Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 10.01.2003, Az.: L 10 RI 143/00
Berücksichtigung von in Rumänien zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten ; Inhaber eines Vertriebenenausweises "B"; Nachweis bzw Glaubhaftmachung von Ausbildungs- und Beitragszeiten ; Anrechnung in Höhe von 5/6; Beweiskraft rumänischer Lohnlisten (Adeverintas); Kollektive Anwesenheitsbögen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 10.01.2003
- Aktenzeichen
- L 10 RI 143/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 13620
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0110.L10RI143.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 17.02.2000 - AZ.: S 5 RI 33/97
Rechtsgrundlagen
- § 15 FRG
- § 16 FRG
- § 4 FRG
- § 22 FRG
Die Beteiligten streiten um die ungekürzte Berücksichtigung von in Rumänien zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar 1959 bis 28. November 1963 sowie vom 1. Juli 1965 bis 20. März 1990. Kern des Rechtsstreites ist die Frage, inwieweit den von dem Kläger vorgelegten rumänischen Arbeitsbescheinigungen, sogenannten "Adeverintas", eine Beweiskraft zukommt. Bislang bestanden in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis Zweifel am grundsätzlichen Wahrheitsgehalt derartiger Bescheinigungen. Dieser Auffassung folgt das Gericht nicht. Nach Auffassung des Gerichtes können rumänische Arbeitsbescheinigungen ( "Adeverintas" ), die auf der Grundlage von Lohnlisten erstellt wurden, als Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung dienen, wenn nicht die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen in sich unschlüssig sind, wenn nicht der Verdacht besteht, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handelt, und wenn aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und/oder die Fehlzeiten vollständig hervorgehen.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 17. Februar 2000 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1996 abgeändert. - 1a - Die Beklagte wird verurteilt, die vom Kläger in Rumänien im Zeitraum vom 1. Januar 1959 bis 28. November 1963 und vom 1. Juli 1965 bis 20. März 1990 zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten als nachgewiesen im Sinne des Fremdrentengesetzes festzustellen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die ungekürzte Berücksichtigung von in Rumänien zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar 1959 bis 28. November 1963 sowie vom 1. Juli 1965 bis 20. März 1990.
Der am 4. Februar 1942 in Timi oara (ehem. Temeschburg)/Rumänien geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und übersiedelte im April 1990 in das Bundesgebiet. Er ist Inhaber eines Vertriebenenausweises "B".
Am 30. März 1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Klärung seines Versicherungskontos. Dem Antrag fügte er unter anderem ein Abschlusszeugnis des Ministeriums für Unterricht und Kultur der Volksrepublik Rumänien über eine Ausbildung zum Zinkographen (Chemiegraf, Zinkdrucker) vom 18. Dezember 1958, das Arbeitsbuch Nr. 388911 sowie eine Bescheinigung ("Adeverinta") seines früheren Arbeitgebers, des Handelsunternehmens Helicon Banat, ehemals Druckerei Banat, Timi oara/Rumänien, Nr. 520 vom 24. Dezember 1992 bei. Mit Bescheid vom 11. Juni 1996 stellte die Beklagte die bis zum 31. Dezember 1989 im Versicherungskonto des Klägers zu berücksichtigenden rentenrechtlichen Zeiten fest. Dabei erfolgte die Anrechnung der in Rumänien zurückgelegten Ausbildungs- und Beitragszeiten (04.02.1958 bis 20.03.1990) lediglich zu 5/6, da diese nicht als nachgewiesene, sondern lediglich als glaubhaft gemachte Zeiten anerkannt werden könnten. Den hiergegen vom Kläger ohne weitere Begründung am 15. Juli 1996 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1996 zurück.
Mit seiner am 13. Januar 1997 vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Kürzung der von ihm in Rumänien zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten um ein Sechstel zu Unrecht erfolgt sei. Die von ihm vorgelegten Unterlagen seien nicht lediglich als Glaubhaftmachung, sondern als Nachweis über die zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu werten. Zur weiteren Stützung seines Klagebegehrens hat der Kläger unter anderem ein weiteres Zertifikat über seine erfolgreiche Ausbildung zum Zinkographen sowie eine weitere Bescheinigung "Adeverinta" Nr. 40 vom 28. März 1997 seines früheren Arbeitgebers vorgelegt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Februar 2000 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass die vom Kläger geltend gemachten rumänischen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten lediglich als glaubhaft gemachte Zeiten zu werten seien. Die vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, den vollen Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung während des gesamten Zeitraums zu erbringen. Das Arbeitsbuch und die "Adeverinta" Nr. 520 enthielten keine detaillierten Angaben zu Fehlzeiten. Sie stünden darüber hinaus nicht im Einklang mit dem Inhalt der später vorlegten "Adeverinta" Nr. 40. Die dort dokumentierten Krankheitszeiten seien auch, bezogen auf die Gesamtbeschäftigungsdauer des Klägers, derart geringfügig, dass allein hieraus erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit entstünden. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die "Adeverinta" Nr. 40 erstellt wurde. Sie sei für das Gericht nicht überprüfbar. Die Bescheinigung der darin enthaltenen Tatsachen widerspräche auch der sonstigen Praxis, wonach die Aufbewahrungsfrist für Lohnlisten in Rumänien lediglich fünf Jahre betrage. Die vom Kläger vorgelegte "Adeverinta" bestätige somit auch die sowohl von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Unterfranken als Verbindungsstelle für Rumänien als auch von der Rechtsprechung geäußerten Zweifel am grundsätzlichen Wahrheitsgehalt derartiger Bescheinigungen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 24. März 2000 zugestellte Urteil des SG am 12. April 2000 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung stützt er sich insbesondere auf ein im Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg - L 9 RI 2551/98 - eingeholtes Gutachten des Instituts für Ostrecht e.V. (Dr. H.), München, vom 15. Dezember 1999. Aus diesem ergebe sich, dass in Rumänien Lohnlisten bereits seit längerer Zeit zu den archivwürdigen Dokumenten der Betriebe gehörten und auch in der Vergangenheit für längere Zeit aufbewahrt worden bzw., seit 1990 jedenfalls für 50 Jahre, aufzubewahren seien. Damit sei die Annahme des SG widerlegt, dass nur eine fünfjährige Aufbewahrungsfrist für Lohnlisten in Rumänien bestehe. Die Lohnlisten enthielten auch Angaben zu eventuellen Arbeitsunterbrechungen und entschuldigten sowie unentschuldigten Fehlzeiten. Es sei daher sehr wohl möglich, dass ein Arbeitgeber für annähernd 40 Jahre zurückliegende Zeiträume Arbeitsunterbrechungen durch Krankheits- und Urlaubstage bescheinigen könne. Im Übrigen handele es sich bei den negativen Erfahrungen der deutschen Rentenversicherungsträger mit rumänischen Arbeitsbescheinigungen, auf die sich das SG in seinem Urteil gestützt habe, lediglich um Vermutungen, die von den meisten SG übernommen worden seien. Ein Nachweis der Unrichtigkeit dieser Bescheinigungen sei bisher nicht geführt worden. Auch die vom SG angenommenen Widersprüche zwischen den "Adeverintas" Nr. 520 und Nr. 40 bestünden nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich aus der geringen Zahl der dokumentierten Krankheitstage eine Unrichtigkeit der letzteren Bescheinigung ergebe. Im Übrigen hat der Kläger auf verschiedene Urteile des Bayerischen LSG sowie jüngere Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg verwiesen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 17. Februar 2000 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1996 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die von ihm in Rumänien im Zeitraum vom 1. Januar 1959 bis 28. November 1963 und vom 1. Juli 1965 bis 20. März 1990 zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten als nachgewiesen im Sinne des Fremdrentengesetzes (FRG) festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 17. Februar 2000 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg könne keine ungekürzte Anrechnung der geltend gemachten Zeiten erfolgen. Die vom Kläger vorgelegten "Adeverintas" seien unschlüssig, da für den gesamten Beschäftigungszeitraum - mit Ausnahme der Militärzeit (15. Dezember 1963 bis 18. Juni 1965) - nur 60 Krankheitstage bestätigt worden seien. Dies widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, insbesondere vor dem Hintergrund der vom Kläger in diesem Zeitraum verrichteten schweren und gesundheitsschädlichen Arbeiten in einer Zinkhütte. Darüber hinaus ergäben sich aus der "Adeverinta" Nr. 40 insoweit Ungereimtheiten, als für mehrere Monate die Zahl der bestätigten Arbeitstage nicht mit der Zahl der nach dem Kalender verfügbaren Arbeitstage übereinstimme.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren das Sachverständigengutachten von Dr. H., Institut für Ostrecht e.V., München, vom 15. Dezember 1999 aus dem Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg L 9 RI 2551/98 beigezogen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Wegen des weiteren Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind und der Entscheidungsfindung des Senats zu Grunde gelegen haben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Die Abweisung der Klage durch das SG ist unzutreffend. Der angefochtene Bescheid der Beklagten erweist sich teilweise als rechtswidrig. Der Kläger hat nach Auffassung des Senats einen Anspruch darauf, dass die streitgegenständlichen Zeiträume in seinem Versicherungskonto als nachgewiesene Beitrags- oder Beschäftigungszeiten festgestellt werden. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger während der streitigen Zeiten - ohne rentenschädliche Unterbrechung - Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Träger der Rentenversicherung (§ 15 FRG) oder jedenfalls Beschäftigungszeiten i.S.v. § 16 FRG zurückgelegt hat.
Für die Feststellung der nach dem FRG erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FRG). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FRG). Für lediglich glaubhaft gemachte Beitrags- oder Beschäftigungszeiten werden die Entgeltpunkte nach gegenwärtiger Rechtslage gemäß § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel gekürzt. Eine Kürzung erfolgt demgegenüber nicht, wenn die geltend gemachten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nachgewiesen sind. Als nachgewiesen kann eine Tatsache dabei gelten, wenn ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass vernünftige Zweifel an der Richtigkeit nicht mehr bestehen (vgl. bereits BSGE 6, 142, 144).
Der Senat geht nach diesem Maßstab und nach Abwägung aller Umstände des Falles davon aus, dass die vom Kläger geltend gemachten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten in Rumänien vom 1. Januar 1959 bis 28. November 1963 und vom 1. Juli 1965 bis 20. März 1990 nachgewiesen sind. Der Kläger ist in den streitgegenständlichen Zeiträumen lediglich bei einem einzigen Unternehmen, der heutigen Handelsgesellschaft Helicon Banat (ehemals poligrafisches Unternehmen Banat) in Timi oara/Rumänien tätig gewesen. Dies ergibt sich sowohl aus dem vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Arbeitsbuch Nr. 388911 wie auch aus der "Adeverinta" Nr. 520 des Unternehmens vom 24. Dezember 1992. Zum Nachweis einer während der streitgegenständlichen Zeiträume ununterbrochenen Beschäftigung reichen allein diese Unterlagen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSGE 38, 80 sowie u.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Januar 1998 - L 4 J 164/97; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 1997 - L 11 J 39/97 ) allerdings nicht aus, da aus ihnen lediglich Angaben über den Anfang und das Ende der jeweiligen Beschäftigung, nicht jedoch auch Angaben über etwaige Unterbrechungstatbestände (krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unbezahlter Urlaub etc.) entnommen werden können und solche Unterbrechungen der Beitragsentrichtung oder der Beschäftigung daher nicht auszuschließen sind.
Zur Überzeugung des Senats steht auf Grund der im Klageverfahren vom Kläger vorlegten "Adeverinta" Nr. 40 vom 28. März 1997 fest, dass die Beitragsentrichtung oder die Beschäftigung allenfalls in rentenrechtlich unbeachtlichem Maße unterbrochen gewesen ist. Hinsichtlich des Beweiswertes derartiger Arbeitsbescheinigungen folgt der Senat nach eigener Bewertung den Feststellungen in dem beigezogenen Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht e.V. München (Dr. H.) vom 15. Dezember 1999 und der gleichfalls auf diese Erkenntnisse aufbauenden neueren Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (vgl. u.a. Urteile vom 11. Dezember 2000 - L 9 RI 2551/98, L 9 RI 1739/00 - ). Danach sind rumänische Arbeitsbescheinigungen grundsätzlich geeignet, den vollen Nachweis für lückenlos zurückgelegte Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zu erbringen. Nach dem genannten Gutachten waren in Rumänien seit 1949 tägliche Lageberichte zu fertigen, in denen die Namen der abwesenden Beschäftigten unter Angabe der Art der Abwesenheit zu registrieren gewesen sind. Diese Lageberichte ihrerseits waren Grundlage für die monatliche Erstellung der "Kollektiven Anwesenheitsbögen", in denen u.a. ebenfalls die Stunden und Tage der Abwesenheit der einzelnen, namentlich aufzuführenden Beschäftigten enthalten sein mussten. Die für jeden Beschäftigten zu führenden Lohnlisten ("State de plata") waren u.a. auf der Grundlage der "Kollektiven Anwesenheitsbögen" anzufertigen und enthielten ebenfalls die für die Lohnberechnung erheblichen Fehlzeiten oder Arbeitsunterbrechungen. Den von dem Hessischen LSG (Urteil vom 22. Mai 2001 - L 2 RJ 1040/00 - ) gezogenen gegenteiligen Schlüssen aus dem Rechtsgutachten vermag der Senat demgegenüber nicht zu folgen. Auch vor In-Kraft-Treten des rumänischen Gesetzes über die Buchführung von 1991, mit dem erstmals eine ausdrückliche Aufbewahrungsfrist von 50 Jahren bestimmt wurde, wurden Lohnlisten als archivwürdige Dokumente angesehen, sodass für sie lange Aufbewahrungsfristen galten, vgl. Seite 97 des Rechtsgutachtens vom 15. Dezember 1999.
Vor diesem Hintergrund können rumänische Arbeitsbescheinigungen ("Adeverintas"), die auf der Grundlage von Lohnlisten erstellt wurden, als Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung dienen, wenn nicht die Angaben des Versicherten und die vorgelegten Unterlagen in sich unschlüssig sind, wenn nicht der Verdacht besteht, dass es sich um Gefälligkeitsbescheinigungen oder gefälschte Bescheinigungen handelt, und wenn aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und/oder die Fehlzeiten vollständig hervorgehen (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Die Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente (AGFAVR) des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) hat sich dieser Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg zwischenzeitlich mit Beschluss vom 10. Mai 2001 angeschlossen.
Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der von dem Kläger vorgelegten Bescheinigung bestehen nicht. Die "Adeverinta" Nr. 40 beruht nach dortiger Angabe ausdrücklich auf den im Archiv der Handelsgesellschaft Helicon Banat vorhandenen Lohnlisten. In ihr werden sowohl Anfang als auch Ende der streitgegenständlichen Zeiträume, die berufliche Verwendung des Klägers und die Ableistung des Militärdienstes im Zeitraum vom 15. Dezember 1963 bis 18. Juni 1965 bestätigt, wie sie insbesondere bereits aus dem vom Kläger vorgelegten Arbeitsbuch hervorgehen. Darüber hinaus enthält die "Adeverinta" Nr. 40 detaillierte, auf den jeweiligen Beschäftigungsmonat bezogene Angaben über die Zahl der monatlichen Arbeits-, Urlaubs- und Krankheitstage sowie über die Zahl der Tage eines etwaigen unbezahlten Urlaubs bzw. einer unentschuldigten Abwesenheit. Daraus ergibt sich, dass der Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen ohne wesentliche Unterbrechungen, insbesondere ohne längerandauernde Krankheits- oder sonstige Fehlzeiten, die zur Unterbrechung seines Rentenversicherungsschutzes hätten führen können, bei dem genannten Unternehmen beschäftigt war. Als längste Beschäftigungsunterbrechungen sind ein 25 Arbeitstage umfassender Urlaub im Monat Dezember 1970 bzw. eine 19 Arbeitstage umfassende Erkrankung im Monat November 1983 aufgeführt.
Der Senat teilt vor dem Hintergrund der in dem genannten Rechtsgutachten mitgeteilten Umstände auch nicht die Auffassung, dass Anlass besteht, derartigen Bescheinigungen rumänischer Arbeitgeber generell mit Zweifeln zu begegnen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der "Adeverinta" Nr. 40 oder den sonstigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen um Gefälligkeitsbescheinigungen oder Fälschungen handeln könnte, sind weder von der Beklagten benannt worden noch drängen sich diese dem Senat auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich durchgreifende Zweifel auch nicht daraus, dass insbesondere die "Adeverintas" Nr. 520 und Nr. 40 in sich unschlüssig wären. Aus der Tatsache, dass insbesondere in der "Adeverinta" Nr. 40 für den gesamten Beschäftigungszeitraum "lediglich" 60 Krankheitstage bestätigt werden, vermag der Senat keine Unschlüssigkeit der Angaben zu entnehmen. Es ist nicht ersichtlich, woraus die Beklagte entnimmt, dass bei einem fast 30-jährigen Beschäftigungsverhältnis in jedem Fall Krankheitszeiten in größerem Umfang zu unterstellen sind. Ein derartiger Erfahrungssatz oder konkrete statistische Erhebungen bei vergleichbaren Beschäftigten sind dem Senat nicht bekannt; sie würden darüber hinaus auch keinen zuverlässigen Anhaltspunkt für die Beurteilung des konkreten Einzelfalls bieten. Auch der Umstand, dass der Kläger nach den vorliegenden Unterlagen und seinen eigenen Angaben eine schwere bzw. gesundheitsschädliche Arbeit verrichtete, die unter anderem mit einer zusätzlichen Gefahrenzulage vergütet wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die bloße Tätigkeit in einem gesundheitsgefährdenden Bereich bzw. mit gesundheitsgefährdenden Substanzen lässt keine Rückschlüsse darauf zu, in welchem Umfang der einzelne Arbeitnehmer deshalb erkranken "muss". Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die in den Unterlagen bescheinigte Tätigkeit zwischen seinem 16. und 47. Lebensjahr verrichtete, mithin in einem Lebensabschnitt, in dem nach Erfahrung des Senats auch bei anderen Arbeitnehmern krankheitsbedingte Arbeitsausfälle eher die Ausnahme bilden.
Auch die von der Beklagten angeführten Differenzen zwischen den in der "Adeverinta" Nr. 40 bestätigten Arbeitstagen und den von ihr ausgezählten monatlichen Werktagen vermögen den Senat nicht von der generellen Unrichtigkeit der genannten Bescheinigung zu überzeugen. Zwar trifft es zu, dass die Zahl der bestätigten Arbeitstage bzw. die Summe der bestätigten Arbeitstage und der ebenfalls bestätigten Krankheitstage in der genannten "Adeverinta" für zahlreiche Monate nicht der Zahl der für diese Monate möglicherweise anzusetzenden Werktage entspricht. Die Gründe hierfür können indes vielfältiger Natur sein. So können z.B. Freizeitausgleiche für geleistete Überstunden (dies nach den Feststellungen in dem genannten Rechtsgutachten jedoch erst für Zeiten seit März 1973), dem deutschen Kalender unbekannte Feiertage oder ähnliche Umstände ebenso zu einer Unterschreitung der Zahl der bestätigten Arbeitstage gegenüber den möglichen Werktagen geführt haben wie Sonn- und Feiertags- oder sonstige Mehrarbeit - wie vom Kläger angeführt - zu einem Überschreiten der kalendarisch ausgewiesenen Werktage geführt haben können. Der Senat sieht sich - auch nach den Erfahrungen anderer Gerichte bei den Bemühungen, Unterlagen über einzelne Versicherungszeiten aus Rumänien zu erhalten - außer Stande, den rechnerischen Abweichungen in der "Adeverinta" Nr. 40 für einzelne, teilweise Jahrzehnte zurückliegende Monate im Einzelnen nachzugehen. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis auch nicht an. Unabhängig davon, dass gerade eine rechnerische Angleichung der in der genannten "Adeverinta" aufgeführten Werte unproblematisch möglich gewesen wäre, wenn es sich dabei um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder eine gefälschte Bescheinigung handeln würde, ist entscheidend, dass der "Adeverinta" Nr. 40 glaubhaft zu entnehmen ist, dass der Kläger bei seinem ehemaligen rumänischen Arbeitgeber während der gesamten Dauer der streitgegenständlichen Zeiträume ohne wesentliche Unterbrechungen in Beschäftigung stand. Allein dies ist für die Frage, ob die zurückgelegten Zeiten in vollem Umfang oder lediglich gekürzt zu berücksichtigen sind, von Bedeutung. Die Beweisanforderungen an den Kläger würden demgegenüber nach Auffassung des Senats überspannt, wenn ihm nicht nur der Nachweis einer von größeren Unterbrechungen freien versicherungspflichtigen Beschäftigung abverlangt würde, sondern auch ein Nachweis über seine berufliche Verwendung an jedem einzelnen Tag.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG.