Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.06.2003, Az.: L 9 U 27/01
Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines Raubüberfalls bei einer Dienstreise; Gewährung einer Verletztenrente bei einem Arbeitsunfall; Materielle Beweislast der Versicherten für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls; Ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und versicherter Tätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.06.2003
- Aktenzeichen
- L 9 U 27/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0617.L9U27.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - AZ: S 11 U 190/98
Rechtsgrundlagen
- § 547 RVO
- § 109 SGG
Redaktioneller Leitsatz
Dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen nämlich Unfallereignisse dann, wenn der Versicherte sie infolge seiner versicherten Tätigkeit erlitten hat, sie also in einem nicht nur ursächlichen, sondern auch wesensmäßigen innerem Zusammenhang zu der versicherten Tätigkeit stehen.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Berufungsklägerin aus Anlass eines Ereignisses am 11. September 1995 Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Die 1954 geborene Berufungsklägerin ist bis 30. September 1995 als Finanzbuchhalterin bei der Firma C., Visselhövede, beschäftigt gewesen. Nach ihrem Ausscheiden hat sie nicht mehr gearbeitet und bezieht seit März 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Am 11. September 1995 fuhr die Berufungsklägerin im Auftrag ihrer damaligen Arbeitgeberin mit der Bahn nach Wiesbaden, um dort für mehrere Tage Arbeiten bei der Firma D." (E.) durchzuführen. Wie sich aus einigen von der Berufungsklägerin aufgehobenen Quittungen ergibt, traf sie vor 11.40 Uhr in Wiesbaden ein, und nahm gegen 21.00 Uhr eine Mahlzeit in einem Steakhaus ein. Der Verlauf der Dienstreise im übrigen und die Umstände der Rückkehr der Berufungsklägerin sind in ihren wesentlichen Einzelheiten nicht vollständig geklärt.
Am 19. September 1995 erstattete die Berufungsklägerin bei dem Polizeikommissariat ihres Wohnortes Verden Strafanzeige und schilderte, am 11. September 1995 gegen 23.00 Uhr auf dem Rückweg zu der von ihr gebuchten Unterkunft im F." - Hotel gewesen zu sein, als ihr im Bereich einer Unterführung eine Frau in den Weg getreten sei und Geld gefordert habe. Als sie eingewandt habe, keine größeren Summen bei sich zu tragen, habe die Frau ihren durch Ausschlag entstellten Oberkörper entblößt und sie am Arm gefasst. Die Frau sei von vier Männern begleitet gewesen, die ständig dabei geblieben seien und sie schließlich bei ihrem Versuch, schnell wegzugehen, regelrecht umzingelt hätten. Als sie schließlich keinen Ausweg mehr gesehen habe, habe sie der Frau ihre Handtasche übergeben. Die Frau habe die Tasche erst durchsucht und dann den Inhalt auf den Boden geschüttet. Sie habe das Portemonnaie mit 30,00 DM und einigen Kreditkarten an sich genommen. Schließlich habe noch einer der Männer auf die Handtasche getreten, wobei einige Schminksachen beschädigt worden seien. Danach habe sich alles aufgelöst, als wenn nichts passiert wäre. Nach dem Vorfall sei sie sofort abgereist.
Die daraufhin eingeleiteten polizeilichen Ermittlungen nach den Tätern verliefen ohne Erfolg.
Am 10. November 1995 erstattete die DAK bei der Berufungsbeklagten eine Unfallanzeige, der der nachträglich gefertigte Durchgangsarztbericht des Dr. G. vom 3. November 1995 beigefügt war. Darin berichtete Dr. G. anamnestisch, die Berufungsklägerin sei am 11. September 1995 gegen 21.45 Uhr auf dem Weg zum Hotel in einer Unterführung von fünf Personen überfallen, geschlagen, getreten und beraubt worden. Vor dem Ereignis habe die Berufungsklägerin zu eher niedrigem Blutdruck geneigt; jetzt seien hypertone Krisen aufgetreten. Bei der Vorstellung habe der Blutdruck 170 zu 105 im Liegen betragen. Äußerlich bestünden ansonsten keine Verletzungszeichen. Jedoch klage die Berufungsklägerin über erhebliche Angst- und Erregungszustände. Abschließend diagnostizierte Dr. G. einen Zustand nach multiplen Prellungen sowie eine psychische Dekompensation, und überwies die Berufungsklägerin zur weiteren Behandlung an den Psychiater Dr. von H ...
Dieser berichtete der Berufungsbeklagten unter dem 14. Dezember 1995 anamnestisch darüber, dass die Berufungsklägerin bei dem Vorfall am 11. September 1995 auch dadurch erpresst und gedemütigt worden sei, dass man ihr unter Androhung ansteckender Krankheiten in den Mund gespuckt habe. Der psychische Befund zeige eine depressive Grundstimmung mit Affektlabilität und Neigung zu Angstzuständen. Die Berufungsklägerin beklage Schlafstörungen und ein häufig zwanghaftes Denken an den beschriebenen Vorfall. Diagnostisch sei von einer posttraumatischen Belastungssituation mit Angstanfällen und vielfältiger vegetativer Symptomatik auszugehen.
Die Berufungsbeklagte stellte daraufhin zunächst weitere Ermittlungen zum Verlauf der Dienstreise an. Mit Schreiben vom 15. Februar 1996 teilte ihr die Firma D. mit, dass die Berufungsklägerin bei ihrem Arbeitseinsatz in Wiesbaden keine Überstunden gemacht habe. Dienstende sei um 17.00 Uhr gewesen; danach sei die Berufungskläger auch nicht mehr im dienstlichen Auftrag unterwegs gewesen. Von einem Unfall sei dort nichts bekannt. Mit Schreiben vom 28. März 1996 legte die Berufungsklägerin hierzu dar, sie könne sich an viele Einzelheiten nicht mehr bewusst erinnern, sondern die Zusammenhänge teilweise nur noch anhand äußerer Umstände, wie etwa der Spesenquittungen, erschließen. Ärztlicherseits sei bei ihr insoweit eine teilweise Amnesie infolge des Vorfalls vom 11. September 1995 diagnostiziert worden. Als sie am 11. September 1995 überfallen worden sei, habe sie sich auf dem Rückweg in das F." - Hotel befunden, den sie zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr eingeschlagen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie - unterbrochen von ihrem Abendessen - vergeblich in verschiedenen Hotels vorgesprochen, um sich ein anderes Hotelzimmer zu beschaffen. Das Zimmer im F." - Hotel, das sie bereits unmittelbar nach ihrer Ankunft in Wiesbaden kurz aufgesucht habe, sei, der Preislage entsprechend, in einem schlechten Zustand gewesen, sodass sie bei ihrer Ankunft im Büro sogleich protestiert habe. Daraufhin habe ihr die Firmenleitung zugestanden, sich ein anderes Hotel bis zu einem Preislimit von 145,00 DM zu suchen. Im Verlauf des Tages habe sich bereits eine Sekretärin bemüht, ein neues Zimmer für sie zu buchen. Ihr sei schließlich das Hotel I." genannt worden. Dorthin habe sie sich nach Dienstschluss zwischen 17.00 und 18.00 Uhr begeben, jedoch erfahren, dass erst vom 12. September 1995 an ein Zimmer zur Verfügung stehe. Deswegen habe sie anschließend noch weitere Hotels zu Fuß aufgesucht.
Zur weiteren medizinischen Sachaufklärung ließ die Berufungsbeklagte nach Beiziehung verschiedener ärztlicher Unterlagen das Zusammenhangsgutachten des Dr. Dr. J. vom 1. Oktober 1996 - auf Wunsch der Berufungsklägerin nach Aktenlage - erstatten. Dieser vertrat die Auffassung, dass der geschilderte Vorfall nach Art und Schwere nicht geeignet gewesen sei, mit Wahrscheinlichkeit eine psychische Störung zu verursachen.
Mit Bescheid vom 12. November 1996 lehnte daraufhin die Berufungsbeklagte die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Ereignisses vom 11. September 1995 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie nach Einholung eines weiteren Zusammenhangsgutachtens des Neurologen und Psychiaters K. vom 4. Februar 1998, der die wesentliche Ursächlichkeit des geschilderten Vorfalls für bestehende Beschwerden ebenfalls verwarf, mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 1998 zurück.
Zur Begründung ihrer am 22. September 1998 erhobenen Klage hat die Berufungsklägerin ergänzend vorgetragen, dass es bei dem streitbefangenen Vorfall zu weiteren Zudringlichkeiten gekommen sei, über die zu berichten sie sich erst jetzt auf Grund von Gesprächen mit ihrer behandelnden Psychotherapeutin in der Lage sehe. Einer der Männer aus der Gruppe habe nach ihrer Halskette gegriffen, die schließlich zerrissen und ihr in den Ausschnitt gefallen sei. Beim Nachgreifen habe der Mann dann auch ihre Bluse und die Unterwäsche zerrissen, während er sich selbst befriedigt habe. Die anderen Männer hätten ihr gedroht, sich an ihr zu vergehen. Einer von ihnen habe direkt neben ihr seine Notdurft verrichtet, sodass sie mit Urin bespritzt worden sei. Der weitere Ablauf sei für sie weiterhin nicht vollständig erinnerlich.
Das Sozialgericht (SG) hat zur weiteren Sachaufklärung verschiedene Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und auf Antrag der Berufungsklägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das psychologische Gutachten des Arztes L. vom 30. Juni 2000 erstatten lassen. Dieser hat auf der Grundlage des von der Berufungsklägerin zuletzt geschilderten Sachverhalts bei dieser eine andauernde Persönlichkeitsänderung auf der Grundlage einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnostiziert und deren Verursachung durch das streitbefangene Ereignis am 11. September 1995 als überwiegend wahrscheinlich bejaht.
Mit Urteil vom 17. November 2000 hat das Sozialgericht gleichwohl die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der von der Berufungsklägerin geschilderte Sachverhalt nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen lasse. Auch dem von dem Arzt L. erstatteten Gutachten sei hiernach nicht zu folgen, weil es den von der Berufungsklägerin geschilderten Sachverhalt als zutreffend voraussetze.
Mit ihrer am 22. Januar 2001 eingelegten Berufung verfolgt die Berufungsklägerin ihr Begehren weiter. Sie macht ergänzende Angaben über den Verlauf des Abends des 11. September 1995 bis zu dem streitbefangenen Ereignis und zu den - vermutlichen - Umständen ihrer Rückkehr nach Verden und beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 17. November 2000 sowie den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 12. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1998 aufzuheben,
- 2.
die Berufungsbeklagte zu verurteilen, bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung mit nachfolgender dauerhafter Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung als Folge eines Arbeitsunfalles am 11. September 1995 festzustellen,
- 3.
die Berufungsbeklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles am 11. September 1995 Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v.H. zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Unfallakten der Berufungsbeklagten Bezug genommen, die beigezogen worden sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat in seinem angefochtenen Urteil vom 17. November 2002 zu Recht entschieden, dass die Berufungsklägerin keinen Anspruch darauf hat, die bei ihr auf psychischem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls am 11. September 1995 festgestellt und entschädigt zu wissen.
Auf den Anspruch der Berufungsklägerin sind gemäß § 212 Sozialgesetzbuch, 7. Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) im vorliegenden Fall noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) weiterhin anzuwenden, da der geltend gemachte Versicherungsfall vor In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 datiert.
Nach 547 RVO besteht ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere auf Heilbehandlung oder Verletztenrente, nur nach Eintritt eines Versicherungsfalles, insbesondere eines Arbeitsunfalls, den die Berufungsklägerin vorliegend in Gestalt des am 11. September 1995 erlittenen Überfalls geltend macht. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls setzt in der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine bestimmte Abfolge ursächlich miteinander verknüpfter Umstände und Ereignisse voraus (vgl. ohne sachliche Änderung gegenüber § 548 RVO jetzt § 8 SBG VII). Erforderlich ist insoweit, dass es infolge der versicherten Tätigkeit zu einem plötzlich auf den Körper wirkenden Ereignis, dem Arbeitsunfall, kommt, der seinerseits zu einem unmittelbaren Gesundheitsschaden, dem sog. Primärschaden führt. Bleibt das Ereignis im Rechtssinne folgenlos, so liegt schon kein Unfall vor (vgl. im Einzelnen Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VIII Rdn 19 ff). Sind hingegen die genannten Voraussetzungen für einen Versicherungsfall erfüllt, so sind unter den weiteren Erfordernissen der einzelnen Leistungsfälle als Folgeschäden auch solche Unfallfolgen zu entschädigen, die ihrerseits ursächlich auf die eingetretenen Primärschäden zurückzuführen sind (vgl. Kasseler Kommentar, a.a.O., § 26 Rdn 3). Um einen Versicherungsfall feststellen und dem Versicherten darüber hinaus ggf. bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss das Gericht die anspruchbegründenden Umstände und Ereignisse auf Grund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutreffend betrachten. Es bedarf insoweit des Vollbeweises, bei dem der Versicherte die materielle Beweislast trägt. Lediglich für die Bejahung der jeweiligen Ursächlichkeit eines bewiesenen Umstandes für seine feststellbaren Folgen genügt der Maßstab hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. zudem Kasseler Kommentar, a.a.O., § 8 Rdn 252 ff m.w.N.).
Die hiernach für einen Erfolg der Berufung notwendigen Feststellungen vermag der Senat aus zwei von einander unabhängigen Gründen nicht zu treffen:
Zunächst hat auch der Senat - wie vor ihm bereits das SG - durchgreifende Zweifel daran, dass sich der streitbefangene Vorfall am 11. September 1995 in der Weise abgespielt hat, wie es die Berufungsklägerin zuletzt im Klage- und Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Das SG hat in seinem angefochtenen Urteil die Gesichtspunkte, die die Überzeugungskraft der Sachdarstellung der Berufungsklägerin erschüttern, eingehend und zutreffend dargelegt. Zu Recht hat auch das SG hervorgehoben, dass die Frage, ob die Berufungsklägerin über die von Anfang an berichtete Nötigung zur Herausgabe ihrer Handtasche hinaus auch sexuell belästigt und genötigt worden ist, von wesentlichem Einfluss auf die Würdigung der im Verfahrensverlauf erhobenen Beweise ist; denn während die im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. Dr. J. und K. in ihren jeweiligen Gutachten den bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Sachverhalt für die vorhandenen Gesundheitsstörungen auf psychischem Gebiet nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit haben verantwortlich machen können, hat der im erstinstanzlichen Klageverfahren auf Antrag der Berufungsklägerin nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige Dipl. Psych. L. seine Schlussfolgerung, bei der Berufungsklägerin bestehe eine durch die streitbefangenen Ereignisse wesentlich verursachte psychische Störung auf der Grundlage einer posttraumatischen Belastungsstörung, gerade mit dem Hinweis auf die besondere Schwere der von der Berufungsklägerin zwischenzeitlich geschilderten Ereignisse begründet. Wie schon das SG vermag auch der Senat diesem Gutachten nicht zu folgen, da hinreichend zuverlässige Sachverhaltsfeststellungen bezüglich der Ereignisse am 11. September 1995 in Unkenntnis der Täter, in Ermangelung von Tatzeugen, wegen des Fehlens zeitnah erhobener ärztlicher Befunde und angesichts der Widersprüchlichkeiten im Vortrag der Berufungsklägerin nicht möglich sind. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
Im Berufungsverfahren sind insoweit wesentliche neue Erkenntnisse nicht zu Tage getreten. Allerdings hat die Berufungsklägerin mit Recht darauf hingewiesen, dass einzelne der vom SG angestellten Überlegungen nicht zwingend sind. Diese bezieht sich etwa auf dessen Erwägung, dass es der Berufungsklägerin kaum möglich gewesen sein könne, am späten Abend in der zu dieser Zeit herrschenden Dunkelheit noch Einzelheiten der Physiognomie und Gestalt der handelnden Personen erkannt zu haben. Insoweit mag es sich durchaus so verhalten haben, wie die Klägerin nunmehr geltend macht, dass nämlich der von ihr benutzte Fußgängertunnel beleuchtet war. Zu erwägen ist darüber hinaus, dass die Berufungsklägerin nach eigenem Vorbringen dieselbe Stelle bereits am Tage passiert hatte, wobei die späteren Angreifer bereits anwesend gewesen waren. Diese Einzelheiten vermögen indessen nichts daran zu ändern, dass das Vorbringen der Berufungsklägerin über den Hergang des auf sie verübten Überfalls im Wesentlichen bereits deshalb nicht vollständig überzeugend ist, weil sie im Verfahrensverlauf über das Ausmaß der gegen sie verübten Gewalt bzw. sexuellen Nötigung erheblich voneinander abweichende Angaben gemacht hat. Dies betrifft nicht nur den Umstand, dass die Berufungsklägerin bei ihrer ursprünglichen Schilderung lediglich davon berichtet hat, von den fünf Fremden umringt und zur Herausgabe ihrer Handtasche genötigt worden zu sein, während sie später auch von sexuell gefärbten Übergriffen berichtet hat. Die hiermit gegebene Steigerung im Vorbringen mag - worauf die Berufungsklägerin im Berufungsverfahren wiederholt hingewiesen hat - in der Tat dadurch motiviert gewesen sein, dass sie über die als besonders ekelerregend und verletzend wirkenden Handlungen der Täter erst nach längerem Zeitablauf und nach intensiven Gesprächen mit der behandelnden Psychotherapeutin hat berichten können. Nicht erklärbar ist hiermit jedoch, dass die Berufungsklägerin dem Durchgangsarzt Dr. G. bereits im November 1995 über schwere Tätlichkeiten wie Schläge und Tritte berichtet und diesen damit trotz fehlender aktueller Hinweise auf äußere Verletzungszeichen zur Diagnose eines Zustandes nach multiplen Prellungen veranlasst hat, während entsprechende Hinweise in den späteren, vom Aspekt sexuell gefärbter Nötigung geprägten Schilderungen der Berufungsklägerin vollständig fehlen. Als weiterer wesentlicher Gesichtspunkt tritt hinzu, dass es dem Senat kaum glaubhaft erscheint, dass die Berufungsklägerin nach eigenem Vortrag die Suche nach einer Unterkunft außerhalb des F." - Hotels über Stunden hinweg zu Fuß betrieben haben will, obgleich ihr in den Räumlichkeiten der Firma M. Möglichkeiten für eine umfassendendere, telefonische Recherche zur Verfügung gestanden hätten und es angesichts des wiederholt hervorgehobenen Umstandes, dass die Hotels in Wiesbaden wegen einer dort durchgeführten Messe bekannter weise im Wesentlichen ausgebucht gewesen seien, nahe gelegen hätte, sich dabei insbesondere auch in der Umgebung nach einer anderweitigen Unterkunft umzutun.
Selbst wenn jedoch der von der Berufungsklägerin vorgetragene Sachverhalt mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen wäre, erwiese sich indessen die Berufung gleichwohl als unbegründet. Dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen nämlich Unfallereignisse lediglich dann, wenn der Versicherte sie infolge seiner versicherten Tätigkeit erlitten hat, sie also in einem nicht nur ursächlichen, sondern auch wesensmäßigen innerem Zusammenhang zu der versicherten Tätigkeit stehen (vgl. Bereiter-Hahn-Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Rdn. 6 ff m.w.N.). Dies ist im Allgemeinen dann gegeben, wenn eine zum Unfall führende Verrichtung des Versicherten wesentlich dazu bestimmt gewesen ist, dem Unternehmen zu dienen (Bereiter-Hahn-Mehrtens, a.a.O.). Während es insoweit grundsätzlich auf die zum Unfallzeitpunkt bei dem Versicherten feststellbare Handlungstendenz ankommt, gelten indessen Besonderheiten dann, wenn das von außen auf ihn eindringende, plötzliche Ereignis auf einem vorsätzlichen Angriff Dritter beruht. Trifft eine solche Angriffshandlung denjenigen, dem sie zugedacht war, sind für die Beantwortung der Frage, ob zwischen dem Angriff und der versicherten Tätigkeit ein innerer Zusammenhang besteht, in der Regel die Beweggründe entscheidend, die den Angreifer zu diesem Vorgehen bestimmt haben. Sind diese in Umständen zu suchen, die in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehen, so fehlt es grundsätzlich an dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (so wörtlich BSG, Urteil vom 19. März 1996 - Az. 2 RU 19/95 - , BSGE 78, 65, 70) [BSG 19.03.1996 - 2 RU 19/95]. Daneben kann ein innerer Zusammenhang auch bei einem aus rein persönlichen Gründen unternommenen Angriff gegeben sein, wenn die besonderen Umstände, unter denen die versicherte Tätigkeit ausgeübt wird, oder die Verhältnisse am Arbeitsplatz den Überfall erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt haben (BSG, a.a.O.).
Solche Verhältnisse sind indessen vorliegend nicht ersichtlich. Die Berufungsklägerin ist nach ihren - insoweit übereinstimmenden - Schilderungen am 11. September 1995 Opfer eines Raubüberfalls geworden, der sie weder in ihrer Eigenschaft als Angestellte der Firma C. noch auch nur mit Rücksicht auf ihre persönliche Individualität hat treffen sollen. Ebenso wenig haben die Täter besondere betriebliche Gegebenheiten ausgenutzt; denn der Umstand, dass die Berufungsklägerin am 11. September 1995 zum Opfer einer Straftat geworden ist, kann nach den bekannten Gesamtumständen lediglich dem Umstand zugeschrieben werden, dass sie zur fraglichen Tatzeit zufällig an den Tätern vorbeigegangen ist und sich diesen damit die Gelegenheit bot, sich Geld zu beschaffen und ihr - beliebiges - Opfer zu demütigen. Der erforderliche, innere Zusammenhang der darauf folgenden Ereignisse mit der versicherten Tätigkeit bei der Firma C. besteht danach nicht.