Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 11.03.2003, Az.: L 9 U 405/00
Neufeststellung bereits anerkannter Unfallfolgen; Zuerkennung einer Verletztenrente wegen weiterer Unfallfolgen; Kausalitätslehre der hinreichenden Wahrscheinlichkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 11.03.2003
- Aktenzeichen
- L 9 U 405/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16021
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0311.L9U405.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - AZ: S 11 U 69/98
Rechtsgrundlage
- § 48 SGB X
Redaktioneller Leitsatz
Nach der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind ursächlich oder mitursächlich nur die Bedingungen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Neufeststellung bereits anerkannter Unfallfolgen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der 1948 geborene Berufungskläger war als Maurer tätig gewesen. Bei der Ausübung versicherter Tätigkeit hatte er am 9. März 1992 eine Schubkarre geschoben und war mit dem linken Bein in ein Loch getreten und umgeknickt. D. diagnostizierte in dem Durchgangsarztbericht vom 10. März 1992 eine schwere Kniegelenksdistorsion mit Verdacht auf eine Außenmeniskusläsion sowie auf eine Außenbandruptur und wies gleichzeitig in diesem Bericht auf deutliche arthritische Veränderungen im linken Knie des Berufungsklägers hin. Bei einer Operation am 18. März 1992 war die Diagnose einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes gestellt worden. Durch Verlegung des Außenbandes am Knie war versucht worden, die Stabilität des linken Kniegelenks wieder herzustellen.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 1992 hatte die Berufungsbeklagte vorläufige Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 v.H. mit Wirkung ab dem 3. August 1992 bewilligt und folgende Arbeitsunfallfolgen festgestellt:
"Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk, Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links. Belastungsabhängige Beschwerden nach operativ versorgtem vorderen Kreuzbandriss des linken Kniegelenks mit noch liegenden metallischen Implantaten."
Nicht als Folge des Arbeitsunfalls wurde anerkannt:
"Gichtarthropathie links, Übergewichtigkeit."
Nachdem Prof. Dr. E. in einem Gutachten vom 10. Februar 1993 keine Veränderungen im Zustand des Berufungsklägers gesehen hatte, war es zunächst bei der Bewilligung der vorläufigen Rente geblieben.
Im Zuge der Prüfung der Frage, ob dem Berufungskläger Dauerrente zu gewähren sei, hatte sich die Berufungsbeklagte erneut ein Gutachten von Prof. Dr. E. (vom 22. November 1993) erstatten lassen. Dieser war im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, nunmehr sei am linken Knie des Berufungsklägers Bandstabilität vorhanden. Bei dem Berufungskläger liege eine Schlatter-Erkrankung vor, die nicht auf den Unfall zurückzuführen sei. Die unfallbedingte MdE betrage jetzt nur noch 10 vH. Darauf hin hatte die Berufungsbeklagte dem Berufungskläger mit Bescheid vom 27. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 1994, der bindend geworden ist, die vorläufige Rente entzogen. Sie war indessen nach wie vor davon ausgegangen, dass bei dem Berufungskläger eine unfallbedingte MdE in einer Höhe von 10 v.H. vorläge. Sie stellte nachstehende Unfallfolgen fest:
"endgradige schmerzhafte Beugebehinderung im linken Knie mit leichter Beugeschonhaltung nach vorderem Kreuzbandriss des linken Kniegelenks."
Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden nicht anerkannt:
"Leichte reizlose Krampfadern an beiden Beinen, Schlattererkrankung am linken Knie, Bewegungsreiben in beiden Kniegelenken, Übergewicht."
