Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.06.2003, Az.: L 9 U 447/00
Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente; Geeigneter Unfallhergang für eine Rotatorenmanschettenruptur; Rotatorenmanschettenschaden als Folge eines Arbeitsunfalls; Materielle Beweislast des Versicherten für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 17.06.2003
- Aktenzeichen
- L 9 U 447/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21081
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0617.L9U447.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - AZ: S 8 U 57/99
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 SGB VII
- § 8 SGB VII
- § 56 Abs. 1 SGB VII
Redaktioneller Leitsatz
Nach der veröffentlichten medizinischen Lehrmeinung ist davon auszugehen, dass ein Sturz auf die Schulter einen zur Verursachung einer Rotatorenmanschettenruptur ungeeigneten Hergang darstellt.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Juni 1937 geborene Berufungsklägerin Ansprüche auf Leistungen, insbesondere Verletztenrente, wegen eines Vorfalls am 11. November 1997 hat.
An diesem Tag befand sich die Berufungsklägerin auf Einkäufen für den landwirtschaftlichen Betrieb der Tochter, als sie gegen 8.00 Uhr beim Verlassen einer Bäckerei auf dem Gehweg von einer Radfahrerin angefahren wurde und stürzte. Die Vorstellung in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses C. ergab eine Prellung der rechten Schulter ohne knöcherne Verletzung sowie zusätzlich zu diesen frischen Unfallfolgen degenerative Veränderungen im Sinne einer rechtsseitigen Periarthritis humeroscapularis (Bericht des Chefarztes Dr. D. vom 29. Januar 1998). Der zunächst weiterbehandelnde Internist Dr. E. überwies die Berufungsklägerin wegen fortdauernder Beschwerden an den Orthopäden Dr. F., der eine rechtsseitige Rotatorenmanschettenruptur diagnostizierte und am 17. Dezember 1997 operativ versorgte (Bericht des Dr. E. v. 19. Februar 1998 und Bericht des Dr. F. vom 14. Dezember 1997). Intraoperativ zeigte sich dabei eine ausgedehnte Rotatorenmanschettenruptur mit ausgefransten Rupturrändern, die einer vollständigen Abdeckung der Schadenstelle entgegenstanden (OP - Bericht des Dr. F. vom 4. Februar 1998).
Zum genauen Hergang des Unfalls gab die Berufungsklägerin im Verwaltungsverfahren durchgängig auch gegenüber den behandelnden Ärzten an, bei ihrem Sturz am 11. November auf die rechte Schulter gefallen zu sein.
Mit Bescheid vom 16. September 1998 lehnte die Berufungsbeklagte die Gewährung von Leistungen aus Anlass des Ereignisses am 11. November 1997 ab. Damit folgte sie einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 2. September 1998, nach der die aus Anlass des Unfalls am 11. November gefertigten Röntgenbefunde eine schwere Eckgelenksarthrose sowie eine subacromiale Sklerose als Beweis für einen bereits vor dem Unfall bestehenden Rotatorenmanschettenschaden zeigten. Zudem belege der Umstand, dass sich der Defekt operativ nicht mehr habe sollständig schließen lassen, dass es sich um ein altes Geschehen handele.
Den hiergegen am 7. Oktober 1998 erhobenen Widerspruch wies die Berufungsbeklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1999 zurück.
Mit ihrer am 1. März 1999 erhobenen Klage hat die Berufungsklägerin Anspruch darauf erhoben, ihr zunächst bis zum 4. Februar 1998 Verletztengeld und sodann Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsunfähigkeit - MdE - um 20 v.H. zu gewähren. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass sie vor dem Unfallereignis vollständig beschwerdefrei gewesen sei. Dieser Umstand belege die Kausalität des Unfallgeschehens für die fortdauernden Beschwerden auf Grund der Rotatorenmanschettenruptur, die die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes stark einschränkten.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Sachaufklärung das orthopädische Fachgutachten des Dr. H. vom 7. Februar 2000 mit Ergänzung vom 25. April 2000 erstatten lassen. Dieser hat nach erneuter radiologischer Diagnostik bei der Berufungsklägerin über das altersentsprechende Maß hinausgehende Veränderungen im Bereich der rechten Schulter mit fortschreitendem Humeruskopf - Hochstand bei verbliebener Rissbildung der Rotatorenmanschette festgestellt, hingegen die Ursächlichkeit des Unfallgeschehens für diese Gesundheitsschäden unter Hinweis auf den ungeeigneten Unfallhergang sowie den intraoperativ festgestellten Vorschaden, daneben aber auch wegen einer verzögerten Entstehung der Beschwerden verneint. Unfallbedingt sei es lediglich zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen, von deren Abheilung innerhalb von zwei bis vier Wochen auszugehen sei.
