Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.07.2010, Az.: 4 Sa 408/10 E
Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 01.07.2010
- Aktenzeichen
- 4 Sa 408/10 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 26503
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:0701.4SA408.10E.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg - 6 Ca 243/09 E - 27.1.2010
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 5 TVG
- § 2 Abs. 1 TVÜ-Bund
- § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ-Bund
Amtlicher Leitsatz
Nach dem In-Kraft-Treten des TVöD besteht kein tarifvertraglicher Anspruch auf eine Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst gemäß Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT.
In dem Rechtsstreit
Beklagter und Berufungskläger,
gegen
Klägerin und Berufungsbeklagte,
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2010 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krönig,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Ellert,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Breves
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Oldenburg vom 27.01.2010 - 6 Ca 243/09 E - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 0.0.1959 geborene Klägerin ist seit dem 1. Oktober 1979 bei der Beklagten als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in seiner jeweils gültigen Fassung. Die Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II BL Abschnitt N (Angestellte im Schreibdienst) der Anlage I a zum BAT hatte folgenden Wortlaut:
Vollbeschäftigte Angestellte, die mit mindestens einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Magnetbandschreibmaschinen oder andere Textverarbeitungsautomaten bedienen und hierbei vollwertige Leistungen erbringen, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Funktionszulage in Höhe von 8 v. H. der Anfangsgrundvergütung der Vergütungsgruppe VII. Die Funktionszulage gilt bei der Bemessung des Sterbegeldes (§ 41) und des Übergangsgeldes (§ 63) als Bestandteil der Grundvergütung und wird nur neben der Vergütung nach Vergütungsgruppe VII gezahlt. Sie ist nur für Zeiträume zu zahlen, für die Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge zustehen.
Die Anlage I a zum BAT wurde zum 31. Dezember 1983 gekündigt, von den Tarifvertragsparteien mit Wirkung vom 1. Januar 1991 wieder in Kraft gesetzt. Ausgenommen von dieser durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage I a zum BAT vom 28. Dezember 1990 erfolgten Wiederinkraftsetzung blieb jedoch der Abschnitt N des Teils II der Anlage I a zum BAT.
Unter dem 16. November 1999 richtete die Beklagte das nachfolgende Schreiben an die Klägerin:
Sehr geehrte Frau A.,
gemäß Tätigkeitsdarstellung vom 27.10.1999 werden Sie seit dem 31.05.1999 auf einem Arbeitsplatz eingesetzt, der mit einem textverarbeitenden System ausgestattet ist.
Der Leiter der Beschäftigungsdienststelle bestätigt, dass auf diesem Arbeitsplatz vollwertige Leistungen erbracht werden.
Ich gewähre Ihnen daher rückwirkend ab 01. Juni 1999 bis auf Widerruf eine monatliche Funktionszulage nach Maßgabe der Protokollnotiz Nr. 3 des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT in Höhe von 8 % der Anfangsgrundvergütung der Vergütungsgruppe VII.
Die Zulage wird Ihrer Halbtagsbeschäftigung entsprechend anteilig gewährt.
Die in der beigefügten Tätigkeitsdarstellung aufgeführten Aufgaben übertrage ich Ihnen rückwirkend zum 31.05.1999.
Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach den Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005.
Im TVÜ-Bund heißt es zur Bildung des Vergleichsentgelts u. a.:
§ 5 Vergleichsentgelt
(2) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O setzt sich das Vergleichsentgelt aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen. Ferner fließen im September 2005 tarifvertraglich zustehende Funktionszulagen insoweit in das Vergleichsentgelt ein, als sie nach dem TVöD nicht mehr vorgesehen sind.
Die Beklagte bezog die an die Klägerin gewährte Funktionszulage für den Schreibdienst nicht in das Vergleichsentgelt gemäß § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ-Bund ein. Im Zusammenhang mit der Überleitung teilte die zuständige Standortverwaltung der Klägerin unter dem 28. November 2005 mit, dass die bisherige Funktionszulage für Schreibkräfte ab Oktober 2005 als befristete außertarifliche Maßnahme in Form einer persönlichen Besitzstandszulage weiter gewährt werde. Allgemeine und sonstige Entgelterhöhungen seien anzurechnen. Das Schreiben diente der Umsetzung des Erlasses des BMVg vom 7. November 2005. Mit Wirkung vom 1. Januar 2008 rechnete die Beklagte die Schreibzulage zu einem Drittel auf die Tariflohnerhöhung an. Im Rahmen der Tariflohnerhöhung zum 1. Januar 2009 rechnete die Beklagte die Schreibzulage erneut zu 1/3 auf die Tariflohnerhöhung an. Ab dem 1. Januar 2009 zahlte die Beklagte daher an die Klägerin eine Funktionszulage in Höhe von 15,90 €.
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der Differenz zwischen der vollen und der tatsächlichen gezahlten Funktionszulage für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis um 31. Juli 2009 in Anspruch.
Die Klägerin hat vorprozessual geltend gemacht, die Anrechnung sei unzulässig, weil sie bereits zum 31. Dezember 1983 als Schreibkraft eingruppiert gewesen sei und der Tarifvertrag für sie nachwirke. Ihr stehe zudem eine Einkommenssicherung gemäß § 6 Abs. 1 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr zu. Der Widerruf der Zulage sei zudem gemäß § 315 BGB unbillig.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 466,07 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie die Funktionszulage für Schreibkräfte nach der Anlage I a BAT, Teil II, Abschnitt N, Unterabschnitt II, Protokollnotiz Nr. 3 für Schreibkräfte zu zahlen, solange die tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat gemeint, mit der Einführung des TVöD sei eine übertarifliche Leistung unter dem Vorbehalt der Anrechnung bei zukünftigen Tariflohnerhöhungen zugesagt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch vom 27. Januar 2010 stattgegeben. Gegen das ihr am 23. Februar 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. März 2010 Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist am 25. Mai 2010 begründet.
Die Beklagte macht geltend, die Protokollnotiz Nr. 3 gelte im Fall der Klägerin nicht kraft Nachwirkung. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Parteien über die Gewährung der Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 eine außertarifliche Vereinbarung geschlossen hätten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag der Beklagten in I. Instanz zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass zu 2. beantragt wird,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin zum 1. Oktober 2005 mit einem Vergleichsentgelt in den TVöDüberzuleiten, in dem die im September 2005 zustehende Funktionszulage für Schreibkräfte nach der Anlage I a BAT, Teil II Abschnitt N Unterabschnitt 1 Protokollnotiz Nr. 3 für Schreibkräfte einfließt und die Differenzen zu dem gezahlten Entgelt über den 31. Juli 2009 hinaus zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 8. Juni 2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Funktionszulage und Nachzahlung einer Vergütung in Höhe von 466,07 € brutto für die Monate Januar 2008 bis Juli 2009. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Klägerin rückwirkend zum 1. Oktober 2005 mit einem Vergleichsentgelt in den TVöDüberzuleiten, in dem die im September 2005 zustehende Funktionszulage für Schreibkräfte nach der Anlage I a BAT, Teil II Abschnitt N, Unterabschnitt I, Protokollnotiz Nr. 3 für Schreibkräfte einfließt. Ein Anspruch ergibt sich weder aus der Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage I a zum BAT i. V. m. § 4 Abs. 5 TVG noch auf Grund einer individualrechtlichen Vereinbarung. Die Klägerin kann ihren Anspruch ferner nicht auf § 5 TVÜ-Bund stützen.
1. Die an die Klägerin gezahlte Funktionszulage im Schreibdienst hatte ihre Grundlage in Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage I a zum BAT. Hiernach wurde eine Funktionszulage für Schreibkräfte mit bestimmten Tätigkeiten in den Protokollnotizen Nr. 3 und 6 begründet. Die Tarifnormen des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage I a zum BAT, die in den Protokollnotizen Nr. 3 und 6 tarifliche Ansprüche für Funktionszulagen für Schreibkräfte mit bestimmten Tätigkeiten begründeten, sind seit dem 1. Januar 1984 nicht mehr geltendes Tarifrecht. Die zum 31. Dezember 1983 gekündigte Anlage I a zum BAT wurde von den Tarifvertragsparteien ab 1. Januar 1991 wieder in Kraft gesetzt. Ausgenommen von dieser durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage I a zum BAT vom 28. Dezember 1990 erfolgten Wiederinkraftsetzung blieb jedoch der Abschnitt N des Teils II der Anlage I a zum BAT. Damit galten die Tarifnormen dieses Abschnitts gem. § 4 Abs. 5 TVG nur für solche Arbeitnehmer als nachwirkendes Tarifrecht weiter, die am 31. Dezember 1983 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden haben (BAG 22. Juli 1998 - 4 AZR 403/97 - AP § 4 TVG Nachwirkung Nr. 32). Für die seit 1979 bei der Beklagten beschäftigte Klägerin galten diese Tarifnormen kraft Nachwirkung.
Entgegen der Auffassung der Beklagten stand die in der Protokollnotiz Nr. 3 zu Vergütungsgruppe VII geregelte Funktionszulage für Schreibkräfte an Textverarbeitungsautomaten der teilzeitbeschäftigten Klägerin anteilig zu (BAG Urteil vom 17. April 1996 - 10 AZR 617/95 - AP §§ 22, 23 BAT Zulagen Nr. 18).
Die Nachwirkung der Tarifnormen des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage I a zum BAT ist dadurch beendet worden, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 der TVöD galt. Der TVöD stellt eine andere Abmachung i. S. d. § 4 Abs. 5 TVG dar. Die Nachwirkung gem.
§ 4 Abs. 5 TVG sichert eine statische Zwischenregelung, bis die Rechtsnormen des abgelaufenen Tarifvertrags "durch eine andere Abmachung ersetzt werden". Diese kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertragliche Abrede getroffen werden. Die Nachwirkung kann jedoch nur durch eine Abmachung beendet werden, die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies war wegen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag der Parteien mit dem Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 der Fall. Mit diesem Zeitpunkt endete die Nachwirkung des Abschnitts N des Teils II der Anlage I a zum BAT. Gem. § 2 Abs. 1 TVÜ-Bund ersetzt der TVöD den Bundes-Angestelltentarifvertrag. Es handelt sich um den Fall einer sog. Tarifsukzession. Es ist von denselben Tarifvertragsparteien innerhalb des Geltungsbereiches des bisherigen Tarifvertrages ein neuer Tarifvertrag vereinbart worden (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - AP § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung Nr. 38). Im TVöD sind keine Vorschriften über Funktionszulagen für Mitarbeiter im Schreibdienst vorgesehen. Der TVöD wurde zwar grundsätzlich unter Beibehaltung der alten Eingruppierungsregeln in Kraft gesetzt. Hieraus resultiert u. a. § 17 TVÜ-Bund, der im Wesentlichen die Weitergeltung des bisherigen Eingruppierungsrechtes formuliert. Davon wird die Anlage I a zum BAT nur insoweit erfasst, als es sich um Regelungen zur Bestimmung und Festlegung der Grundvergütung im Sinne des Tabellenentgelts handelt. Regelungen in der Anlage I a, die sich nicht mit diesem Tabellenentgelt beschäftigen, sondern eigenständige Ansprüche auf darüber hinausgehende Zulagen begründen, sind im TVöD nicht beibehalten worden. Insoweit handelt es sich bei dem TVöD um eine neue tarifliche Regelung i. S. d. § 4 Abs. 5 TVG.
2. Der Klägerin steht seit dem 1. Januar 2008 kein Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Funktionszulage in Höhe von 47,27 € brutto auf Grund einer individualrechtlichen Vereinbarung zu.
Grundlage der Zahlung einer monatlichen Zulage in Höhe von 47,27 € brutto war nach dem Inkrafttreten des TVöD seit dem 1. Oktober 2005 eine Gesamtzusage der Beklagten gem. Ziff. 2.2.1.1.3 des Rundschreibens des BMI vom 10. Oktober 2005 (D II 2 - 220 210/643). Danach wurde Beschäftigten die Zulage außertariflich als persönliche Zulage neben dem Vergleichsentgelt weitergezahlt, die diese Funktionszulage bei Überleitung in den TVöD erhalten hatten, soweit die bisherigen Voraussetzungen für die Gewährung bestanden. Die weitere Zahlung der Funktionszulage als persönliche Besitzstandszulage stand jedoch unter dem Vorbehalt der Anrechenbarkeit im Falle allgemeiner Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen. Zum 1. Januar 2008 wurde das Entgelt der Klägerin erhöht. Entsprechend dem Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2008 wurde 1/3 des gesamten Erhöhungsbetrages, welcher sich aufgrund der Tariferhöhung zum 1. Januar 2008 ergab, auf die Besitzstandszulage angerechnet. Der sich aufgrund der Tariferhöhung zum 1. Januar 2009 ergebende Erhöhungsbetrag (Anhebung der Entgelte um weitere 2,8 %) wurde ab 1. Januar 2009 ebenfalls zu 1/3 auf den noch verbleibenden Betrag der Besitzstandszulage angerechnet. Die Kürzung der Besitzstandszulage auf 26,73 € brutto ab dem 1. Januar 2008 und auf 15,90 € brutto seit dem 1. Januar 2009 entsprach somit den zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarungen.
Ob eine Tariflohnerhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrundeliegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Parteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Andernfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt jedoch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Dies gilt ebenso, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit etwaigen Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil vom 16. September 2009 - 3 Sa 721/09) steht eine besondere Zweckbestimmung der von der Beklagten vorgenommenen Anrechnung nicht entgegen. Die Funktionszulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 stellt eine zusätzliche Vergütung für die Arbeit an Textverarbeitungsautomaten und keine Erschwerniszulage dar. Die Protokollnotiz bezeichnet die strittige Zulage ausdrücklich als Funktionszulage. Schon nach allgemeinem Sprachgebrauch und nach dem der Tarifvertragsparteien wird jedoch eine Zulage, die eine besondere Erschwernis abgelten soll, regelmäßig nicht als Funktionszulage bezeichnet. Zwar kann eine bestimmte Funktion auch beinhalten, dass die dabei zu verrichtende Arbeit "schwerer" im Sinne von schwieriger ist; das stellt jedoch keine Erschwernis der Arbeit dar, für die eine Erschwerniszulage in Betracht käme. Eine Erschwernis, die eine Erschwerniszulage begründen kann, wird vielmehr durch die äußeren Umstände begründet, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Eine Funktionszulage ist danach Arbeitsentgelt für die Verrichtung von Arbeit in einer bestimmten Funktion.
Dass auch der in Nr. 3 der Protokollnotiz verwendete Begriff der Funktionszulage in diesem Sinne als Arbeitsentgelt zu verstehen ist, ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung. Danach ist die Funktionszulage auch bei der Berechnung des Sterbe- und Übergangsgeldes mit zu berücksichtigen und wird die Zulage auch für Zeiten des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit gewährt, wenn und solange für diese Zeiten die Grundvergütung fortzuzahlen ist. Erschwerniszulagen sind hingegen regelmäßig nur für die Zeiten zu zahlen, in denen die entsprechende Erschwernis tatsächlich gegeben war. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Zulage pauschaliert ist.
Die Funktionszulage nach Nr. 3 der Protokollnotiz wurde weiter nur neben der Vergütung der Vergütungsgruppe VII BAT gezahlt, nicht aber auch an Angestellte in einer höheren Vergütungsgruppe, auch wenn sie im gleichen Umfang an Textverarbeitungsautomaten arbeiteten. Das entspricht auch der Entscheidung des BAG vom 13. Oktober 1993 (10 AZR 357/92 - AP §§ 22, 23 BAT Zulagen Nr. 8), nach der die Zulage entfällt, wenn der Angestellte im Wege des Bewährungsaufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe aufrückt, obwohl er nach wie vor in gleichem Umfang an Textverarbeitungsautomaten arbeitet. Aus alldem wird deutlich, dass die Funktionszulage eine Vergütung darstellt für eine herausgehobene Tätigkeit, die den Tätigkeitsmerkmalen der nächsthöheren Vergütungsgruppe noch nicht entspricht, mit der Grundvergütung der inne gehabten Vergütungsgruppe jedoch nicht angemessen bezahlt ist.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Berücksichtigung der an sie gezahlten Funktionszulage bei der Bemessung des Vergleichsentgelts gem. § 5 TVÜ-Bund. Denn bei der bis September 2005 an die Klägerin gezahlten Funktionszulage handelt es sich nicht um eine tarifvertraglich zustehende Funktionszulage gem. § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ-Bund. Nach Kündigung der Anlage I a zum BAT zum 31. Dezember 1983 beruhte die Zahlung der Funktionszahlung lediglich auf der Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG und damit auf staatlichem Recht, nicht jedoch auf Tarifrecht (BAG 16. August 1990 - 8 AZR 439/89 - AP § 4 TVG Nachwirkung Nr. 19). Nach § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ-Bund fließen jedoch nur Funktionszulagen in das Vergleichsentgelt ein, die aufgrund einer tarifvertraglichen Anspruchsgrundlage gezahlt werden. Das ergibt eine Auslegung der Tarifnorm.
Der Wortlaut der tariflichen Regelung, von dem bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages zunächst auszugehen ist (BAG Urteil vom 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - AP § 34 BAT Nr. 12), ist eindeutig. Die Tarifvertragsparteien haben in § 5 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund geregelt, dass "tarifvertraglich zustehende" Funktionszulagen in das Vergleichsentgelt einfließen sollen. Funktionszulagen, die nicht aufgrund einer tariflichen Regelung gezahlt werden, sollten unberücksichtigt bleiben. Hätten die Tarifvertragsparteien etwas anderes gewollt, hätten sie auf die Einschränkung "tarifvertraglich zustehend" verzichten können. Die sprachliche Einschränkung verdeutlicht, dass den Tarifvertragsparteien bewusst war, dass Funktionszulagen nicht nur aufgrund einer tariflichen Bestimmung gezahlt werden. Für die enge Auslegung des Wortlauts des § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ-Bund spricht zudem die Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 S. 3 TVÜ. Darin haben die Tarifvertragsparteien erläutert, wie die Berücksichtigung einer Zulage erfolgen soll: Die Techniker-, Meister- und Programmiererzulagen sollen als persönliche Besitzstandszulagen gezahlt werden. Die Funktionszulage im Schreibdienst ist hier nicht aufgeführt. Die am Wortlaut orientierte Auslegung wird durch den Zweck der Überleitungsvorschriften des TVÜ-Bund bestätigt. Das gem. § 5 TVÜ - Bund zu ermittelnde Vergleichsentgelt soll den Beschäftigten davor schützen, nach der Überleitung in den TVöD gem. § 6 bzw. § 7 TVÜ schlechter vergütet zu werden als vorher. Das Vergleichsentgelt garantiert damit, dass auch nach der Überleitung des Arbeitsverhältnisses der bisherige Besitzstand gewahrt wird. Für die Tarifvertragsparteien ging es aber lediglich um Wahrung des Besitzstandes, der sich aus tarifvertraglichen Vorschriften ergab. Einen Grund dafür, außertarifliche Vergütungsbestandteile in das künftig tariflich geschuldete Grundgehalt einfließen zu lassen und es damit individualrechtlichen Änderungen zu entziehen, gab es nicht.
4. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist nicht begründet. Die Klagänderung ist gem. § 533 ZPO zulässig. Der Feststellungsantrag ist zulässig, jedoch aus den oben angeführten Gründen nicht begründet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Ellert
Breves