Gleichzeitig war der Berufungskläger wegen Beschwerden seines linken Knies in ständiger medizinischer Behandlung zu Lasten der Berufungsbeklagten. So befand er sich u.a. vom 14. bis 24. November 1994 in der stationären Behandlung des Unfallchirurgen Dr. F. (Bericht vom 14. Januar 1994). Im November 1994 wurde aus dem linken Knie des Berufungsklägers, der zwischenzeitlich wieder zwei Jahre in seinem Beruf gearbeitet hatte, eine Schraube entfernt, die von der erstmaligen Operation im März 1992 verblieben war. Danach litt der Berufungskläger erneut unter ständigen Schmerzen im linken Knie. Infolge dessen befand er sich vom 13. Juli bis zum 31. August 1995 in stationärer Behandlung in der Sonderstation für Schwerunfallverletzte des G. Hannover in Hachmühlen. In dem hierüber von Dr. H. gefertigten Bericht (vom 4. September 1995) heißt es u.a., der Aufenthalt habe bei dem Berufungskläger zu einem zufrieden stellenden Befund geführt. Die röntgenologisch bei dem Berufungskläger festzustellenden arthrotischen Erscheinungen seien fast noch altersgemäß.
In einem weiteren Bericht des Unfallchirurgen Dr. F. vom 7. September 1995 teilte dieser seine Auffassung mit, bei dem Berufungskläger ergebe sich auf Dauer eine MdE von 20 vH. Der Algesiologe Prof. Dr. I. von der Schmerzambulanz der Universitätsklinik in Göttingen berichtete unter dem 20. November 1995, die Genese der Schmerzen des linken Knies des Berufungsklägers sei unklar. Der Unfallchirurg Dr. F. wies unter dem 23. Januar 1996 auf unveränderte Beschwerden hin, die jetzt auch rechts vorlägen. Er sah darüber hinaus auch eine Beeinträchtigung des seelischen Gleichgewichtes des Berufungsklägers. Dieser begab sich in die Behandlung des Neurologen und Psychiaters Dr. J., der bei ihm ein chronifiziertes Schmerzsyndrom auf Grund Unfallfolgen sowie eine reaktive Depression diagnostizierte (Berichte vom 6. Februar, 29. März, 30. August 1996).
Die Unfallchirurgen Prof. Dr. K./Dr. H. berichteten unter dem 20. März 1996 erneut über den Berufungskläger. Sie teilen u.a. mit, am linken Knie des Berufungsklägers hätten sie eine Beugefähigkeit von 125 Grad festgestellt. Klinisch sei kein krankhafter Befund am linken Kniegelenk zu erheben. Die festzustellenden arthrotischen Veränderungen seien nicht wesentlich altersvorauseilend. Der erhobene Befund rechtfertige die vorgebrachten Beschwerden nicht.
Mit Bescheid vom 4. April 1996 bewilligte die Landesversicherungsanstalt Hannover dem Berufungskläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 1995.
Der Unfallchirurg Dr. F. berichtete weiter über seine Behandlung des Berufungsklägers. Er hielt einerseits den Berufungskläger ab dem 1. Mai 1996 wieder für arbeitsfähig; gleichzeitig wiederholte er aber seine Auffassung, dem Berufungskläger sei eine MdE von 20 v.H. zuzuerkennen.
Die Berufungsbeklagte ließ sich zur Feststellung der Unfallfolgen sodann zu-nächst das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 29. August 1996 erstatten. Hierin wird u.a. berichtet, der Berufungskläger habe ein halbes Jahr nach dem Unfall wieder begonnen, als Mauer zu arbeiten. Am linken Knie des Berufungsklägers habe er eine komplette Streckfähigkeit sowie eine Beugefähigkeit bis zu 90 Grad diagnostizieren können. Bei dem Berufungskläger habe kein krankheitswertiger, psychischer Befund festgestellt werden können.
Weiter ließ sich die Berufungsbeklagte das Zusammenhangsgutachten des Orthopäden Dr. M. vom 2. September 1996 erstatten. Dieser sah bei dem Berufungskläger keine einseitigen muskulären Defizite - lediglich ein geringfügiges Minus im linken Oberschenkel. Er diagnostizierte eine Beugefähigkeit des linken Knies von 120 Grad. Die jetzt geklagten Beschwerden des Berufungsklägers seitens des linken Knies könnten nicht eindeutig einem orthopädischen Befund zugeordnet werden. Der Riss des vorderen Kreuzbandes sei nach wie vor ausreichend muskulär kompensiert. Die MdE müsse weiterhin mit 10 v.H. eingeschätzt werden.
Daraufhin stellte die Berufungsbeklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 fest, die Rente des Berufungsklägers könne nicht höher festgestellt werden.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren gelangten erneut Berichte des Unfallchirurgen Dr. F. (vom 2. November 1996, 31. Januar, 22. Juni 1997), des Neurologen und Psychiaters Dr. J. (vom 3. Dezember 1996, vom 10. März, 29. Mai 1997) sowie von Prof. Dr. I. (vom 29. April 1997) zum Verwaltungsvorgang. Letztgenannter führte insbesondere aus, aus seiner Sicht stünde dem Berufungskläger allein wegen der bei ihm vorliegenden Schmerzen eine MdE von 20 v.H. zu. Dr. F. hielt in den genannten Berichten (ergänzend auch der OP-Bericht vom 22. Juni 1997) auf Grund einer von ihm erneut durchgeführten Arthroskopie einen Zusammenhang der jetzt vorliegenden Beschwerden mit dem Unfall für "nicht unwahrscheinlich".
Mit Bescheid vom 25. September 1997 lehnte es die Berufungsbeklagte ab, bei dem Berufungskläger Funktionsstörungen der Wirbelsäule als Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) anzuerkennen.
Die Berufungsbeklagte ließ sich zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten des Chirurgen Dr. N. vom 5. Februar 1998 erstatten. Auch dieser berichtete, bei der Untersuchung des Berufungsklägers habe er Anzeichen einer durchgemachten Schlatter'schen-Erkrankung festgestellt. Er wandte sich darüber hinaus gegen die ursprüngliche Einstufung der Unfallfolgen. Aus seiner Sicht sei nicht nachzuvollziehen, dass ursprünglich von einer frischen Ruptur des vorderen Kreuzbandes ausgegangen sei. Weiter wies er darauf hin, der Befund von Dr. F. könne nicht nachvollzogen werden. Der nunmehr anlässlich der erneuten Arthroskopie festgestellte Befund eines retropatellaren Knorpelschadens korreliere gut mit den Beschwerden des Berufungsklägers. Dieser Knorpelschaden stehe indessen nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis.
Daraufhin wies die Berufungsbeklagte den Widerspruch des Berufungsklägers unter Bezugnahme auf die beigezogenen Zusammenhangsgutachten mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 1998 zurück.
Am 27. April 1998 ist Klage erhoben worden.
Das Sozialgericht (SG) Hildesheim zog zunächst einen Bericht des Unfallchirurgen Dr. J. vom 30. Juli 1998 über die Erstbehandlung nach dem Unfallereignis bei. Sodann zog es aus dem vom Berufungskläger gleichfalls durchgeführten sozialgerichtlichen Verfahren im Schwerbehindertenrecht ein Gutachten des Orthopäden Dr. von O. bei. Dieser berichtete u.a. auch über Schmerzen des Berufungsklägers im rechten Knie. Am linken Knie des Berufungsklägers diagnostizierte er, die dortigen Bänder seien nicht fest. Die Beugefähigkeit sei auf 90 Grad eingeschränkt.
Auf Antrag des Berufungsklägers hat das SG sodann das Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. P. vom 8. September 1999 eingeholt. Dieser hat keine Instabilität am linken Knie des Berufungsklägers festgestellt. Er hat eine aktivierte Gonarthrose und eine verminderte Bemuskelung des linken Beines des Berufungsklägers diagnostiziert. Die Beugefähigkeit sei auf 80 Grad eingeschränkt. Die nunmehr vorliegenden Beeinträchtigungen des Berufungsklägers am linken Knie hat er in Auseinandersetzung mit den Vorgutachtern für durch das Unfallereignis verursacht gehalten. Dies zu Grunde gelegt hat Prof. Dr. Stock eine MdE in Höhe von 20 v.H. zur Anerkennung vorgeschlagen.
Hierauf hat die Berufungsbeklagte die gutachtliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. Q. vorgelegt. Dieser hat im Wesentlichen auf die dramatische Verschlechterung des von Prof. Dr. P. festgestellten Befundes und die Unwahrscheinlichkeit einer solchen Verschlechterung hingewiesen. Er ist darüber hinaus zu dem Ergebnis gelangt, wenn sich die Befunde so bestätigten, so sei die Zubilligung einer MdE um 20 v.H. gerechtfertigt.
Daraufhin hat sich das SG ein Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 19. März 2000 erstatten lassen. Dieser hat zusammenfassend im Wesentlichen zunächst auf einen Gichtanfall des Berufungsklägers in den Jahren 1992 oder 1993 hingewiesen. Weiter hat Dr. R. ausgeführt, die Beinmuskulatur des Berufungsklägers sei weitgehend seitengleich ausgebildet. Am linken Knie des Berufungsklägers könne "keine Schublade" festgestellt werden. Das linke Knie des Berufungsklägers sei unter Ablenkung schmerzfrei bis zu 120 Grad beugbar. Auch Dr. R. hat bei dem Berufungskläger Anzeichen einer durchgemachten Schlatter-Erkrankung diagnostiziert. Darüber hinaus hat er eine Patelladysplasie vom Typ Wiberg II bis III gesehen und weiter ausgeführt, bei dem Berufungskläger seien deutliche Aggravationstendenzen festzustellen gewesen. Das linke Knie des Berufungsklägers sei stabil. Eine retropatellare Arthrose sei beidseits zu diagnostizieren. Die unfallbedingte MdE schätzte er auf 10 v.H. seit Februar 1994 ein.
Daraufhin hat das SG die Klage mit Urteil vom 26. September 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Neufeststellung könne hier nicht erfolgen, weil keine wesentliche Verschlimmerung des am linken Knie vorhandenen Zustands festgestellt werden könne. Insoweit hat sich das SG ausführlich mit den zahlreich vorliegenden ärztlichen Einschätzungen auseinander gesetzt.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 16. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat der Berufungskläger am 1. November 2000 Berufung einlegen lassen. Zu deren Begründung weist er zunächst auf das Ergebnis seiner Musterung für die Bundeswehr hin. In dem am 1. April 1992 erhobenen Befund seien ebenfalls keine wesentlichen Vorerkrankungen diagnostiziert worden. Daher sei der Auffassung von Prof. Dr. P. zu folgen, wonach die nunmehr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen am linken Knie und die hierauf zurückzuführenden Funktionsstörungen auf psychiatrisch-neurologischem Gebiet auf das Unfallereignis vom 9. März 1992 zurückzuführen seien. Zur Stützung seines Begehrens legt er ein Gutachten des Dr. S. vom 26. Juli 2000 für die LVA Hannover vor. Dieser hat eine Einschränkung der Beweglichkeit des linken Kniegelenks des Berufungsklägers auf 70 Grad gesehen.
Der Berufungskläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 26. September 2000 sowie den Bescheid der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover vom 10. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 1998 aufzuheben,
- 2.
die Berufungsbeklagte zu verurteilen, dem Berufungskläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen, sowie dem Berufungskläger weitere Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Berufungsbeklagten (3 Bände zum Az: T.) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat zutreffend erkannt, dass der Berufungskläger weder einen Anspruch auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge des Ereignisses vom 9. März 1992 noch auf die Zuerkennung einer Verletztenrente hat. Es ist hierbei von den richtigen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen ausgegangen und hat mit nachvollziehbaren Erwägungen und zutreffend seine Entscheidung begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 26. September 2000 Bezug genommen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Im Berufungsverfahren sind daneben wesentliche neue Gesichtspunkte nicht zu Tage getreten. Insoweit sieht sich der Senat auf das Berufungsvorbringen des Berufungsklägers zu den nachstehenden Hinweisen veranlasst.
