Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.06.2003, Az.: L 16/12 U 70/00
Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ; Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Reitunfalls; Vorliegen eines tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisses bei der Auslösung eines Versicherungsfalles; Vorliegen einer notwendigen Beiladung; Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei selbstverständlichen Hilfsdiensten
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 26.06.2003
- Aktenzeichen
- L 16/12 U 70/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20021
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0626.L16.12U70.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Bremen - 22.09.2000 - AZ: S 18 U 240/99
Rechtsgrundlagen
- § 151 Abs. 1 SGG
- § 143 SGG
- § 75 SGG
- § 104 Abs. 1 SGB VII
- § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII
- § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Soweit das Ergebnis eines Rechtsstreits für einen Beizuladenden keine belastenden Auswirkungen haben kann, liegt kein Fall der notwendige Beiladung vor.
- 2.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII erfordert eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und von Personen verrichtet werden könnte, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, und unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Dabei braucht weder eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zu bestehen, noch sind die Beweggründe des Handelnden für das Tätigwerden maßgebend. Gefälligkeitsdienste schließen daher allein den Versicherungsschutz nicht von vornherein aus.
- 3.
Verrichtungen auf Grund freundschaftlicher und nachbarschaftlicher Beziehungen schließen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Verletzten nicht von vornherein aus. Handelt es sich jedoch um einen auf Grund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst oder ist die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten sind, besteht kein Versicherungsschutz.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 22. September 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Reitunfall einen versicherten Unfall darstellt und die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die am 4. Januar 1974 geborene Klägerin erlitt am 14. Mai 1997 einen Reitunfall, als sie das Reitpferd »Nemo« ihrer Stallnachbarin Gaby I. ausritt und von dem Pferd abgeworfen wurde. Sie machte gegenüber der Haftpflichtversicherung der Halterin, der J. Versicherungsbank VVaG, Schadensersatzansprüche geltend und schilderte den Unfall in einem Schreiben vom 14. November 1997 wie folgt: Sie habe am Unfalltag das Pferd betreut, da Frau I. verhindert gewesen sei. Sie habe das Pferd zunächst gefüttert und den Stall gesäubert. Anschließend habe sie zusammen mit der Reiterin Christina K. einen kurzen Ausritt mit dem Pferd unternommen, wie dies ebenfalls mit der Halterin vereinbart worden sei. In der Feldmark zwischen Langen und Sievern habe sie dann den Unfall erlitten, da das Pferd aus nicht nachvollziehbaren Gründen sich erschreckt, gescheut und sie abgeworfen habe. Das Pferd sei in der Gangart Trab bzw. leichter Galopp geritten worden. Nach dem Abwurf sei das Pferd von ihrer Begleiterin eingefangen worden. Sie habe nicht unerhebliche Verletzungen erlitten, u.a. einen Schienbeinkopfbruch.
Die J. Versicherungsbank VVaG lehnte Schadensersatzansprüche mit der Begründung ab, die Klägerin habe einen versicherten Unfall erlitten, denn sie sei für das Unternehmen ihrer Versicherungsnehmerin wie eine Beschäftigte tätig geworden, als sie im Rahmen der übernommenen Pferdebetreuung vom Pferd gestürzt sei.
Die Klägerin machte daraufhin gegenüber der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend, die das Schreiben an die Beklagte abgab.
In einem Fragebogen vom 28. Januar 1998 teilte die Klägerin der Beklagten Folgendes mit: Sie habe bis zum Unfallzeitpunkt folgende Arbeiten verrichtet: Betreuung des Reitpferdes »Nemo« (Bewegen, Pflegen, Füttern etc.); der Unfall habe sich beim Bewegen (Reiten) ereignet. Sie sei nicht im eigenen Interesse tätig geworden, denn sie besitze ein eigenes Pferd. Es habe sich um einen Gefallen gehandelt, daher sei eine Vergütung nicht vereinbart worden. Die Absprache sei im Rahmen eines Gesprächs im Stall zu Stande gekommen. Die Tätigkeit habe bis zum Eintritt des Unfalls etwa 11/2 Stunden in Anspruch genommen; ohne den Unfall hätte die Tätigkeit etwa zwei bis drei Stunden gedauert. Sie habe Frau I. ihre Tätigkeit nicht angeboten, Zeit und Dauer der Tätigkeit hätten weder sie noch Frau I. bestimmt. Mit dieser sei sie nicht verwandt oder verschwägert. Sie gehörten einer Stallgemeinschaft an. Gegenseitige Gefälligkeiten erwiesen sie sich häufig in Form gelegentlichen Fütterns und Führens der Pferde auf die Weide. Es handele sich um selbstverständliche gegenseitige Hilfsdienste, die sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergäben; am Unfalltag habe es sich ebenfalls um einen solchen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt.
Die Halterin I. erstattete eine Unfallanzeige am 12. Februar 1998 und gab in einem Fragebogen vom 6. Februar 1998 Folgendes an: Wäre der Unfall nicht eingetreten, wäre die Betreuung des Reitpferdes geplant gewesen (Bewegen, Putzen, Füttern). Am Unfalltag hätten diese Arbeiten verrichtet werden sollen und seien bis zum Unfallzeitpunkt von der Verletzten verrichtet worden. Der Unfall habe sich beim Bewegen des Pferdes (Galopp) ereignet. Es habe sich um einen Gefallen gehandelt, der Tätigkeit seien Absprachen über einen Gefallen auf Gegenseitigkeit (ohne Entgelt) vorausgegangen, die anlässlich eines Gespräches im Stall zu Stande gekommen seien. Bis zum Eintritt des Unfalls habe die Tätigkeit etwa 11/2 Stunden in Anspruch genommen, ohne den Unfall hätte sie etwa 2 - 3 Stunden gedauert. Ihr sei nicht bekannt, ob die Klägerin in der Vergangenheit bereits ähnliche Tätigkeiten für andere durchgeführt habe; die Tätigkeit habe die Klägerin ihr nicht angeboten. Das Arbeitsmaterial sei von ihr, der Halterin, gestellt worden. Zeit und Dauer der Tätigkeiten habe sie nicht bestimmt, sie seien nach Aufwand erforderlich gewesen. Mit der Klägerin sei sie weder verwandt noch verschwägert; es bestünden auch keine freundschaftlichen oder nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen ihr und der Verletzten, vielmehr handele es sich um eine Stallgemeinschaft. Sie erwiesen sich häufig gegenseitige Gefälligkeiten, indem sie die Pferde gelegentlich fütterten und auf die Weide führten. Es seien selbstverständliche gegenseitige Hilfsdienste, die sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergäben; auch am Unfalltag habe es sich um einen solchen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt.
Gegenüber der Bahn-Betriebskrankenkasse (BBKK) schilderte die Klägerin den Vorfall in einem Schreiben vom 17. Dezember 1997 wie folgt: Da sich ihre Stallnachbarin Gaby I. in Italien befunden habe, habe sie ihr Reitpferd »Nemo« betreut. Zwischen ihr und Frau I. habe kein Vertrag bestanden, es sei lediglich ein Gefallen gewesen. Regelmäßige Arbeiten an dem Pferd übernehme sie nicht, da sie ein eigenes Pferd besitze. Zu den übernommenen Aufgaben habe neben Füttern, Pflegen und Misten des Pferdes auch die ausreichende Bewegung gehört. Am Unfalltag habe sie sich deshalb mit einer anderen Stallkollegin in der Feldmark zwischen Langen und Sievern befunden und sie hätten die Pferde in einem leichten, langsamen Galopp geritten. Aus unerklärlichen Gründen habe sich das Pferd erschrocken und sei zur Seite gesprungen, sie selbst sei vom Pferd gestürzt.
Mit Bescheid vom 22. September 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschä-digungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen. Zwar seien gemäß § 2 Abs.2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) Personen kraft Gesetzes gegen Arbeitsunfall versichert, die wie Beschäftigte tätig würden. Eine solche Tätigkeit stehe dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn es sich um eine ernstliche, wesentlich dem Unternehmen dienende Tätigkeit handele, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspreche und nach Art und Weise von Personen verrichtet werden könne, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stünden. Grundsätzlich schlössen auch Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nicht aus. Aber nicht jede Tätigkeit, die einem Unternehmen diene und dem Willen des Unternehmers entspreche, sei versichert. Es müsse sich um eine Tätigkeit handeln, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die zu dem Unternehmer in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit stünden. Die Tätigkeit müsste unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sei. Insbesondere Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten, die von familiären Beziehungen zwischen Angehörigen geprägt seien, unterlägen daher ebenso wenig dem Unfallversicherungsschutz wie die Verrichtungen auf Grund mitgliedschaftlicher, gesellschaftlicher oder körperschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen selbstverständlicher Gefälligkeitsleistungen. Da die Klägerin mit der Halterin des Pferdes zu einer Stallgemeinschaft gehöre, bei der eine gegenseitige Gefälligkeits-Leistung üblich sei (gelegentliches Füttern und Führen der Pferde auf die Weide), habe sich der Unfall bei einer gegenseitigen Gefälligkeitsleistung ereignet, die sich auf Grund der gemeinsamen Mitgliedschaft in einer Stallgemeinschaft ergeben habe. Es habe sich um einen selbstverständlichen, auf Gegenseitigkeit und den konkreten sozialen Beziehungen beruhenden Hilfsdienst gehandelt. - Eine Abschrift des Bescheides erhielt die Halterin I., die keinen Widerspruch einlegte.
Die Klägerin legte am 22. Oktober 1998 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf die Auffassung der J. Versicherungsbank VVaG. - Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16.09.1999, auf den verwiesen wird, Bl. 61 Verwaltungsakte).
Die Klägerin hat am 20. Dezember 1999 beim Sozialgericht (SG) Bremen Klage erhoben und wiederum auf die Auffassung der J. Versicherungsbank VVaG hingewiesen.
Die Beklagte hat weiterhin geltend gemacht, die Angaben der Klägerin und der Pferde-Haltern zeigten, dass die zum Köperschaden führende Handlung auf Grund einer gegenseitigen Gefälligkeitsleistung beruht habe, die aus der gemeinsamen Mitgliedschaft in einer Stallgemeinschaft resultiert habe. Die unfallbringende Tätigkeit sei daher nicht als arbeitnehmerähnlich zu kennzeichnen.
In der mündlichen Verhandlung am 22. September 2000 vor dem SG hat die Klägerin erklärt, sie und Frau I. hätten jeweils in dem Reitstall eine Box für ihr eigenes Pferd gemietet. Die beiden Pferde hätten Nachbarboxen belegt. An dem Reitstall seien sie nicht finanziell beteiligt gewesen, etwa in der Weise, dass sie Mitunternehmerinnen oder Teilhaberinnen gewesen seien. Die Frauen hätten sich angefreundet gehabt; jeweils auf Gegenseitigkeit habe die eine das Pferd der anderen betreut, wohl auch versorgt und jedenfalls geritten, wenn die andere dazu zeitlich nicht in der Lage gewesen sei.
Mit Urteil vom 22. September 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es die Auffassung der Beklagten bestätigt, dass die Klägerin nicht wie eine Versicherte tätig gewesen sei. Es hat ausgeführt, die Betreuung und der Ausritt des Pferdes »Nemo« seien auf Grund der konkreten sozialen (freundschaftlichen) Beziehungen zwischen den beiden Tierhalterinnen als geradezu selbstverständlicher Hilfsdienst anzusehen. Die unfallbringende Handlung, der kurze Ausritt mit dem Ziel, dem Pferd die notwendige Bewegung und Belastung zu verschaffen, sei danach in Erfüllung einer gesellschaftlichen, nicht aber rechtlichen Verpflichtung erfolgt. Der Ausritt sei Teil der reitsport-eichen Betätigung gewesen, der nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt sei. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil (Bl. 29 - 35 Prozessakte) Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 17. November 2000 zugestellte Urteil am 18. Dezember 2000 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Bremen Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf ihre Klagebegründung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 22. September 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 16. November 1999 zu verurteilen, der Klägerin aus Anlass des Reitunfalls vom 14. Mai 1997 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf den Inhalt der Verwaltungsakte. Die Beiladung der Pferdehalterin Gaby I. hält sie mit der Begründung nicht für erforderlich, dass dieser gegenüber die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 22. September 1998 bindend abgelehnt worden sei.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Az. A 3119800004) beigezogen. Diese Akte und die Prozessakte - L 16/12 U 70/00 (S 18 U 240/99) - sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG). Sie ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin erlitt keinen versicherten Unfall, als sie am 14. Mai 1997 bei einem Ausritt von dem Pferd »Nemo« abgeworfen wurde.
Der Senat kann über den Rechtsstreit entscheiden, ohne vorher die Halterin Gaby I. ge-mäss § 75 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG beizuladen. Dieser gegenüber hat die Beklagte bereits bestandskräftig entschieden, dass der Reitunfall keinen versicherten Unfall darstellt. Gegen den Bescheid vom 22. September 1998, von dem die Beklagte der Halterin eine Abschrift übersandte, hat sie keinen Widerspruch eingelegt. Da das Ergebnis des Rechtsstreits für die Halterin keine belastenden Auswirkungen haben kann, liegt eine notwendige Beiladung nicht vor (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 75 Rdnr. 10). Für den Fall, dass die Berufung keinen Erfolg hat, bleibt es dabei, dass die Klägerin - wie dies gegenüber der Halterin bereits bestandskräftig entschieden ist - keinen versicherten Unfall erlitten hat. Falls die Berufung Erfolg hat und entschieden wird, dass die Klägerin, als sie den Unfall erlitt, versichert war, ist die Halterin gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII von einer Haftung befreit.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Da die Klägerin bei dem Unfall in keinem abhängigen Beschäfti-gungsverhältnis stand, scheidet ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1SGB VII aus.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Diese Vorschrift erfordert eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und von Personen verrichtet werden könnte, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, und unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (Kasseler Kommentar - Ricke, § 2 SGB VII, Rdnr. 104 ff). Dabei braucht weder eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zu bestehen, noch sind die Beweggründe des Handelnden für das Tätigwerden maßgebend. Gefälligkeitsdienste schließen daher allein den Versicherungsschutz nicht von vornherein aus (vgl. Bundessozialgericht - BSG-SozR 3-2200 § 539 Nr. 15). Es muss sich aber um eine Tätigkeit handeln, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Nicht jede unter diesen Voraussetzungen geleistete Tätigkeit unterliegt dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, vielmehr muss die Verrichtung nach ihrer Art und nach den Umständen, unter denen sie geleistet worden ist, einer Tätigkeit auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähneln. Ob dies der Fall ist, ist nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen zu beurteilen, unter denen sich die Tätigkeit vollzieht. Insbesondere bei Gefälligkeitshandlungen auf Grund innerfamiliärer Beziehung oder bei Verrichtungen auf Grund mitgliedschaftlicher, gesellschaftlicher oder körperschaftlicher Verpflichtungen besteht kein Un-fallversicherungsschutz. Verrichtungen auf Grund freundschaftlicher und nachbarschaftlicher Beziehungen schließen zwar eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Verletzten nicht von vornherein aus, handelt es sich jedoch um einen auf Grund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst oder ist die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten sind, besteht kein Versicherungsschutz. Der Zeitdauer der Verrichtung kommt zwar nicht eine selbstständige entscheidende Bedeutung zu, jedoch ist sie bei der Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es ist eine lebensnahe, natürliche Betrachtungsweise geboten (vgl. zum Vorstehenden BSG a.a.O.).
Unter Beachtung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze lässt sich der Reitunfall der Klägerin nicht als ein versicherter Unfall gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII qualifizieren, denn sie war nicht wie eine Beschäftigte (Pferdepflegerin) tätig. Der Ausritt stellte vielmehr eine Handlung dar, die maßgeblich durch das kameradschaftliche und gemeinschaftsfördernde, auf Gegenseitigkeit beruhende Verhalten von Reitern geprägt war; er war Teil der reitsportlichen Betätigung. Dies folgt daraus, dass die Klägerin und die Halterin des Pferdes einer Stallgemeinschaft angehörten und jeweils für ihr Pferd je eine Pferdebox gemietet hatten, die nebeneinander lagen. Falls eine Reiterin wegen Urlaubs oder sonstiger Abwesenheit verhindert war, ihr Pferd zu pflegen, half die andere Reiterin aus und übernahm das Füttern, die Pflege und die Bewegung des Pferdes. So hatte auch die Klägerin, als sie mit dem Pferd »Nemo« verunglückte, die Versorgung und Pflege des Pferdes übernommen, da die Halterin sie wegen ihres Urlaubs darum gebeten hatte. Die Klägerin handelte bei der Pflege des Pferdes und dem Ausritt zwar insofern nicht in ihrem eigenen Interesse, weil sie selbst ein Pferd besaß. Die Übernahme der Pflege des Pferdes lag jedoch deshalb im Interesse der Klägerin, weil auch bei ihrer Abwesenheit die Halterin I. ihr Pferd versorgte. Die bei-den Reiterinnen unterstützten sich somit im Rahmen ihrer reitsportlichen Betätigung gegenseitig. Hierbei handelte es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um kameradschaftliche Gefälligkeitshandlungen, die keinen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII begründen.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit wesentlich von den Fällen, in denen Unfallversicherungsschutz i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bejaht wurde. So hat das LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 19. März 2002 (Az. L 3 U 262/01, abgedruckt in BUK aktuell 2002/20 vom 20. November 2002, S. 389) einen versicherten Unfall angenommen, weil die verunglückte Reiterin seit zwei Jahren die Pflege des fremden - etwas schwierigen - Pferdes übernommen hatte, ohne hierbei wesentlich ihre eigenen Interessen zu verfolgen; der Halter des Pferdes nahm Einfluss auf ihre Tätigkeit und wurde vorab informiert, wenn sie Urlaub machte. Auch beruhte die Pflege des Pferdes nicht auf Gegenseitigkeit. - Im Urteil vom 11. Juni 2002 hat ebenfalls das LSG Rheinland-Pfalz (Az. L 3 U 121/01, abgedruckt in BUK aktuell 2002/20 vom 20. November 2002, S. 390) Versicherungsschutz bejaht, weil der Verunglückte einen erkennbar schwierigen und gefährlichen Hilfsdienst übernommen hatte, indem er ein unruhiges Pferd in die Pferdebox zurückführte. Es handelte sich um eine Tätigkeit, die sich sonst keiner der hierbei Anwesenden zutraute.
Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab.