagte die Begutachtung durch Prof. Dr. G. auf der Grundlage einer stationären Untersuchung (vom 16. Januar bis 23. Januar 1995, Gutachten vom 1. Februar 1995). Hier gab der Kläger an, dass sich seine Beschwerden insgesamt konsequent verstärkt hätten und längere Arbeitskarenzen wie Sonn- und Feiertage keinerlei Einfluss auf das Beschwerdebild hätten. Lediglich bei längerer Urlaubsabwesenheit und Aufenthalt im Gebirge komme es zu einer Stabilisierung seiner Beschwerden. Auch nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Zahntechniker hätten sich diese nicht gebessert. Prof. Dr. H. führten aus, dass sich im Verlauf der 60er Jahre bei dem Kläger ein Asthma bronchiale aufgrund einer außerberuflich erworbenen Sensibilisierung gegenüber verschiedenen ubiquitär vorkommenden Inhalationsantigenen eingestellt habe. Es sprächen mehr Befunde für das Vorliegen einer endogenen un-spezifischen Reizbarkeitssteigerung der Atemwege. Allerdings könne nach dem gegenwärtigen Stand das Vorliegen einer BK Nr. 4301 bzw. 4302 der BKV nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Beklagte zog Proben der vom Kläger verwendeten Arbeitsstoffe bei und holte dann das weitere Gutachten des Prof. Dr. I. vom August 1995 ein, das auf den während eines medizinischen Heilverfahrens vom 3. Mai bis 14. Juni 1995 durchgeführten Untersuchungen beruht. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger ein allergisches Bronchialasthma mit Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben, eine Pollinose, eine unspezifische bronchiale und nasale Hyperreagibilität bei chronischer Sinupathie und Raucheranamnese bestehe, deren Ursachen ausschließlich im außerberuflichen Bereich zu suchen seien. Die arbeitsplatzbezogenen Expositionstestungen mit den beigezogenen Arbeitsstoffen des Klägers seien sämtlichst negativ ausgefallen. Es bestehe daher weder eine BK Nr. 4301 noch eine BK Nr. 4302. Mit Bescheid vom 6. November 1995 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK ab. Die medizinischen Ermittlungen hätten ergeben, dass die Atemwegserkrankung des Klägers nicht beruflich verursacht sei.

4

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass die vom Gutachter getesteten Arbeitsstoffe aus dem kunststoffverarbeitenden Bereich eines zahn-technischen Labors stammten, in denen er seit Jahren nicht mehr tätig sei. Die Stoffe z.B. aus der Kieferorthopädie wie Keramik, Edelmetall, Chromkobalt sowie verschiedene Glanzbäder seien nicht berücksichtigt worden. Die Ursache für seine Atemwegserkrankung läge im beruflichen Bereich, vor Aufnahme seiner Tätigkeit als Zahntechniker habe er kein Asthma gehabt. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 1996 führte Prof. Dr. G. hierzu aus, dass die vom Kläger angegebenen Stoffe bei Inhalation in Staubform nicht zu allergischen oder chemisch-irritativen Reaktionen der Atemwege führten. Sie könnten allenfalls Ursache entsprechender Staublungenerkrankungen sein, die beim Kläger nicht bestehe. Entsprechend seiner Anregung holte die Beklagte Auskünfte der Arbeitgeber zur Häufigkeit der Durchführung und der Zusammensetzung der Glanzbäder ein. Prof. Dr. J. kamen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 1996 zu dem Ergebnis, dass nicht nachvollziehbar sei, inwieweit der Umgang mit den Glanzbädern die Atemwegserkrankung des Klägers verursacht haben könne. Nach den eingeholten Auskünften ergebe sich ein Zeitaufwand von rechnerisch 30 bis 40 Minuten pro Woche Umgang mit den Glanzbädern, die sich in einem vom Arbeitsplatz des Klägers getrennten Raum befunden hätten. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 1996 zurück.

5

Gegen den an ihn am 25. September 1996 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 28. Oktober 1996 Klage erhoben. Das Gutachten des Prof. Dr. G. sei einseitig, da es nur die Stoffe aus dem kunststoffverarbeitenden Bereich berücksichtige. Außerdem sei er während seines sechswöchigen Aufenthalts in dem medizinischen Rehaverfahren in Bad K. lediglich in der letzten Woche in zwei Stunden getestet worden. Mit Urteil vom 15. Dezember 1998 hat das Sozialgericht (SG) Hannover die Klage abgewiesen. Die umfangreiche Begutachtung des Klägers im Verwaltungsverfahren habe in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der medizinischen Rehahmaßnahme im September 1988 und das Gutachten des Dr. F. vom 1. Dezember 1992 (jeweils auf Veranlassung des Rentenversicherungsträgers) in erster Linie berufsunabhängige allergische Reaktionen auf u.a. Hausstaubmilben, verschiedene Pollen, Hundeepithelien und den Hefepilz Candida ergeben. Bei den Testungen mit verschiedenen beruflichen Substanzen sei - bis auf die Testung gegenüber Palavit G nebst Härter - kein krankhafter Befund erhoben worden. Den Gold-Glanzbädern könne angesichts des relativ geringen Umfangs der Exposition (ca. 30 bis 40 Minuten pro Woche) kein nennenswerter Verursachungsfaktor für die Atemwegserkrankung beigemessen werden.

6

Gegen das ihm am 21. Dezember 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Januar 1999 Berufung eingelegt. Entgegen den Angaben seiner Arbeitgeber sei er über Jahre hinweg regelmäßig mehrmals täglich mit der Glanzbadbestückung betraut gewesen. Der Arbeitsvorgang habe weitaus mehr als jeweils ca. 6 Minuten gedauert. Zudem habe das Glanzbad oftmals nur einen Meter entfernt von seinem Arbeitsplatz gelegen. Zudem habe er die Bäder und Anlagen auch entleeren, füllen oder säubern müssen. Es bestehe daher immerhin die Möglichkeit, dass diese Arbeitsgänge die Krankheit mitverursacht hätten.

7

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Dezember 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 6. November 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 1996 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass die bei dem Kläger bestehende Atemwegserkrankung Folge einer Berufskrankheit Nr. 4301 oder 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Dezember 1998 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf die im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 6. April 2001 für zutreffend.

10

Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vor der Berichterstatterin ist der Kläger im Einzelnen zu seinen Arbeitsbedingungen im Umgang mit den Glanzbädern angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21. September 2000 verwiesen. Anschließend ist das Gutachten des Prof. Dr. M., Leitender Arzt der Abteilung für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil, N., vom 30. Oktober 2001 eingeholt worden. Hierzu hat die Beklagte Stellungnahmen des Prof. Dr. L. vom 26. November 2001 und des Prof. Dr. O. ohne Datum vorgelegt.

11

Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

13

Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG Hannover hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als BK Nr. 4301 oder Nr. 4302 der Anlage zur BKV und aus diesem Grunde auch keinen Anspruch auf Verletztenrente nach den auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 551, 580 Reichsversicherungsordnung (RVO, vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).

14

Der Kläger leidet an einer obstruktiven Atemwegserkrankung, und er hat seine langjährig ausgeübte Tätigkeit als Zahntechniker auch wegen dieser Erkrankung im Jahre 1991 aufgegeben. Der Senat hat sich aber nach Würdigung der Angaben des Klägers und nach Auswertung aller medizinischen Gutachten nicht die Überzeugung bilden können, dass diese obstruktive Atemwegserkrankung mit der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen Wahrscheinlichkeit wesentlich beruflich verursacht oder verschlimmert worden ist. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Beim vernünftigen Abwägen aller Umstände müssen die auf eine unfallbedingte Verursachung hinweisenden Faktoren so stark überwiegen, dass hierauf die Entscheidung gestützt werden kann (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. 1998, S. 117). Nicht ausreichend ist die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs.

15

Für die vom Kläger im Berufungsverfahren besonders in den Vordergrund gestellten Glanzbäder steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Atemwegserkrankung nicht durch den langjährigen Umgang mit den in diesen Glanzbädern enthaltenen Stoffen, insbesondere nicht durch Schwefelsäure verursacht oder verschlimmert worden ist. Zwar kann von Schwefelsäure grundsätzlich eine irritative Wirkung ausgehen. Es fehlt aber für diese Stoffe der Glanzbäder an einer epidemiologischen Evidenz, das heißt, es ist für Dentalberufe nicht belegt, dass Glanzbäder - im Gegensatz zu anderen Stoffen- Atemwegserkrankungen verursachen (Gutachten Prof. Dr. M., S. 19, Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 6. April 2001, ergänzende Stellungnahmen des Prof. Dr. J. vom 19. August 1996 und des Prof. Dr. O. ohne Datum).

16

Aber auch für die hier allein als Auslöser für die Atemwegserkrankung in Betracht zu ziehenden Methylacrylate (Gutachten des Prof. Dr. M., Gutachten des Prof. Dr. G. u.a) - diesen Stoff enthalten Palapress, Paladon 65, Palavit G, Monomer, Polymer und Airlar (vgl. Gutachten Prof. Dr. P. vom August 1995, S. 49, Stellungnahme des Prof. Dr. O. ohne Datum sowie Gutachten Prof. Dr. M., S. 16 f) - , lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht hinreichend belegen.

17

Zwar hat Prof. Dr. M. diesen Zusammenhang aufgrund zweier von Prof. Dr. G. im Januar 1995 durchgeführten positiven bronchialen Provokationstests als gesichert angesehen. Diese Wertung überzeugt angesichts des Ergebnisses der weiteren stationären Begutachtung des Klägers im Juni 1995 aber nicht. Bei der ersten bronchialen Provokationstestung im Januar 1995 ist eine signifikante Obstruktionsreaktion auf zwei methylmetacrylathaltige Stoffe aufgefallen, weshalb Prof. Dr. Q. dieses Ergebnis auch als positiv bezeichneten. Entgegen der Auffassung des Prof. Dr. M. ist hierdurch jedoch nicht der Nachweis einer durch Methylmetacrylate verursachten Atemwegserkrankung beim Kläger erbracht. Dem steht das Ergebnis der 6 Monate später - im Mai/Juni 1995 - durchgeführten weiteren Testungen auf verschiedene methylmetacrylathaltige Produkte entgegen, mit dem sich Prof. Dr. M. nicht auseinandersetzt. Bei diesen nasalen und bronchialen Expositionstests konnten weder positive Nasenschleimhautreaktionen noch Bronchoobstruktionen gegenüber Isofix 2000, LP/H-Lack, Airlar, Isolant, Palapress, Paladur, Monomer und Polymeren ausgelöst werden (Stellungnahme Prof. Dr. O. ohne Datum, Gutachten Prof. Dr. P. vom 31. August 1995). Die Durchführung dieser zweiten Testreihe war erforderlich, da den Gutachtern bereits bei der ersten Testung im Januar 1995 aufgefallen war, dass die positiven bronchialen Testungen auf Methylmetacrylat nicht auch mit einer entsprechenden Einschränkung der dynamischen und statischen Lungenfunktionswerte einhergingen, wie es üblicherweise bei einer spezifischen Reaktion zu erwarten gewesen wäre (Gutachten Prof. Dr. Q. vom 1. Februar 1995, S. 66 f; Stellungnahme Prof. Dr. O. ohne Datum). Deshalb empfahlen die Gutachter zum Ausschluss unspezifischer Effekte die Wiederholung dieser Tests, die mangels ausreichender Mengen der beruflichen Stoffe nicht sofort erfolgen konnte. Die verzögert - mit einer Latenzzeit von 35 Minuten - aufgetretene Atemwegseinschränkung bewerteten die Gutachter dabei nicht als negativ (Gutachten vom 1. Februar 1995, S. 47). Die nasalen Provokationstests auf dieselben Stoffe fielen bereits im Januar 1995 negativ aus (Gutachten vom 1. Februar 1995, S. 47).

18

Bei der weiteren Begutachtung 6 Monate später zeigte der Kläger dann jeweils keine Reaktionen auf mehrere Testungen mit den Methylmetacrylat enthaltenden Produkten Paladur, Palapress, Airlar, Monomer und Polymer. Vielmehr waren sowohl die nasalen und bronchialen Expositionstests jeweils eindeutig negativ. Die Testungen ergaben keine für eine positive Wertung erforderliche Verdoppelung des spezifischen Atemwegswiderstandes (Stellungnahme des Prof. Dr. O. ohne Datum). Weiterhin besserten sich die spirometrischen Daten, was sich an der Vitalkapazitätszunahme, an der signifikanten Steigerung der 1-Sekunden-Kapazität und der signifikanten Besserung des endexspiratorischen Flows ablesen lässt (Stellungnahme des Prof. Dr. O. ohne Datum). Diese hätten aber eine Einschränkung erfahren müssen, wenn die Atemwege des Klägers speziell auf die methylmetacrylathaltigen Stoffe reagiert hätten. Zudem waren die arteriellen Blutgase im Sollwertbereich (Stellungnahme des Prof. Dr. O. ohne Datum). Angesichts dieser Untersuchungsergebnisse ist die Schlussfolgerung der Prof. Dr. P., dass sich bei dem Kläger eine berufliche Verursachung seiner Atemwegserkrankung durch Methylmetacrylate nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt, überzeugend und nachvollziehbar. Insofern ist es entgegen der Auffassung des Prof. Dr. M. auch verständlich, dass Prof. Dr. Q. vor dem Hintergrund der nicht zweifelsfrei eindeutigen Testergebnisse auf die methylmetacrylathaltigen Stoffe nicht bereits im Januar 1995 eine Anerkennung der BK ausgesprochen haben, sondern erst noch die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich weiterer spezifischer Berufsstoffe abwarten wollten. Auch Prof. Dr. M. hat darauf hingewiesen, dass wegen der erhöhten Ausgangswerte und dem Anstieg des spezifischen Atemwegswiderstandes unter + 100 % in diesen positiven Provokationstests vom Januar 1995 nicht alle Kriterien der Empfehlungen zur Durchführung und Bewertung bronchialer Provokationstests der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie erfüllt sind. Das haben Prof. Dr. O. entscheidend herausgestellt.

19

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von Prof. Dr. M. übersandten Auszügen aus dem Internet und den Aufsätzen. Auch wenn durch medizinische Studien belegt ist, dass durch den Umgang mit Methylmetacrylaten in Dentalberufen gehäuft Atemwegserkrankungen ausgelöst werden, beweist dies nicht auch im konkreten Einzelfall den beruflichen Kausalzusammenhang. Dem steht vorliegend die negative Reaktion des Klägers auf diese Stoffe und die weiteren (s. unten), gegen eine berufliche Verursachung sprechenden Gründe entgegen.

20

So ist auch von Bedeutung, dass der Kläger bereits seit Jahren pathologische allergische Reaktionen auf eine Vielzahl von Stoffen zeigt, die außerberuflicher Natur und ubiquitär verbreitet sind. So reagiert er nach der übereinstimmenden Einschätzung aller Gutachter und der behandelnden Ärzte allergisch auf Tierepithelien wie z.B. Hunde- und Katzenhaare, Hausstaubmilben, Gräser und sämtliche Pollensorten, diverse Schimmelpilzsorten (Bericht des Dr. D. vom 9. September 1994; Entlassungsbericht der Klinik R. vom September 1988; Gut-achten des Dr. F. vom 1. Dezember 1992; Gutachten des Prof. Dr. G. vom 1. Dezember 1995, S. 63). Bei diesen außerberuflichen Stoffen erfüllt der Kläger im Rahmen der Testung alle Kritieren der Obstruktion (Stellungnahme des Prof. Dr. O. ohne Datum). Prof. Dr. M. bezeichnet diese Sensibilisierungen gegen diverse Pollen von Bäumen, Sträuchern und Gräsern sogar als ausgeprägt (Gut-achten des Prof. Dr. M., S. 6 f). Diese Allergene erklären die Entstehung seiner Atemwegserkrankung hinreichend (Bericht des Dr. D. vom 9. September 1994). Diese Schlussfolgerung ist vor der eigenen Angabe des Klägers, dass sich seine Beschwerden nach Durchführung von Hausstaubsanierungsmaßnahmen und nach Abschaffung eines Hundes besserten (Entlassungsbericht der Klinik R. vom September 1988), auch plausibel.

21

Weiterhin spricht die Tatsache, dass die Atemwegsbeschwerden nach den eigenen wiederholten Angaben des Klägers erstmals im privaten Rahmen bei einem Urlaub in Wilhelmshaven entstanden sind (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 1; Gutachten Prof. Dr. M., S. 17), gegen einen beruflichen Kausalzusammenhang .

22

Gegen eine berufliche Entstehung der Erkrankung spricht auch entscheidend, dass die Atemwegsbeschwerden sich nach den wiederholten eigenen Angaben des Klägers während arbeitsfreier Zeiten am Wochenende nicht oder nur gering (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 3, 5), sondern nur während längerer Arbeitskarenzen im Urlaub (Gutachten Dr. F.), bzw. sich dann auch nur in Verbindung mit einem Gebirgsaufenthalt besserten (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 5). Weiterhin ist am Arbeitsplatz auch keine Verstärkung der Beschwerden des Klägers aufgetreten (Gutachten Dr. F.; Stellungnahme des Prof. Dr. P. vom 31. August 1995, S. 2). Wären die Atemwegsbeschwerden durch Stoffe am Arbeitsplatz ausgelöst worden, ist zu erwarten, dass sie sich in den arbeitsfreien Zeiten wie am Wochenende bessern oder zurückbilden.

23

Letztlich spricht auch die wiederholte Angabe des Klägers, dass sich seine Beschwerden nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Zahntechniker nicht wesentlich gebessert hätten (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 5; Entlassungsbericht der Klinik S. vom 3. August 1995 über das stationäre Heilverfahren im Mai/Juni 1995), gegen den Kausalzusammenhang (Gutachten Prof. Dr. M., S. 17). Zwar hat der Kläger noch gegenüber Dr. F. im November 1992 angegeben, dass sich seine Beschwerden nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Zahntechniker deutlich gebessert habe (Gutachten Dr. F.). Nur 2 Jahre später im Januar 1995 aber berichtete der Kläger Prof. Dr. G., dass sich sein Beschwerdebild nicht geändert habe (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 5; Entlassungsbericht der Klinik S. vom 3. August 1995, S. 3) und nach Einstellung der Arbeit als Zahntechniker außerdem auch noch eine Pollinose (Heufieber) hinzugetreten sei, wegen der er 2 Monate im Jahr an den typischen rhinokonjunktivalen Beschwerden leide (Gutachten Prof. Dr. G. vom 1. Februar 1995, S. 5). Phasen vollständiger Beschwerdefreiheit hat der Kläger auch nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Zahntechniker nicht gehabt (Entlassungsbericht der Klinik S. vom 3. August 1995, S. 3). Damit im Einklang steht das Vorerkrankungsverzeichnis der GEK, das belegt, dass der Kläger auch nach Mai 1991 wiederholt wegen seiner Atemwegserkrankung arbeitsunfähig war.

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Entgegen der Auffassung des Klägers beweist der Umstand, dass seine Atemwegsbeschwerden erst während der Berufstätigkeit entstanden sind und vorher nicht bestanden haben, nicht den beruflichen Zusammenhang. Denn es ist medizinisch möglich, dass sich eine Atemwegserkrankung unabhängig von beruflichen Einflüssen, aber zeitgleich mit dieser entwickelt.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

26

Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen ( § 160 Abs. 2 SGG).