Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.06.2003, Az.: L 16 U 32/02
Rechtmäßigkeit des Entzuges einer als vorläufige Entschädigung gezahlte Rente; Anspruch auf Zahlung einer Rente auf unbestimmte Zeit; Berufsunfähigkeit wegen des Verdachts auf posttraumatische Belastungsstörungen; Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 26.06.2003
- Aktenzeichen
- L 16 U 32/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20020
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0626.L16U32.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Bremen - 12.06.2002 - AZ: S 5 U 109/00
Rechtsgrundlagen
- § 151 Abs. 1 SGG
- § 143 SGG
- § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII
- § 62 Abs. 2 S. 1 SGB VII
Redaktioneller Leitsatz
Ist eine Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl Zwanzig, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 12. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht die dem Kläger bisher als vorläufige Entschädigung gezahlte Rente entzogen und die Zahlung einer Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt hat.
Der am 13. Dezember 1939 geborene Kläger war als Stauer bei der I., Bremen, beschäftigt. - Am 19. Dezember 1996 erlitt er einen Arbeitsunfall, indem er aus einer Höhe von 2 m von einer Kiste abrutschte und zwischen zwei Eisenbunde fiel. Er zog sich nach dem Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. med. J. (Chefarzt der Chirurgischen Klinik im K. , Bremen) eine offene Schädelfraktur mit Einstrahlung in die rechte Schädelbasis, eine Commotio cerebri, eine Platzwunde rechts-temporal und eine kleine Risswunde an der rechten Ohrmuschel zu und wurde stationär vom 19. bis 27. Dezember 1996 im K. behandelt. Ein angefertigtes craniales Computertomogramm (CCT) ergab den Verdacht auf ein minimales subdurales Hämatom ohne Ödembildung. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wurde er zunächst dort ambulant weiter behandelt. Ferner wurde er von der Nervenärztin Dr. med. L. untersucht, die in ihrem abschließenden Bericht vom 20. Februar 1997 ausführte, es handele sich um einen Zustand nach offenem Schädel-Hirn-Trauma mit rechts-temporaler Schädelfraktur ohne Hinweise auf eine manifeste cerebrale Funktionsstörung. Eine noch bestehende endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, verbunden mit Schwindel, sei ihrer Ansicht nach nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen, sondern auf degenerative Veränderungen. Ein noch bestehendes leichtgradiges psychovegetatives Syndrom werde unterhalten durch die unklare berufliche soziale Situation. Auf isoliert nervenärztlichem Gebiet sei eine unfallabhängige messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht zu erwarten. Ferner wurde er dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. med. M. vorgestellt, der in seinem Bericht vom 7. Januar 1997 eine unfallunabhängige beiderseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit beschrieb.
Ab 9. April 1997 wurde der Kläger in der Chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. med. N./Dr. med. O. behandelt und zusätzlich von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. P. und dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. med. Q. untersucht. Dr. med. P. führte in einem Bericht vom 14. April 1997 aus, für von dem Kläger beklagte Schwindelerscheinungen bei abrupten Kopf- und Körperbewegungen finde sich kein organ-neurologisches Korrelat. Dr. med. Q. beschrieb in seinen Berichten vom 21. April 1997 und 2. Juni 1997 eine vermutlich traumatisch bedingte Tieftonschwerhörigkeit rechts, einen Verdacht auf Lärmschwerhörigkeit und einen abklingenden Schwindel.
Die Beklagte zog ein sozialmedizinisches Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Lande Bremen vom 5./13. Mai 1997 (Neurologin Dr. phil. nat. R.), Auskünfte über Mitgliedschafts- und Arbeitsunfähigkeitszeiten von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Bremen/Bremerhaven vom 18. März 1997, 1. April 1997 und 21. Juli 1997 sowie einen Krankheitsbericht von dem Praktischen Arzt Dr. med. S. vom 18. Oktober 1997 bei, der mitteilte, er habe den Kläger wegen unfallunabhängiger Leiden (u.a. Rückenbeschwerden) behandelt. - Ab 25. August 1997 war der Kläger gemäß einer Mitteilung von Dr. med. N. vom 19. September 1997 wieder arbeitsfähig.
Gemäß Bescheid vom 26. Juni 1998 zahlte die Beklagte dem Kläger ab 25. August 1997 eine Rente als vorläufige Entschädigung in Höhe von 20 v. H. der Vollrente und erkannte als Folgen des Arbeitsunfalls an: Tieftonschwerhörigkeit rechts, Schwindelerscheinungen. Als Folgen des Arbeitsunfalls erkannte sie nicht an: degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, Hochtonschwerhörigkeit beiderseits. Sie stützte sich bei ihrer Entscheidung auf ein Gutachten des Arztes für Chirurgie T. vom 19. März 1998, der die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns durch den Röntgenologen U. (Bericht vom 12. März 1998) veranlasste und von Dr. med. Q. einen Befundbericht vom 6. April 1998 sowie ein HNO-Zusatzgutachten vom 20. April 1998 einholte. Letzterer führte aus, als Unfallfolgen seien eine vestibuläre Störung und eine Tieftonschwerhörigkeit rechts anzusehen. Beide Beschwerdebilder würden häufig nach zervikalen Weichteiltraumen beschrieben. Zu erwarten sei, dass mit Nachlassen der zervikalen Verspannung langfristig eine völlige Schwindelfreiheit eintrete. Auch die Tieftonschwerhörigkeit rechts habe einen günstigen Verlauf genommen, denn sie habe sich von 50 dB Hörverlust (April 1997) auf 35 dB Hörverlust (März 1998) gebessert und eine weitere Besserung sei nicht ausgeschlossen. Beiderseitige Hochtonsenken entsprächen dem typischen Bild einer chronischen Lärmschwerhörigkeit. Für die leichten Schwindelbeschwerden, die bei mittlerer Belastung aufträten, sei eine MdE von 20 v. H. angemessen; die MdE für den Hörverlust schätze er anhand der Tabelle nach Feldmann auf 10 v. H. ein. Der Chirurg T. legte in seinem Gutachten dar, dass als Unfallfolgen anzusehen seien die auf HNO-Fachgebiet beschriebene Tieftonschwerhörigkeit rechts und die restlichen Schwindelerscheinungen nach Kontusion des Schädels und der Halswirbelsäule mit Spontannystagmus und auf neurologischem Gebiet ein kleiner traumatischer Substanzdefekt an der Hirnoberfläche rechts temporo-parietal (ohne Ausfallerscheinungen). Unfallunabhängig bestünden degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule und eine Lärmschwerhörigkeit beiderseits. Auf chirurgischem Fachgebiet seien keine Unfallfolgen festzustellen. Die Gesamt-MdE sei auf Grund des Gutachtens von Dr. med. Q. auf 20 v. H. einzuschätzen.
Mit Bescheid vom 20. April 1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) mit der Begründung ab, der Kläger sei keinem das Gehör gefährdenden Lärm seit dem 11. Januar 1968 ausgesetzt gewesen.
Zur Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit holte die Beklagte ein Gutachten von Dr. med. Q. vom 25. Juni 1999 ein. Er schätzte die MdE für die noch bestehenden Unfallfolgen (leichte Asymmetrie der vestibulären Funktion mit sich daraus ergebenden subjektiven leichten Schwindelbeschwerden bei hoher Belastung) nur noch auf 10 v. H. ein. Er führte aus, der Kläger gebe subjektiv eine leichte Besserung der Schwindelbeschwerden seit der Voruntersuchung und des Hörvermögens an, das wieder wie vor dem Unfall sei.
Mit Schreiben vom 29. Juni 1999 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Rentenentziehung an. Gemäß Bescheid vom 28. Juli 1999 entzog sie die dem Kläger bisher als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v. H. gewährte Rente mit Ablauf des Monats Juli 1999 und lehnte die Zahlung einer Rente für unbestimmte Zeit ab. Zur Begründung führte sie aus, die ärztliche Begutachtung habe ergeben, dass als Folgen des Versicherungsfalls noch leichte Schwindelerscheinungen bestünden, die die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade minderten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 2. August 1999 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente in Höhe von 20 v. H. der Vollrente lägen weiterhin vor. - Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2000, auf den verwiesen wird, Bl. 276 Verwaltungsakte).
Der Kläger hat am 20. Juni 2000 beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben und geltend gemacht, die bei ihm vorliegenden erheblichen Nackenbeschwerden und die daraus resultierenden Kopfschmerzen sowie eine nervöse Unruhe seien Folgen des Arbeitsunfalls, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingten.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und den übrigen Inhalt der Akte bezogen.
Das SG hat einen Befundbericht von dem Nervenarzt Dr. med. V. vom 30. November 2000 (mit einem Arztbrief vom 16. Juni 2000) eingeholt, der einen Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung nach offener rechts temporo-parietaler Schädelfraktur mit Commotio cerebri sowie einen Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion geäußert hat. Ferner hat das SG einen Bericht von Dr. med. S. vom 1. März 2001 beigezogen, in dem dieser als krankhafte Veränderungen degenerative Skelettveränderungen und Restbeschwerden nach offenem Schädel-Hirn-Traum genannt hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich der Einschätzung der MdE in Höhe von 10 v. H. durch Dr. med. Q. angeschlossen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Gerichtsbescheid Bl. 30 - 34 Prozessakte) Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen den ihm am 2. Juli 2002 zugestellten Gerichtsbescheid am 31. Juli 2002 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Er macht geltend, bei ihm bestünden noch erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, die auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. So liege eine starke Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule vor und regelmäßig träten bei ihm starke Schwindelgefühle auf. Dr. med. V. habe zudem den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung geäußert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 12. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2000 zu verurteilen, ihm über den 31. Juli 1999 hinaus eine Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, bereits mit Bescheid vom 20. Juni 1998 seien degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule nicht als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannt worden. Zudem bestreite sie, dass eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule vorliege, denn insoweit sei der Kläger bereits am 24. März 1997 nahezu beschwerdefrei gewesen. Der Schwindel sei im Juni 1999 nur noch leicht ausgeprägt gewesen; seit April 1997 sei dem Kläger wieder das Autofahren möglich. Eine unfallbedingte Belastungsstörung sei nicht nachgewiesen.
Das Gericht hat ein Gutachten von der Ärztin für Neurologie/Psychiatrie Dr. med. W. vom 4. Februar 2003 eingeholt. Sie hat ausgeführt, diagnostisch bestehe bei dem Kläger eine isolierte Phobie, die sich lediglich auf die Situation beziehe, dass er auf schwankendem Schiffsboden Tätigkeiten mit Absturzgefahr verrichten müsse. Die Symptomatik dieser Phobie sei zwar erst bei dem ersten Arbeitsversuch aufgetreten, jedoch handele es sich um eine psychische Reaktion, die sicher auf den Unfall vom 19. Dezember 1996 zurückzuführen sei, da sie genau die Situation darstelle, in der der Kläger sich während des Unfalls befunden habe. Seine Angaben, dass er seit dem ersten Arbeitsversuch diese Ängste habe, seien glaubhaft. Er habe diese Ängste auch zumindest 1997 und 1998 explizit beklagt. Es sei anzunehmen, dass die Angstsymptomatik auch zumindest in der ersten Zeit nach dem Unfall überdeckt gewesen sei von der noch deutlicheren Schwindelsymptomatik auf Grund der vestibulären Läsion. Es sei für den Kläger nicht leicht, die phobische Symptomatik und den organischen Schwindel voneinander zu trennen. Die MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei seit dem 1. August 1999 auf unter 10 v. H. einzuschätzen, denn es handele sich um eine isolierte Angststörung und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe es eine Fülle von Tätigkeiten, bei denen nicht auf schwankendem Schiffsboden Arbeiten mit Absturzgefahr zu verrichten seien. Die Gesamt-MdE sei auf 10 v. H. einzuschätzen.
Während der Kläger diesem Gutachten zustimmt, hält die Beklagte die Ausführungen der Sachverständigen für unzutreffend.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 5/00273/970) beigezogen. Diese Akte und die Prozessakte (Az. L 16 U 32/02, S 5 U 109/00) sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG). Sie ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente auf unbestimmte Zeit. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) wird eine Verletztenrente nur gezahlt, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl Zwanzig, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII).
Mit dem Bescheid vom 28. Juli 1999 wurde erstmals eine Entscheidung über eine Rente auf unbestimmte Zeit getroffen; dies muss spätestens vor Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall geschehen (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Diese gesetzlichen Vorschriften sind im vorliegenden Fall zu beachten. Danach beträgt die MdE seit dem 1. August 1999 lediglich 10 v. H. Maßgeblich für diese Beurteilung sind die Gutachten von Dr. med. Q. vom 25. Juni 1999 und von Dr. med. W. vom 4. Februar 2003. Auf HNO-Fachgebiet bestehen nur noch geringe Schwindelbeschwerden bei hoher Belastung, die ihre Ursache haben in einer leichten Asymmetrie der vestibulären Funktion, die sich im Richtungsüberwiegen des Linksnystagmus und in der gestörten Koordination im "Unterberger Versuch" zeigt. Die unfallbedingte Einschränkung des Hörvermögens im Tieftonbereich ist nicht mehr vorhanden, denn der Kläger hat bei der Untersuchung durch Dr. med. Q. angegeben, das Hörvermögen sei wieder wie vor dem Unfall. Auf HNO-Fachgebiet liegt somit lediglich noch eine MdE in Höhe von 10 v. H. vor.
Wie Dr. med. W. in ihrem vom Gericht eingeholten Gutachten vom 4. Februar 2003 überzeugend ausgeführt hat, besteht bei dem Kläger eine isolierte Phobie, die sich auf die Situation bezieht, dass er auf schwankendem Schiffsboden Tätigkeiten mit Absturzgefahr verrichten muss. Es handelt sich hierbei um eine psychische Reaktion, die mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 19. Dezember 1996 zurückzuführen ist, denn sie stellt die Situation dar, in der der Kläger sich während des Unfalls befand. Die Kritik der Beklagten an diesen Ausführungen der Sachverständigen überzeugt nicht, zumal sie sich hierzu auf keine nervenärztliche Stellungnahme stützt. Im Gegensatz zu der Auffassung der Beklagten hat sich Dr. med. W. umfassend mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers, seinem sozialen Gefüge, seinem Alter und seiner Lebenssituation auseinander gesetzt und abschließend die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs der Phobie mit dem Unfall bejaht; das Vorliegen einer Phobie hat sie - wie dem Gutachten unschwer zu entnehmen ist - als nachgewiesen angenommen. Dr. med. W. hat zudem nachvollziehbar dargelegt, dass die Angstsymptomatik sich nach dem Unfall entwickelt habe und es für den Kläger nicht leicht gewesen sei, sie und den organischen Schwindel voneinander zu trennen. Somit liegt auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Auftreten der Phobie vor. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass Dr. med. V. in seinem vom SG eingeholten Befundbericht vom 16. Juni 2000 den Verdacht auf eine "posttraumatische Belastungsstörung nach Schädelfraktur und Commotio cerebri" geäußert hat. Mit Rücksicht auf diese Aussage hat das Gericht das Gutachten von Dr. med. W. eingeholt. - Die MdE für diese isolierte Phobie ist jedoch - wie Dr. med. W. ebenfalls überzeugend dargelegt hat - auf unter 10 v. H. einzuschätzen, denn es handelt sich um eine isolierte Angststörung und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt es eine Fülle von Tätigkeiten, bei denen nicht auf schwankendem Schiffsboden Arbeiten mit Absturzgefahr zu verrichten sind. Die Gesamt-MdE ist daher auf 10 v. H. einzuschätzen.
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht bei ihm keine unfallbedingte Schädigung der Halswirbelsäule. Bereits mit Bescheid vom 26. Juni 1998 sind unter anderem "degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule" nicht als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannt worden. Hierbei stützte sich die Beklagte auf das Gutachten des Chirurgen T. vom 19. März 1998.
Wegen der unfallbedingten MdE von 10 v. H. ist dem Kläger keine Teilrente in Höhe von 10 v. H. der Vollrente zu zahlen, denn wegen eines anderen Versicherungsfalls besteht bei ihm keine MdE von 10 v. H. Mit Bescheid vom 20. April 1999 ist die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV mit der Begründung abgelehnt worden, der Kläger sei keinem das Gehör gefährdenden Lärm seit dem 11. Januar 1968 ausgesetzt gewesen.
Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab.