Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 10.06.2003, Az.: L 6 U 78/01

Zurückweisung einer Berufung durch Senat bei einstimmigen Halten der Berufung ( Rechtsmittel ) für unbegründet; Anspruch auf Rente aufgrund Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Unfall am Arbeitsplatz; Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unfalles im Hinblick auf Eintritt der Beschwerden bei Heben eines Computer-Bildschirms am Arbeitsplatz

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
10.06.2003
Aktenzeichen
L 6 U 78/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 20164
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0610.L6U78.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 14.02.2001 - AZ: S 7 U 69/00

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 14. Februar 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Streitig ist Verletztenrente.

2

Der 1963 geborene Kläger suchte am 4. August 1998 Dr. C. auf und berichtete, seit dem Anheben eines ungefähr 50 kg schweren Monitors auf der Arbeitsstelle am 26. September 1997 starke Schmerzen in der linken Schulter zu haben. Erstmalig sei er am 30. September 1997 von dem Facharzt für Allgemeinmedizin D. behandelt worden. Dr. C. vermochte keinen krankhaften Befund festzustellen und diagnostizierte ...unklare Schmerzen rechte Schulter". Ein Arbeitsunfall sei nicht gegeben (Durchgangsarztbericht vom 4. August 1998). Auch eine Magnetresonanztomographie und eine Arthroskopie ergaben keinen krankhaften Befund (Arztbrief vom 3. September 1998, Krankenbericht vom 30. September 1998). Des Weiteren wurde ein neurologischer Schaden ausgeschlossen (Arztbrief des Dr. E. vom 26. Januar 1999). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. November 1999 Entschädigungsleistungen ab, nachdem Dres. C. und F. im chirurgischen Gutachten vom 15. Oktober 1999 hervorgehoben hatten, dass die Schulter am 26. September 1997 nicht verletzt worden sei. Deshalb stünden Schulterschmerzen und Muskelschonschwund der linken Schulter und des linken Armes in keinem ursächlichen Zusammenhang zu dem Ereignis. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2000).

3

Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat die am 13. März 2000 erhobene Klage durch Urteil vom 14. Februar 2001 abgewiesen.

4

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 8. März 2001 eingelegten Berufung. Er hält daran fest, dass Schulterbeschwerden durch einen Arbeitsunfall am 26. September 1997 verursacht worden seien und seine Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade minderten.

5

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des SG Oldenburg vom 14. Februar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 29. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2000 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. September 1997 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 vom Hundert der Vollrente zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 14. Februar 2001 zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

8

Der Senat hat medizinische Unterlagen beigezogen und auf Antrag des Klägers Dr. G. gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das chirurgische Gutachten vom 18. März 2002 (gemeint: 2003) verwiesen.

9

Der Senat hat die Beteiligten durch Verfügung des Berichterstatters vom 30. April 2003 darauf hingewiesen, dass nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden solle. Ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

10

Dem Senat haben neben den Prozessakten die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Sie sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

11

II.

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hält das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Entscheidung konnte deshalb durch Beschluss ergehen (§ 153 Abs. 4 SGG). Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat schon am 26. September 1997 keinen Arbeitsunfall erlitten.

12

Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - SGB - VII). Zeitnah zum 26. September 1997 hat der Kläger aber kein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis geschildert. Den Durchgangsarzt suchte er erst am 4. August 1998 auf und gegenüber dem Facharzt für Allgemeinmedizin D., bei dem sich der Kläger am 30. September 1997 vorstellte, gab er kein Unfallereignis, insbesondere keinen Arbeitsunfall an. Der Facharzt für Allgemeinmedizin D. behandelte ihn vielmehr wegen ...Überlastungsschmerzen" bis zum 15. Oktober 1997. Danach suchte der Kläger diesen Arzt erneut erst Anfang des Jahres 1998 auf (Befundbericht vom 3. Juli 2002).

13

Zum anderen ist auch durch den auf Antrag des Klägers gehörten Sachverständigen eine Verletzung der linken Schulter ausgeschlossen worden. Damit fehlt insgesamt ein Anknüpfungsbefund, dass die vom Kläger angegebenen Beschwerden durch einen Unfall am 26. September 1997 verursacht sind. Vielmehr hat Dr. G. nachvollziehbar ausgeführt, dass die im Arztbericht vom 24. Februar 1999 beschriebene muskulär bedingte Instabilität des linken Schultergelenkes am 19. Februar 1999 konstitutionell bedingt war. Die vorhandene Muskelschwäche war Ausdruck der im Jahr 1998 erfolgten Arthroskopie (S. 11 f. des chirurgischen Gutachtens vom 18. März 2002).

14

Jetzt bestehen unter Berücksichtigung der Rechtshändigkeit des Klägers im Wesentlichen regelrechte Verhältnisse (a.a.O., S. 5). Daraus folgt zugleich, dass der Kläger - unabhängig davon, dass kein Arbeitsunfall vorliegt - auch deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente hat, weil die Funktion der linken Schulter nicht eingeschränkt ist (vgl. schon die Verfügung des Berichterstatters vom 7. Juni 2002). Vielmehr hat auch Dr. G. im chirurgischen Gutachten vom 18. März 2002 hervorgehoben, dass alle Funktionstests problemlos durchgeführt werden konnten. Weder liegt eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes noch eine Instabilität vor.

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Das Begehren des Klägers ist somit unter keinem Gesichtspunkt begründet. Daran ändert auch das vorgelegte ärztliche Attest vom 25. Mai 2003 nichts, zumal die Angaben über einen Zusammenhang der Beschwerden mit einem Arbeitsunfall den Ausführungen des Facharztes für Allgemeinmedizin D. in dem vom Senat beigezogenen Befundbericht vom 3. Juli 2002 widersprechen.

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Der Senat hat allein deshalb davon abgesehen, dem Kläger Gerichtskosten aufzuerlegen, weil dieses die - unverhältnismäßige - Anberaumung eines Termins erfordert hätte (§ 192 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 SGG). Die Verfolgung der Zahlung von Verletztenrente, ohne dass eine Funktionseinschränkung besteht, ist rechtsmissbräuchlich. Denn jedem Einsichtigen leuchtet ein, dass die Zahlung von Verletztenrente eine Minderung der Erwerbsfähigkeit und damit eine Funktionseinschränkung voraussetzt.

17

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.

18

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegt nicht vor.