Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 27.01.2003, Az.: L 9 U 267/02

Aussetzung eines gerichtlichen Verfahrens bei Erhebung der Klage vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens; Auswirkung der Beteiligung des zur Entscheidung über ein Rechtsverhältnis berufenen Trägers öffentlicher Verwaltung an dem gerichtlichen Verfahren auf die Aussetzung desselben; Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens über das Vorliegen einer Berufskrankheit bei Aufgreifen einer erneuten Sachprüfung durch die Beklagte

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
27.01.2003
Aktenzeichen
L 9 U 267/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 21172
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0127.L9U267.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - AZ: S 7 U 236/01

Gründe

1

Nach § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG kann das gerichtliche Verfahren ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsstelle festzusetzen ist. In unmittelbarer Anwendung führt diese Bestimmung zunächst nur zur Aussetzung solcher gerichtlicher Verfahren, an denen der Träger öffentlicher Verwaltung, dessen Verwaltungsstelle über das Rechtsverhältnis zu entscheiden hat, nicht selbst beteiligt ist. Indessen ist in der Literatur anerkannt, dass eine Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens - in wenigstens entsprechender Anwendung von § 114 Abs. 1 Satz 2 SGG - auch dann erfolgt, wenn die Klage zu früh, d. h. vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens, erhoben worden ist, um den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, das vorgerichtliche Verfahren bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides nachzuholen (Meyer - Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 78 Rdnr. 3a u.H.a. BSGE 20, 199 und 25, 66 sowie § 114 Rdnr. 3a). Hieraus erhellt bereits, dass die Beteiligung des zur Entscheidung über ein Rechtsverhältnis berufenen Trägers öffentlicher Verwaltung an dem gerichtlichen Verfahren der Aussetzung nicht entgegensteht, wenn diesem nur eine für den Prozess vorgreifliche Verwaltungsentscheidung obliegt.

2

Der vorliegende Rechtsstreit ist hiernach jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG auszusetzen, nachdem die Berufungsbeklagte das Verfahren auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nummer 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung mit dem Ziel einer erneuten Sachprüfung wieder aufgegriffen hat.

3

Der Gegenstand des hierdurch in Gang gesetzten Verwaltungsverfahrens ist mit dem Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens weit gehend identisch; denn ebenso, wie der Senat über das Vorliegen der Berufskrankheit und einer ggf. von ihr verursachten Erwerbsminderung während des Zeitraums bis zu der noch ausstehenden mündlichen Verhandlung zu entscheiden hat, wird nach Abschluss ihrer erneuten Sachprüfung auch die Beklagte über das Vorliegen der Berufskrankheit und die durch sie ggf. verursachte Erwerbsminderung während der Zeit bis zu ihrer Entscheidung zu befinden haben.

4

Die Entscheidung der Beklagten ist insoweit auch für die Entscheidung des Senats vorgreiflich und vor einem Urteil in dem anhängigen Rechtsstreit abzuwarten. Denn während eine etwaige antragsgemäße Anerkennung der Berufskrankheit und die Gewährung der letztlich begehrten Rente durch die Beklagte die Beschwer des Berufungsklägers und mit ihr zugleich das Rechtsschutzbedürfnis für die Berufung entfallen ließe, wäre im Falle einer die Anerkennung der BK und die Gewährung einer Rente erneut ablehnenden Entscheidung der Beklagten deren Bescheid jedenfalls gem. § 96 Abs. 1 SGG in das laufende Berufungsverfahren einzubeziehen, um einen zukünftigen weiteren Rechtsstreit der Beteiligten über die schon jetzt rechtshängigen Fragen zu vermeiden.

5

Dieser Beschluss, der nach § 155 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 und 4 SGG durch den Berichterstatter ergeht, ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.