Der Arbeitsunfall vom 9. März 1992 hat bei dem Berufungskläger auf chirurgisch/orthopädischem Fachgebiet über das von der Berufungsbeklagten bereits Anerkannte hinaus keine weiteren Unfallfolgen hinterlassen. Neben der zuletzt mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 1998 als Unfallfolge festgestellten "geringen Restinstabilität und Einschränkung der Beugefähigkeit des linken Kniegelenks nach Kreuzbandriss am linken Kniegelenk" lassen sich keine weiteren Gesundheitsstörungen mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne der unfallversicherungs-rechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder teilursächlich auf das Unfallereignis vom 9. März 1992 zurückführen. Nach dieser Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind ursächlich oder mitursächlich nur die Bedingungen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. grundlegend etwa BSG Urt. v. 14. Oktober 1955, 2 RU 16/54 in BSGE 1, 254, 256). Insoweit reicht für die Bejahung der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (vgl. BSG Urt. v. 30. April 1985, 2 RU 24/84 in BSGE 58, 76, 79) [BSG 30.04.1985 - 2 RU 24/84].
Insoweit ergibt sich nach Auswertung des gesamten medizinischen Akteninhalts zunächst, dass der Berufungskläger im linken Knie neben den Unfallfolgen auch an weiteren unfallunabhängigen Funktionsstörungen leidet. Dies gilt für die zuletzt von Dr. R. in seinem Gutachten für das SG vom 19. März 2000 diagnostizierten Residuen einer Schlatter-Erkrankung. Insoweit geht der Vortrag des Berufungsklägers fehl, eine derartige Erkrankung habe zuvor niemand bei dem Berufungskläger feststellen können. So hat beispielsweise Prof. Dr. E. in seinem zweiten Rentengutachten vom 22. Dezember 1993 bereits darauf hingewiesen, bei dem Berufungskläger liege eine Schlattererkrankung vor (Bl. 127 des Verwaltungsvorgangs der Berufungsbeklagten), die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Auch der Chirurg Dr. N. hat in seinem im Widerspruchsverfahren erstatteten Gutachten für die Berufungsbeklagte vom 5. Februar 1998 auf eine bei dem Berufungskläger abgelaufene Schlatter'sche Erkrankung hingewiesen (Bl. 486 des Verwaltungsvorgangs der Berufungsbeklagten). Bei der Schlatter-Osgood-Krankheit handelt es sich um eine vorwiegend bei Jungen zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr vorkommende aseptische Nekrose der Tibiaapophyse. Diese Erkrankung ist röntgenologisch an einer groben Zerklüftung und Strukturauflockerung des Knochenkerns erkennbar (vgl. hierzu Pschyrembel, Medizinisches Wörterbuch, Stichwort Schlatter-Osgood-Krankheit). Daneben haben am linken Knie des Berufungsklägers von Beginn an unfallunabhängig arthrotische Veränderungen vorgelegen. Dies ergibt sich für den Senat schon aus dem Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. J. vom 10. März 1992, worin ausdrücklich über deutliche, arthrotische Veränderungen am linken Kniegelenk berichtet wird, die unfallunabhängig seien. Daneben ist schon anlässlich der ersten durchgeführten Arthroskopie des linken Kniegelenks von dem Operateur Dr. U. in seinem OP-Bericht (Bl. 455 des Verwaltungsvorgangs der Berufungsbeklagten) über eine Gichtarthropathie berichtet worden. Auch hierbei handelt es sich um eine Gelenkerkrankung, die zur zunehmenden Knorpel- und Knochendestruktion führen kann (vgl. erneut Pschyrembel, zum Stichwort Arthropathie). Insoweit ergibt sich auch aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der Innungskrankenkasse vom 7. April 1992, dass der Berufungskläger bereits vor dem hier angeschuldigten Ereignis vom 9. März 1992 mehrfach am Kniegelenk erkrankt war. Hieraus folgt, dass der Vortrag des Berufungsklägers, er sei vor dem Unfallereignis nie am Knie erkrankt gewesen, unzutreffend ist. Nach dem übereinstimmenden Urteil vom Prof. Dr. E. (Gutachten vom 22. November 1993) Dr. M. (Gutachten vom 2. September 1996), Dr. N. (Gutachten vom 5. Februar 1998) und Dr.R. (Gutachten vom 19. März 2000), denen sich der Senat anschließt, rechtfertigen die auf orthopädisch-chirurgischem Gebiet feststellbaren Unfallfolgen nicht die Zuerkennung einer höheren MdE. Insoweit ist auf die anerkannten Bewertungsmaßstäbe, wie sie sich etwa in dem Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitunfall und Berufskrankheit (6. Auflage, 1998) finden, zurückzugreifen (vgl. dort Seite 674 f; vgl. auch Izbicki/Neumann/Spohr, Unfallbegutachtung, 9. Auflage, Seite 134). Danach ist bei einer verbliebenen Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, die noch eine Beugung bis zu 120 Grad erlaubt, lediglich eine MdE in Höhe von 10 v.H. in Ansatz zu bringen. Eine solche Beeinträchtigung des Kniegelenks des linken Kniegelenks liegt indessen bei dem Berufungskläger vor. Dies haben nicht nur Dr. R. in seinem Gutachten vom 19. März 2000, sondern auch Dr. M. (Gutachten vom 2. September 1996, Bl 163 der Verwaltungsvorgangs), die Unfallchirurgen Prof. Dr. K./ Dr.H. /in ihrem Bericht vom 20. März 1996, insoweit Bl 290 des Verwaltungsvorgangs) festgestellt. Angesichts dieser ärztlichen Feststellungen vermag sich der Senat nicht die Überzeugung zu bilden, dass bei dem Berufungskläger eine dauerhafte Einschränkung der Beugefähigkeit des linken Kniegelenks auf 90 Grad, die auf orthopädisch-chirurgischem Gebiet Voraussetzung für die Zuerkennung einer MdE von 20 v.H. wäre, vorliegt. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass sich vielfach auch Bewegungsbefunde des Berufungsklägers finden, bei denen lediglich eine Beugefähigkeit von 90 bzw. 70 Grad diagnostiziert worden ist (vgl. etwa den Bericht von Prof. Dr. I. vom 20. November 1995, Bl. 226 f des Verwaltungsvorgangs; den Bericht des Unfallchirurgen Dr. F. vom 7. Mai 1996, Bl. 307 des Verwaltungsvorgangs sowie vom 21. November 1996, Bl. 396 des Verwaltungsvorgangs und jetzt auch das vom Berufungskläger nachgereichte Gutachten von Dr. S. vom 26. Juli 2000). Hingegen hat der Chirurg Dr. V. in seinem Nachschaubericht vom 6. März 1997 (Bl. 414 des Verwaltungsvorgangs) lediglich von einer endgradig eingeschränkten Beweglichkeit bei Beugung gesprochen. Dr. F. befundet in seinem Bericht vom 7. September 1995 eine freie Beweglichkeit des linken Kniegelenks (Bl. 204 des Verwaltungsvorgangs) und Dr. H. in seinem Bericht vom 4. September 1995 eine Beugefähigkeit von 100 Grad (Bl. 206 des Verwaltungsvorgangs). Angesichts dieser differierenden Befunde vermag sich der Senat jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass die Beugefähigkeit des linken Kniegelenks auf Dauer auf unter 120 Grad eingeschränkt ist. Insoweit berücksichtigt der Senat durchaus auch den Hinweis von Dr. R. in seinem Gutachten vom 19. März 2000 auf feststellbare Aggravationstendenzen. Dr. R. ist insoweit auch nicht der einzige beteiligte Mediziner im gesamten Verfahren gewesen, der einen derartigen Verdacht geäußert hat. So hat schon Dr. M. (in seinem Gutachten vom 2. September 1996) davon gesprochen, die jetzt geklagten Beschwerden könnten nicht eindeutig einem orthopädischen Befund zugeordnet werden. So berichtet er im Einzelnen, das linke Kniegelenk werde im Untersuchungsgang nicht ganz konsequent in einer leichten Beugestellung schongehalten (vgl. auch Bl. 361 des Verwaltungsvorgangs). Auch der