Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 16.01.2003, Az.: L 6 U 160/01

Feststellung einer Herzerkrankung als Berufskrankheit; Verletztenrente aufgrund einer Infektionskrankheit; Infektion durch beruflich bedingten Patientenkontakt; Nachweis einer besonderen Infektiongefahr in einer Massagepraxis; Ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Herzerkrankung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
16.01.2003
Aktenzeichen
L 6 U 160/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 21066
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0116.L6U160.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - 06.03.2001 - AZ: S 6 U 28/98

Redaktioneller Leitsatz

Handelt es sich bei der zu beurteilenden Infektionskrankheit um eine solche, die die gesamte Bevölkerung bedroht und die man sich jederzeit auch im privaten Lebensbereich zuziehen kann, so ist der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Erkrankung nur dann wahrscheinlich, wenn im Wege des Vollbeweises nachgewiesen ist, dass die Versicherte bei der beruflichen Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen war.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. März 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt, ihre Herzerkrankung als Berufskrankheit (BK) Nr. 3101 (Infektionskrankheiten, wenn die Versicherte im Gesundheitswesen, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen und Verletztenrente zu zahlen. Streitig ist, ob die bei ihr bestehende Myokarditis durch einen beruflichen Kontakt mit einer Patientin hervorgerufen worden ist.

2

Die im Januar 1939 geborene Klägerin war von 1977 bis 15. August 1994 als selbstständige Physiotherapeutin und Masseurin tätig und bei der Beklagten versichert. Im Oktober 1994 erstattete die TKK, im Dezember 1994 der Hausarzt Dr. C. die BK-Anzeige. Nach Auskunft der TKK bestand bei der Klägerin seit dem 14. Dezember 1993 eine Arbeitsunfähigkeit wegen einer Pneumonie, einer eitrigen Sinusitis maxillaris sowie einer Herzminderleistung mit Perikarderguss (BK-Anzeige der TKK vom 27. Oktober 1994). Dr. C. gab an, dass im Dezember 1993 durch ständigen Patientenkontakt eine Virusinfektion mit Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit eingetreten sei. Er teilte an Diagnosen eine Perimyocarditis mit Erguss, eine Coccygodynie nach Unfall sowie eine Gelenkkapselplastik nach Arbeitsunfall vom 21. Mai 1990 mit. Vom 13. bis 19. Januar 1994 erfolgte die stationäre Behandlung im Kreiskrankenhaus D. wegen eines Zustandes nach Infekt des respiratorischen Systems unter Mitbeteiligung des Perikards. Dort gab die Klägerin einen seit ca. 4 Wochen bestehenden Infekt der Atemwege mit gelblichen Auswurf, "Erstickungsanfällen" und Ohrenschmerzen links an. Die Echokardiographie ergab einen eingekapselten kleinen Perikarderguss mit schwerpunktmäßiger Ausdehnung im Vorderwandbereich, ansonsten bestand ein Normalbefund. Die Ärzte dachten an eine Beteiligung des Perikards nach grippalem Infekt, die Bestimmung der cardiotoxischen Viren ergab jedoch nur normale Durchseuchungstiter. Die Laborparameter lagen sämtlichst im Normbereich (Entlassungsbericht vom 2. Februar 1994). In der Folgezeit traten wiederholt Perikardergüsse auf, die jeweils stationäre Behandlungen erforderlich machten (Entlassungsbericht der E. vom 29. August 1994, vom 14. August 1995, vom 6. Mai 1996). Die die Klägerin seit 15. Mai 1995 behandelnde Dr. F. teilte an Diagnosen u.a. eine Myokardinsuffizienz, Z.n. viraler Pneumonie mit Peri- und Myokarditis (12/93) und rez. persistierende rechtsseitige Perikardergüsse mit (Bescheinigung vom 16. Oktober 1995). Die Laboruntersuchung habe Zeichen einer kombinierten Immunitätsschwäche gezeigt (Arztbrief vom 14. Februar 1996).

3

Im Juni 1995 gab die Klägerin an, sie habe sich durch die Behandlung der mit einem Virus infizierten Patientin G. eine Infektion mit einer Perimyocarditis zugezogen (Schreiben vom 12. Juni 1995). Sie habe im letzten halben Jahr vor der Erkrankung vorwiegend medizinische Massagen durchgeführt und zu der Zeugin G. Dauerkontakt gehabt. Es kämen aber auch andere berufliche Ansteckungsquellen in Betracht, da sie ständig Kontakt mit kranken Menschen habe. In ihrem privaten Bereich sei keine ansteckende Krankheit aufgetreten (Schreiben der Klägerin vom 23. Oktober 1995). Die Beklagte zog die medizinischen Unterlagen über den Arbeitsunfall der Klägerin vom 21. Mai 1990 bei, bei der sich die Klägerin eine Außenbandruptur des rechten oberen Sprunggelenkes zugezogen hatte. Der Heilungsverlauf gestaltete sich schwierig, es entwickelte sich eine chronische Außenbandinsuffizienz, die auch in der Folgezeit Restbeschwerden verursachte. Weiterhin holte die Beklagte eine Auskunft der TKK vom 20. Dezember 1995 sowie eine der Zeugin H. ein. Diese teilte mit, bei ihr sei keine Infektionskrankheit festgestellt worden. Sie habe an einer Herzmuskelentzündung, vermutlich stressbedingt, gelitten. Ihre Behandlungen seien auch nicht durch die Klägerin, sondern durch deren Angestellte I. durchgeführt worden. Die Klägerin habe während des Jahres wegen einer Beinerkrankung praktisch nicht gearbeitet, sondern sei nur im Geschäft anwesend gewesen (Vermerk über das Telefongespräch vom 28. Dezember 1995). Daraufhin gab die Klägerin an, wegen ihrer körperlichen Beschwerden im rechten Sprunggelenk einen Teil der Behandlungen an ihre Mitarbeiterinnen delegiert zu haben. Dennoch habe sie ständig Kontakt, auch Hautkontakt, zu ihren Patienten gehabt. In mehren Gesprächen mit der Zeugin H. sei ihnen damals der gleichartige Verlauf ihrer beider Erkrankungen aufgefallen (Schreiben der Klägerin vom 22. Januar 1996). Prof. Dr. J., Arzt für innere Medizin und Sozialmedizin, und Dr. K. verneinten in ihrer auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Stellungnahme vom 29. Januar 1996 eine sicher nachgewiesene Infektionskrankheit bei der Klägerin. Selbst bei gut dokumentierten Fällen einer Myokarditis gelinge nur in etwa 10 % der Fälle eine sichere Virusätiologie. Die vermutete, jedoch schwer zu beweisende Virusinfektion sei als eine Myokarditis auslösende Ursache in Betracht zu ziehen. Die Infektionsquelle, die nur in den seltensten Fällen erkennbar sei, sei in der Regel ein Alltagskontakt, die Mehrzahl der Patienten werde unspezifische grippale Infekte bieten. Die die Virusätiologie weiter sichernden Antikörper seien während des akuten Krankheitsschubes nicht festgestellt worden. Der nachweisbare Perikarderguss könne Folge oder Begleitphänomen einer Myokarditis viraler Genese sein. Weder diese noch eine potenziell ursächliche Virusinfektion sei aber nachweisbar. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. L. stimmte Prof. Dr. M. zu und verneinte eine BK Nr. 3101 (Stellungnahme vom 13. März 1996). Prof. Dr. N., Chefarzt der O., teilte mit, dass bei der Zeugin H. im Rahmen einer stationären Behandlung vom 4. April bis 15. April 1993 wegen der erhobenen Befunde (EKG-Veränderung, ausgeprägte Extrasystolie, Perikarderguss) eine Endomyokarditis diagnostiziert worden sei. U.a. der Krankheitsverlauf habe für eine virale Genese gesprochen, trotz zahlreicher Untersuchungen seien jedoch spezielle Viren nicht nachgewiesen worden. Im Übrigen sei eine Virusmyokarditis generell nicht als übertragbare Infektionskrankheit anzusehen, diese sei nicht ansteckend. Grundsätzlich aber könne die Übertragung von Viren bei einem zweiten Patienten eine Myocarditis auslösen (Schreiben vom 6. März 1996 und vom 29. März 1996, Arztbriefe vom 26. April 1993, 14. Mai 1993, 16. Juni 1993). Am 10. Juni 1993 wurde die Myokarditis der Zeugin H. als ausgeheilt bezeichnet. Dr. P. lagen weder zur Zeugin H. noch zur Klägerin exakte virologische Ergebnisse vor (Brief vom 11. September 1996). Anschließend zog die Beklagte die weiteren Behandlungsunterlagen des Dr. C., insbesondere die Arztbriefe des Kardiologen Dr. P. bei. Mit Bescheid vom 4. November 1996 lehnte sie die Anerkennung einer BK Nr. 3101 ab. Es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Herzerkrankung der Klägerin und ihrer beruflichen Tätigkeit. Eine Infektionsquelle habe nicht nachgewiesen werden können, außerdem gehöre sie auch nicht zu dem Personenkreis, der einem außergewöhnlich hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sei.

4

Im Widerspruchsverfahren begehrte die Klägerin die Durchführung einer serologischen Untersuchung. Ihre Herzerkrankung sei durch eine Infektion verursacht worden. Sie hat eine Stellungnahme des Internisten Prof. Dr. Q., Chefarzt der E., vom 25. August 1997 sowie des Prof. Dr. R., Medizinische Universität S., vom 26. Juni 1997 vorgelegt. Prof. Dr. Q. sah den Nachweis einer Virusmyokarditis als schwer zu führen an, auf Grund der Entwicklung bei der Klägerin müsse aber von einer Virusinfektion ausgegangen werden. Die Herzerkrankung durch einen Virusinfekt beginne 7 bis 11 Tage nach der Infektion. Uncharakteristische fieberhafte Erkrankungen mit Beteiligung der oberen Luftwege gingen voraus. Durch die bei der Klägerin bestehenden Abwehrschwäche habe eine erhöhte Infektionsgefahr bestanden. Da die Klägerin eine Virusträgerin selbst behandelt, also die Möglichkeit einer Schmierinfektion oder Virusinhalation bestanden habe, sei ein beruflicher Zusammenhang wahrscheinlich. Daraufhin holte die Beklagte das Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. T./Dr. U., Klinik für innere Medizin der Klinik V., vom 6. Oktober 1997, ein, die eine BK Nr. 3101 verneinten. Es gäbe keine Erreger, die nach Infektion stets zu einer Myokarditis führten. Ursache der Myokarditis als Komplikation einer Infektion könnten eine Vielzahl unterschiedlichster Viren sein, die durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion übertragen werden und ubiquitär verbreitet seien. Da die Erkrankung der Zeugin H. im Juni 1993 endgültig ausgeheilt gewesen und die Klägerin erst im Dezember 1993 erkrankt sei, könne wegen der Inkubationszeit von ca. zwei Tagen bis zwei Wochen die Zeugin H. als Infektionsquelle ausgeschlossen werden. Eine serologische Untersuchung der Virustiter bei beiden sei daher nicht erforderlich, da auch bei Übereinstimmung kein Infektionsweg plausibel gemacht werden könne. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 1998).

5

Hiergegen hat die Klägerin am 16. Februar 1998 Klage erhoben und sich auf die Stellungnahme des Prof. Dr. Q., ihr bisheriges Vorbringen und von ihr beigezogene Unterlagen aus dem Internet berufen. Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Klage mit Urteil vom 6. März 1998 abgewiesen. Es stehe weder fest, dass die Klägerin an einer Infektionskrankheit leide, noch dass sie bei ihrer Berufsausübung dieser Gefahr ausgesetzt gewesen sei. Weder bei der Zeugin H. noch bei der Klägerin seien Viren nachgewiesen worden. Zudem spräche auch der zeitliche Ablauf der Erkrankung bei der Zeugin und der Klägerin gegen die Zeugin H. als Infektionsquelle. Die Unterlagen aus dem Internet bestätigten dieses Ergebnis, denn danach gäbe es keine Hinweise darauf, dass die Herzerkrankung der Klägerin überhaupt eine Viruserkrankung sei geschweige denn durch Viren ausgelöst werde.

6

Gegen das ihr am 23. März 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. April 2001 Berufung eingelegt. Sie sei bei der Durchführung atemtherapeutischer Behandlungen einer erhöhten Ansteckungsgefahr durch Tröpfcheninfektion ausgesetzt gewesen. Da die Patientin auch noch nach Ausheilung ihrer Erkrankung im Juni 1993 über die gleichen Beschwerden geklagt habe, gehe sie - die Klägerin - von einer fortbestehenden Infektionsgefahr und Infektionsquelle aus.

7

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des SG Braunschweig vom 6. März 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 4. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1998 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass ihre Herzerkrankung Folge einer Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Braunschweig vom 6. März 2001 zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

10

Der Senat hat Auskünfte der TKK vom 14. August 2002, der Dr. F. vom 21. Oktober 2002 sowie der Dres. W. vom 30. Oktober 2002 eingeholt.

11

Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

13

Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG Braunschweig hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Herzerkrankung als BK Nr. 3101 der Anlage zur BKV und damit auch keinen Anspruch auf Verletztenrente nach den auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 548, 551, 580 Reichsversicherungsordnung (RVO, vgl. Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 Sozialgesetzbuch 7. Buch).

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Nach Nr. 3101 der Anlage zur BKV ist eine Infektionskrankheit als BK anzuerkennen, wenn die Versicherte im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. Voraussetzung für die Anerkennung einer BK ist daher, dass die Klägerin zu dem von dieser BK Nr. 3101 erfassten Personenkreis zählt, sie an einer Infektionskrankheit leidet und sie dieser Ansteckungsgefahr bei ihrer beruflichen Tätigkeit als Masseurin und Physiotherapeutin besonders, über das normale Maß hinausgehend ausgesetzt war. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

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Zwar gehört die Klägerin als Physiotherapeutin, Masseurin und medizinische Bademeisterin grundsätzlich zu dem von der BK Nr. 3101 geschützten Personenkreis. Weiterhin steht nach Auswertung der medizinischen Unterlagen im Wege des Vollbeweises fest, dass die Klägerin an einer Myokarditis erkrankt ist. Es ist aber nicht bewiesen, d.h. nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Myokarditis durch einen beruflich bedingten Patientenkontakt verursacht worden ist.

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a)

Von Bedeutung ist hier zunächst, dass eine Myokarditis nicht durch eigene Erreger verursacht wird, d.h. sie wird nicht durch eine direkte Ansteckung bei einer Person, die an einer Myokarditis leidet, hervorgerufen (Professoren Dr. X., Dr. R. und Prof. Dr. T.). Infolgedessen kann sich die Klägerin die Myokarditis entgegen ihrer eigenen laienhaften - insoweit verständlichen - Vorstellung nicht durch die direkte Ansteckung bei der Zeugin H. zugezogen haben. Dass der Krankheitsverlauf bei der Zeugin H. nach dem Eindruck der Klägerin identisch mit dem ihrigen ist, belegt nicht, dass sie sich auch tatsächlich bei der Zeugin H. angesteckt hat, vielmehr ist eine direkte Ansteckung aus medizinischen Gründen ausgeschlossen.

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b)

Denkbar ist allerdings, dass sich infolge einer allgemeinen Virusinfektion (z.B. einem grippalen Infekt etc) eine Myokarditis entwickelt. Eine solche vorausgegangene Infektionskrankheit muss aber voll bewiesen sein. D.h., es darf kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch an ihrem Vorliegen mehr zweifeln. Das ist hier aber nicht der Fall. Zwar hat Dr. C. wegen einer Pneumonie und einer eitrigen Sinusitis im Dezember 1993 eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bescheinigt. Weiterhin wurde während der stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus D. im Januar 1994 ein grippaler Infekt erwähnt. Gegen das Vorliegen einer Virusinfektion sprechen aber entscheidend die Ergebnisse der Laboruntersuchungen. Denn bei den Blutuntersuchungen sind keine konkreten Viren nachgewiesen worden. Die Laborparameter befanden sich vielmehr im Normbereich.

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Weiterhin lässt sich auch nicht feststellen, dass die Myokarditis der Klägerin überhaupt durch Viren verursacht worden ist. Während der stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus D. im Januar 1994 - zeitnah zum Auftreten der Erkrankung - ist keine Virusmyokarditis diagnostiziert worden. Das ist wegen der erwähnten normalen Laborbefunde und der fehlenden cardiotoxischen Erreger auch plausibel. Auch während der anschließenden stationären Behandlung in der E. ließ sich nicht klären, ob die Perikarditis im Zusammenhang mit der - anamnestisch angegebenen - Sinusitis und Pneumonie steht (Entlassungsbericht vom 29. August 1994). Vor allem aber Prof. Dr. J. und Prof. Dr. Q. haben übereinstimmend darauf hingewiesen, dass der Nachweis einer so genannten Virusmyokarditis schwer zu führen sei und eine sichere Zuordnung (zu einer vorangegangenen Viruserkrankung) nur in 10 % der Fälle gelingt. Zudem kommen für die Myokarditis nach der medizinischen Literatur eine Vielzahl von - anderen - Ursachen in Betracht (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl., 2001, S. 1071).

19

Selbst wenn aber entgegen der Beurteilung des Senats zu Gunsten der Klägerin angenommen wird, dass sie im Dezember 1993/Januar 1994 an einer Infektionskrankheit gelitten hat, kann nicht festgestellt werden, dass sie sich diese Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch eine konkrete berufliche Infektionsquelle zugezogen hat.

20

c)

Für die Beurteilung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit sind in den Fällen der Anerkennung einer Infektionskrankheit als BK Nr. 3101 von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der Senat insoweit anschließt, besondere Maßstäbe entwickelt worden. Handelt es sich bei der zu beurteilenden Infektionskrankheit - wie hier bei der zu diskutierenden Grippe, Sinusitis oder Pneumonie - um eine solche, die die gesamte Bevölkerung bedroht und die man sich jederzeit auch im privaten Lebensbereich zuziehen kann, so ist der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Erkrankung nur dann wahrscheinlich, wenn im Wege des Vollbeweises nachgewiesen ist, dass die Versicherte bei der beruflichen Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen war. Diese besondere Ansteckungsgefahr kann dabei durch eine Patientin, Mitarbeiterin oder auch auf andere Weise verursacht sein. Es ist aber grundsätzlich der Nachweis erforderlich, dass die Versicherte in der Ansteckungszeit bei ihrer beruflichen Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar mit Personen, die Krankheiten übertragen können, in Berührung gekommen ist. Ohne den Nachweis ansteckungsgefährlicher Kontakte ist für die Feststellung der Kausalzusammenhang bedeutsam, ob aus anderen Gründen, etwa der Eigenart der in Rede stehenden Tätigkeit oder der Stelle, an der sie ausgeübt wird, eine außergewöhnliche Ansteckungsgefahr folgt (BSG Urteile vom 30. Mai 1988 - 2 RU 33/87; 28. August 1990 - 2 RU 64/89 in Meso B 260/18; 18. November 1997 - 2 RU 15/97 m.w.N.w). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

21

Denn es ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin während ihrer beruflichen Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie in der Inkubationszeit in ihrer Massagepraxis Kontakt zu Patienten hatte, die die hier zu diskutierenden Infektionskrankheiten einer Grippe, Pneumonie oder Sinusitis übertragen konnten. Gegen eine Infektion bei der Zeugin H. spricht bereits der zeitliche Ablauf. Denn die bei dieser Zeugin diagnostizierte Virusmyokarditis - die, wie bereits ausgeführt, als solche nicht ansteckend ist - war bereits im Juni 1993 ausgeheilt. Zudem finden sich in den medizinischen Unterlagen auch keine Hinweise darauf, dass die Zeugin in der Zeit davor oder danach überhaupt an Infektionskrankheiten wie einer Grippe oder Sinusitis gelitten hat. Da die Inkubationszeit bei einer Virusgrippe oder einer Sinusitis maximal zwei Wochen beträgt (so Prof. Dr. T. u.a.), ist der bei der Klägerin fast 6 Monate später, Mitte Dezember 1993 aufgetretene Infekt oder die Pneumonie nicht durch eine Ansteckung bei der Zeugin H. hervorgerufen worden.

22

Des Weiteren sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, dass sie während der Inkubationszeit im Dezember 1993 in verstärktem Maße Kontakt zu Patienten hatte, die an Grippe oder Sinusitis erkrankt waren. Die Tätigkeit der Klägerin in ihrer Massagepraxis, insbesondere die Durchführung von Massagen oder die Leitung von Gymnastikgruppen (vgl. die Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. Y. am 4. Mai 1993), ist auch nicht mit besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Gefahren einer Ansteckung mit Grippe o.ä. Virenerkrankungen verbunden gewesen. Davon wäre nur dann auszugehen, wenn jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz ihrer Patienten an entsprechenden Viruserkrankungen leidet. In der Rechtsprechung ist dies bislang angenommen worden für eine an Aids erkrankte Ärztin, die in einem Schwerpunktkrankenhaus für HIV-Patienten arbeitete (BSG Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 15/97), oder bei einer Hepatitis-Exposition, wie sie z.B. in einer Klinik für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten besteht (BSG, Urteile vom 15. Dezember 1982 - 2 RU 30/82 und 2 RU 33/82 - ) oder bei einer an Tuberkulose erkrankten Krankenschwester, die in der Infektionsabteilung des Bereichs innere Medizin intensiv Tuberkulosepatienten betreut hat (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2001 - L 10 U 1000/99 - in Breithaupt). Mit diesen Personengruppen ist die Klägerin aber nicht vergleichbar. Die Patienten einer Praxis für Massage oder Physiotherapie leiden in der Regel an Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparates, sie gehören aber nicht zu einem Personenkreis, der vermehrt unter Infektionskrankheiten leidet. Zudem handelt es sich bei Grippeviren und denen einer Lungenentzündung (Chlamiydia pneumonia) um solche, die ubiquitär in der gesamten Bevölkerung auch im Alltag weit verbreitet sind (vgl Gutachten von Prof. Dr. T./Dr. Z. vom 6. Oktober 1997; Stellungnahmen des Prof. Dr. J. vom 29. Januar 1996 und des Prof. Dr. R. vom 26. Juni 1997). Die Situation der Klägerin ist demgegenüber vergleichbar mit der einer an Grippe erkrankten Kindergärtnerin oder einer an Hepatitis B erkrankten Altenpflegerin, bei der das BSG jeweils eine besondere Gefahr der Ansteckung mit Infektionskrankheiten verneint hat (BSG Urteile vom 28. August 1990 - 2 RU 64/89 - in Meso B 260/18; vom 30. Mai 1988 - 2 RU 33/87 - in Meso B 150/27). In diesem Zusammenhang ist weiterhin von Bedeutung, dass die Klägerin auch nach ihren eigenen Angaben 1993 (Schreiben vom 22. Januar 1996: " ...wegen ihrer unfallbedingten Instabilität und Anfälligkeit habe sie die Behandlung der Patienten an Mitarbeiter delegiert"; gegenüber Prof. Dr. Y. am 4. Mai 1993 (vgl. dessen Gutachten vom 23.Juni 1993): ... "wegen der Beschwerden im rechten Bein könne sie nicht mehr lange gehen und stehen und deshalb in der Regel nur 3 Stunden an der Massagebank arbeiten ...") keinen regelmäßigen un-mittelbaren Kontakt zu ihren Patienten hatte. Das ist angesichts ihres geschilderten angegriffenen Gesundheitszustandes auch nachvollziehbar. Dadurch aber verringerte sich die ohnehin nicht außergewöhnlich hohe Gefahr einer Ansteckung weiter. Die Angabe der Klägerin, sie habe sich ausschließlich in ihrer Praxis aufgehalten und keinen Alltagskontakt gehabt, vermag vor dem Hintergrund ihrer Angaben gegenüber Prof. Dr. Y. am 4. Mai 1993, sie sei in ständiger Betreuung ihres Hausarztes und führe wegen der Beschwerden im rechten Bein diverse Therapien, u.a. häufiges Schwimmen durch, nicht zu überzeugen (vgl. S. 9 des Gutachtens des Prof. Dr. Y. vom 23. Juni 1993).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

24

Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen ( § 160 Abs. 2 SGG).