Mit Urteil vom 30. November 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch Dr. H. davon auszugehen sei, dass sich die Verursachung des Rotatorenmanschettenschadens durch das Unfallgeschehen nicht wahrscheinlich machen lasse.
Mit ihrer am 15. Dezember 2000 eingelegten Berufung verfolgt die Berufungsklägerin ihr Begehren weiter. Sie bestreitet, dass bei ihr vor dem Unfallgeschehen ein Vorschaden im Bereich der rechten Rotatorenmanschette vorgelegen habe. Eine solche Schädigung habe unweigerlich Beschwerden hervorrufen müssen, an denen es aber bis zum Unfalltag gefehlt habe. Zudem habe sich die Klägerin bereits etwa eine Stunde nach dem Unfall im Krankenhaus I. vorgestellt, weil sie starke Schmerzen und Lähmungserscheinungen im rechten Schulter-Arm-Bereich gehabt habe. Den Eintritt einer sofortigen Paralyse des rechten Armes habe der Gutachter Dr. H. daher zu Unrecht vermisst. Die Berufungsklägerin beantragt nach ihrem schriftsärtzlichen Vorbringen sinngemäß,
- 1)
Das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 30. November 2000 sowie den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 16. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1999 aufzuheben,
- 2)
Die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Rotatorenmanschettenruptur mit Humeruskopfhochstand als Folge eines Arbeitsunfalls am 11. November 1997 anzuerkennen und ihr vom 12. November 1997 bis 4. Februar 1998 Verletztengeld sowie ab 5. Februar 1998 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide und das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung zunächst auf Antrag der Berufungsklägerin gem. § 109 SGG das Gutachten des Oberarztes J. vom 21. September 2001 eingeholt, der - mit Rücksicht auf den nach seiner Auffassung unklaren Unfallhergang und den raschen Eintritt behandlungsbedürftiger Beschwerden nach dem streitbefangenen Sturz - die Verursachung des eingetretenen Rotatorenmanschettenschadens durch den streitbefangenen Sturz für überwiegend wahrscheinlich gehalten hat. Soweit sich die Rupturränder bei dem operativen Eingriff am 17. Dezember 1997 bereits ausgefranst gezeigt hätten und eine vollständige Überdeckung der Ruptur zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei, entspreche dieser Befund der seit dem Unfall verstrichenen Zeitspanne von etwa 5 Wochen. Dieser gutachtlichen Beurteilung ist die Berufungsbeklagte unter Vorlage einer unfallchirurgischen Stellungnahme des Dr. G. vom 18. Januar 2002 entgegengetreten. Dieser hat insbesondere darauf hingewiesen, dass sich in der chirurgisch-klinischen Praxis eine frische traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette nach Ablauf von 5 Wochen regelmäßig spannungsfrei verschließen lasse. Hiermit stimme es überein, dass auch in der Literatur eine möglichst zeitnahe Versorgung von Rotatorenmanschettenrupturen nicht gefordert werde. Die Kontraktur der gerissenen Sehnenenden sei erst ein Ergebnis von Monaten, nicht von Wochen. Der Umstand, dass sich im Falle der Berufungsklägerin die Rupturstelle am 17. Dezember 1997 nicht mehr habe spannungsfrei verschließen lassen, sei demnach ein sehr sicherer Beweis dafür, dass der Schaden deutlich älter sei. Zu dieser Stellungnahme sowie zu dem Hinweis des Gerichts, dass in der medizinischen Literatur ein Sturz auf die Schulter als ungeeigneter Unfallhergang angesehen werde, hat der Sachverständige J. unter dem 29. Oktober 2002 unter Beibehaltung seiner Auffassung ergänzend Stellung genommen. Hierauf hat Dr. G. unter dem 21. Januar 2003 geantwortet.
Nachdem die Berufungsklägerin mit schriftlicher Erklärung vom 1. November 2001 eine nochmalige, ausdrücklich als wahr versicherte Unfallschilderung zu den Akten gereicht und dabei erneut vorgetragen hat, am 11. November 2002 auf die rechte Schulterseite gefallen zu sein, hat der Senat im Erörterungstermin am 28. März 2003 den orthopädischen Sachverständigen Dr. K. gehört. Dieser hat die Wahrscheinlichkeit einer Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur durch das Unfallgeschehen sowohl wegen des - nach Schilderung der Berufungsklägerin - ungeeigneten Unfallhergangs als auch wegen der intraoperativ zweifelsfrei festgestellten degenerativen Veränderungen verworfen Die bis zum Operationszeitpunkt eingetretene Zerfransung der Sehnenstrukturen und die weite Retraktion der Ränder der Rotatorenmanschette hat auch der Sachverständige Dr. K. als Hinweis darauf gewertet, dass es sich um eine länger zurückliegende Ermüdungszerreissung und nicht um eine frische traumatische Verletzung am 11. November 1997 gehandelt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Unfallakten der Berufungsbeklagten Bezug genommen, die beigezogen worden sind.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Berufung, über die der Senat gem. § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Die Berufungsklägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den festgestellten Rotatorenmanschettenschaden als Folge eines Arbeitsunfalls am 11. November 1997 anerkennt und entschädigt.
Auf den Anspruch der Berufungsklägerin sind gemäß § 212 Sozialgesetzbuch (SGB) - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) bereits die Vorschriften des SGB VII anzuwenden, da der geltend gemachte Versicherungsfall nach dessen In-Kraft-Treten am 1. Januar 1997 datiert.
Nach § 7 Abs. 1 SGB VII besteht ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere auf Verletztengeld oder Verletztenrente, nur nach Eintritt eines Versicherungsfalles, insbesondere eines Arbeitsunfalls, den die Berufungsklägerin vorliegend in Gestalt des am 11. November 1997 erlittenen Sturzes geltend macht. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls setzt in der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine bestimmte Abfolge ursächlich miteinander verknüpfter Umstände und Ereignisse voraus (vgl. ohne sachliche Änderungen gegenüber § 548 RVO jetzt § 8 SGB VII). Erforderlich ist insoweit, dass es infolge der versicherten Tätigkeit zu einem plötzlich auf den Körper wirkenden Ereignis, dem Arbeitsunfall, kommt, der seinerseits zu einem unmittelbaren Gesundheitsschaden, dem so genannten Primärschaden, führt. Bleibt das Ereignis im Rechtssinne folgenlos, so liegt schon kein Unfall vor (vgl. im Einzelnen Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rdnr 19 ff). Sind hingegen die genannten Voraussetzungen für einen Versicherungsfall erfüllt, so sind unter den weiteren Erfordernissen der einzelnen Leistungsfälle als Folgeschäden auch solche Unfallfolgen zu entschädigen, die ihrerseits ursächlich auf die eingetretenen Primärschäden zurückzuführen sind (vgl. Kasseler Kommentar, a.a.O., § 26 Rdnr 3). Um einen Versicherungsfall feststellen und dem Versicherten darüber hinaus gegebenenfalls bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss das Gericht die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse auf Grund seiner freien Überzeugungsbildung als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutreffend betrachten. Es bedarf insoweit des Vollbeweises, bei dem der Versicherte die materielle Beweislast trägt. Lediglich für die Bejahung der jeweiligen Ursächlichkeit eines bewiesenen Umstandes für seine feststellbaren Folgen genügt der Maßstab hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. zu alledem Kasseler Kommentar, a.a.O., § 8 Rdnr 257 ff m.w.N.). Dabei ist ein festgestellter Körperschaden dann mit Wahrscheinlichkeit Unfallfolge, wenn nach der geltenden medizinischen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht und ernsthafte Zweifel hinsichtlich einer anderweitigen Verursachung ausscheiden (Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Unfallversicherung, § 9 SGB VII Anm. 10.1 m.w.N.).
Die hiernach für einen Erfolg der Klage notwendigen Feststellungen vermag der Senat nicht zu treffen. Zwar fehlt es nicht bereits an den Voraussetzungen eines (Arbeits-) Unfalls; denn die Berufungsklägerin hat sich am 11. November 1997 - zumindest - eine Prellung der rechten Schulter zugezogen. Diese Verletzung rechtfertigt indessen nicht die Gewährung der begehrten Leistungen. Denn die Schulterprellung hat weder bei der Berufungsklägerin für die Zeit vom 11. November 1997 bis 04. Februar 1998 Arbeitsunfähigkeit begründet (§ 45 Abs. 1 SGB VII) noch in der Zeit ab 5. Februar 1998 eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß von wenigstens 20 v.H. verursacht (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Nach den Feststellungen des im erstinstanzlichen Verfahren beauftragten Sachverständigen Dr. H., denen der Senat folgt, ist nämlich davon auszugehen, dass die Schulterprellung als solche bei der Berufungsklägerin nach etwa zwei bis vier Wochen folgenlos ausgeheilt gewesen ist. Auch während dieser Zeit hat aber im Übrigen eine bestehende Arbeitsunfähigkeit der Berufungsklägerin nicht wesentlich auf dieser Schulterprellung, sondern auf dem bei der Aufnahmeuntersuchung im Krankenhaus I. festgestellten und anschließend von Dr. F. im Sinne einer Rotatorenmanschettenruptur eingegrenzten Gesundheitsstörung beruht, die ihrerseits jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeit durch den Sturz am 11. November 1997 verursacht worden, sondern einem degenerativen Prozess zuzuschreiben ist.
Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund der im Verlauf des Verfahrens erhobenen Beweise fest. Die Berufungsklägerin selbst hat zum Unfallhergang durchgängig vorgetragen und zuletzt mit ihrer schriftlichen Erklärung vom 1. November 2002 bekräftigt, bei Ihrem Sturz auf die rechte Schulterseite gefallen zu sein. Nur so ist im Übrigen auch zu erklären, dass es dort zu der im Krankenhaus I. festgestellten Schulterprellung gekommen ist, die nach den Angaben der Klägerin im Termin zur Beweisaufnahme und Erörterung des Rechtsstreits auch von multiplen Blutergüssen, vornehmlich im Schulterbereich, begleitet gewesen ist. Für einen hiervon abweichenden Unfallhergang, für den im Übrigen die Berufungsklägerin die materielle Beweislast trüge, ergeben sich demgegenüber keinerlei konkrete Anhaltspunkte.
Ist hiernach indessen davon auszugehen, dass die unfallbedingt eingetretenen Gesundheitsstörungen durch einen Aufprall auf die rechte Schulter hervorgerufen worden sind, so scheidet die Wahrscheinlichkeit einer wesentlichen (Mit-) Verursachung der festgestellten Rotatorenmanschettenruptur durch den angeschuldigten Sturz bereits aus. Ein solcher Sturz auf die Schulter ist nämlich, worauf die Gutachter Dr. H. und Dr. K. übereinstimmend hingewiesen haben, nicht in der Lage, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen. Mit dieser gutachtlich vertretenen Auffassung befinden sich die genannten Sachverständigen in Übereinstimmung mit der veröffentlichten medizinischen Lehmeinung. Nach ihr ist nämlich ebenfalls davon auszugehen, dass ein Sturz auf die Schulter einen zur Verursachung einer Rotatorenmanschettenruptur ungeeigneten Hergang darstellt (so ausdrücklich die in das Verfahren eingeführten Ausführungen bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. 1998, Seite 473 unter 8.2.5.2 zu geeigneten und ungeeigneten Unfallhergängen). Auch das auf Antrag der Berufungsklägerin gem. § 109 SGG erstattete Gutachten des Orthopäden J. stellt im Übrigen diese Auffassung nicht in Frage; denn auch dieser Sachverständige ist erkennbar davon ausgegangen, dass der festgestellte Schaden der Rotatorenmanschette nicht durch einen Sturz auf die Schulter verursacht worden sei. Seine im Ergebnis abweichende Auffassung, dass das Unfallereignis vom 11. November 1997 die Rotatorenmanschettenruptur mit Wahrscheinlichkeit verursacht habe, beruht vielmehr im Wesentlichen auf der Unterstellung eines in seinem Ablauf unbekannten, jedoch andersartigen und dabei im Ergebnis geeigneten Geschehensablaufs, den anzunehmen sich der Senat indessen auf der Grundlage der von der Berufungsklägerin insoweit immer wieder übereinstimmend abgegebenen Unfallschilderungen nicht in der Lage sieht. Für den Fall, dass die Berufungsklägerin bei dem angeschuldigten Unfall auf die rechte Schulter gefallen sei, hat indessen auch der Gutachter J. die Ursächlichkeit des Unfallgeschehens in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. Oktober 2002 (siehe dort Seite 4 Mitte) ausdrücklich verneint. Dem Einwand der Berufungsklägerin, dass die Eignung des Unfallgeschehens zur Herbeiführung einer Rotatorenmanschettenruptur nicht ohne Rücksicht auf den individuellen Zustand ihrer rechten Schulter habe beurteilt werden können, vermag sich der Senat in diesem Zusammenhang nicht anzuschließen; alle vorgenannten Gutachter haben nämlich, worauf noch in anderem Zusammenhang einzugehen ist, die Hinweise, die sich radiologisch und intraoperativ auf Vorschädigungen der rechten Schulter bei der Berufungsklägerin ergeben haben, eingehend gewürdigt, sodass sich keinerlei Hinweis darauf ergibt, dass bei der Bildung ihrer - hinsichtlich der Ungeeignetheit eines Sturzes auf die Schulter übereinstimmenden - Meinung die individuellen gesundheitlichen Verhältnisse der Berufungsklägerin keine hinreichende Berücksichtigung gefunden haben.
Unabhängig hiervon kann die Wahrscheinlichkeit einer unfallbedingten Entstehung der Rotatorenmanschettenruptur auch wegen der am 17. Dezember 1997 erhobenen intraoperativen Befunde nicht angenommen werden. Nachdem bereits der Gutachter Dr. H. insoweit darauf hingewiesen hat, dass bei einer Rotatorenmanschettenruptur die Rupturstelle nicht derart schnell ausfranse und retrahiere, dass bereits nach Ablauf von 5 Wochen eine vollständige Abdeckung nicht mehr möglich sei, der von der Berufungsklägerin benannte Sachverständige J. indessen eine abweichende Meinung vertreten und eine weitere gutachtliche Klärung durch einen operierenden Arzt empfohlen hat, sieht es der Senat nunmehr auf Grund des zuletzt von Dr. K. erstatteten Gutachtens als geklärt an, dass die bereits von Dr. H. vertretene Auffassung zutrifft. Auch Dr. K. hat aus den intraoperativ erhobenen Befunden den klaren Rückschluss darauf gezogen, dass es sich bei der Ruptur der Rotatorenmanschette der Berufungsklägerin um einen bereits vor dem 11. November 1997 bestehenden, wenn auch bis zu dem Unfall "stummen", d.h. symptomfreien Schaden gehandelt hat.
Dr. K. hat überdies bekräftigt, dass sich auch anhand der angefertigten Bildbefunde bereits zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens ein beginnender Humeruskopfhochstand, eine vermehrte Kompression des Schulterdaches und eine zystische Degeneration als Ausdruck einer vorbestehenden Rotatorenmanschetteninsuffizienz feststellen ließen. Dem Einwand der Berufungsklägerin, dass das Gutachten des Dr. K. wegen des Fehlens von Vergleichsaufnahmen aus der Zeit vor dem Unfall schlechthin "unverwertbar" sei, vermag sich der Senat dabei nicht anzuschließen; denn abgesehen davon, dass dieser Einwand die von den Gutachtern Dr. H. und Dr. K. herangezogene, selbstständige Aussagekraft des intraoperativ befundeten Zustandes der Rotatorenmanschette nicht begründet in Frage stellen kann, verkennt die Berufungsklägerin hinsichtlich der seit dem Unfalltag entstandenen Röntgenaufnahmen, dass auch diese nach der von den Gutachtern geäusserten Überzeugung ebenfalls bereits die Ergebnisse eines zurückliegenden und damit bereits in der Zeit vor dem Unfall durchlaufenen degenerativen Prozesses abbilden.
Der zeitnahen Entstehung gravierender Beschwerden nach dem Unfall kommt vor diesem Hintergrund kein ausschlaggebender Beweiswert zu. Die insoweit von Dr. K. geäußerte Auffassung, dass der Sturz auf die Schulter auch ohne wesentliche (Mit-) Ursächlichkeit für den Riss der Rotatorenmanschette dazu habe führen können, diesen bereits vorhandenen Schaden aus der Latenz zu führen, steht ebenfalls in Übereinstimmung mit der medizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 473), in der darauf hingewiesen wird, dass eine "leere Anamnese" weder eine Schadensanlage noch einen Vorschaden ausschließe. Gegenteilige medizinische Erkenntisse, die die Auffassung des Gutachters in Frage stellten, sind hiernach nicht ersichtlich.