Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.01.2010, Az.: 5 TaBV 65/09
Mitbestimmung bei der Eingruppierung; Unzulässiger Hilfsantrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung im Verfahren um die Aufhebung einer ohne Zustimmung des Betriebsrats durchgeführten Maßnahme
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 28.01.2010
- Aktenzeichen
- 5 TaBV 65/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 13378
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:0128.5TABV65.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hildesheim - 1 BV 2/08 - 2.7.2009
Rechtsgrundlagen
- § 99 Abs. 4 BetrVG
- § 101 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
Ein Hilfsantrag des Arbeitgebers auf Zustimmungsersetzung gemäß § 99 IV BetrVG ist in einem Verfahren gemäß § 101 BetrVG unzulässig, dies gilt trotz der Besonderheiten des§ 101 BetrVG, die für die personelle Maßnahme der Ein- oder Umgruppierung gelten.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 02.07.2009 zu Az.: 1 BV 2/08 teilweise abgeändert:
Der Hilfsantrag der Arbeitgeberin (Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Kahle in die Lohngruppe IV) wird zurückgewiesen.
Die Anschlussbeschwerde der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Beteiligungsrechte des Betriebsrates im Zusammenhang mit der tarifgerechten Eingruppierung des Mitarbeiters K., geborener S.
Die Beteiligte zu 2.), Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdeführerin (im Folgenden Arbeitgeberin genannt) ist auf dem Gebiet der Porzellanherstellung nebst Vertrieb der eigenen Produkte tätig. Die Porzellanherstellung erfolgt in ihrem Betrieb in A-Stadt, in dem mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer tätig sind und zu dem ein Porzellanmuseum mit einer Besucherwerkstatt gehört. Die Arbeitgeberin ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes S. und K. e.V.. Sie wendet in ihrem Betrieb den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der freien keramischen Industrie der Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden MTV) in der jeweils geltenden Fassung an. Der Beteiligte zu 1.) der Beschwerdeführer und Anschlussbeschwerdegegner ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat (im Folgenden lediglich: Betriebsrat).
Die Arbeitgeberin hörte mit Schreiben vom 10.07.2007, auf dessen Inhalt auf Bl. 4 der Akte Bezug genommen wird, den Betriebsrat zur beabsichtigten befristeten Einstellung des Arbeitnehmers S., der über eine Fachausbildung als Industriekeramiker verfügt, an. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung mit Schreiben vom 11.07.2007 zu, hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 145 der Akte Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin schloss mit diesem Arbeitnehmer beginnend ab dem 17.07.2007 einen Arbeitsvertrag, demzufolge er ab diesem Datum als gewerblicher Mitarbeiter in der Museumswerkstatt beschäftigt wird. Die dort tätigen Arbeitnehmer führen den Besuchern des Museums vor, welche einzelnen Arbeitsschritte bei der Porzellanherstellung erforderlich sind und welchen hohen Qualitätsanspruch die Arbeitgeberin verfolgt. Die Vorführtätigkeit beschränkt sich auf die Darstellung der Herstellung kleiner einteiliger, maximal zweiteiliger Figuren, die gegossen, entformt, eventuell garniert, entgratet und feucht verputzt werden. Vorrangige Tätigkeit der Mitarbeiter in der Museumswerkstatt ist die Erläuterung und die Vermittlung der Schritte zur Porzellanherstellung gegenüber den Besuchern. Es erfolgt keine Vorgabe hinsichtlich der Mengenleistung. Der Gesprächsteil mit Erläuterung und Beantwortung der Besucherfragen nimmt einen großen Umfang am gesamten Arbeitstag der Arbeiter ein. Bei den von Herrn K., geborener S., anzufertigenden Figuren handelt es sich nicht um die aktuelle Kollektion der Arbeitgeberin. Die weiteren Schritte zur Figurenherstellung (Glühbrand, Glasieren, Glattbrand) erfolgen in der Produktion durch die Produktionsmitarbeiter. Ein Großteil, der in der Museumswerkstatt hergestellten Produkte wird nicht fertiggestellt, sondern vernichtet.
Mit Schreiben vom 02.11.2007 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zur unbefristeten Einstellung des Herrn S. ab 19.11.2007 an. Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 09.11.2007 der geplanten Einstellung zu, verweigerte jedoch seine Zustimmung in die Eingruppierung in die Lohngruppe IV des MTV. Die Arbeitgeberin schloss mit Herrn S. einen weiteren Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 19.11.2007, auf den zur weiteren Darstellung seines Inhaltes Bezug genommen wird (Bl. 45 - 48 der Gerichtsakte). Danach wird Herr S. zusätzlich zu seinen Tätigkeiten in der Museumswerkstatt in der Nebensaison, welche am 1. Novemberwochenende eines jeden Jahres beginnt und längstens bis zum 31.03. des Folgejahres dauert, ausschließlich als Springer in der Weißfertigung eingesetzt. Dort übernimmt er im Wesentlichen folgende Tätigkeiten:
- Bedienung von Formgebungsmaschinen für Bomsen, kleinere Hohldrehteile und Becher sowie für Flachgeschirr bis einschließlich 16 cm Handelsmaß.
- Bedienen von Formgebungsmaschinen für Flachgeschirrüber 16 cm Handelsmaß bis einschließlich 21 cm Handelsmaß.
- Ableeren vom Trockner mit Tragen von beladenen Planken.
- Bedienen von Formgebungsmaschinen für Flachgeschirrüber 21 cm Handelsmaß bis einschließlich 27 cm Handelsmaß und für Salate über 19 cm Handelsmaß bis einschließlich 22 cm Handelsmaß.
- Gießen und Garnieren von Hohlgeschirr bis 2,0 l Handelsmaß und von Flachgeschirr bis einschließlich 36 cm Handelsmaß.
Mit Schreiben vom 14.12.2007 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zur Eingruppierung des Herrn S. in die Lohngruppe IV des Manteltarifvertrages an. Der Betriebsrat erklärte mit Schreiben vom 21.12.2007, ein Einvernehmen mit dieser Eingruppierung könne seinerseits nicht hergestellt werden. Nach seiner inzwischen erfolgten Eheschließung trägt Herr S. den Nachnamen K.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich das Ziel verfolgt, der Arbeitgeberin aufzugeben, im Hinblick auf die Eingruppierung des Arbeitnehmers K. das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen. Er hat behauptet, nicht über die Eingruppierung dieses Arbeitnehmers informiert worden zu sein. Vielmehr habe die Arbeitgeberin diesen stillschweigend in die Lohngruppe IV des Lohngruppenkataloges eingruppiert. Hiervon habe der Betriebsrat erst nach Aufnahme der befristeten Beschäftigung des Herrn S. erfahren. Er hat die Auffassung vertreten, dieser Arbeitnehmer sei als Facharbeiter in die Lohngruppe IV einzugruppieren, weil die in der Lohngruppe IV genannten Beispiele keramische Facharbeiten und Handwerkerarbeiten nicht kumulative Voraussetzungen seien. Herr K. verrichte handwerkliche Arbeiten, in dem er diese vorführe.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Beteiligten zu 2.) aufzugeben, im Hinblick auf die Eingruppierung des Arbeitnehmers S. das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 IV BetrVG durchzuführen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen,
hilfsweise
die verweigerte Zustimmung des Beteiligten zu 1 vom 21.12.2007 zur Eingruppierung des Mitarbeiters S. in die Lohngruppe IV des Manteltarifvertrages für die Geschirr- und Zierporzellanindustrie zu ersetzen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn S. in die Lohngruppe IV gelte als erteilt. Einer erneuten Beteiligung zur beabsichtigten Eingruppierung ab 19.11.2007 habe es nicht bedurft, weil eine Änderung der Tätigkeiten nicht eingetreten sei.
Zur weiteren Sachdarstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Sachverhaltsteil des angefochtenen Beschlusses, Bl. 2 - 5 desselben, dort Gründe I, Bl. 160 - 163 der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Beschluss vom 02.07.2009 hat das Arbeitsgericht Hildesheim der Arbeitgeberin aufgegeben, im Hinblick auf die Eingruppierung des Arbeitnehmers K., geborener S., das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen und auf den Hilfsantrag der Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung dieses Arbeitnehmers in die Lohngruppe IV ersetzt. Dieser Beschluss ist dem Betriebsrat am 10.07. und der Arbeitgeberin am 09.07.2009 zugestellt worden. Mit einem am 07.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt und diese Beschwerde mit einem am 05.10.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht auf einen am 10.09.2009 eingegangenen Antrag auf Fristverlängerung mit Beschluss vom 11.09.2009 die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 12.10.2009 verlängert hatte. Mit Beschluss vom 06.10.2009 hat das Landesarbeitsgericht der Arbeitgeberin Gelegenheit zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung bis zum 10.11.2009 gegeben. Mit einem am 04.11.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Arbeitgeberin Anschlussbeschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Betriebsrat das erstinstanzliche Ziel der Zurückweisung des arbeitgeberseitig gestellten Hilfsantrages auf Zustimmungsersetzung weiter. Er meint, das Arbeitsgericht habe das Lohngruppenverzeichnis zum MTV fehlerhaft ausgelegt und angewendet. Insbesondere setzte der Tarifvertrag nicht voraus, dass es sich bei den keramischen Facharbeiten der Lohngruppe IV um andere Facharbeiten handeln müsse, als sie in den Lohngruppen I bis V für Arbeitnehmer ohne Facharbeiterbrief erfasst worden seien. Im Übrigen, so behauptet er, erhielten die bei der Arbeitgeberin in der Produktion beschäftigten Facharbeiter immer dann die Lohngruppe IV, wenn sie Tätigkeiten ausübten, die ohne Berücksichtigung des Facharbeiterbriefs von den Lohngruppen I bis V erfasst würden. Dies gelte jedenfalls für alle Arbeitnehmer, die einen Facharbeiterbrief im Bereich der Industriekeramik aufzuweisen hätten, mit Ausnahme des Arbeitnehmers Sp.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 02.07.2009 zu Az.: 1 BV 2/08 insoweit aufzuheben, als die Zustimmung des Beteiligten zu 1.) zur Eingruppierung des Arbeitnehmers K., geb. S., in die Lohngruppe IV des Manteltarifvertrages für die Geschirr- und Zierporzellanindustrie ersetzt worden ist und den dahingehenden Zustimmungsersetzungsantrag der Beteiligten zu 2.) zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und beantragt im Wege der Anschlussbeschwerde, unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 02.07.2009 - 1 BV 2/08 den Antrag des Beteiligten zu 1.) auf Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens zur Eingruppierung des Arbeitnehmers K., geb. S., gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zurückzuweisen.
Die Beteiligten beantragen wechselseitig,
die gegnerische Beschwerde zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin verfolgt mit ihrer Anschlussbeschwerde die Zurückweisung des Hauptantrages des Betriebsrates weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Auffassung, dass die Änderung des Tätigkeitsbereiches des Arbeitnehmers K. in Folge der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unwesentlich gewesen sei und kein erneutes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausgelöst habe.
Die Beteiligten verteidigen wechselseitig den angefochtenen Beschluss, soweit er mit der gegnerischen Beschwerde angegriffen worden ist.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerde wird auf ihre Schriftsätze vom 05.10., 04.11., 10.11., 07.12.2009 sowie vom 28.01.2010 und auf das Sitzungsprotokoll gleichen Datums verwiesen.
II. A. Die Beschwerden beider Beteiligten sind zulässig. Sie sind statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit 519, 520 und 524 ZPO). Insbesondere ist der Antrag auf Fristverlängerung der Beschwerdebegründungsfrist am letzten Tag der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen, sodass die Bescheidung dieses Antrages außerhalb dieser Frist unschädlich ist. Auch entspricht die Anschlussbeschwerde vollauf den Erfordernissen der §§ 524 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG.
B. Die Anschlussbeschwerde der Arbeitgeberin musste erfolglos bleiben, wohingegen die Hauptbeschwerde des Betriebsrates zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses und zur Abweisung des Hilfsantrages der Arbeitgeberin führt.
1. Die Anschlussbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Zu recht und mit zutreffender Begründung hat der angefochtene Beschluss dem Antrag des Betriebsrats entsprochen, die Arbeitgeberin zu verpflichten, im Hinblick auf die Eingruppierung des Arbeitnehmers S. das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.
a) Das Begehren des Betriebsrats ist gemäß § 101 BetrVG begründet. Nach dieser Vorschrift kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme aufzuheben, die der Arbeitgeber im Sinne des § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrates durchführt.
Wenn diese Vorschrift auch vom Wortlaut her auf die im vorliegenden Beschlussverfahren zu untersuchende Eingruppierung nicht passt, weil eine Ein- oder Umgruppierung nicht aufgehoben werden kann, da sie keine tatsächliche nach außen wirkende Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang ist, bei dem bewertet wird, ob die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher dieser Arbeitnehmer in die Vergütungsgruppe einzuordnen ist, bildet gleichwohl § 101 BetrVG die Anspruchsgrundlage des Betriebsrates für die von ihm begehrte Leistungsverpflichtung gegenüber der Arbeitgeberin. Nach derüberzeugenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 18.06.1991, Az.: 1 ABR 53/09 - AP Nr. 105 zu § 99 BetrVG m.w.N.)ändert sich lediglich die Rechtsfolge dieser Anspruchsgrundlage in Abweichung von ihrem Wortlaut: Dementsprechend kann der Betriebsrat nach § 101 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, die Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und das Mitarbeitergremium nach Maßgabe von § 99 BetrVG zu beteiligen.
b) Zu Recht hat der Betriebsrat sein Begehren auf die Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG beschränkt, denn das innerbetriebliche Beteiligungsverfahren gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG ist unproblematisch mit Beteiligungsschreiben vom 14.12.2007 durch die Arbeitgeberin eingeleitet worden. Der Betriebsrat hat dem Eingruppierungsbegehren frist- und formgerecht mit Schreiben vom 21.12.2007 im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG widersprochen.
c) Die Zuweisung einer geänderten Tätigkeit beiÜbernahme des Arbeitnehmers K. von einem befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterlag auch erneut der Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG. Der Tatbestand dieser Norm ist erfüllt, die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Aufrechterhaltung der Einreihung in ein tarifliches Vergütungssystem bei unbefristeter Weiterbeschäftigung unter gleichzeitiger Veränderung des Tätigkeitsbereiches stellt auch eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung im Sinne der bereits zitierten Vorschrift dar.
Grundsätzlich löst die Übernahme eines zunächst befristeten Arbeitnehmers in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG hinsichtlich seiner Einstellung, nicht aber hinsichtlich seiner Eingruppierung aus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich weder die Tätigkeit des Arbeitnehmers, noch das maßgebliche Eingruppierungsschema ändern (BAG, Beschluss vom 11.11.1997, Az.: 1 ABR 29/97 - AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972 gemeinsamer Betriebsrat). Im Gegensatz zum Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei der Einstellung, welches in erster Linie die Belange der übrigen Belegschaft schützt, mit der Folge, dass ein Widerspruch meist nur auf die in § 99 Abs. 2 Nr. 2, 3, 5 und 6 BetrVG aufgeführten Gründe gestützt werden kann, dient das dem Betriebsrat bei einer Eingruppierung zustehende Mitbeurteilungsrecht der Rechtskontrolle, sodass eine Zustimmungsverweigerung nur wegen eines Rechtsverstoßes gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Betracht kommen kann. Der Betriebsrat hat ein Mitbeurteilungsrecht, ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Beurteilung hinsichtlich der zutreffenden Einreihung in ein innerbetriebliches Vergütungsschema zutreffend ist. Diesem Sinn und Zweck entspricht es, bei einer Änderung der Tätigkeit dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG einzuräumen. Soweit die Arbeitgeberin mit ihrer Anschlussbeschwerde die Rechtsauffassung verfolgt, die Tätigkeit des betroffenen Arbeitnehmers K. sei im Wesentlichen unverändert geblieben, betrifft dies die inhaltliche Beurteilung der Tätigkeit in Bezug auf eine vorzunehmende Eingruppierung, über die man sich jedenfalls theoretisch streiten kann. Es erscheint ausgehend vom Schutzzweck des § 99 Abs. 1 BetrVG, sinnvoll, angemessen und erforderlich zu sein, die Problematik, ob sich die Tätigkeit "wesentlich" ändert (mit der Folge einer anderen Vergütung), nicht bereits bei der Frage zu problematisieren, obüberhaupt ein Mitbestimmungsrecht begründet ist, vielmehr diese Problematik in dem Katalog des § 99 Abs. 2 BetrVG zu verorten und zu überprüfen, ob dem Betriebsrat in diesem Fall ein Widerspruchsrecht zusteht. In diesem Sinne interpretiert das Beschwerdegericht auch die grundsätzliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.11.1997 (aaO.).
Nach alledem ist die Anschlussbeschwerde der Arbeitgeberin unbegründet.
II. Die Hauptbeschwerde des Betriebsrats hat Erfolg. Sie führt zur Zurückweisung des Hilfsantrages der Arbeitgeberin. Denn der Hilfsantrag ist bereits in dem gewählten Verfahren gemäß § 101 BetrVG unzulässig.
a) Mit seinem Hauptbegehren macht der Betriebsrat, wenn auch in modifizierter Form, einen Anspruch nach § 101 BetrVG geltend. Für diese Verfahrensart hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 18.07.1978, Az.: 1 ABR 43/75 - NJW 1979, 671 - 672 [BAG 18.07.1978 - 1 ABR 43/75]) einen Hilfsantrag, wie von der Arbeitgeberin im vorliegenden Beschwerdeverfahren gestellt, generell für unzulässig erachtet. Es sei dem Arbeitgeber versagt, einen Hilfsgegenantrag in einem Verfahren des Betriebsrates gemäß § 101 BetrVG zu stellen, der darauf abzielt, hilfsweise die Zustimmung zu ersetzen. Denn das Fehlen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes könne nur in dem dafür gesetzlich vorgesehenen Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 und § 100 Abs. 2, S. 3 BetrVG geltend gemacht werden. Es müsse im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt bleiben, weil sich dies aus dem besonderen Zweck dieses Verfahrens ergebe. Dieses Verfahren diene der Sicherung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG und solle den Arbeitgeber daran hindern, vor Abwicklung des Zustimmungs- und gegebenenfalls des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 BetrVG vollendete Tatsachen zu schaffen. Mit diesem Schutzzweck des § 101 BetrVG wäre es unvereinbar, wollte man dem Arbeitgeber gestatten, sich gegenüber dem Begehren des Betriebsrates auf Rückgängigmachung der unter Verletzung seines Mitbestimmungsrechts durchgeführten personellen Maßnahme auf das Fehlen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes zu berufen.
b) Das Beschwerdegericht folgt den Grundsätzen dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und wendet sie auch auf das vorliegende Verfahren gemäß § 101 BetrVG - unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Verfahrens bei einer Eingruppierung - an. Wenn auch die Begründung der vom Bundesarbeitsgericht generell zur Versagung eines arbeitgeberseitigen Hilfsgegenantrages nicht uneingeschränkt zu den Besonderheiten eines Verfahrens gemäß § 101 BetrVG bei einer Eingruppierung passt, weil eine Eingruppierung auch im Rahmen eines § 101 BetrVG nicht rückgängig zu machen ist, gibt es gleichwohl aus Sicht des Beschwerdegerichtes gute Gründe an dieser Rechtsauffassung festzuhalten: Ließe man den Antrag der Arbeitgeberin als Hilfsantrag in der gewählten Verfahrensart zu, dann gäbe es unlösbare prozessuale Probleme. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen müsste das Arbeitsgericht dem Begehren des Betriebsrates entsprechen und die Arbeitgeberin vollstreckbar per Leistungsbefehl zu einer bestimmten Handlung verurteilen. Gleichzeitig wäre durch einen zulässigen arbeitgeberseitigen Hilfsantrag der Weg eröffnet, das durchzuführen, was der Betriebsrat begehrt. Es läge gewissermaßen eine Erfüllung des Begehrens des Betriebsrates vor, sodass die zunächst zu Gunsten des Betriebsrates erfolgte Tenorierung im Nachhinein als unbegründet erscheint. Ein Beschlusstenor des Inhaltes, einerseits dem Arbeitgeber aufzugeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen und andererseits bereits die Zustimmung zu ersetzen, erscheint widersprüchlich. Im ersten Teil des Tenors wird der Arbeitgeberin etwas aufgegeben, was sie im zweiten Teil bereits erfüllt hat.
Diese Problematik lässt sich nicht dadurch lösen, den Betriebsrat auf eine Erledigungserklärung zu verweisen. Denn der Hauptantrag der Arbeitgeberin, gerichtet auf Zurückweisung dieses Begehrens zwingt die Gerichte gerade dazu, zunächst den eigentlichen Antrag des Betriebsrates zu bescheiden.
Vorstehende Schwierigkeiten erscheinen dem Beschwerdegericht unlösbar. Deshalb sind die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgericht bereits 1978 ganz allgemein für die Zulässigkeit eines arbeitgeberseitigen Hilfsantrages in der konkreten Verfahrensart aufgestellt hat, auch im vorliegenden Verfahren mit den Besonderheiten eines Begehrens gemäß § 101 BetrVG vereinbar. Auf die Frage, ob die von der Arbeitgeberin vorgenommene Eingruppierung in die Lohngruppe IV zutreffend ist oder nicht, kommt es mithin nicht mehr an.
C. Gemäß §§ 87 Abs. 2, 72 Abs. 2 ArbGG war die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.
Gohla
Claaßen