den Berufungskläger behandelnde Unfallchirurg Dr. F. berichtet in seinem vom Berufungskläger vorgelegten ärztlichen Attest, zwischen den objektivierbaren Befunden und den vorgebrachten Beschwerden bestehe keine vollständige Übereinstimmung. Angesichts all dieser wechselnden Befunde vermochte der Senat sich auch nicht die Überzeugung zu bilden, dass Prof. Dr. P. in seinem nach § 109 SGG erstatteten Gutachten für das SG vom 8. September 1999 (insoweit Bl. 126 der Gerichtsakte) zutreffende Bewegungsmaße ermittelt hat, die auf Dauer bei dem Berufungskläger vorliegen. Da Prof. Dr. P. nur auf Grund dieser eingeschränkten Bewegungsmaße dazu gelangt ist, dem Berufungskläger eine höhere MdE zuzuerkennen, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit seinem Gutachten. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beweispflicht hinsichtlich des Unfallschadens hier auf der Seite des Berufungsklägers liegt. Hinsichtlich des Vorliegend des Unfallschadens ist auch der Beweismaßstab des Vollbeweises anzulegen. Insoweit kommt es nicht auf Wahrscheinlichkeit im Sinne des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts an. Insoweit bedarf es daher auch nicht er Erörterung der von Prof. Dr. P. vermuteten Kausalzusammenhänge im Hinblick auf die Entstehung der Beschwerden des Berufungsklägers.
Die Feststellung weiterer Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet hat der Berufungskläger nicht beantragt. Die Berufungsbeklagte wäre auch nicht verpflichtet gewesen, weitere Funktionsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei dem Berufungskläger anzuerkennen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Neurologe und Psychiater Dr. L. in seinem Gutachten für die Berufungsbeklagte vom 29. August 1996 keinen krankheitswertigen Befund auf psychiatrischem Gebiet feststellen konnte. Auch insoweit kann sich der Senat daher auch nicht mit Sicherheit vom Vorliegen eines Schadens überzeugen. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass der den Berufungskläger behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. J. in fortlaufenden Berichten an die Berufungsbeklagte von ausgeprägten reaktiv-depressiver Symptomatik (vgl. zuletzt etwa die ärztliche Bescheinigung vom 29. Mai 1997 Bl. 432 des Verwaltungsvorgangs) gesprochen hat. Selbst wenn diese Diagnose als zutreffend unterstellt würde, so räumt auch Dr. J. in der zuletzt erwähnten Bescheinigung ein, dass diese Symptome nicht auf das Unfallereignis vom 9. März 1992 zurückführbar seien.
Soweit der Berufungskläger sein Begehren wesentlich auch auf die Schmerzen im linken Knie stützt, vermag der Senat auch insoweit nicht zu erkennen, dass dies zur Erhöhung der bei ihm anerkannten MdE führen könnte. Zum Einen schließen die im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht anerkannten Richtwerte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen bereits ein (vgl Schönber-ger/Mehrtens/Valentin a.a.O. Seite 239). Zum Anderen sind die bei dem Berufungskläger vorliegenden Schmerzen nicht vollständig auf die Unfallfolgen, sondern eben auch auf die unfallunabhängigen Erkrankungen seines linken Knies zurückzuführen. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Prüfung von § 48 SGB X darauf abzustellen ist, ob sich die gesundheitlichen Verhältnisse seit dem letzten bindend gewordenen Bescheid im relevanten Umfang verschlimmert haben. Eben dies lässt sich aber auch im Hinblick auf die bei dem Berufungskläger vorliegenden Schmerzen nicht feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von §§ 183, 193 SGG.Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG.