Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 10.06.2003, Az.: L 6 U 258/01
Rechtmäßigkeit der Auferlegung der Gerichtskosten auf dem Kläger wegen Fortführung des Verfahrens trotz vorherigen Hinweis auf Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits; Missbräuchliche Rechtsverfolgung bei offensichtlicher Unbegründetheit des Rechtsmittels
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 10.06.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 258/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 20163
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0610.L6U258.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - AZ: S 2 U 140/99
Rechtsgrundlagen
- § 192 Abs. 1 S. 1 SGG
- § 155 SGG
Tenor:
Der Kläger hat 225,00 EUR Gerichtskosten an die Staatskasse zu zahlen.
Gründe
Nach Beendigung des Verfahrens ist es angemessen, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, die er dadurch verursacht hat, dass er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm vom Berichterstatter in dem zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 9. August 2002 bestimmten Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist (§ 192 Abs. 1 Satz 1 Ziff.2, § 155 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt u.a. dann vor, wenn das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist und die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (st Rspr des BVerfG, vgl. z.B. Nichtannahmebeschluss vom 12. September 2000 - 2 BvR 1466/00 = AnwBl 2001, 120). Das ist hier der Fall. Denn der Berichterstatter hat dem Kläger in diesem Termin verständlich und ausführlich vor Augen geführt, dass schon das Krankheitsbild der BK Nr. 2108 nicht vorliegt und dass das Begehren des Klägers deshalb offensichtlich aussichtslos ist. Auf Grund des persönlichen Eindrucks, den der Senat vom Kläger in diesem Termin gewonnen hat, ist der Senat überzeugt, dass der Kläger auf Grund der deutlichen Hinweise des Berichterstatters dieses ohne weiteres erkennen konnte. Dessen ungeachtet leuchtet es jedem Einsichtigen ein, dass Voraussetzung einer Entschädigung eine Funktionseinschränkung ist. Tatsächlich ist jedoch auch durch die auf Antrag des Klägers anschließend durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt worden, dass im Bereich der LWS ein altersentsprechender, regelrechter Befund vorliegt.
Des Weiteren ist dem Kläger in dem Erörterungstermin auch erklärt worden, dass die Beschwerden der BWS schon deshalb nicht wie eine BK entschädigt werden können, weil es keine Erkenntnisse darüber gibt, dass körperlich schwer arbeitende Personen gegenüber der übrigen Bevölkerung erheblich häufiger unter Erkrankungen der BWS leiden. Der Kläger ist darauf hingewiesen worden, dass der erkennende Senat in den vergangenen Jahren grundlegend zu den BKen gearbeitet hat. Andere Erkenntnisse vermochte auch der Kläger nicht darzulegen. Darüber hinaus ist bereits im Verwaltungsverfahren geklärt worden, dass die Beschwerden der BWS auf einem ...Morbus Scheuermann" beruhen. Mit dem Festhalten am Rechtsmittel und der Durchführung der Beweisaufnahme nach § 109 SGG hat der Kläger deshalb im Ergebnis Ermittlungen ...ins Blaue hinein" veranlasst. Jeder Einsichtige hätte auch das Festhalten an dem Begehren, eine Erkrankung der BWS wie eine BK zu entschädigen, als völlig aussichtslos angesehen.
Deshalb ist das Verhalten des Klägers insgesamt als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
- Dem Kläger kann nicht zugute gehalten werden, dass für ihn eine persönliche Untersuchung durch den von ihm benannten Gutachter von besonderer Bedeutung gewesen sei. Denn der Kläger ist - entgegen seinem Vortrag im Schriftsatz vom 16. Mai 2003 - bereits im Verwaltungsverfahren durch Dr C. persönlich untersucht worden (orthopädisches Gutachten vom 9. Dezember 1997: ...Das Gutachten stützt sich auf eine klinische und röntgenologische Untersuchung."). - Entgegen dem Vortrag des Klägers kann dem Arztbrief des Dr D. an Frau Dr E. keine Aussage zum ursächlichen Zusammenhang der Beschwerden mit der Berufstätigkeit entnommen werden. Denn Dr D. hat lediglich auf eine ...körperliche Überlastung in der Tätigkeit als Krankenpfleger" hingewiesen. Zu den Voraussetzungen der Entschädigung einer BK hat er nicht Stellung genommen. Dessen ungeachtet konnte der Kläger - wie ausgeführt - dem Ergebnis der Ermittlungen des Beklagten und den Ausführungen des Berichterstatters ohne Weiteres entnehmen, dass diese Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen. - Dem Umstand, dass der Kläger nach Vorlage des - auf seinen Antrag eingeholten - Gutachtens vom 10. Februar 2003 die Berufung schließlich am 22. April 2003 zurückgenommen hat, hat der Senat dadurch Rechnung getragen, dass er dem Kläger lediglich' die durch das Festhalten am Rechtsmittel verursachten Kosten in der gesetzlichen Höhe von mindestens 225,00 EUR auferlegt hat (§ 192 Abs. 1 Satz 3, § 184 Abs. 2 SGG). Hätte der Kläger auf einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil bestanden, hätte er erheblich höhere Kosten - insbesondere die wegen der Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat anfallenden Kosten - zu tragen gehabt.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).