Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.03.2003, Az.: L 10 RI 82/01
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit; Feststellung der Leistungsfähigkeit durch medizinische Beweisaufnahme; Soziale Zumutbarkeit der Tätigkeit als Telfonagent
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.03.2003
- Aktenzeichen
- L 10 RI 82/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16040
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0327.L10RI82.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 24.01.2001
Rechtsgrundlagen
- § 44 Abs. 2 SGB VI a.F.
- § 43 Abs. 2 SGB VI a.F.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 24. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) oder Berufsunfähigkeit (BU) zusteht.
Der 1946 geborene Kläger hat eine Berufsausbildung zum Elektroinstallateur durchlaufen und war von 1965 an bei der früheren Deutschen Bundesbahn, später bei der Deutschen Bahn AG als Elektriker beschäftigt. Von Oktober 1987 an wurde er als Lokführer Ia (Beimann) eingesetzt. Im Jahr 1990 wurde er im Wege des Bewährungsaufstiegs in die Lohngruppe i.S. (die höchste Lohngruppe des maßgeblichen Tarifvertrages) eingestuft. In den Jahren von 1990 bis 1992 fand eine Ausbildung des Klägers zum Rangierlokführer statt. Im Rahmen dieser Ausbildung arbeitete er auch als Rangierarbeiter und Rangierleiter. Nach Bestehen der Prüfung wurde er ab Oktober 1992 als Lokführer Ib eingesetzt. Der Kläger übte diese Tätigkeit tatsächlich aber nur drei Tage aus. Bei der Arbeit fühlte er sich massiv unsicher und entwickelte Ängste. Auf Grund der Entlohnung in der Lohngruppe i.S. wurde er im Rahmen der Überleitung der Arbeitnehmer auf die DB AG mit Wirkung zum 1. Januar 1994 in die Entgeltgruppe E8 eingestuft. Im Wege der Lohnsicherung wurde ihm auch für die später verrichteten Tätigkeiten Vergütung nach der Entgeltgruppe E8 gewährt. Zuletzt war der Kläger nach innerbetrieblicher Schulung von Dezember 1997 an in der fernmündlichen Reiseauskunft bzw. als Telefonagent im Hauptbahnhof I. eingesetzt. Diese Tätigkeit ist an sich in der Entgeltgruppe E6 des Entgelttarifvertrages zu entlohnen. Der Kläger hat die Tätigkeit im Dezember 1998 wegen bei ständigem Sitzen auftretender Schmerzen aufgegeben. Seither hat er tatsächlich nicht mehr gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis besteht fort.
Nach bestandskräftiger Ablehnung eines Rentenantrages von Januar 1995 beantragte der Kläger im April 1999 erneut die Bewilligung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU. Zur Begründung wies er auf Bandscheibenvorfälle sowie auf Meniskusschäden hin. Im Verwaltungsverfahren zog die Beklagte einen Entlassungsbericht der J.-Klinik K. bei. Dort hatte der Kläger ein Rehabilitationsverfahren durchgeführt, nachdem ihm im Mai 1999 eine Kniegelenksendoprothese links eingesetzt worden war. Ausweislich des Abschlussberichtes wurde der Kläger noch für in der Lage gehalten, körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen zu verrichten. Sodann veranlasste die Beklagte die Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. L ... Dort gab der Kläger an, nach einer Chemonukleolyse im November 1998 seien die Rückenschmerzen schlimmer geworden, sodass man eine Bandscheibenoperation vorgesehen habe. Darüber hinaus berichtete der Kläger über Schmerzen im Bereich des rechten Knies sowie der Schultern, wo er vor zwei bis drei Jahren operiert worden sei. Dr. L. hielt den Kläger zusammenfassend für in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten. Ständiges Heben und Tragen schwerer Lasten seien jedoch zu vermeiden. Zu derselben Leistungseinschätzung kam auch Dr. M., der ein neuro-psychiatrisches Gutachten über den Kläger erstattete. Er hielt darüber hinaus für den Fall, dass der Kläger zu lange sitzen müsse, kurze zusätzliche Ruhepausen von etwa drei bis sieben Minuten pro Stunde für erforderlich.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente mit Bescheid vom 24. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2000 ab. Der Kläger könne trotz des eingeschränkten Leistungsvermögens noch Tätigkeiten als Telefonagent, Fernsprechvermittler oder Bürogehilfe verrichten.