Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 09.01.2003, Az.: L 6 U 388/01
Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund Fahrradsturz eines Beziehers von Arbetislosengeld ; Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallvesicherung eines Arbeitslosen für Wegeunfälle
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 09.01.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 388/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 19955
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0109.L6U388.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Osnabrück - 27.09.2001 - AZ: S 8 U 10/98
Rechtsgrundlagen
- § 132 AFG
- § 153 Abs. 4 SGG
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 27. September 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Leistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung (UV). Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob er bei einem Fahrradsturz unter dem Schutz der Gesetzlichen UV stand.Der 1961 geborene Kläger hatte sich am 21. April 1995 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Wiederbewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) beantragt. Die AOK teilte der Beklagten in der Unfallanzeige vom 30. Juli 1996 mit, der Kläger sei am 8. Juni 1995 auf dem Weg zum Arbeitsamt gestürzt. Auch das Arbeitsamt C. erstattete unter dem 28. Oktober 1996 eine Unfallanzeige, in der sie mitteilte, dass keine Meldepflicht nach § 132 AFG bestanden habe. Bei diesem Sturz hatte er sich ein Schädelhirntrauma zugezogen. Deshalb vermag er sich an den Unfall nicht zu erinnern. Die Ehefrau des Klägers hatte der Polizeistation im Schreiben vom 27. Juni 1996 mitgeteilt, ihr Mann sei auf dem Weg zur Post verunglückt (vgl. auch den Wegefragebogen vom 24. Oktober 1996). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. Mai 1997 Entschädigungsleistungen ab, weil eine Meldepflicht nicht bestanden habe. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1997).Zur Begründung der am 8. Januar 1998 vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe sich auf dem Weg zum Arbeitsamt befunden, um den Antrag auf Alg wieder abzugeben. Er sei nicht darauf hingewiesen worden, dass er diesen Antrag auch mit der Post zusenden könne. Deshalb habe er davon ausgehen müssen, dass er beim Arbeitsamt persönlich vorsprechen solle. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 27. September 2001 auf Grund der Angaben im Verwaltungsverfahren abgewiesen: Der Kläger habe sich auf dem Weg zur Post befunden. Der Zeitpunkt, zu dem er verunglückt sei, lege es nicht nahe, dass er das Arbeitsamt noch zu den Öffnungszeiten erreicht hätte.Gegen das ihm am 9. Oktober 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Oktober 2001 Berufung eingelegt.
Er hält an seinem Vortrag fest und beantragt sinngemäß,
- 1.
das Urteil des SG Osnabrück vom 27. September 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1997 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 8. Juni 1995 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 27. September 2001 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.Der Senat hat die Auskunft des D., der am 21. April 1995 die Arbeitslosmeldung und Antragstellung entgegennahm und den Kläger beriet, vom 10. September 2002 eingeholt. Mit Beschluss vom 13. November 2002 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zugleich hat er die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, das Rechtsmittel durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.Dem Senat haben neben den Prozessakten und den Unfallakten der Beklagten die Leistungsakten des Arbeitsamts C. (Stamm-Nr. E.) vorgelegen. Sie sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hält das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Entscheidung konnte deshalb durch Beschluss ergehen (§ 153 Abs. 4 SGG).Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Dem Kläger stehen Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen UV nicht zu, weil er bei dem Unfall, den er am 8. Juni 1995 erlitt, nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen UV stand.In der Gesetzlichen UV sind kraft Gesetzes versichert u.a. Personen, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes der Meldepflicht unterliegen, wenn sie auf Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit diese oder andere Stellen aufsuchen (§ 539 Abs. 1 Nr. 4b der auf den vorliegenden Sachverhalt noch anzuwendenden - vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 Sozialgesetzbuch VII - Reichsversicherungsordnung). Der Versicherungsschutz setzt somit voraus, dass der Kläger vom Arbeitsamt aufgefordert worden wäre, den Antrag auf Wiederbewilligung von Alg persönlich abzugeben. Dafür fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt. Vielmehr ergibt sich aus der Auskunft des D. vom 10. September 2002, dass in Beratungsgesprächen sowohl auf die Möglichkeit einer persönlichen Antragsabgabe als auch auf die Möglichkeit einer postalischen Übersendung hingewiesen wurde. Deshalb besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Arbeitsverwaltung den Eindruck erweckte, sie erwarte die persönliche Abgabe des Antrags. Dieses wäre aber Voraussetzung für einen Versicherungsschutz (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 32, S. 120). Deshalb muss der erkennende Senat der Frage nicht nachgehen, ob sich der Kläger, als er mit dem Fahrrad stürzte, tatsächlich auf dem Weg zum Arbeitsamt befand, was aus den im angefochtenen Urteil (S. 5 f.) genannten und nachvollziehbaren Gründen zweifelhaft ist.Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegt nicht vor.