Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 06.01.2003, Az.: L 6 U 199/01
Erstattung von Kosten für die Heilbehandlung eines Versicherten durch eine Krankenkasse gegenüber dem Unfallversicherungsträger; Behandlung als Folge eines Arbeitsunfalls; Vollbeweis der Gesundheitsstörung für Leistungen aus der Unfallversicherung; Haftung der Unfallversicherungsträger für mittelbare Schäden; Kunstfehler bei einer unfallbedingt gebotenen Behandlung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 06.01.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 199/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21002
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0106.L6U199.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 25.04.2001 - AZ: S 7 U 338/00
Rechtsgrundlagen
- § 105 Abs. 1 SGB X
- § 112 SGB X
- § 548 RVO
- § 550 RVO
- § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO
- § 111 SGB X
Redaktioneller Leitsatz
Dem Unfallversicherungsträger sind nicht die Kosten für die Behandlungen zuzurechnen, die zwar anlässlich einer unfallbedingten Operation vorgenommen werden, jedoch durch eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung veranlasst worden sind.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 25. April 2001 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.600,24 EUR zu zahlen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die sie für die Heilbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten B., dem Versicherten (Vers.) aufgewendet hat. Streitig ist, ob die Behandlungen des Vers. ab der am 19. März 1996 erfolgten Operation des linken Handgelenks - mittelbare - Folge dessen Arbeits-unfalls vom 8. Januar 1996 sind.
Der im November 1947 geborene Vers. stürzte am 8. Januar 1996 auf dem Weg zu seiner Beschäftigung als Schiessbahnwärter gegen 7.15 Uhr auf eisglatter Straße mit seinem Mofa. Er zog sich hierbei eine Prellung des linken Handgelenks zu, die Röntgenaufnahmen ergaben keine Fraktur (Durchgangsarztbericht des Dr. C. vom 8. Januar 1996). Am 25. Januar 1996 suchte er den Neurologen Dr. D. auf, der ein neurologisches Defizit und Anhaltspunkte für ein traumatisches KTS (KTS) oder eine traumatische Ulnarisläsion ausschloss (Arztbrief vom 25. Januar 1996). Die wegen der fortbestehenden Schmerzen am 14. Februar 1996 veranlasste Kernspintomografie zeigte eine flüssigkeitsäquivalente Raumforderung in der Hohlhand im Beugesehnenfach, die am ehesten einem Ganglion oder einer Synovialiszyste entsprach. Weiterhin fand sich die ungewöhnliche Veränderung (Alteration) einer Sehne. Der Radiologe PD Dr. E. vermochte nicht zu sagen, ob diese Veränderung durch den Unfall oder durch die direkte Raumforderung durch das Ganglion bedingt ist (Arztbrief vom 15. Februar 1996). Dem schloss sich Dr. C. an und empfahl eine operative Entfernung zur Abklärung des Ursachenzusammenhangs. Bis zum Vorliegen des histologischen Befundes solle die Behandlung über die Klägerin abgerechnet werden (Nachschaubericht vom 8. Februar 1996).
Während der stationären Behandlung vom 18. März bis 22. März 1996 wurde am 19. März 1996 operativ die Revision und erneute Spaltung der Narbenplatte nach bereits vor 20 Jahren erfolgter Karpaltunnel(KT-)-Operation durchgeführt. Die Operateurin und u.a. Fachärztin für Handchirurgie Dr. F. diagnostizierte ein KTS-Rezidiv links (OP-Bericht vom 19. März 1996). Dr. C. teilte ein posttraumatisches KTS-Rezidiv mit und führte dieses wegen des Auftretens der Beschwerden nach dem Unfall auf diesen zurück (Bericht vom 22. März 1996). Die ambulante Behandlung wurde am 2. April 1996 abgeschlossen, der Vers. war ab 6. April 1996 wieder arbeitsfähig. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde nicht angenommen (Stellungnahme Dr. C. vom 2. April 1996). Am 9. April 1996 suchte der Vers. wegen Schmerzen im linken Daumensattelgelenk erneut Dr. C. auf. Die Röntgenaufnahmen zeigten deutliche degenerative Veränderungen. Dr. C. diagnostizierte zunächst eine unfallunabhängige aktivierte Rhizarthrose (Bericht des vom 17. April 1996), die sich jedoch nach der erneuten kernspintomographischen Untersuchung vom 24. September 1996 nicht bestätigte (Bericht vom 30. September 1996). Am 23. April 1996 stellte sich der Vers. erneut vor. Das klinische Beschwerdebild entsprach nach Dr. C. einer sympathischen Reflexdystrophie ohne Knochenbeteiligung und wurde als Folge der Prellung mit KTS infolge zu früher Belastung nach der Operation durch die Krankengymnastik gewertet, die wegen der Rhizarthrose verordnet worden war. Die Röntgenaufnahmen beider Hände zeigten keine sudecktypische feinfleckförmige Entkalkung. Es wurde erneut Arbeitsunfähigkeit bis 17. Juni 1996 bescheinigt (Bericht vom 24. April 1996 und Stellungnahme vom 1. Juli 1996).
Im August 1996 stellte sich der Vers. erneut wegen Schwellungsneigung, Schweißsekretion und zunehmenden Parästhesien im 4. und 5. Finger links vor. Dr. D. schloss ein KTS oder ein Loge de Guyon-Syndrom aus. Er vermutete einen artrogenen oder ossären Schmerz und verneinte ein unfallbedingtes neuro-logisches Defizit (Bericht vom 5. September 1996, Bericht des Dr. C. vom 23. August 1996). Die erneute kernspintomographische Untersuchung vom 24. September 1996 ergab ein Rezidiv eines Ganglions oder einer Sehnenscheidenzyste (Bericht vom 24. September 1996).
Während der erneuten stationären Behandlung vom 27. Oktober bis 31. Oktober 1996 erfolgte am 28. Oktober 1996 die operative Entfernung des Ganglions (Bericht vom 31. Oktober 1996). Die Schmerzen führte Dr. D. anlässlich einer erneuten neurologischen Untersuchung auf ein Raynoud-Syndrom zurück (Bericht vom 27. Januar 1997). Der Vers. war ab 12. Februar 1997 wieder arbeitsfähig, die MdE schätzte Dr. C. mit 10 v.H. ein (Stellungnahme vom 12. Februar 1997). Die Klägerin holte das Gutachten des Chirurgen Dr. G. vom 1. Juli 1997 ein. Dieser nahm bis zum 19. März 1996 (erste Operation) eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit an. Im Operationsbericht werde nur festes und Narbengewebe beschrieben, das nicht auf den Unfall, sondern auf die 20 Jahre zuvor erfolgte erste Operation zurückzuführen sei. Seit dem Zeitpunkt der Operation stehe fest, dass Unfallfolgen nicht mehr vorlägen. Auch das - seiner Auffassung nach später hinzugetretene - Ganglion sei keine Unfallfolge. Er stimme nicht der Einschätzung der behandelnden Ärzte zu, da diese sich lediglich auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem erstmaligen Auftreten des Beschwerdebildes stützten.
Bereits mit Schreiben vom 12. September 1996 hatte die Klägerin bei der Beklagten vorsorglich einen Erstattungsanspruch angemeldet. Mit Schriftsatz vom 25. August 1997 hat die Klägerin ihre Aufwendungen im Einzelnen in Rechnung gestellt und einen Gesamtbetrag von 24.643,92 DM (entsprechend 12.600,24 EUR) geltend gemacht. Auf das Erstattungsbegehren der Klägerin holte die Beklagte ein Gutachten nach Aktenlage des Dr. H. vom 23. Juni 1998 ein und erkannte ihre Einstandspflicht erst ab 15. Februar 1997 an. Dr. H. sah die Operation vom 19. März 1996 als unfallbedingt an und vertrat die Auffassung, dass deshalb auch sämtliche Folgeerscheinungen hierauf zurückzuführen seien. Die Frage der doppelten Kausalität sei unerheblich, entscheidend sei die Genese der Operation, weshalb deren Komplikationen auch zu Lasten der Klägerin gehen würden. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Dr. G. vom 27. Juli 1998 sowie einer neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme nach Aktenlage des Dr. I. vom 4. Oktober 1999 machte die Klägerin weiterhin die Erstattung der von ihr verauslagten Kosten geltend.
Am 28. Dezember 2000 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Oldenburg. Das SG Oldenburg hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2001 abgewiesen. Die Operation am 19. März 1996 sei zur Abklärung von Unfallfolgen vorgenommen worden. Die danach aufgetretene, als gesichert anzusehende Sudecksymptomatik sei nach Dr. C. und Dr. H. Folge dieser Operation. Mit dieser Beurteilung habe sich weder Dr. G. noch Dr. I. auseinander gesetzt. Auch die von Dr. D. angeführte Raynoudsymptomatik könne Folge dieser Operation sein. Für diese mittelbaren Unfallfolgen hafte die Klägerin. Hierbei handele es sich um eine Rechtsfrage, die weder Dr. G. noch Dr. I. beurteilen könnten.
Gegen dies ihr am 7. Mai 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Mai 2001 Berufung eingelegt. Sie hat ausgeführt, dass die Operation vom 19. März 1996 auch der Erforschung der anhaltenden Beschwerden des Vers. gedient habe. Die Operation habe dann ergeben, dass keine Unfallfolgen bestanden. Auf wessen Veranlassung die Operation erfolgt sei, sei unerheblich.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
- 1.
das Urteil des SG Oldenburg vom 25. April 2001 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr 12.600,24 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 25. April 2001 zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Februar 1984, - 2 RU 25/83.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Klägerin und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat für die von ihr erbrachten Leistungen der Heilbehandlung nach § 105 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) sowie für von ihr der Beklagten zu Unrecht erstatteten Aufwendungen nach § 112 SGB X einen Anspruch auf Erstattung bzw. Rückerstattung in der bezifferten Höhe. Für die Zeit ab 19. März 1996 ist die Beklagte für die Kosten der Behandlung des linken Handgelenks des Vers. der zuständige Leistungs-träger. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass ab diesem Zeitpunkt noch Folgen des Arbeitsunfalls des Vers. vom 8. Januar 1996 bestanden, die Grund für die durchgeführte Heilbehandlung waren.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 4.027,75 EUR (entspricht 7.877,59 DM) stützt sich auf § 105 SGB X. Nach § 105 Abs. 1 SGB X sind die Sozialleistungen, die ein unzuständiger Leistungsträger erbracht hat, vom zu-ständigen Leistungsträger zu erstatten, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat.
Der Anspruch auf Rückerstattung bereits gezahlter Beträge in Höhe von 8.572,49 EUR (entspricht 16.766,33 DM) richtet sich nach § 112 SGB X. Danach sind gezahlte Beträge zurückzuerstatten, soweit die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist.
Die Voraussetzungen beider Vorschriften sind erfüllt.
Zwar ist die Klägerin für die Entschädigung der Folgen des Unfalls des Vers. vom 8. Januar 1996 der zuständige Leistungsträger. Der Vers. stand bei diesem Unfall i.S.d. auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 548, 550 Reichsversicherungsordnung (RVO, vgl. Art. 36 Unfall-Versicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, und die Klägerin ist der hierfür zuständige Unfallversicherungsträger. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Die Leistungspflicht der Klägerin besteht aber nur für solche Behandlungen, die wegen der Folgen dieses Unfalls notwendig sind, d.h. mit diesen in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Hier lassen sich ab dem Zeitpunkt, in dem Dr. F. sich im Rahmen der Operation vom 19. März 1996 für die Durchtrennung des alten Narbengewebes entschied, keine Gesundheitsstörungen im Bereich des linken Handgelenks des Vers. mehr feststellen, die auf den Wegeunfall des Vers. zurückzuführen sind. Deshalb hat die Beklagte die anschließenden Kosten der Heilbehandlung zu tragen.
Der Unfall des Vers. hat lediglich zu einer Prellung des linken Handgelenkes geführt, die binnen weniger Wochen folgenlos ausheilt (Durchgangsarztbericht des Dr. C. vom 8. Januar 1996). Darüber hinaus lassen sich nach Auswertung der medizinischen Unterlagen und unter Berücksichtigung der Gutachten der Dres. J. zum einen im Wege des Vollbeweises keine strukturellen Gesundheitsstörungen feststellen, zum anderen sind die bestehenden Gesundheitsstörungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen.
Während für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und einem Unfallereignis der Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ausreicht, muss die Gesundheitsstörung als solche voll bewiesen sein. Danach muss eine gesundheitliche Schädigung in so hohem Maße wahrscheinlich sein, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG Urteil vom 22. September 1977, - 10 RV 15/77 in BSGE 45, 1 ff [BSG 22.09.1977 - 10 RV 15/77]). Das ist hier nicht der Fall. Knöcherne Verletzungen sind weder am Unfalltage noch in der Folgezeit auf den Röntgen- und MRT-Aufnahmen erkennbar gewesen, eine Fraktur des Handgelenkes wurde ausdrücklich ausgeschlossen (Durchgangsarztbericht des Dr. C. vom 8. Januar 1996, MRT-Bericht des PD Dr. E. vom 15. Februar 1996), die Bänder wurden als intakt bzw. stabil beschrieben (MRT-Bericht des PD Dr. E. vom 15. Februar 1996; Bericht des Dr. C. vom 30. September 1996). Weiterhin sind zeitnah zum Unfall neurologische Schädigungen ausgeschlossen worden (Bericht des Dr. D. vom 25. Januar 1996). Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass der Unfall zu einem KTS geführt hat. Dieses ist von Dr. D. wiederholt ausgeschlossen worden (Berichte des Dr. D. vom 25. Januar 1996 und vom 5. September 1996), worauf auch Dr. H. zutreffend hingewiesen hat.
Auch bei der Operation vom 19. März 1996 sind keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen festgestellt worden. In dem Operationsbericht der Dr. F. werden keine traumatischen Schäden beschrieben. Wohl aber wird eine Revision und erneute Spaltung der Narbenplatte vorgenommen, die als außergewöhnlich verhärtet und verdickt beschrieben wird und zu einer Einschnürung des N. medianus geführt hat. Hierbei handelt es sich um einen Eingriff, der nicht im Zusammenhang mit dem Unfall vom 8. Januar 1996 steht, sondern vielmehr Folge der 20 Jahre zurückliegenden ersten KTS-Operation im linken Handgelenk des Vers. ist (Gutachten der Dres. K.). Damit im Einklang steht, dass Dr. F. nach der Operation ein KTS-Rezidiv links, d.h. einen Rückfall oder ein Wiederauftreten einer Erkrankung nach deren Abheilung diagnostiziert hat.
Deshalb vermochte sich der Senat insoweit nicht Dr. C. anschließen, der in dem Entlassungsbericht vom 22. März 1996 das KTS-Rezidiv als "posttraumatisch" bezeichnet hat. Diese Diagnose steht bereits im Widerspruch zu den Befunden des Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom Januar 1996. Weiterhin ist diese Einschätzung auch in sich widersprüchlich. Denn ein Rezidiv ist - wie bereits erwähnt - ein Rückfall oder ein Wiederauftreten einer Erkrankung nach deren Abheilung. Ein solcher Rückfall im März 1996 kann aber angesichts der vorausgegangenen Berichte des Dr. C. und des Dr. D. nicht auf den Unfall im Januar desselben Jahres zurückgeführt werden. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein Rezidiv der bereits 20 Jahre zuvor erfolgten KTS-Operation der linken Hand des Vers ... Hierauf hat die operierende Handchirurgin Dr. F. in ihrem OP-Bericht vom 19. März 1996 zutreffend hingewiesen. Sie hat auf Grund des Ergebnisses der Operation lediglich ein KTS-Rezidiv links diagnostiziert und dieses - entgegen der Annahme im Entlassungsbericht - auch nachvollziehbar nicht auf den Unfall vom 8. Januar 1996 zurückgeführt. Entgegen der Auffassung der Beklagten aber hat die Klägerin für diesen operativen Eingriff jedenfalls ab dem Zeitpunkt, ab dem Dr. F. die Durchtrennung des - alten - Narbengewebes vornahm, nicht mehr einzustehen. Denn zwischen dieser operativen Maßnahme und dem Arbeitsunfall besteht kein sachlicher Zusammenhang mehr, der es rechtfertigen könnte, sie der Klägerin zuzurechnen.
Zwar besteht zwischen dem Arbeitsunfall und der Durchtrennung des Narbengewebes insofern ein Zusammenhang, als die Beschwerden im linken Handgelenk des Vers. diesen operativen Eingriff veranlassten. Er ist eingeleitet worden, um festzustellen, ob und ggf. welche - abgesehen von der Prellung - weiteren Schäden am linken Handgelenk des Vers. als Folge des Unfalls aufgetreten sind. Dieser Anlass - die Feststellung und Behandlung von Unfallfolgen - rechtfertigt aber nicht, sämtliche daran anschließende ärztliche Eingriffe oder Komplikationen dem für die Entschädigung des Unfalls zuständigen Unfallversicherungsträger zuzurechnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der Senat anschließt, hat die Klägerin nur für Behandlungen einzustehen, die dazu dienen, Art, Umfang und Ausmaß von Unfallfolgen festzustellen. Der Unfallversicherungsträger haftet dann auch für mittelbare Schäden, d.h. wenn bei dieser Behandlung - auch durch einen ärztlichen Kunstfehler - zusätzlich Gesundheitsstörungen hervorgerufen werden. Eine derartige mittelbare Unfallfolge ist aber nur dann angenommen worden, wenn den Ärzten "bei" der unfallbedingt gebotenen Behandlung ein Kunstfehler unterlaufen ist oder wenn die Eingriffe dazu gedient haben, Art, Umfang und Ausmaß von Unfallfolgen festzustellen. Dagegen sind dem Unfallversicherungsträger nicht die Kosten für die Behandlungen zuzurechnen, die zwar anlässlich einer unfallbedingten Operation vorgenommen werden, jedoch durch eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung veranlasst worden sind (BSG, Urteil vom 30. Oktober 1991 - 2 RU 41/90 - in Breithaupt 1992, S. 457 ff m.w.Nw.). So aber ist die Situation hier. Der operative Eingriff vom 19. März 1996 wurde zwar zur Feststellung von Unfallfolgen eingeleitet. Nachdem Dr. F. aber keine auf den Arbeitsunfall zurückzuführende Gesundheitsstörungen festgestellt sondern vielmehr erkannt hat, dass das alte Narbengewebe zu einer Einschränkung des N. medianus geführt hat, entschloss sie sich zur operativen Durchtrennung dieses Gewebes. Dieser therapeutische Teil der Operation ist von dem vorausgegangenen diagnostischen Teil eindeutig abgrenzbar und beruht auf unfallfremden Gesundheitsstörungen, auf dem Narbengewebe, das sich nach einer lang zurückliegenden KTS-Operation typischerweise im Laufe der Jahre entwickelt (Gutachten des Dr. I.) und nicht auf den Unfall zurückzuführen ist. Es handelt es sich bei diesem therapeutischen Teil des Eingriffes auch nicht um eine Komplikation des diagnostischen Teils und damit auch nicht um eine mittelbare Unfallfolge.
Demgegenüber vermochte sich der Senat der Einschätzung des Dr. H. und des Dr. C. nicht anzuschließen. Beide haben - wie auch die Beklagte - die Kausalität zwischen diesem KTS des Vers. und dem Unfall wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Auftreten der Beschwerden und dem Unfallereignis bejaht. Dieser zeitliche Zusammenhang allein aber reicht für die Annahme der Kausalität nicht aus, worauf Dr. G. zutreffend hingewiesen hat. Zudem stützt sich diese Einschätzung allein auf die Angabe des Vers., vor dem Unfall von Seiten des Handgelenkes beschwerdefrei gewesen zu sein. Dem von der Klägerin beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Beklagten ist aber zu entnehmen, dass der Vers. zumindest 1993 wegen einer Tendovaginitis, d.h. einer Entzündung der Sehnen oder Sehnenansätze, mehrere Wochen arbeitsunfähig war.
Auch die späteren, im Anschluss an diese Operation mitgeteilten Diagnosen sind nicht infolge des diagnostischen - und damit unfallabhängigen - Eingriffes, sondern wegen der Vornahme der therapeutischen Maßnahme eingetreten, wobei bereits nicht im Wege des Vollbeweises belegt ist, dass die Gesundheitsstörungen tatsächlich vorliegen.
Dies gilt vor allem für die im Bericht des Dr. C. vom 17. April 1996 diagnostizierte aktivierte Rhizarthrose (Arthrose eines Wurzelgelenks), die nicht im Wege des Vollbeweises bewiesen ist. Denn nach Dr. C. hat sich diese Diagnose in der Folgezeit nicht bestätigt (Bericht vom 30. September 1996). Aber auch wenn angenommen wird, sie läge tatsächlich vor, beruht sie nicht auf dem Unfall, sondern auf die den unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen im Bereich des Daumengelenks des Vers (Bericht des Dr. C. vom 17. April 1996).
Ob bei dem Vers. eine Sudeck-Erkrankung oder eine sympathische Reflexdystrophie vorliegt, kann dahingestellt bleiben. Zweifel hieran bestehen, weil die Röntgenaufnahmen keine entsprechenden Veränderungen aufzeigen (Bericht des Dr. C. vom 24. April 1996). Doch auch wenn ausgehend vom klinischen Befund von einem solchen komplexen regionalen Schmerzsyndroms (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage 2001) ausgegangen wird, ist dieses Folge der zu frühen Belastung der linken Hand des Vers. mit Krankengymnastik nach der Operation vom 19. März 1996, die wegen des KTS-Rezidivs und nicht wegen der Erkennung von Unfallfolgen notwendig wurde (vgl. Bericht des Dr. C. vom 24. April 1996).
Auch ein u.U. beim Vers. bestehendes Ganglion ist keine unmittelbare oder mittelbare Unfallfolge (Gutachten der Dres. K.). Ob ein solches Ganglion schon im Zeitpunkt der Operation am 19. März 1996 bestand, ist zweifelhaft. Zwar ist bei der MRT-Untersuchung vom 14. Februar 1996 dieser Befund erhoben worden. Der Operationsbericht vom 19. März 1996 enthält hierzu aber keine Angaben. Unabhängig davon aber handelt es sich hierbei nicht um eine Unfallfolge (Gutachten des Dr. I.; Bericht des PD Dr. E. vom 15. Februar 1996).
Das von der Beklagten benannte Urteil des BSG vom 29. Februar 1984 - 2 RU 25/83 - führt zu keiner anderen Beurteilung. In dem Sachverhalt des BSG ging es um den Umfang des Begriffes der "stationären Behandlung" i.S.d. § 559 RVO zur Klärung der Frage, ob ein Unfall, den ein Kind im Rahmen einer stationären Behandlung erleidet, vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst wird. Um die Beurteilung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 1 Nr. 17 a RVO geht es vorliegend aber nicht, denn der Vers. stand im Rahmen der stationären Behandlung ab März 1996 bereits nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO unter Unfallversicherungsschutz und hat während des Krankenhausaufenthaltes keinen weiteren Unfall erlitten. Im vorliegenden Fall ist hingegen zu entscheiden, wer für die Behandlungskosten einzustehen hat, wenn sich im Verlaufe einer Operation herausstellt, dass das zur Operations-Indikation führende Beschwerdebild nicht auf einem vorausgegangenen Arbeitsunfall, sondern auf unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen beruht.
Die Klägerin hat diesen Erstattungsanspruch im September 1996 auch rechtzeitig i.S.d. § 111 SGB X geltend gemacht hat.
Deshalb ist die Berufung begründet und das Urteil des SG Oldenburg aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen ( § 160 Abs. 2 SGG).