Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 29.01.2003, Az.: L 11 KA 39/99

Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Richtigstellungen bei der Abrechnung von Laborleistungen; Anwendung honorarbegrenzender Maßnahmen; Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnung ihrer vertragsärztlichen Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung; Abrechnung der Verwaltungsgebühr, die für die Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oderÜberweisungsscheinen ohne unmittelbaren Patientenkontakt erhoben wird; Abrechnung einer CDT-Bestimmung; Kürzung von Honoraranforderungen beiÜberschreitung von Höchstwerten; Bildung fachgruppenbezogener Honorarkontingente; Gebot der Honorargerechtigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
29.01.2003
Aktenzeichen
L 11 KA 39/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 24816
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0129.L11KA39.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 20.10.1999 - AZ: S 24 KA 45/99

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 1999 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit sachlich-rechnerischer Richtigstellungen bei der Abrechnung von Laborleistungen sowie der Anwendung honorarbegrenzender Maßnahmen.

2

Der im Oktober 2000 verstorbene Kläger zu 1. und der Kläger zu 2. waren als Ärzte für Laboratoriumsmedizin in einer Gemeinschaftspraxis niedergelassen und zur vertrags-ärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 setzte die Beklagte das vertragsärztliche Honorar für das Quartal II/98 fest. Dabei berücksichtigte sie anspruchsmindernd Höchstwerte in der Infektionsserologie sowie bei der Bestimmung von Autoantikörpern. Weiterhin wurde die Vergütung für verschiedene Laborleistungen im Wege der Abstaffelung gemindert, und eine Reihe von Gebührentatbeständen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) wurden gestrichen. Des Weiteren wandte die Beklagte verschiedene weitere, auf Mengenbegrenzung abzielende Vorschriften des EBM sowie ihres Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) an, wodurch sich bei den Klägern eine Reduzierung der angeforderten Punkte ergab.

3

Hiergegen legten die Kläger am 6. November 1998 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sowie gegen die Auswirkungen der Punktmengenbegrenzung durch Festlegung von Höchstwerten, Abstaffelungsregelungen und Teilbudgetierungen wandten. Die verschiedenen Kürzungsmaßnahmen führten dazu, dass ihre Praxis nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne. Während die Personalausgaben und Sachaufwendungen ständig stiegen, würden zum Zwecke der Einschränkung der Leistungsanforderungen, auf die sie überhaupt keinen Einfluss hätten, dauernd weitere Kürzungen eingeführt. Diese zehrten die verbleibende Überschussquote auf.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Grundlage für die Abstaffelung sowie für den Höchstwert von Laborleistungen seien die Bundesmantelverträge für Primär- und Ersatzkassen in Verbindung mit der Änderung des EBM und damit der Gebührenordnung. Nach ihrer Satzung sei sie, die Beklagte, an diese Bundesregelungen gebunden. Des Weiteren meinten die Kläger zu Unrecht, dass der Punktwert für die O III-Leistungen im Vergleich zu demjenigen für die O I-Leistungen zu niedrig ausgefallen sei. Abgesehen davon, dass der jeweilige Arzt grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen in einer bestimmten Höhe habe, sei dem Differenzierungsgebot für Laborleistungen durch einen um 0,6 Pfennig höheren Punktwert für die O III-Leistungen gegenüber den O I-/ O II-Leistungen Rechnung getragen. Des Weiteren seien die Streichungen der EBM-Nummern 74, 3 und 4298 rechtmäßig. Die Budgetierung der O I-Leistungen beruhe ebenfalls auf den Bundesmantelverträgen in Verbindung mit dem geänderten EBM, an die sie gebunden seien. Schließlich sei die Verminderung der Punktzahlen für die Leistungsbereiche des § 8 Abs. 4 HVM um jeweils 20 % (vgl. dazu § 9 Abs. 2 c HVM) nicht zu beanstanden. Damit habe im Rahmen der nicht budgetierten Leistungen bei gleicher Gesamtvergütung der Punktwert auf hohem Niveau stabil gehalten werden sollen.

5

Hiergegen haben die Kläger am 26. Februar 1999 Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben.

6

Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erteilte die Beklagte den Klägern den das Quartal III/98 betreffenden Honorarabrechnungsbescheid vom 28. Januar 1999. Hierin führte sie weitestgehend gleich Gelagerte Streichungen und Honorarbegrenzungen durch. Den hiergegen von den Klägern am 9. März 1999 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.

7

Insoweit haben die Kläger am 17. Mai 1999 Klage erhoben.

8

Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 1999 die Verfahren verbunden und die Klagen mit Urteil vom gleichen Tage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, im EBM sei für die Leistungen nach Nrn. 4550-4625 (Infektionsserologie) eine Bestimmung für einen Höchstwert bei 6-9 Untersuchungen bzw. für mehr als 9 Untersuchungen enthalten (1550 bzw. 1700 Punkte). Im Hinblick auf die Steuerungsfunktion, die dem EBM als bundesweit für alle Kassenarten verbindliche Vergütungsgrundlage zukomme, sei es zulässig, Abstaffelungsregelungen und ähnliche mengen- oder Fallzahlenbegrenzende Maßnahmen einzuführen, um damit die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und auch Verteilungseffekte mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung durchzusetzen. Die im Übrigen nicht näher bewiesene Behauptung der Kläger, mit den Höchstwerten seien die genannten Leistungen in bestimmten Fällen nicht kostendeckend zu erbringen, führe zu keiner anderen Bewertung, denn die Schaffung einer unbegrenzten Vergütungsgröße in diesem EBM-Abschnitt hätte dem Ziel der Schaffung eines stabilen Punktwerts diametral entgegengestanden. Diese Erwägungen seien auch für die im EBM aufgeführten Höchstwerte für Laborleistungen bei der Bestimmung von Autoantikörpern nach Nrn. 4405-4430 EBM und für die Abstaffelungsregelung bei Laborleistungen maßgebend. Zu Unrecht wendeten sich die Kläger gegen die nach ihrer Auffassung unzureichende Differenzierung bei der Bewertung der O III-Leistungen gegenüber den O I-Leistungen. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) ein Differenzierungsgebot aufgestellt. Eine höchstrichterlich bestätigte Verpflichtung, O III-Leistungen mindestens um 20 % höher als O I-Leistungen zu vergüten, sei jedoch nicht ersichtlich. Die von der Beklagten insoweit bislang bewirkte Besserstellung der Laborärzte sei angesichts der insgesamt begrenzten Gesamtvergütung für alle Arztgruppen ausreichend und nicht zu beanstanden. Zu Recht habe die Beklagte auch die Abrechnung der Nrn. 3 und 74 EBM verweigert. Aus der Definition zur Nr. 74 EBM (Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung) ergebe sich zwingend, dass eine Untersuchung des Patienten stattgefunden haben müsse, was bei den Klägern nicht der Fall gewesen sei. Der Abrechnungsausschluss der Nr. 3 EBM (Verwaltungsgebühr) ergebe sich für die Kläger aus Abschnitt B Allgemeine Bestimmungen Nr. 5 des EBM. So weit die Kläger CDT(Carbohydrate-Deficient-Transferrin)-Bestimmungen durchgeführt und hierfür die Nr. 4298 EBM geltend gemacht hätten, habe die Beklagte eine Entschädigung dieser Leistung zu Recht verweigert, da es sich hierbei unter Berücksichtigung des Rundschreibens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung um eine vertragsärztlich noch nicht abrechnungsfähige Leistung handele. Im Hinblick hierauf könne diese Untersuchung nicht unter die "Sammel- bzw. Ersatzziffer” der Nr. 4298 EBM eingeordnet werden. Zu Unrecht wendeten sich die Kläger weiterhin gegen die Budgetierung von Laborleistungen nach dem Abschnitt O I des EBM mit der Begründung, eine Budgetierung könne nur dort eingreifen, wo die Leistungen in Auftrag gegeben würden. Das BSG habe darauf hingewiesen, dass es bundesrechtlich nicht geboten sei, solche Arztgruppen von der Festlegung begrenzter Honorarkontingente auszunehmen, die - wie die Kläger - ausschließlich auf Überweisung durch andere Ärzte tätig werden dürften. Ebenso wendeten sie sich zu Unrecht gegen § 9 Abs. 2 c des seit dem 1. Juli 1997 geltenden HVM der Beklagten, mit dem die zunächst festgestellten Punktzahlen je Leistungsbereich um 20 v. H. vermindert worden seien. Zutreffend habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass auch bei nicht durchgeführter Verminderung der Punktzahlen den Klägern der gleiche Honoraranteil, allerdings zu einem geringeren Punktwert, zugeflossen wäre, denn der Gesamtvergütungsanteil für diesen Leistungsabschnitt sei nicht verändert worden. Eine solche Regelung halte sich im Rahmen des der Beklagten zugestandenen autonomen Rechtsetzungsbereich. Schließlich habe die Beklagte zutreffend entschieden, dass die Nr. 4535 EBM nicht neben Nr. 4537 EBM geltend gemacht werden könne. Bereits aus der Leistungslegende der Nr. 4537 EBM ergebe sich, dass diese die Nr. 4535 EBM mit umfasse.

9

Gegen das ihnen am 22. November 1999 zugestellte Urteil haben die Kläger am 21. Dezember 1999 Berufung eingelegt. Sie machen geltend, die im EBM enthaltenen Höchstwert- und Abstaffelungsregelungen seien rechtswidrig. Solche Bestimmungen gebe es zur Mengenbegrenzung in der Infektionsserologie, bei der Bestimmung von Autoantikörpern sowie bei einer ganzen Reihe weiterer einzelner EBM-Tatbestände. Hierdurch seien diese Untersuchungen nicht mehr kostendeckend durchzuführen. Sie hätten keinen Einfluss auf die Anzahl der durchzuführenden Einzeluntersuchungen. Diese würden vielmehr vom Einsender und von den Erfordernissen des Untersuchungsauftrags bestimmt. Bei Einzelanforderungen hätten sie teilweise schon über 30 Einzeluntersuchungen bei einem Auftrag durchzuführen gehabt. Sie seien aus Haftungsgründen in jedem Fall verpflichtet, solche Aufträge vollständig auszuführen. Diese Zwangslage, in die sie durch die Honorargestaltung kämen, sei ein unberechtigter Eingriff in ihre Berufsfreiheit. Weiter führe der HVM der Beklagten in seiner Ausgestaltung in vielen Bereichen zu einer unzureichenden Honorierung ihrer Leistungen. Bei vielen Analysen könne eine Kostendeckung nicht mehr erreicht werden. Die Beklagte habe zwar grundsätzlich eine Differenzierung zwischen der Honorierung von Leistungen aus dem Abschnitt O I und dem Abschnitt O III vorgesehen. Nach der konkreten Ausgestaltung lägen jedoch die Punktwerte für Leistungen aus dem Abschnitt O I teilweise über den Punktwerten für Leistungen aus dem Abschnitt O III. Damit sei die vom BSG verlangte Differenzierung wieder aufgehoben. Im Übrigen sei auf einen Beschluss des SG Dresden vom 12. Dezember 1997 hinzuweisen, in dem festgelegt worden sei, dass der Punktwert für Leistungen aus dem Abschnitt O III um 20 % über dem Punktwert für die übrigen Laborleistungen liegen müssten. Während die anderen Ärzte ihren Leistungsumfang selbst bestimmen könnten, erbrächten Laborärzte ausschließlich Auftragsleistungen. Die Rationalisierungsmöglichkeiten seien für Untersuchungen aus den Abschnitten O I und O II wesentlich höher als für Leistungen aus dem Abschnitt O III. Die Auffassung des SG, dass eine Berechnung der Nrn. 3 und 74 EBM durch die Kläger schon vom Wortlaut ausgeschlossen sei, sei nicht haltbar. Laborärzte erbrächten ärztliche Untersuchungen an Patienten. Entscheidend dabei sei, dass sie eine personenbezogene Beurteilung durchführten und dabei Substanzen analysierten, die vom Patienten stammten. Dies setze nicht unbedingt den persönlichen Kontakt zum Patienten als personeller Einheit voraus. Der Wortsinn der Nr. 74 EBM decke auch ihre Untersuchungstätigkeit. Ebenso sei für sie auch die Nr. 3 EBM abrechnungsfähig, denn es handele sich dabei um Aufträge, die sie nicht selbst erledigen könnten, weil sie Spezialuntersuchungen beträfen. Die Weiterleitung an Fremdlabore löse einen Aufwand und damit Kosten aus, die im Rahmen der Nr. 3 EBM zu honorieren seien. Hinsichtlich der Abrechnung der Nr. 4298 EBM für die CDT-Bestimmung stehe zunächst fest, dass sie entsprechende Leistungen erbracht hätten, die der Beklagten und ihren Mitgliedern im Rahmen des Versorgungsauftrags zugute gekommen seien. Diese Untersuchung werde von Experten empfohlen. Es handele sich um einen zuverlässigen Alkoholmarker, sodass eine Honorierung dieser Leistung im Rahmen der genannten EBM-Nummer geboten sei. Die von der Beklagten vorgenommene zusätzliche Absenkung der Honorare um 20 % sei nicht gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des SG führe diese zusätzliche Absenkung für sie zu einer Schlechterstellung. Allein im III. Quartal 1998 hätten sie hierdurch Mindereinnahmen in Höhe von 284.578 Punkten gehabt. Die Beklagte sei nicht befugt, über die einschneidenden Regelungen des EBM hinaus noch weitere Honorarkürzungen anzuordnen. Dasselbe gelte auch für die Budgetierung von Leistungen nach dem Abschnitt O I. Der Ansatz der Budgetierung gerade bei ihnen sei verfehlt, weil sie keinen Einfluss auf die Anzahl der ihnen überwiesenen Untersuchungen hätten. Schließlich ergebe sich entgegen der Auffassung des SG aus Nr. 4537 EBM nicht, dass Untersuchungen, die nach dieser Ziffer honoriert würden, die Untersuchung nach Nr. 4535 mit einschlössen. Ansonsten wäre die Einschränkung "gegebenenfalls” unverständlich. Allein die Tatsache, dass für die Leistungen unterschiedliche Ziffern vorhanden seien, belege, dass die Leistungen auch unterschiedlich und getrennt voneinander bewertet werden sollten.

10

Die Ehefrau des verstorbenen Klägers zu 1., die als dessen Alleinerbin das Verfahren fortsetzt, und der Kläger zu 2. beantragen,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 1999, den das Quartal II/98 betreffenden Honorarabrechnungsbescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1999 sowie den das Quartal III/98 betreffenden Honorarabrechnungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1999 aufzuheben,

  1. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, für die Quartale II und III/98 neue Abrechnungsbescheide zu er- teilen, in denen die Höchstwertregelung bei der Infektionsserologie und bei der Autoantikörperbestimmung entfällt, bei denen die Abstaffelungsregelung bei Laborleistungen entfällt, bei denen die O III-Leistungen gegenüber den O I-Leistungen deutlich besser bewertet werden, bei denen die Streichung der Nummern 3, 74 und 4298 des EBM aufgehoben wird, bei denen die O I-Abrechnungs- budgetierung nicht zur Anwendung kommt und bei denen die Verminderung der Punkte um 20 v. H. gemäß Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten nicht zur Anwendung kommt und bei denen das Nebeneinander-Abrechnungsverbot der Ziffern 4535 und 4537 nicht zur Anwendung kommt.

11

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

12

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

13

Dem Senat haben außer den Gerichtsakten die die Kläger betreffenden Verwaltungsunterlagen der Beklagten vorgelegen. Alle Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Ärzte und Psychotherapeuten entschieden, denn die streitige Honorarverteilung betrifft eine Angelegenheit der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

15

Die gemäß §§ 143 f. SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig. Das Rechtsmittel ist indessen nicht begründet. Die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale II und III/98 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. Januar 1999 und 12. April 1999 sind nicht zu beanstanden.

16

1.

Zu Recht hat die Beklagte die Honoraranforderungen der Kläger hinsichtlich einer Reihe von Gebührentatbeständen des EBM sachlich-rechnerisch berichtigt.

17

Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnung ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt ggf. die fehlerhafte Honoraranforderung des Vertragsarztes.

18

Zu Recht hat die Beklagte entschieden, dass die Gebührennummer 3 EBM für die Kläger nicht abrechenbar ist. Hierbei handelt es sich um eine Verwaltungsgebühr, die für die Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungsscheinen ohne unmittelbaren Patientenkontakt oder die Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen an den Patienten im Auftrag des Arztes durch das Praxispersonal, auch mittels Fernsprecher, erhoben wird. Der von den Klägern geltend gemachte Aufwand, der nach ihren Angaben bei der Weiterleitung von bei ihnen selbst nicht durchführbaren Unters-chungsaufträgen an Speziallabore entsteht, ist für sie nicht abrechenbar. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, regeln die Allgemeinen Bestimmungen B Nr. 5 EBM u.a. für Laborärzte ausdrücklich, dass diese die Gebühr nach Nr. 3 EBM nicht berechnen können. Im Hinblick auf diesen Leistungsausschluss kann die Prüfung, ob der in dem genannten Zusammenhang anfallende Aufwand die Tatbestandsmerkmale der Nr. 3 EBM erfüllt, unterbleiben.

19

Des Weiteren ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die von den Klägern angesetzte Nr. 74 EBM aus den Honoraranforderungen gestrichen hat. Nach dieser Gebührennummer wird ein kurzer ärztlicher Bericht über das Ergebnis einer Patientenuntersuchung entschädigt. Eine Patientenuntersuchung liegt allerdings nur vor, wenn ein persönlicher Kontakt zwischen dem Arzt und seinem Patienten stattgefunden hat. Die Untersuchung des von diesem stammenden Körpermaterials reicht hingegen nicht aus. Der Begriff "Patientenuntersuchung” ist insoweit als Gegensatz zum Begriff der "Probenuntersuchung” zu verstehen (vgl. Kölner Kommentar zum EBM Nr. 74 EBM Anm. 2). Auch hierauf hat das SG die Kläger bereits zutreffend hingewiesen.

20

Weiterhin hat die Beklagte zu Recht die Vergütung für die von den Klägern vorgenommenen CDT-Bestimmungen verweigert. Hierbei handelt es sich nach dem bei der Akte der Beklagten befindlichen Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 15. Juli 1998 um einen Laborparameter, der zur Feststellung von Alkoholmissbrauch dienen soll. Die CDT-Bestimmung ist im EBM nicht ausdrücklich als abrechenbare Leistung aufgeführt. Das schließt an sich von vornherein ihre Abrechnungsfähigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung aus, denn nur diejenigen Leistungen, die im Leistungsverzeichnis des EBM enthalten sind, können von den Vertragsärzten zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht und abgerechnet werden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 14, S. 48 f.). Allerdings enthält der EBM in dem die Laboratoriumsuntersuchungen betreffenden Kapitel O im Abschnitt III an verschiedenen Stellen Gebührentatbestände, die es erlauben, eine nicht ausdrücklich aufgeführte Laboruntersuchung als "ähnliche Untersuchung” abzurechnen. Die hier fraglichen CDT-Bestimmungen können jedoch nicht hierüber vergütet werden. Nach der Entscheidung des BSG vom 25. August 1999 - B 6 KA 39/98 R - (SozR 3-2500 § 135 Nr. 11), die speziell zur CDT-Bestimmung ergangen ist, muss es zum einen auf der Hand liegen oder unstreitig sein, welchem der verschiedenen Tatbestände einer "ähnlichen Untersuchung” die fragliche Leistung zuzurechnen ist. Da das CDT nach dem genannten Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mittels Immunoassay bestimmt wird, kommen insoweit die Nrn. 4225, 4246, 4272, 4288 und 4298 EBM in Betracht. Dies ist aber, wie das BSG a.a.O. ausgeführt hat, bisher unklar. Zum anderen scheitert die Abrechenbarkeit auch daran, dass dem Begriff der "ähnlichen Untersuchung” nicht solche Leistungen zugeordnet werden können, die von ihrem Anwendungsbereich her darauf angelegt sind, in der vertragsärztlichen Versorgung in großem Umfang und/oder mit erheblichen finanziellen Auswirkungen eingesetzt zu werden. Das aber wäre bei der CDT-Bestimmung der Fall. Sollte es zutreffen, dass hiermit das Vorliegen von Alkoholabusus hinreichend sicher geklärt werden kann, würde dieser Leistung erhebliche Bedeutung in der vertragsärztlichen Versorgung zukommen (vgl. hierzu BSG a.a.O.). Somit ist die Abrechenbarkeit des CDT-Verfahrens ohne ausdrückliche Aufführung im Laborkapitel nicht zulässig.

21

Schließlich hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass die Nr. 4535 EBM nicht neben 4537 EBM abgerechnet werden kann. Nr. 4535 umfasst den Toxoplasmaantikörper-Nachweis (qualitativer Suchtest). Unter Nr. 4537 fällt die quantitative Bestimmung von Toxoplasmaantikörpern nach positivem Suchtest, ggf. einschließlich qualitativem Suchtest. Bereits nach dem Wortlaut der Nr. 4537 EBM ergibt sich, dass hierin der qualitative Suchtest mit enthalten ist. Der Zusatz "ggf.” weist darauf hin, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Abrechnung der Nr. 4537 EBM auch ohne qualitativen Suchtest möglich ist. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn insoweit bereits ein früheres positives Ergebnis vorliegt (vgl. Kölner Kommentar zum EBM Nr. 4537 Anm. 1). Wird jedoch bei einer Erstuntersuchung die quantitative Bestimmung von Toxoplasmaantikörpern durchgeführt, ist damit der logisch vorangegangene qualitative Suchtest (d. h. der Toxoplasmaantikörper-Nachweis) mit abgegolten.

22

2.

Die Entscheidung der Beklagten, bei bestimmten Laboruntersuchungen die im EBM enthaltenen Höchstwerte zu berücksichtigen und bei deren Überschreitung die weiter gehenden Honoraranforderungen zu kürzen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Speziell wenden sich die Kläger gegen diese Form der Leistungsbegrenzung insbesondere in Bezug auf die Bestimmung von Autoantikörpern (Nrn. 4405-4430 EBM) und die Infektionsserologie (Nrn. 4550-4625 EBM). Die in den genannten Gebührentatbeständen enthaltenen Höchstwerte sind durch § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 a Satz 1 und 2 SGB V gedeckt. Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt der EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. In Abs. 2 a Satz 1 und 2 der Vorschrift ist dem Bewertungsausschuss darüber hinaus gesetzlich aufgegeben worden, die ärztlichen Leistungen des EBM zu Leistungskomplexen zusammenzufassen, sofern medizinische Gesichtspunkte nicht entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des BSG folgt aus diesen Regelungen, dass sich der dem Bewertungsausschuss damit übertragene Gestaltungsauftrag nicht in der Aufstellung eines reinen Leistungs- und Bewertungskataloges unter betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten erschöpft, sondern dass dem EBM auch eine Steuerungsfunktion zukommt. Der Bewertungsausschuss hat danach sowohl die Befugnis als auch die Verpflichtung, über die Definition sowie Bewertung der vertragsärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten durch mengen- oder fallzahlbegrenzende Maßnahmen zu steuern (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29, S. 147 m.w.N.). Zweck einer solchen mengenbegrenzenden Regelung kann es sein, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern oder Verteilungseffekte herbeizuführen. Gerade der letztgenannte Beweggrund ist hier von besonderer Bedeutung, denn angesichts der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung könnte eine unbegrenzte Abrechenbarkeit der genannten Gebührennummern zu einem deutlichen Abfall des Punktwertes führen. Die Behauptung der Kläger, mit den Höchstwerten seien die genannten Leistungen nicht kostendeckend zu erbringen, ist nicht unter Beweis gestellt worden. Darauf hat bereits das SG zutreffend hingewiesen. Ihm ist auch darin zu folgen, dass die Kläger im Übrigen keinen Anspruch auf die kostendeckende Vergütung jeder Einzelleistung haben (vgl. auch Hess in Kasseler Kommentar, § 72 SGB V, Rdnr. 21a). Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für die von den Klägern angegriffenen Abstaffelungsregelungen der Nrn. 4164, 4166, 4208, 4210-4215, 4217, 4218, 4254 und 4366 EBM, mit deren Einführung der Bewertungsausschuss dieselben Zwecke verfolgt hat und die demgemäß unter Berücksichtigung der vorstehend zitierten BSG-Rechtsprechung ebenfalls nicht zu beanstanden sind.

23

3.

Schließlich bestehen auch gegen die von den Klägern beanstandeten Regelungen im HVM der Beklagten keine rechtlichen Bedenken.

24

Die Einführung von mengenbegrenzenden Regelungen für Leistungen des Abschnitts O I EBM war rechtmäßig. Gemäß § 9 Abs. 1 c HVM wird der Teil der Gesamtvergütung, der auf Laboratoriumsuntersuchungen der Kapitel O I und O II EBM (Eigenlabor) entfällt, aus dem prozentualen Anteil der Laborpunktzahlen an der in 1996 insgesamt angeforderten Punktzahl ermittelt. Der so ermittelte Prozentsatz bildet den Anteil der Laboratoriumsuntersuchungen der Kapitel O I und O II EBM an der Gesamtvergütung. Die Leistungen werden mit den Punktwerten vergütet, die sich aus dem Verhältnis der anerkannten Punktzahlen zu der anteiligen Gesamtvergütung ergeben.

25

Diese Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Gemäß § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V hat die Kassenärztliche Vereinigung bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen. Diese Regelung lässt es zu, im HVM fachgruppenbezogene Honorarkontingente zu bilden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 24, S. 162/163). Diese Maßnahme rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass die durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I 2266) vorgenommene Begrenzung der Gesamtvergütungen (vgl. § 85 Abs. 3a SGB V), die von den Vertragsparteien der Gesamtverträge wegen der Bindung an den Grundsatz der Beitragsstabilität auch in den Vereinbarungen für die Jahre nach 1995 nicht rückgängig gemacht werden konnte (vgl. § 85 Abs. 3 SGB V), gleichmäßig für alle Arztgruppen umgesetzt werden sollte. Auch verstößt der HVM der Beklagten nicht gegen das aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. hierzu z.B. BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 4, 24, 26, 31, 33).

26

Dieser Grundsatz verbietet es nicht, im HVM auch für Gruppen von Ärzten, die - wie im Fall der Kläger - allein überweisungsgebundene Leistungen erbringen, mengenbegrenzende Regelungen vorzusehen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BSG prinzipiell sogar für solche Arztgruppen, deren Angehörige regelmäßig keine nennenswerten Möglichkeiten zur Erweiterung der ihnen erteilten Aufträge haben (vgl. BSG a.a.O. Nr. 26, S. 185/186). Allerdings ist namentlich für Laborärzte entgegen den Behauptungen der Kläger nicht davon auszugehen, dass sie keinen Einfluss auf die Menge der von ihnen im Einzelfall erbrachten Leistungen haben. Nach § 21 Abs. 7 BMV-Ä kann der überweisende Vertragsarzt dem Labormediziner einen Zielauftrag oder einen Rahmenauftrag erteilen. Bei Rahmenaufträgen hat der überweisende Arzt lediglich eine Verdachtsdiagnose anzugeben, während Art und Umfang der zur Klärung dieser Verdachtsdiagnosen notwendigen Leistungen vom ausführenden Arzt - dies kann auch der Laborarzt sein - nach medizinischen Erfordernissen und den Regeln der Stufendiagnostik unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu bestimmen sind. Darüber hinaus besteht - wenn auch in engen Grenzen - selbst bei Zielaufträgen für den Laborarzt die Möglichkeit eines Einflusses auf die Leistungserbringung (vgl. zu allem BSG a.a.O. Nr. 24, S. 165/166).

27

Weiterhin können die Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte die von den Klägern nach Kapitel O III (Auftragslabor) erbrachten Leistungen generell um 20 % höher bewertet als die Leistungen nach Kapitel O I. Zwar ist eine Vergütung aller Laborleistungen aus einem einheitlichen Topf nicht zulässig, weil dies zu schwerwiegenden Benachteiligungen der Laborärzte gegenüber anderen (nur nebenbei) Laboruntersuchungen erbringenden Ärzten führen kann und im Übrigen hierdurch den Möglichkeiten der Rationalisierung, die bei den O I- und O II-Leistungen (anders als bei den O III-Leistungen) bestehen, nicht Rechnung getragen wird (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 4). Eine feste, prozentual festgelegte Höherbewertung der O III-Leistungen hat das BSG a.a.O. indes nicht gefordert. Der erforderlichen Differenzierung ist im vorliegenden Fall vielmehr hinreichend dadurch Rechnung getragen worden, dass die Beklagte in § 9 Abs. 1 d HVM für die O III-Leistungen ein eigenes Honorarkontingent vorgesehen hat, auf das nur die Laborärzte Zugriff haben.

28

Schließlich ist die Regelung des § 9 Abs. 2 c HVM, die im Rahmen der Errechnung der Verteilungspunktwerte für die fünf Leistungsbereiche des § 8 Abs. 4 HVM die Verminderung der Punktzahl um 20 % vorsieht, nicht rechtswidrig. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass diese den so genannten roten Bereich, d. h. die nicht budgetierten Leistungen betreffende Regelung zu einer Stabilisierung des Punktwerts führt. Da sich der Gesamtvergütungsanteil, der für diese Leistungen zur Verfügung steht, hierdurch nicht verändert, erleiden die Kläger durch diese Maßnahme im Ergebnis keine gravierenden Nachteile.

29

Nach alledem ist die Berufung der Kläger nicht begründet.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

31

Es hat kein Anlass bestanden, die Revision zuzulassen.