Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 31.01.2003, Az.: L 2 RI 51/02
Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit; Anspruch auf Invalidenrente; Fähigkeit zu leichter Vollschichttätigkeit ohne außergewöhnliche Leistungseinschränkungen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 31.01.2003
- Aktenzeichen
- L 2 RI 51/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16544
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0131.L2RI51.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - AZ: S 4 RI 4/99
Rechtsgrundlagen
- § 43 Abs. 2 SGB VI a.F.
- § 44 Abs. 2 SGB VI a.F.
- Art. 2§ 7 RÜG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im Dezember 1948 geborene Klägerin erlernte vom 1. September 1966 bis zum 15. August 1968 im Beitrittsgebiet den Beruf der Friseurin. Anschließend war sie bis Juni 1972 im erlernten Beruf beschäftigt und danach von September 1972 bis Dezember 1983 als Löterin im Fernsehgerätewerk I ... Vom 1. Januar 1984 bis zum Juni 1991 wurde sie dort als Bereitstellerin im Materiallager eingesetzt. Ab 1. Juli 1991 bestand Arbeitslosigkeit. Vom 1. Januar bis zum 31. Juli 1992 wurde die Klägerin zur Personalsachbearbeiterin und vom 26. Oktober 1992 bis zum 25. Oktober 1994 zur Bürokauffrau umgeschult. Nach weiterer Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug pflegte die Klägerin ihren krebskranken Ehemann bis zu dessen Tode. Hierfür sind im Versicherungskonto vom 1. April 1995 bis zum 18. Mai 1996 Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit enthalten. Seitdem besteht Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug bzw. Krankengeldbezug. Für die Zeit vom 27. November 1998 bis zum 1. September 1999 enthält das Versicherungskonto wiederum Pflichtbeiträge für berufliche Ausbildung. Die Klägerin hatte an einem von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) geförderten Buchführungskursus teilgenommen.
Am 18. November 1996 beantragte die Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit und Invalidenrente. Die Beklagte zog einen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 5. Dezember 1996 nebst Anlagen, darunter mehrere Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen aus der Zeit vom 30. Juli 1996 bis zum 28. Januar 1997, bei und ließ die Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. K. in L. begutachten (Gutachten vom 16.05.1997). Der Gutachter nannte als Diagnosen:
- Anlagebedingte flache Wirbelsäulenverbiegung im LWS-Bereich,
- rezidivierende Lumbalgie ohne neurologische Ausfallerscheinungen, Zervikocranialsyndrom,
- Hinweis auf zeitweises Zervikobrachialsyndrom,
- Zustand nach Carpaltunnelsyndrom.
Er hielt die Klägerin für fähig, leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne dauerndes Stehen und Gehen, im Wechsel der drei Haltungsarten, ohne häufiges Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken bzw. überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Absturzgefahr so-wie ohne längere Anmarschwege als 2000 m vollschichtig zu verrichten. Im erlernten Beruf als Friseurin könne die Klägerin nicht mehr tätig sein. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 04.08.1997). Die Klägerin könne trotz des schmerzhaften Hals- und Lendenwirbelsäulenleidens sowie einer reaktiv-depressiven Verstimmung noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein und müsse sich auf den Umschulungsberuf der Bürokauffrau verweisen lassen. Ein Anspruch auf Invalidenrente nach Artikel 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) bestehe nicht, weil das Leistungsvermögen nicht mindestens um 2/3 gemindert sei.
Im Widerspruchsverfahren wies die zwischenzeitlich von M. nach N. verzogene Klägerin darauf hin, sie habe ihren erlernten Beruf als Friseurin 1972 aufgeben müssen, da sie nicht mehr habe stehen können. Sie leide weiter an Halswirbel-säulen- und Bandscheibenbeschwerden und habe sich nach dem Umzug nach N. in nervenärztliche Behandlung begeben, weil ihr die Hände immer öfter eingeschlafen seien. Sie habe sich im Frühjahr 1997 an den Händen operieren lassen und habe danach noch Taubheitsgefühle an der linken Handfläche und den Fingern. Die Beklagte zog einen Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. O. vom 29. Januar 1997, das Gutachten des MDK P. vom 12. Juni 1997, den Arztbrief des Kreiskrankenhauses M. vom 17. November 1997 und einen Befundbericht des Urologen Dr. Q. bei und gewährte der Klägerin vom 16. Mai bis 7. Juli 1998 ein stationäres Heilverfahren im R. in S ... Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 27. August 1998 werden als Diagnosen genannt:
- 1.
Lumbales Pseudoradikulärsyndrom.
- 2.
Depressive Verstimmung im Klimakterium.
- 3.
Blasensenkung mit Stressinkontinenz.
Die Klägerin wurde ohne funktionelle Einschränkungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei normaler Rückenmuskulatur bei unauffälligem neurologischem Befund als arbeitsfähig für den Umschulungsberuf der Bürokauffrau entlassen. Eine Tätigkeit als Produktionsarbeiterin könne die Klägerin jedoch nicht mehr verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr körperlich leichte Tätigkeiten möglich im Wechsel der drei Haltungsarten. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.12.1998). Neben dem Umschulungsberuf als Bürokauffrau sei der Klägerin eine Tätigkeit als Büro- oder Verwaltungskraft sozial und medizinisch zumutbar. Die Voraussetzungen einer Invalidenrente nach Artikel 2 § 7 Abs. 3 RÜG lägen nicht vor. Nach den diagnostizierten gesundheitlichen Einschränkungen seien die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invalidenrente nicht gegeben.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, sie müsse wegen ständiger Schmerzen das abhängig machende Schmerzmittel Valoron einnehmen, dessen Dosis sie bei körperlicher Beanspruchung erhöhen müsse. Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat den Befundbericht des Urologen Dr. Q. vom 15. März 1999 und des praktischen Arztes T. vom 13. April 1999 nebst Arztbriefen u.a. der Radiologen Dres. U. und V. über eine am 17. November 1998 durchgeführte Kernspintomographie der HWS ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalles oder einer Beeinträchtigung der linksseitigen C 7-Wurzel beigezogen. Die Klägerin hatte den Arztbrief der Radiologen Dres. U. und V. vom 23. Juni 1999 über ein am 23. Juni 1999 gefertigtes lumbales Topogramm eingereicht. Danach bestünden ausgeprägte degenerative Veränderungen der unteren Lumbalsegmente sowie eine mediane Bandscheibenvorwölbung im Segment L 4/L 5. Ein Bandscheiben-vorfall habe nicht nachgewiesen werden können. Das SG hat das nervenärztliche Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie und Schmerztherapeutin Dr. W. vom 27. Dezember 1999 eingeholt. Die Sachverständige hat ein medikamentös gut eingestelltes chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule mit nachweisbaren altneurogenen Schädigungen entsprechend C 8 links und L 5 links als leistungsbeeinträchtigende Gesundheitsstörung genannt sowie Hinweise auf das Vorliegen einer chronischen Nervus medianus Schädigung beidseits links betont gefunden. Eine im Zusammenhang mit der Erkrankung und dem Tod des Ehemannes aufgetretene Depression sei nicht mehr nachweisbar. Die Schmerzmedikation mit Valoron Retard 50 mg drei Mal 1 Tablette bewege sich im unteren Bereich der möglichen Schmerzmedikamentendosierung. Das Medikament werde in der Regel gut vertragen. Schwerwiegende Nebenwirkungen seien nicht zu befürchten. Die Einnahme von Valoron führe zu guter Schmerzlinderung bei der Klägerin. Die Einnahme dieses Medikamentes allein bedinge jedoch keine volle Erwerbsunfähigkeit. Lediglich bei verstärkter körperlicher Beanspruchung mit Dosis-Steigerung auf vier Mal 1 Tablette sei die Belastbarkeit der Klägerin eingeschränkt. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeiten ohne ständige feinmotorische Tätigkeiten, ohne ständiges Bücken und Knien, ohne Überkopfarbeiten oder Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unter Witterungseinflüssen vollschichtig verrichten. Der Weg von und zum Arbeitsplatz könne noch 1 bis 2 km betragen. Die Klägerin besitze den Führerschein und fahre selbst einen Pkw. Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 21. Januar 2002 abgewiesen. Dabei hat es sich auf die von Dr. K. erhobenen orthopädischen Befunde gestützt, die durch einen Befundbericht der Orthopädin Dr. X. vom 5. Juni 2000 bestätigt worden seien. Dass die Klägerin ihren erlernten Beruf im Alter von 23 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben habe, sei anhand der vorliegenden Unterlagen nicht festzustellen. Sie müsse sich sozial zumutbar auf den Umschulungsberuf als Bürokauffrau verweisen lassen. Im Übrigen sei die Klägerin als Ungelernte auch auf sämtliche anderen geeigneten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Hinsichtlich des Nichtvorliegens der Voraussetzungen einer Invalidenrente werde auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, sie sei mit der Würdigung ihrer vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht einverstanden. Sie leide nunmehr unter einem Nervenzucken im Gesicht.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 21. Januar 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 4. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 1998 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Anrechnung bisher erbrachter Leistungen bis 17. Juli 1998 Übergangsgeld und für die Folgezeit Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise, wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Y. vom 18. April 2002, des Dr. Q. vom 22. April 2002 und des praktischen Arztes T. vom 6. Juni 2002 und eine Auskunft der Dr. Z. aus AB. beigebogen. Letztere Ärztin teilte am 14. August 2002 telefonisch mit, dass die Klägerin seit über 30 Jahren nicht mehr in ihrer Behandlung stehe. Sodann hat der Senat das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. BB. vom 18. November 2002 eingeholt. Der Sachverständige hat für den Zeitpunkt der Untersuchung am 16. Oktober 2002 folgende Diagnosen genannt:
- Rezidivierende geringgradige Lumbalgien ohne wesentliche funktionelle Auswirkungen bei geringen degenerativen Veränderungen der LWS,
- rezidivierendes, zurzeit nicht akutes Schulter-Arm-Syndrom ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen,
- Aufrauung der knorpeligen Rückseite der Kniescheibe rechts mit geringer Schmerzsymptomatik und ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen.
Über das Altersmaß hinausgehende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke und beider Kreuzdarmbeingelenke lägen nicht vor. Die gutachterliche Untersuchung habe keinen wesentlichen krankhaften Befund gezeigt bis auf mäßigen Klopfschmerz über der unteren LWS und mäßigen Druckschmerz über beiden Kreuzdarmbeingelenken. Der Einbeinstand sei beidseits ausführbar, die Halswirbelsäulenrotation normgerecht. Die Klägerin könne sich gut nach vorne vorbeugen mit einem FBA von 10 cm, einem guten Funktionsergebnis. Die Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenke seien funktionell unauffällig. An den Händen hätten sich keine Missempfindungen oder funktionelle Einschränkungen nach Carpaltunneloperation gefunden. Auch die Hüftgelenke seien funktionell altersentsprechend. Am rechten Kniegelenk habe sich ein geringer Überstreckschmerz und ein mäßiger Patelladruckschmerz als Ausdruck geringen Verschleißes der Kniescheibenrückseite gezeigt. Die neurologische Untersuchung habe keine wesentlichen Ausfälle gezeigt. Das Ischiasdehnungszeichen sei beidseits negativ gewesen. Es sei keine Fußheber- oder Senkerschwäche vorhanden. Der Zehen- und Fersenstand sei beidseits durchführbar. Die Klägerin sei noch fähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel der drei Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Arbeiten auf Leitern sollten nicht durchgeführt werden. Heben und Tragen solle auf 10 kg begrenzt bleiben. Die Tätigkeiten sollten möglichst im Wechsel der drei Haltungsarten in geschlossenen Räumen unter Schutz vor Nässe, Kälte und Zugluft verrichtet werden. Tätigkeiten am Fließband unter besonderem Stress oder Zeitdruck sollten nicht verrichtet werden. Die Klägerin könne noch deutlich mehr als 500 m ohne unzumutbare Beschwerden zu Fuß zurücklegen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und somit zulässig. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. vorstationäres Übergangsgeld. Ihr Rentenanspruch richtet sich noch nach den §§ 43, 44 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Die ab 1. Januar 2001 geltende Neuregelung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl.. I, 1827) ist im vorliegenden Fall entsprechend § 300 Abs. 2 SGB VI für einen bis 31. Dezember 2000 eingetretenen Leistungsfall noch nicht anwendbar. Für den Rentenanspruch ist demnach neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und des Vorhandenseins von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles das Vorliegen von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) erforderlich.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Hingegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeits-Entgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 1. April 1.999.630,00 DM übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Dass die Klägerin im Sinne dieser Vorschriften ab Rentenantragstellung berufsunfähig oder erwerbsunfähig war, vermag der Senat nicht festzustellen.
Der medizinische Sachverhalt konnte durch die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten und beigezogenen ärztlichen Unterlagen sowie die eingeholten Gutachten geklärt werden. Nach den Gutachten Dres. K. und BB. bestehen auf orthopädischem Gebiet bei der Klägerin keine wesentlichen Gesundheitseinschränkungen, die die Funktion der Wirbelsäule und der oberen und unteren Extremitäten betreffen. Nach dem aktuellen Gutachten Dr. BB. kann sich die Klägerin bis zu einem FBA von 10 cm vorbeugen. Ischiasbeschwerden bestünden nicht. Das rechte Knie sei funktionell nicht beeinträchtigt. Der Einbein-, Zehen- und Fersenstand sei durchführbar. An den Händen seien keine Missempfindungen oder funktionelle Einschränkungen von Seiten des Carpaltunnels vorhanden. Die ständigen Schmerzen sind nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. W. durch Schmerzmittelgabe zu beherrschen. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen Dr. BB. angegeben, zeitweilig so beschwerdearm zu sein, dass sie keine Dauermedikation brauche, sondern nur Schmerzmittel nach Bedarf einnehme. Mit Hilfe ihrer Hausärztin habe sie erfolgreich versucht, die Medikation zu reduzieren. Demnach besteht die von der Sachverständigen Dr. W. beschriebene gute medikamentöse Einstellung des chronischen Schmerzsyndroms der Wirbelsäule fort. Die Stressinkontinenz ist hygienisch beherrschbar. Die Beschwerden durch unwillkürliche Bewegungen der Gesichtsmuskulatur treten entsprechend den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. Y. nach Behandlung durch den Hausarzt nur noch einmal wöchentlich auf und stellen damit keine wesentliche Funktionseinschränkung mit Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit dar.
Nach übereinstimmender Auffassung der Gutachter und Sachverständigen, der sich der Senat anschließt, ist die Klägerin noch fähig, vollschichtig leichte körperliche Arbeiten möglichst im Wechsel der drei Haltungsarten, nicht in ständig gebückter oder sonstiger Zwangshaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, nicht auf Leitern oder Gerüsten, in geschlossenen Räumen unter Schutz vor Kälte, Nässe und Zugluft, ohne ständig feinmotorische Arbeiten, nicht am Fließband und nicht unter besonderem Stress oder Zeitdruck zu verrichten.
Auf Grund des chronischen Schmerzsyndroms der Wirbelsäule ist die Klägerin nach übereinstimmender Auffassung aller gehörter Sachverständigen nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit als Löterin oder wegen der Notwendigkeit des Leiternsteigens als Materialbereitstellerin zu bewerkstelligen.
Damit ist die Klägerin jedoch noch nicht berufsunfähig, denn sie muss sich ausgehend von ihrem bisherigen Beruf als Löterin bzw. als Materialbereitstellerin, der der Stufe der Ungelernten nach dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema zur qualitativen Wertigkeit der Arbeiterberufe zuzuordnen ist, auf sämtliche ihrem Restleistungsvermögen entsprechende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Eine Verweisung auf den 1994 erlernten, jedoch nicht ausgeübten Umschulungsberuf der Bürokauffrau kommt angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik ohne länger als drei Monate dauernde Nachschulung allerdings nicht in Betracht. Berufsschutz als Facharbeiterin oder als Angelernte im oberen Bereich kann die Klägerin nicht für sich in Anspruch nehmen. Dass sie sich vom erlernten Beruf der Friseurin aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat, vermag der Senat nicht festzustellen. Die Ärztin Dr. Z. kann sich nach ihrer Mitteilung vom 14. August 2002 nicht mehr an die beim Ausscheiden aus dem Friseurberuf erhobenen Befunde, die allein das Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen nach-vollziehbar machen könnten, erinnern. Mangels Berufsschutz braucht der Klägerin eine Verweisungstätigkeit nicht konkret benannt zu werden.
Da die Klägerin nicht berufsunfähig ist, ist sie erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinne von § 44 Abs. 2 SGB VI, denn die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit sind enger als diejenigen von Berufsunfähigkeit. Auch ein Anspruch auf vorstationäres Übergangsgeld ist nicht gegeben, denn der Klägerin steht keine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu (§ 25 Abs. 2 SGB VI). Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ab 1. Januar 2001 nach § 43 SGB VI n.F. besteht nicht, da die Klägerin noch mehr als sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig sein kann.
Auch einen Anspruch auf Invalidenrente nach Art. 2 § 7 RÜG hat die Klägerin nicht, denn bei ihr liegt keine Invalidität nach Abs. 3 dieser Vorschrift vor. Danach ist Invalidität gegeben, wenn u.a. durch Krankheit, Unfall oder sonstige geistige oder körperliche Schädigung
- a)
das Leistungsvermögen und das Einkommen um mindestens 2/3 desjenigen von geistig und körperlich gesunden Versicherten im Beitrittsgebiet gemindert sind und
- b)
die Minderung des Leistungsvermögens in absehbarer Zeit durch Heilbehandlung nicht behoben werden kann.
Das Leistungsvermögen der Klägerin ist nach dem Gutachten Dr. K., Dr. W. und Dr. BB. gegenüber dem Leistungsvermögen einer gesunden Versicherten im Beitrittsgebiet nicht in rentenberechtigendem Maß vermindert. Die Klägerin ist, wie sämtlichen Gutachten zu entnehmen ist, noch zu leichter Vollschichttätigkeit ohne außergewöhnliche Leistungseinschränkungen in der Lage. Die qualitativen Einschränkungen im Leistungsvermögen der Klägerin bewirken nicht das Absinken um 2/3 gegenüber dem Leistungsvermögen einer gesunden Versicherten im Beitrittsgebiet. Einschränkungen, die den Einsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsfeld nicht mehr möglich erscheinen lassen, sind nicht gegeben. Insbesondere benötigt sie keine besonderen Pausen. Liegt bereits keine rentenerhebliche gesundheitsbedingte Einschränkung vor, so kommt es auf die zusätzlich geforderte Verdienstminderung nicht an, denn beide Bedingungen müssen zusammen vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Es liegt kein gesetzlicher Grund vor, die Revision zuzulassen.