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Er hat weiterhin die Gewährung von Rente wegen EU oder hilfsweise wegen BU begehrt und zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, er genieße den Berufsschutz als Rangierlokführer. Er könne auch leichte Arbeiten nicht mehr vollschichtig verrichten. Bei ihm bestehe der Verdacht auf eine chronische Polyarthritis. Das SG hat einen Befundbericht von dem Orthopäden Dr. N. beigezogen und die Klage dann mit Urteil vom 24. Januar 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich insbesondere auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Gegen das ihm am 27. Februar 2001 zugestellte Urteil wendet sich die am 12. März 2001 bei dem Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er hält daran fest, dass ihm Rente zustehe. Zur Begründung verweist er darauf, dass er zuletzt in der höchsten Lohngruppe i.S. entlohnt worden sei, die der Entgeltgruppe E8 des neuen Tarifvertrages entspreche. Er genieße daher jedenfalls Facharbeiterschutz. Zur Ausübung einer ihm zumutbaren Tätigkeit sei er jedenfalls wegen des erheblichen Schmerzsyndroms nicht in der Lage.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 24. Januar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 24. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2000 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 24. Januar 2001 zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die mit ihm überprüften Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Befundberichte von Dr. N. und von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. O. beigezogen. Sodann ist der Kläger auf seinen Antrag gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hin von Prof. Dr. P. auf orthopädischem Fachgebiet begutachtet worden. Der Sachverständige hat in dem unter dem 13. September 2002 erstatteten Gutachten und den ergänzenden Stellungnahmen vom 21. November 2002 und 7. Februar 2003 zusammenfassend den Kläger für in der Lage gehalten, körperlich leichte Arbeiten vor allem im Sitzen, zumutbar auch mit kurzen Gehstrecken, zu verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord oder Fließbandarbeiten, Arbeiten in Wechselschicht, in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken und Knien oder häufigem Heben, Tragen und Bewegen von mittelschweren oder schweren Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Tätigkeiten an laufenden Maschinen oder in Zugluft oder Nässe seien dem Kläger aber nicht mehr zumutbar. Bei Arbeiten mit selbst bestimmbarer Körperhaltung genügten auch die betriebsüblichen Arbeitspausen.
Darüber hinaus hat der Senat berufskundliche Stellungnahmen des Sachverständigen Q. vom 23. November 2001 aus dem Verfahren LSG Niedersachsen, L 10 RI 75/00, und vom 5. März 2003 aus dem Verfahren LSG Niedersachsen-Bremen, L 10 RI 333/02, beigezogen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Rentenakte der Beklagten sowie auf die über den Kläger geführten Personalakten der Deutschen Bahn AG Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass dem Kläger Rente wegen EU oder BU nach altem Recht oder wegen Erwerbsminderung nach neuem Recht nicht zusteht.
Dem Kläger steht Rente wegen EU oder BU gemäß §§ 44, 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden alten Fassung (a.F.) nicht zu. Die genannten Vorschriften sind gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI auf den vorliegenden Fall weiter anwendbar. Erwerbsunfähig ist gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI a.F., wer eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht ausüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen von mehr als 630,00 DM monatlich nicht erzielen kann. Berufsunfähig ist gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dies setzt nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema voraus, dass der Versicherte auch in der gegenüber seinem bisherigen Beruf nächst niedrigeren Stufe der Arbeiterberufe nicht mehr zumutbar arbeiten kann (vgl. nur Urteil des Bundessozialgerichtes - BSG - vom 26. Juni 1990, Az: 5 RI 46/89, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5). Erwerbs- oder berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F.
Aus den vorgenannten Voraussetzungen der geltend gemachten Renten wird deutlich, dass demjenigen Versicherten Rente wegen EU nicht zusteht, der nicht einmal berufsunfähig ist. auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger nicht berufsunfähig ist.
Denn der Kläger kann die Tätigkeit als Telefonagent im Bereich der Deutschen Bahn AG weiter verrichten. Die genannte Tätigkeit überfordert den Kläger in gesundheitlicher Hinsicht nicht. Nach dem Ergebnis der gesamten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch körperlich leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen, ohne Zeitdruck, ohne Akkord- oder Fließbandarbeiten, ohne Wechselschicht, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken oder Knien, ohne häufiges Heben und Tragen und Bewegen von mittelschweren und schweren Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie ohne Tätigkeiten an laufenden Maschinen oder in Zugluft oder Nässe verrichten kann. Weiter gehende Leistungseinschränkungen hat keiner der im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter oder der im Gerichtsverfahren gehörten Sachverständigen für erforderlich gehalten. Die genannten Leistungseinschränkungen stehen mit den von den Gutachtern und Sachverständigen festgestellten Gesundheitsstörungen auch in Übereinstimmung. Im Vordergrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers steht ein Zustand nach Knietotalendoprothese links mit Kniegelenksverschleiß rechts bei noch freier Gelenkbeweglichkeit. Die genannten Gesundheitsstörungen wirken sich aber genauso wenig wie die beidseits mäßiggradigen Verschleißerkrankungen des Talo-navicular-Gelenkes nachteilig auf Tätigkeiten aus, die vorwiegend im Sitzen zu verrichten sind. Auch die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen beider Schultergelenke sowie der Hals- und Lendenwirbelsäule wirken sich bei der Arbeit des Telefonagenten nicht nachteilig aus, die schon nach dem Vorbringen des Klägers eine büromäßige Tätigkeit mit Telefon- und Computerbedienung darstellt. Hinsichtlich der bei dem Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen stützt der Senat sich auf die gesamten in den Akten enthaltenen medizinischen Unterlagen und berücksichtigt auch die aktuellsten Feststellungen von Prof. Dr. P. in dem Gutachten vom 13. September 2002, das auf Untersuchungsbefunden vom 11. September 2002 beruht. Dieses letzte Gutachten hat wesentliche neue Erkenntnisse nicht erbracht. Denn Prof. Dr. P. hat ausgeführt, dass gegenüber der Voruntersuchung insbesondere bei Dr. L. im Oktober 1999 eine wesentliche Veränderung des Leistungsvermögens nicht festzustellen ist. Zu weiter gehenden Leistungseinschränkungen führende Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet hat auch der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. in dem Gutachten vom 8. November 1999 nicht festgestellt.
Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat keinen Zweifel daran, dass bei dem Kläger trotz der Erkrankungen im Bereich seiner Beine Wegefähigkeit im Sinn der Rechtsprechung des BSG (vgl. nur Urteil vom 30. Januar 2002, Az.: B 5 RJ 36/01 R, Breithaupt 2002, 576) besteht. So hat zuletzt Prof. Dr. P. in der ergänzenden Stellungnahme vom 21. November 2002 ausgeführt, der Kläger sei noch in der Lage, viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m in etwa 15 bis 20 Minuten zurückzulegen.
An der Verrichtung der Tätigkeit als Telefonagent ist der Kläger auch nicht etwa deshalb gehindert, weil er bei einer derartigen Tätigkeit zusätzliche, betriebs-unübliche Pausen benötigen würde. Prof. Dr. P. hat nämlich in der ergänzenden Stellungnahme vom 7. Februar 2003 auf ausdrückliche Rückfrage des Senats seine vorherige Einschätzung dahin präzisiert, dass innerhalb einer Arbeitsschicht eine Pause von ca. 15 Minuten nach zwei Stunden und von ca. 30 Minuten nach ca. drei weiteren Stunden jedenfalls dann ausreichend ist, wenn eine individuelle Arbeitsgestaltung unter selbst bestimmbarer Körperhaltung möglich ist. Bei körperlich leichten Arbeiten mit selbst bestimmbarer Körperhaltung und ohne Zwangshaltungen sei das Erfordernis von Pausen durchaus flexibel, sodass dann sogar die übliche Pause von 30 Minuten Dauer nach vier Stunden Arbeit ausreicht. Mit Rücksicht darauf, dass die Notwendigkeit zusätzlicher Pausen von allen gehörten Gutachtern und Sachverständigen im Hinblick auf die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers zu diskutieren sein könnte, muss sich die selbst bestimmbare Körperhaltung in erster Linie auf die Haltung des Rumpfes beziehen. Bei der Tätigkeit als Telefonagent tritt kein Publikumsverkehr auf. Der Arbeitnehmer kann im Bereich der Kabellänge des Telefonhörers bzw. des Headsets die Körperhaltung nahezu jederzeit frei wählen und nach Bedarf verändern. Gemäß § 4 Abs. 1 der Bildschirmarbeitsverordnung vom 4. Dezember 1996 (BGBl.. I S. 1841) i.V.m. Nr. 14 des Anhangs ist der Arbeitgeber ohnehin gehalten, den Bildschirmarbeitsplatz so zu gestalten, dass ausreichender Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und -bewegungen vorhanden ist. Die Arbeit muss gemäß § 5 Bildschirmarbeitsverordnung im übrigen so organisiert sein, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird.
Die Notwendigkeit weiterer, betriebsunüblicher Pausen ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. M ... Zwar hat Dr. M. sowohl in dem Gutachten vom 8. November 1999 als auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 2000 sich mit der Frage von zusätzlichen Pausen auseinander gesetzt, doch hat auch er diese Frage im Zusammenhang mit dem Auftreten von Schmerzzuständen im Bereich der Wirbelsäule des Klägers bei langem Sitzen diskutiert. Auch soweit Dr. M. in der genannten ergänzenden Stellungnahme Pausen von drei bis sieben Minuten pro Stunde für erforderlich hält, kann der Senat dies jedenfalls bei büromäßig durchzuführenden Arbeiten nicht dahin werten, dass tatsächlich Arbeitsunterbrechungen erforderlich sind. Vielmehr muss der Kläger nur eine Unterbrechung der sitzenden Haltung herbeiführen, was ihm nach den obigen Ausführungen auch bei der Tätigkeit als Telefonagent durchaus möglich ist. Auch Dr. M. hat die Notwendigkeit zusätzlicher Pausen in diesem Sinn gemeint. Denn in der ergänzenden Stellungnahme hat er ausgeführt, dass derartige mehrfache kleinere Pausen bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern grundsätzlich möglich seien. Jedenfalls für den Bürobereich trifft dies zu, wie sich auch aus der Aussage des berufskundlichen Sachverständigen Kurtz vom 5. März 2003 zu der Sache mit dem Az: L 10 RI 333/02 ergibt.
Der Kläger kann die Tätigkeit als Telefonagent auch in fachlicher Hinsicht vollwertig verrichten. Immerhin ist er betriebsintern für diese Tätigkeit bereits ausgebildet worden und hat diese Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ausgeübt.
Die Tätigkeit als Telefonagent ist dem Kläger auch sozial zumutbar. Nach den in dem Entgeltgruppenverzeichnis des Entgelttarifvertrages genannten Richtbeispielen ist die Tätigkeit des telefonischen Fahrkartenverkaufs in die Entgeltgruppe E6 einzustufen. In der Entgeltgruppe E6 sind nach der abstrakten Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale solche Tätigkeiten erfasst, die eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens 2 1/2 Jahren voraussetzen. Bei den Tätigkeiten der Entgeltgruppe E6 handelt es sich mithin um Facharbeitertätigkeiten i.S. des Stufenschemas der Rechtsprechung des BSG. Eine derartige Tätigkeit ist dem Kläger jedenfalls zuzumuten, unabhängig davon, welche Tätigkeit als sein Hauptberuf anzusehen ist und ob diese möglicherweise einen über den Facharbeiterstatus hinausgehenden Berufsschutz gewährt.
Der Senat kann daher dahingestellt sein lassen, ob der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen und sozial zumutbar auch auf andere Tätigkeiten, insbesondere etwa die von der Beklagten benannten oder die Tätigkeiten eines Komplettierers im Schaltschrankbau in Medizin- oder Laborbau betreibenden Handwerksbetrieben (vgl. Auskunft des berufskundlichen Sachverständigen Kurtz in der Sache L 10 RI 75/00) oder eines Callcenter-Agents verwiesen werden kann.
Der Kläger ist auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert i.S. des § 43 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden neuen Fassung (n.F.). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Da der Kläger, wie bereits ausgeführt, vollschichtig einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, fehlen bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen für die Annahme einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung. Im Hinblick auf die - wie bereits dargelegt - fehlende BU kommt für den Kläger auch nicht die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU gemäß § 240 SGB VI n.F. in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 SGG.