Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.01.2010, Az.: 17 Sa 1091/09

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Heimzulage von Bediensteten in der Tagesförderung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
27.01.2010
Aktenzeichen
17 Sa 1091/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 28857
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2010:0127.17SA1091.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 16.11.2011 - AZ: 10 AZR 212/10

Amtlicher Leitsatz

Werden in einer Behinderteneinrichtung Erwachsene, die dort in Wohngruppen leben, tagsüber in anderen Räumen arbeiten desselben Hauses in anderer Gruppenzusammensetzung betreut und gefördert (sog. Tagesförderung), haben die ausschließlich in dieser Tagesförderung Beschäftigten keinen Anspruch auf eine Heimzulage nach BAT bzw. TVöD.

In dem Rechtsstreit

Klägerin und Berufungsklägerin,

gegen

Beklagter und Berufungsbeklagter,

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2010 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Hillmann,

den ehrenamtlichen Richter Herrn Dohm

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 16.07.2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Heimzulage nach BAT/VkA bzw.TvöD/VkA.

2

Die am 0.0.1972 geborene Klägerin, die staatlich anerkannte Erzieherin ist, steht seit dem 0.0.1993 bei dem Beklagten, der verschiedene Behinderteneinrichtungen in Niedersachsen betreibt, als Gruppenbetreuerin in einem Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten. Sie wurde zunächst ab dem 0.0.1993 in einer Einrichtung des Beklagten - Bereich Wohnen - eingesetzt und seit dem 0.0.2000 in einer von dem Beklagten betriebenen Werkstatt für Behinderte. Seit dem 0.0.2004 ist sie in den Fachdienst Tagesförderung übergewechselt und betreut dort geistig, körperlich oder mehrfach behinderte Erwachsene.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind der Arbeitsvertrag vom 28.05.1993 (Anl. zum Beklagten-Schriftsatz vom 07.05.2008 Bl. 160 d. A.) sowie der sanierungsbedingte Änderungsvertrag vom 13.02.2004 (Anl. Nr. 2 zum Beklagten-Schriftsatz vom 14.04.2008 Bl. 103 d. A.).

4

In § 3 des Arbeitsvertrages vom 28.05.1993 heißt es - soweit hier von Interesse - wörtlich:

5

"Für die vorübergehende Beschäftigung gelten die Bestimmungen des BAT und der Anlage 2 zum BAT mit den entsprechenden Ergänzungen in der jeweils geltenden Fassung sowie die zusätzlichen Tarifverträge, Dienstordnungen usw. in der jeweils geltenden Fassung."

6

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war zunächst eine Änderungskündigung des Beklagten vom 28.12.2007 zum 30.06.2008, die zum Zwecke der Entgeltreduzierung und Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den befristet sanierungsbedingt abgesenkten TvöD-B/VkA ausgesprochen worden war. Hinsichtlich dieser Änderungskündigung schlossen die Parteien am 29.06.2009 einen Teil-Vergleich, wegen dessen genauen Wortlautes auf Bl. 227 d. A. verwiesen wird.

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In diesem Vergleich vereinbarten die Parteien ab dem 01.07.2008 die Vertragsumstellung vom BAT-VkA 2003 auf den sanierungsbedingt veränderten TVöD-B ab dem 01.07.2008 nebst Ausgleichszahlungen. Von dem Vergleich nicht erfasst (s. Ziffer 5 des Teil-Vergleichs vom 29.06.2009) ist die Zahlung der vorliegend noch im Streit stehenden und mit Schriftsatz vom 05.02.2008 geltend gemachten Zahlung einer Heimzulage in Höhe von 61,36 € brutto monatlich gem. der Protokollerklärung Nr.1 zur Verg.Gr. VI (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der "Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände" (Anlage 1a zum BAT/VkA). Außergerichtlich machte die Klägerin den Anspruch auf Zahlung der Heimzulage mit Schreiben vom 17.04.2007 (Bl. 37 d. A.) geltend.

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Der Beklagte bietet an 17 Standorten in Niedersachsen für Kinder/Jugendliche und Erwachsene mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen betreute Wohn- und Lebensangebote in verschiedenen Häusern und Wohngruppen in Niedersachsen an. In den Wohngruppen sind 10 bis 12 geistig- und/oder körperlich Behinderte vollstationär untergebracht. Diese werden von sog. Wohngruppenbetreuern betreut, die im Schichtdienst arbeiten und denen der Beklagte die Heimzulage zahlt. Ein wesentlicher Bestandteil des Angebotes des Beklagten besteht neben den Wohnmöglichkeiten in spezifischen Lern-, Förder- und Arbeitsmöglichkeiten. Hierzu verlassen die Behinderten tagsüber - soweit dies ihr Behinderungsgrad zulässt - ihre Wohngruppe und werden - abhängig vom Grad der Behinderung und dem Lebensalter - entweder in der sog. Tagesförderung betreut oder begeben sich in eine Werkstatt für Behinderte bzw. schulische Betreuung. Die Tagesförderung, die auch von einzelnen Externen besucht wird, ist eines dieser Förderangebote zur Unterstützung, Förderung und Beschäftigung erwachsener Menschen, die aufgrund schwerer geistiger, körperlicher oder mehrfacher Behinderung nach Erfüllung der Schulpflicht, die Aufnahmevoraussetzungen für eine Werkstatt für behinderte Menschen nicht oder noch nicht erfüllen können. Sie bietet neben lebenspraktischem Training beschäftigungs- und arbeitstherapeutische Förderung (vgl. zur Konzeption der Tagesförderung und der Wohngruppen Ziffn. 1 und 4.3 der Anlage 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 23.11.09). Die Mitarbeiter in der Tagesförderung arbeiten in unterschiedlichen Projektgruppen. Diese beschäftigen sich mit Themen wie bspw. Kommunikation, Gartengestaltung, Gottesdienst und Psychomotorik. Auch Bildungsangebote und Angebote der Musikförderung werden durchgeführt. Die Gruppenzusammensetzung in der Tagesförderung ist nicht identisch mit den jeweiligen Wohngruppen. Vielmehr setzen sich die Projektgruppen der Tagesförderung in der Regel aus Bewohnern verschiedener Wohngruppen zusammen. Die Tagesförderung findet grundsätzlich wochentags, d. h. von montags bis freitags von ca. 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr in eigenen Räumlichkeiten auf einer anderen Etage desselben Hauses statt, in dem sich die Wohngruppen befinden. Die Bewohner müssen sich lediglich eine Treppe hinunter begeben. Je nach Belastbarkeit des einzelnen Menschen sind individuelle zeitliche Gestaltungen möglich und in Koordination mit den Mitarbeiter/innen der Wohngruppen zu organisieren. In der Anwesenheitszeit sind Erholungspausen und Ruhezeiten enthalten. Der Dienst der dort tätigen Betreuer geht von 07:30 Uhr bis ca. 17:00 Uhr. Ein Schichtdienst ist nicht vorgesehen. Zu besonderen Anlässen, bei der Durchführung von Projekten, Ausgestaltung von Festen und Feiern etc., werden auch am späten Nachmittag und am Wochenende Angebote zur Tagesförderung durchgeführt. Die Gruppengröße bewegt sich je nach Art und Schwere der Behinderung zwischen 6 bis 10 Personen. (vgl. Ziff. 4.1 der Leistungsbeschreibung Anl. 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 23.11.2009 sowie Erklärungen der Parteien zu Protokoll der Sitzung vom 27.01.10). Nach Beendigung der Tagesförderung kehren die Bewohner in ihre jeweiligen Wohngruppen zurück. Einzelne (Schwerst-) Behinderte gehen nicht in die Tagesförderung, da dort keine Einzelförderung angeboten wird. Sie bleiben in ihren Wohngruppen und werden dort weiter betreut/gefördert. Die Aufgabenbeschreibungen der qualifizierten Wohngruppenbetreuer/innen (mit dreijähriger fachspezifischer Ausbildung) und derjenigen für qualifizierte Mitarbeiter/innen der Tagesförderung ähneln sich weitgehend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anl. K 7 und K 8 zum Klägerinnen-Schriftsatz vom 21.09.2009 verwiesen. Sowohl in der Tagesförderung als auch in der Wohngruppenbetreuung werden mit den zu betreuenden Personen Mahlzeiten eingenommen und die Medikation verabreicht, Toilettengänge durchgeführt und bei Bedarf Windeln/Inkontinenzeinlagen gewechselt sowie Bekleidungswechsel vorgenommen. Tagesförderung und Wohngruppen unterliegen separaten Leitungen und werden als separate Leistungen abgerechnet. Eine schriftliche Heimordnung besteht weder für die Tagesförderung noch für die Wohngruppen. Unstreitig findet zwischen der Tagesförderung und den Wohngruppen eine gewisse organisatorische und auch pädagogische Abstimmung zum Zwecke der Koordination statt. Zwischen den Mitarbeitern der Tagesförderung und denjenigen der Wohngruppen finden auch Teambesprechungen statt, wobei der Umfang dieser Besprechungen zwischen den Parteien streitig ist. Es gibt bei dem Beklagten ein unternehmensweites gemeinsames Kommunikationssystem, einheitliche Gebärden, Symbole etc.. Im Rahmen der Qualitätssicherung erfolgt eine Dokumentation und Information der Bereiche über einheitliche Musterschreiben (bspw. für die Einbeziehung des psychologischen Dienstes) und einheitliche Protokollformulare.

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Wegen des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils vom 16.07.2009 Bezug genommen.

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Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung der Heimzulage abgewiesen, die Klägerin in die Kosten des Rechtsstreits verurteilt und den Streitwert auf 3.252,00 € festgesetzt. Wegen der Gründe, die das erstinstanzliche Gericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

11

Gegen dieses ihr am 22.07.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 05.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 21.09.2009 beim Landesarbeitsgericht per Fax eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieses Schriftsatzes sowie den weiteren Schriftsatz vom 22.12.09 Bezug.

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Die Klägerin begehrt in der Berufungsinstanz die Heimzulage in Höhe von 61,36 € brutto monatlich für den Zeitraum von Oktober 2006 bis August 2009 einschließlich und will außerdem festgestellt wissen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch ab September 2009 monatlich fortlaufend die Heimzulage zu zahlen. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass sie auch als Mitarbeiterin in der Tagesförderung die Anspruchsvoraussetzungen der Protokollnotiz für die Zahlung der Heimzulage erfülle. Es liege ein räumlich organisatorischer Zusammenhang sowie ein einheitliches pädagogisches Konzept für alle Bereiche und alle Mitarbeiter vor, weshalb sich eine Differenzierung der Tätigkeiten in der Wohngruppe selbst und in der Tagesförderung verbiete. Die Präambel der Diakonie H. sei Grundlage für alle Konzeptionen und insoweit für alle Mitarbeiter gleich. Die fachspezifischen Konzeptionen bauten darauf auf. Dies könne auch nicht anders sein, denn die Problematik sowie die Schwierigkeiten in der Betreuung eines Erwachsenen, geistig behinderten Klientels, ändere sich nicht durch den Wechsel der Räumlichkeiten von der Wohngruppe in den Bereich der Tagesförderung. Das Klientel bleibe mit all seinen Schwierigkeiten gleich. Ein im Wohnbereich begonnener Konflikt ende nicht an der Tür der Tagesförderung. Das in der Präambel ausgewiesene Ziel, den Menschen mit Behinderungen zu weitgehender Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit zu führen, gelinge nur in einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Bereich Wohnen und dem Bereich Tagesförderung. Die besonderen Schwierigkeiten, die sich in der jahrelangen, teilweise jahrzehntelangen Unterbringung der geistig behinderten Menschen in der Wohngruppe zeigten, entfielen nicht, wenn sie in die Tagesförderung gingen. Vielmehr setzten sich die Schwierigkeiten, welche sich im Umgang mit den geistig behinderten Menschen innerhalb der Wohngruppe zeigten, zwingend auch in der Tagesförderung fort. Insoweit seien die besonderen Erschwernisse der Mitarbeiter im Umgang mit den Behinderten im Wohnheim und in der Tagesförderung identisch. Die Betreuung in der Tagesförderung sei im Grunde sogar wesentlich intensiver als in den übrigen Stunden des Tages, welche im Wesentlichen von den Nachtstunden geprägt seien. Im Rahmen gemeinsamer Besprechungen (Betreuungsplanungsgespräche) zwischen Tagesförderung und Wohnbereich werde eine enge Zusammenarbeit in der Diakonie H. durch die Vorgaben des Qualitätsmanagements gesichert. Jegliche Betreuung, Kriseninterventionen und Klärung des aktuellen Beratungs-, Förderungs- und Therapiebedarfs werde zwischen Wohnbereichsleitung, Wohnbereichsmitarbeiter, Mitarbeiter der Tagesförderung und dem psychologischen Dienst im Einzelnen und einheitlich abgestimmt. Es fänden tägliche persönliche Absprachen der Betreuer aus dem Wohnbereich und der Tagesförderung statt, wenn die zu betreuenden Personen in die Tagesförderungen gebracht würden. Es gebe gemeinsame Ausflüge und andere gemeinsamen Freizeitangebote. In den einzelnen Teambesprechungen würden die bewohnerbezogenen Besonderheiten sowie die arbeitsorganisatorischen Besonderheiten festgehalten. Ebenso flössen dort die Informationen aus der letzten Wohngruppenleitungsbesprechung, die Informationen aus der Gesamteinrichtung sowie die Informationen aus deren Qualitätszirkel ein. Es würden Fragen zur Konzeption und Betreuungsstandard erörtert, ebenso Fragen der Zusammenarbeit mit den anderen Bereichen. Die Teambesprechungen würden entsprechend protokolliert und Mitteilungen im Rahmen des einheitlichen Dokumentationssystsms jeweils weitergeleitet an den Betreuten und an die Wohngruppe bzw. den Wohnbereich. Aus der Koordination der Wohngruppenbetreuung und der der Tagesförderung ergebe sich eine Ganztagsbetreuung der Heimbewohner. In den Aufgabenbeschreibungen der Mitarbeiter der Tagesförderung sei ausdrücklich eine enge Zusammenarbeit sowie Absprache gefordert und festgeschrieben. Darüber hinaus zeige sich die Einheitlichkeit der Organisation und die Abstimmung der beiden Bereiche im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit insbesondere in gemeinsamen Besprechungen mit dem Fachbereich psychologischer Dienst. Die Ergebnisse aus den Besprechungen würden in beiden Bereichen gleichzeitig und gleichermaßen umgesetzt. Es erfolge ein ständiger Austausch über das Gelingen oder Nichtgelingen der gemeinsam vereinbarten Ziele. Bereichsweise würden Beauftragte eingesetzt, die für die effektive gemeinsame Zusammenarbeit verantwortlich seien.

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Weiter behauptet die Klägerin, einzelne Mitarbeiter erhielten tatsächlich auch die Heimzulage, so beispielsweise der Mitarbeiter Herrn P., der nicht in einer Wohngruppe tätig sei und auch die Klägerin D. habe die Heimzulage erhalten, obwohl sie seit jeher nicht als Wohngruppenbetreuerin eingesetzt gewesen sei.

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Die Klägerin beantragt daher,

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Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts C-Stadt vom 16.07.2009, Aktenzeichen 3 Ca 25/08, abgeändert und

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a) der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.147,60 € brutto nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.043,12 € brutto seit dem 01.03.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.04.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto ab dem 01.05.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.06.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.07.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.08.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.09.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.10.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.11.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.12.2008, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.01.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.02.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.03.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.04.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.05.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.06.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.07.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.08.2009, auf einen Teilbetrag in Höhe von 61,36 € brutto seit dem 01.09.2009 zu zahlen;

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b) weiter festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab September 2009 monatlich fortlaufend eine Heimzulage gem. der Protokollerklärung zur Vergütungsgruppe 6 Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der "Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände" zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er verteidigt das angegriffene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 23.11.2009 sowie seines weiteren Schriftsatzes vom 14.01.2010. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieser Schriftsätze Bezug.

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Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, die Klägerin sei nicht in einem Heim im Sinne der Protokollerklärung beschäftigt. Bei der Tagesförderung handele es sich um eine teilstationäre Einrichtung, die organisatorisch und räumlich von den Wohngruppen getrennt sei. Entsprechend der Zielsetzung der Tagesförderung trügen deren Mitarbeiter die Verantwortung für den Prozess der Förderung eines jeden Bewohners in Richtung einer sinnstiftenden Beschäftigung bzw. einer adäquaten Arbeit als Vorläufer zur Werkstatt, während die Betreuer in den Wohngruppen die Verantwortung innerhalb des persönlichen Lebensraumes eines jeden Bewohners übernähmen. Es erfolge keine einheitliche Abstimmung und Koordination der beiden Betreuungsarten nach einer einheitlichen Konzeption. Für beide Bereiche würden vielmehr unterschiedliche Konzeptionen und Leistungsbeschreibungen gelten. Die unterschiedlichen, voneinander abgrenzbaren Aufgaben der Wohngruppen einerseits und der Tagesförderung andererseits ließen sich den mit dem Land Niedersachsen abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen (Anlagen 3 und 4 zum Schriftsatz des Beklagten vom 23.11.09) entnehmen. Die organisatorische Trennung zeige sich nicht zuletzt auch dadurch, dass Wohnen und Tagesförderung jeweils separaten Kostenstellen zugeordnet seien und als separate Leistungen abgerechnet würden. Den Aufgabenbeschreibungen der Mitarbeiter sei zu entnehmen, dass die Aufgaben der Wohngruppenbetreuer sich auf den "privaten Wohn- und Freizeitbereich" bezögen, diejenigen der in der Tagesförderung Tätigen dagegen auf den "öffentlichen Beschäftigungsbereich" beschränkten. So liege die medizinische Verantwortung hinsichtlich der Medikamentierung ausschließlich bei den Mitarbeitern der Wohnbereiche. Die Mitarbeiter der Tagesförderung verteilten nur die vorbereiteten Medikamente. Die wechselseitige Information beider Bereiche sei gerade erforderlich, weil eben nicht automatisch sichergestellt sei, dass Informationen aus dem Wohnbereich auch in die Tagesförderung gelangen und umgekehrt. Entsprechendes gelte auch für die Arbeitsanweisung "Mitteilung über Betreuung in der Tagesförderung". Unzutreffend sei, dass die Bewohner täglich von den Mitarbeitern der Wohnbereiche in die Tagesförderung gebracht würden und es in diesem Zusammenhang zu genauen Absprachen komme. Vielmehr sei es so, dass viele Bewohner alleine in die Tagesförderung kämen, die Begleitung durch einen Mitarbeiter der Wohnbereiche also die Ausnahme darstelle. Interdisziplinäre Besprechungen oder gemeinsame Teambesprechungen zwischen Mitarbeitern von Tagesförderung und Wohnbereichen fänden nicht regelmäßig statt, sondern würden nur bei Eintreten von besonderen Problemsituationen zur Krisenbewältigung anberaumt. In der Regel beschränke sich dies auf maximal eine Besprechung pro Bewohner und Jahr. Auch Ausflüge würden in der Regel von beiden Bereichen separat organisiert und durchgeführt, lediglich in Ausnahmefällen helfe man sich gegenseitig aus. Nur eine der 10 beim Beklagten bestehenden Tagesförderungsgruppen setze einen für die effektive gemeinsame Zusammenarbeit verantwortlichen Beauftragten ein. Bei dieser Gruppe handele es sich um die Bewohner des geschlossenen Bereiches, bei denen eine besonders intensive Betreuung erforderlich sei. Die inhaltlichen Vorgaben und Eintragungen in zum Zwecke der Qualitätssicherung einheitlichen Formulare wichen entsprechend der unterschiedlichen Konzeption in Tagesförderung und Wohngruppen voneinander ab. Die Verwendung einheitlicher Gebärden, Symbole etc. in der Eingliederungshilfe entspreche dem bundesweiten Standard und ermögliche eine gruppen- und bereichsübergreifende Kommunikation. Die Wohngruppen unterfielen auch einer eigenen "Heimordnung". Für beide Bereiche gebe es unterschiedliche Regeln, was sich schon aus den getrennten Leitungen beider Bereiche ergebe. So bestünden im Rahmen der Tagesförderung strenge Regelungen bezüglich Pünktlichkeit und der Einhaltung von zuvor getroffenen Absprachen. Im Gegensatz dazu seien die Bewohner in den Wohnbereichen in ihrer Zeiteinteilung freier, so dass auch die diesbezüglichen Regelungen weniger streng gefasst seien.

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Der Mitarbeiter H. P. und die Klägerin D. hätten lediglich vorübergehend als Mitarbeiter der Werkstatt für Behinderte eine sog. "Gefahrenzulage" in Höhe von 30,00 € erhalten, deren Zahlung nach Klärung der rechtlichen Voraussetzungen eingestellt worden sei. Weder Herr P. noch Frau D. erhielten derzeit irgendeine Zulage.

Entscheidungsgründe

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I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

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II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Heimzulage aus § 611 BGB i. V. m. dem geschlossenen Arbeitsvertrag und der Protokollerklärung zur Verg.Gr. 6 Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der "Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände" bzw. ab 01.01.2009 der inhaltsgleichen Protokollerklärung Nr. 1 in dem Anhang zur Anl. C des TVöD-B/VkA. Die Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 1 nach diesen Tarifvorschriften sind nicht erfüllt.

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1. Die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge sind zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, der entsprechend einem Eingruppierungsfeststellungsantrag unbedenklich zulässig ist.

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2. Der Anspruch der Klägerin ist nicht teilweise aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen des BAT/VkA bzw. TVöD-VkA verfallen. Zwar hat die Klägerin trotz entsprechender Auflage keinen Vortrag dazu gehalten, wann ihr Geltendmachungsschreiben bei dem Beklagten zugegangen ist. Da der Beklagte jedoch seinerseits nicht bestritten hat, dass ihm das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 16.04.2007 (Bl. 37 d. A.) zugegangen ist und die Ausschlussfrist insb. auch für den Monat Oktober 2006 gewahrt hat, konnte die Kammer davon ausgehen, dass dies zwischen den Parteien unstreitig ist.

27

3. Zwar übt die Klägerin eine Tätigkeit als Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 zur Verg.Gr. VI b Fallgruppe 5 (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1 a zur "Allgemeinen Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände" bzw. des Anhangs zur Anl. C des TvöD-BT-B/VkA aus, für die die Zahlung einer Heimzulage in Betracht kommt. Die Klägerin ist jedoch nicht in einem Heim im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 beschäftigt.

28

Die Protokollerklärung Nr. 1 der Anlage 1 a zum BAT/VkA (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) lautet auszugsweise, soweit hier von Interesse, wie folgt:

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"Der Angestellte - ausgenommen der Angestellte bzw. Meister im handwerklichen Erziehungsdienst - erhält für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder einem Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine Zulage in Höhe von 61,36 Euro monatlich, wenn in dem Heim über- wiegend Behinderte im Sinne des § 39 BSHG oder Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind; sind nicht überwiegend solche Personen ständig untergebracht, beträgt die Zulage 30,68 Euro monatlich ."

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Infolge des Änderungsvertrags Nr. 2 vom 27.07.09 zum TvöD-BT-B/VkA (Eingruppierung und Entgelt der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst) ist diese Regelung zum 01.11.2009 als Protokollerklärung Nr. 1 zur Entgeltgruppe S 6 in den Anhang zur Anl. C des TvöD-BT-B inhaltlich übernommen worden.

31

Die Protokollerklärung Nr. 1 im Anhang zur Anl. C des TvöD-BT-B/VkA lautet auszugsweise, soweit hier von Interesse, wie folgt:

32

"Die/Der Beschäftigte - ausgenommen die/der Beschäftigte bzw. Meisterin/Meister im handwerklichen Erziehungsdienst - erhält für die Dauer der Tätigkeit in einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder einem Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) eine Zulage in Höhe von 61,36 Euro monatlich, wenn in dem Heim überwiegend behinderte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX oder Kinder und Jugendliche mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind; sind nicht überwiegend solche Personen ständig untergebracht, beträgt die Zulage 30,68 Euro monatlich."

33

4. Die Tarifvertragsparteien haben den unbestimmten Rechtsbegriff "vergleichbare Einrichtung (Heim)" im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 nicht definiert. Was sie unter einem Heim verstehen, ist durch Auslegung des Tarifvertrages und der dazu vereinbarten Protokollnotizen zu ermitteln.

34

4.1 Bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages ist ausgehend vom Tarifwortlaut vor allem auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann.

35

Unter einem Heim ist nach dem Sprachgebrauch eine Wohnung, ein Haushalt bzw. ein Ort zu verstehen, an dem jemand lebt und zu dem er eine gefühlsmäßige Bindung hat, wo er sich mithin "zu Hause" fühlt (vgl. BAG vom 25.01.1995 - 10 AZR 150/94 - ZTR 1995, 318). Bei einer einem Erziehungsheim, einem Kinder- oder Jugendwohnheim oder einer vergleichbaren Einrichtung (Heim) vergleichbaren Einrichtung muss es sich um eine räumlich-organisatorisch zusammenhängende Einrichtung handeln, in der in der Regel eine größere Zahl von Menschen lebt, die in eine nicht selbst gesetzte Ordnung eingebunden sind und die sich an Regeln halten müssen, die typischerweise von der Heimleitung festgesetzt werden (BAG vom 20.02.2008 - 10 AZR 597/06 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen und vom 23.10.2002 - 10 AZR 60/02 - AP Nr.35 zu §§ 22,23 BAT Zulagen).

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4.1.1 Um ein solches Heim bzw. eine vergleichbare Einrichtung im Sinne der Protokollnotiz handelt es sich ohne Zweifel bei den Wohngruppen. Die dort untergebrachten Personen sind in den Wohngruppen zu Hause, wobei es unschädlich ist, dass sie teilweise den Heimbereich täglich verlassen, um in eine Werkstatt für Behinderte, die Tagesförderung oder eine Förderschule zu gehen. Sie gehören zu dem Personenkreis, der in der Protokollnotiz erfasst ist, nämlich Behinderte im Sinne des § 39 BSHG (seit dem 01. Januar 2005 im Sinne des § 53 SGB XII), die zum Zwecke der Erziehung, Ausbildung oder Pflege ständig untergebracht sind. Da sie dort zumindest während der Woche ständig leben, ist die Wohngruppe auch ein Ort, zu dem sie eine gefühlsmäßige Bindung entwickeln (vgl. BAG vom 20.06.2007 - 10 AZR 285/06 - m. w. N.). Das ist zwischen den Parteien nicht streitig und die in den Wohngruppen tätigen Betreuungskräfte erhalten auch die Heimzulage. Diese steht den entsprechenden Betreuungskräften auch zu, soweit in den Wohngruppen erwachsene Behinderte untergebracht sind (vgl. BAG vom 27.09.2000 - 10 AZR 640/99 - ZTR 2001, 177 f. Rz. 44 und vom 20.04.94 - 10 AZR 276/92 - AP Nr. 11 zu §§ 22,23 BAT Zulagen).

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4.1.2 Die Heimzulage soll bei den Bediensteten die besonderen Erschwernisse ausgleichen, die durch das ständige Zusammenwohnen tagsüber und nachts entstehen (BAG vom 26.05.1993 - 4 AZR 130/93 - AP Nr. 3 zu § 12 AVR Diakonisches Werk). Die Tätigkeit wird dabei in der Protokollnotiz klar bezogen auf die Arbeit an dem Ort und in der organisatorischen (Teil) Einheit, in der der genannte Personenkreis auch tatsächlich wohnt in dem Sinne, dass er dort schläft und sich dort aufhält (BAG vom 27.09.2000 - 10 AZR 640/99 - ZTR 2001, 177). Durch das enge Zusammenleben einer größeren Zahl von Personen mit wesentlichen Behinderungen entstehen Konflikte und Probleme, bei denen die Betreuer als Ansprechpartner fungieren und die eine kontinuierliche erhöhte psychische Belastung darstellen (BAG vom 27.09.2000 - 10 AZR 640/99 - ZTR 2001, 177). Gerade der Freizeitbereich vor und nach dem Schlafengehen und die Konflikte, die sich in dieser Zeit ergeben können, begründen bei der Betreuung der in der Protokollnotiz genannten Personen die besonderen Erschwernisse, die mit der Zulage ausgeglichen werden sollen (BAG vom 20.06.2007 - 10 AZR 285/06 - AP Nr. 43 zu §§ 22, 23 BAT Zulagen). Dies ist im Streitfall aber nur bei den Wohngruppen und nicht in der Tagesförderung der Fall.

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5. Die Klägerin ist jedoch nicht im Bereich der Wohngruppen tätig. Bei der Tagesförderung handelt es sich nicht um eine einem Erziehungsheim, Kinder- oder Jugendwohnheim vergleichbare Einrichtung (Heim) im Sinne der Protokollnotiz. Die Betreuung der erwachsenen Behinderten in der Tagesförderung könnte nur dann einen Zulagenanspruch auslösen, wenn es sich bei letzterer um eine unselbständige Abteilung des Gesamtheims handelte, mithin Tagesförderung und Wohnen so eng miteinander verknüpft wären, dass von einer einheitlichen Einrichtung gesprochen werden müsste. Hiervon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden.

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5.1 Allerdings besteht nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen der Parteien zwischen den Wohngruppen und der Tagesförderung ein gewisser räumlicher und organisatorischer Zusammenhang und erfordert das Betreuungskonzept, das von einer Ganztagsbetreuung der Behinderten ausgeht, auch eine Abstimmung der Mitarbeiter der verschiedenen Bereiche sowie einen wechselseitigen Informationsaustausch. Auch werden in beiden Bereichen - wie dies auch aus den Aufgabenbeschreibungen für die Betreuer der Tagesförderung und Wohngruppen ersichtlich ist - von den Betreuern ähnliche Aufgaben wahrgenommen. Nach den Aufgabenbeschreibungen ist den Mitarbeitern beider Bereiche außerdem die ganzheitliche Betreuung und Förderung der Betreuten in persönlicher Ansprache und Zuwendung sowie Wahrnehmung ihrer Interessen bei gleichzeitiger Anleitung zu weitest möglicher Selbständigkeit, Berücksichtigung der individuellen und altersentsprechenden Bedürfnisse aufgegeben (s. Anl. K 7 dort I. Allgemeine Aufgaben und K 8 Ziff. 1 zum Klägerinnen-Schriftsatz vom 21.09.2009). Gleichwohl verrichtet die Klägerin ihre Arbeit nicht in einem Heim. Es liegt auch keine unselbständige Abteilung eines Gesamtheims vor.

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5.2 Schon die Tatsache, dass ein wechselseitiger Informationsaustausch durch Einzelgespräche bzw. bereichsübergreifende Teamsitzungen zwischen den beiden Bereichen erfolgen muss, zeigt, dass eine gewisse fachlich inhaltliche Abgrenzung beider Bereiche vorliegt. Auch sind die Tagesförderungsgruppen nicht mit den jeweiligen Wohngruppen identisch. Vielmehr finden sich in den Tagesgruppen Bewohner verschiedener Wohngruppen nach Fähigkeiten und Behinderungsgrad in Projektgruppen zusammen. Gegenüber dem reinen Freizeitbereich in der eigentlichen Wohngruppe bietet die Tagesförderung ein strukturiertes Angebot zu bestimmten (festen) Betreuungszeiten. Zwar können auch hier (neue) Konflikte entstehen, diese sind aber - schon aufgrund der anderen Zusammensetzung der Gruppen und der Durchführung strukturierter Angebote - anderer Art, als die durch das ständige Zusammenwohnen tagsüber, nachts und an den Wochenenden und Feiertagen über das ganze Jahr entstehenden zusätzlichen Erschwernisse, die die Heimzulage ausgleichen will. Nach Ansicht der Kammer könnten nur bei einer ohne räumliche und organisatorische Trennung erfolgenden ganztägigen Betreuung der behinderten Erwachsenen durch alle Mitarbeiter - z. B. in der Wohngruppe bzw. bei gleicher Zusammensetzung der Wohn- und Tagesfördergruppen - die Erschwernisse eintreten, deren Ausgleich Sinn und Zweck der Zulagenregelung ist. Auf den Austausch zwischen den Bereichen unter Verwendung eines einheitlichen Dokumentations- und Kommunikationssystems kommt es demgegenüber im Streitfall ebenso wenig an, wie auf die räumliche Nähe der Bereiche oder darauf, ob in beiden Bereichen gleiche oder unterschiedlich strenge (ungeschriebene) Regeln gelten.

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Soweit die Klägerin auf die Ähnlichkeit der Tätigkeiten und Aufgabenbereiche sowie darauf hinweist, dass die besonderen Probleme der von ihr betreuten, geistig behinderten Erwachsenen im Rahmen der Tagesförderung fortbestehen, wird diese Erschwernis des Umganges mit Behinderten bereits durch die Eingruppierung erfasst und vergütet (BAG vom 20.02.2008 - 10 AZR 597/06 aaO.). Die Heimzulage wird demgegenüber nicht für Erschwernisse gezahlt, die sich aufgrund der Schwere der Erkrankung/Behinderung ergeben. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht auch einen Anspruch auf die Heimzulage zur Betreuung einer Tagesgruppe abgelehnt (BAG vom 26.05.1993 - 4 AZR 149/92 - AP Nr. 2 zu § 12 AVR Diakonisches Werk und vom 26.05.1993 - 4 AZR 130/93 - AP Nr. 3 zu § 12 AVR Diakonisches Werk).

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Die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des BAG vom 20.02.2008 - 10 AZR 263/07 - ZTR 2008, 439) widerspricht dem nicht. Diese Entscheidung erging zu einer Regelung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland und betraf einen Mitarbeiter in einer Werkstatt für Behinderte, die sich in einem Heim befinden musste. Zwar erhalten nach Satz 2 der im Streitfall maßgeblichen Protokollerklärung Nr.1 auch Beschäftigte bzw. Meister im handwerklichen Erziehungsdienst in einem Heim i.S.d. Satzes 1 erster Halbsatz eine (niedrigere) Heimzulage. Die Klägerin macht vorliegend aber die Heimzulage nach S. 1 der Protokollerklärung geltend und nicht die niedrigere i.S.d. S. 2 der Protokollerklärung Nr.1, deren Voraussetzungen nach ihrem Vorbringen auch nicht gegeben sind.

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6. Die Klägerin hat auch weder aus betrieblicher Übung noch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung einen Anspruch auf die begehrte Heimzulage.

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6.1 Mehrfach wiederholtes, die Arbeitnehmer des Betriebes oder einen abstrakt beschriebenen Ausschnitt hiervon begünstigendes, gleichförmiges Arbeitgeberverhalten kann rechtsgestaltende Wirkung haben. Für die Annahme einer betrieblichen Übung fehlt es vorliegend aber bereits an Vortrag der Klägerin dazu, dass sie oder die in der Tagesförderung beschäftigten Arbeitnehmer jemals während ihrer Tätigkeit in der Tagesförderung eine Heimzulage erhalten haben. Im Übrigen kann tariflicher Normenvollzug eine betriebliche Übung nicht begründen.

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6.2 Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht ersichtlich. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht sachfremd gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage schlechter zu stellen. Insoweit fehlt es bereits an Vortrag der Klägerin dazu, dass andere, gleichfalls in der Tagesförderung beschäftigte Arbeitnehmer (Vergleichsgruppe) eine Heimzulage erhalten. Im Übrigen behauptet die Klägerin eine entsprechende Zahlung auch nur für 2 Arbeitnehmer. Die individuelle Besserstellung einzelner stellt jedoch noch keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Im Übrigen hat die Klägerin schon nicht behauptet, dass die Klägerin D. während ihrer Tätigkeit in der Tagesförderung die Heimzulage erhalten hätte oder der Mitarbeiter H. P. überhaupt in der Tagesförderung tätig wäre.

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Da die Kammer ihrer Entscheidung den Schriftsatz der Beklagten vom 14.01.2010 - der ohnehin weitgehend eine Wiederholung des bis dahin erfolgten Vorbringens der Beklagten sowie Rechtsausführungen enthält - nicht zugrunde gelegt hat, bedurfte es keiner weiteren Schriftsatzfrist für die Klägerin.

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III. Als unterliegende Partei hat die Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

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Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen.

Knauß
Hillmann
Dohm