Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.12.2010, Az.: 17 Sa 285/10
Zeitausgleich für angesparte Unterrichtsstunden bei Einsatz des Lehrers außerhalb des Schulbetriebes
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 01.12.2010
- Aktenzeichen
- 17 Sa 285/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 35082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:1201.17SA285.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hildesheim - 04.02.2010 - AZ: 3 Ca 44/09
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 3 NBG
- § 60 Abs. 4 NBG
- § 80 Abs. 5 S. 3 NBG a.F.
- § 44 Nr. 2 TV-L
- § 275 Abs. 1 BGB
- § 611 Abs. 1 BGB
- § 5 ArbZVO-Lehrer
- § 7 ArbZVO-Lehrer
Amtlicher Leitsatz
Der Zeitausgleich angesparter Unterrichtsstunden nach der ArbZVO-Lehrer wird nicht dadurch unmöglich, dass der Lehrer beim selben Arbeitgeber nicht mehr im Schulbetrieb eingesetzt wird.
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungsbeklagter,
gegen
Beklagter und Berufungskläger,
hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2010 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß,
die ehrenamtliche Richterin Frau Baar,
die ehrenamtliche Richterin Frau Jeremias
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des beklagten Landes wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Gewährung von Zeitausgleich aus einem angesparten Arbeitszeitkonto.
Der am 00.00.1952 geborene Kläger war seit dem 01.02.1996 als Lehrkraft im Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte A-Stadt beschäftigt. Die Unterrichtsverpflichtung des vollzeitig tätigen Klägers betrug 26,5 Stunden wöchentlich. Um das auf geburtenstarke Jahrgänge zurückgehende erhöhte Schüleraufkommen abzufedern, führte das beklagte Land durch die 9. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 28.05.1998 mit Wirkung zum 01.08.1998 verpflichtende Arbeitszeitkonten ein; siehe § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (im folgenden ArbZVO-Lehr). Zum Inhalt der bis zum 31.07.2008 geltenden ArbZVO-Lehr in der Fassung vom 02.08.2004 wird Bezug genommen auf Bl. 9 - 12 d. A.
Während seiner Tätigkeit als Lehrer erbrachte der Kläger 275 zusätzliche Unterrichtsstunden.
Mit Schreiben vom 19.12.2003 wurde der Kläger in die Abteilung 1 des Landesbildungszentrums umgesetzt. Seit dem ist er nicht mehr als Lehrkraft tätig, sondern arbeitet im Internatsbereich, im Bereich der Frühförderung, führt Fallbesprechungen mit Lehrkräften und Elternberatungen durch und erteilt für Einzelschüler oder Kleingruppen Stützunterricht. Seither richtet sich seine Arbeitszeit nach§ 15 BAT bzw. jetzt nach § 6 Abs. 1 b TV-L und beträgt 38,5 Zeitstunden wöchentlich.
Auf die Bitte des Klägers um Ausgleich seines Arbeitszeitkontos im Juni 2008 teilte der Verwaltungsleiter des Landesbildungszentrums mit, dass ein Zeitausgleich aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Statuswechsels unmöglich sei und der Kläger eine Entschädigung nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung erhalten werde. Das beklagte Land zahlte dem Kläger den sich aus 6.261,75 € brutto ergebenden Nettobetrag als Mehrarbeitsvergütung aus. Der Kläger überwies diesen Betrag zurück.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, sein Anspruch auf Zeitausgleich der angesparten Unterrichtsstunden ergebe sich unmittelbar aus § 80 Abs. 5 NBG a. F. bzw. § 60 Abs. 4 NBG n. F.. Ein Störfall i. S. d. § 7 ArbZVO-Lehr sei nicht gegeben, weil der Kläger nach wie vor im Dienst des beklagten Landes sei und ein Zeitausgleich durch Kürzung der Arbeitszeit gewährt werden könne. Die Umrechnung von Unterrichtsstunden auf Zeitstunden sei problemlos möglich. Bei einer Unterrichtsverpflichtung von 26,5 Wochenstunden mache eine Stunde Mehrarbeit einen Anteil von 3,77 Prozent aus. Kürze man die Arbeitszeit von 38,5 Stunden um diesen Prozentsatz, komme man zu dem Ergebnis, dass eine Unterrichtsstunde 1,45 Zeitstunden entspräche. Damit steht dem Kläger ein Zeitausgleich von 398,75 Zeitstunden zu.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger Zeitausgleich im Umfang von 398,75 Zeitstunden, hilfsweise 275 Unterrichtsstunden zu gewähren.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Ansicht vertreten, die Regelungen des § 5 ArbZVO-Lehr hinsichtlich der Ausgleichsphase seien auf den Kläger nicht mehr anwendbar. Damit sei ein zeitlicher Ausgleich der angesparten Unterrichtsstunden im Schulbetrieb dauerhaft unmöglich. Nach § 7 ArbZVO-Lehr sei in diesen Fällen § 8 a Abs. 5 der Nds. Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten (im folgenden: Nds.ArbZVO) entsprechend anzuwenden (seit dem 10.04.2009 § 8 b Abs. 5 Nds.ArbZVO). § 7 ArbZVO-Lehr sei auf den Kläger weiterhin anwendbar, da die Ausgleichsansprüche in der Zeit als Lehrer in der Schule nach der ArbZVO-Lehr entstanden seien und nach den darin getroffenen Regelungen abgewickelt werden müssten. Bei den Regelungen der ArbZVO-Lehr handele es sich um Spezialvorschriften gegenüber § 80 Abs. 5 NBG gem. § 80 Abs. 9 NBG. Aufgrund der abschließenden Regelungen der ArbZVO-Lehr sei eine Umrechnung auf die jetzige Arbeitszeit nicht zulässig. Die Unterrichtsverpflichtung sei nicht mit der Arbeitszeit einer Lehrkraft identisch, wobei für die Gesamtwochenarbeitszeit einer Lehrkraft die allgemein festgelegte Wochenarbeitszeit der Beamten bzw. Tarifbeschäftigten den Rahmen bilde.
Mit dem angegriffenen Urteil vom 04.02.2010 hat das Arbeitsgericht das beklagte Land verurteilt, dem Kläger Zeitausgleich im Umfang von 398,75 Zeitstunden zu gewähren, dem beklagten Land die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 9.749,43€ festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Zeitausgleich im begehrten Umfang. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes liege keine Unmöglichkeit in Form eines Zeitausgleichs vor. Da der Kläger weiterhin einsatz- und arbeitsfähig sowie beim beklagten Land beschäftigt sei, sei es diesem grundsätzlich möglich, dem Kläger Freizeitausgleich durch Freistellung von der Arbeit zu gewähren. Auch liege kein Fall des § 7 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ArbZVO-Lehr) vor. § 7 ArbZVO-Lehr beschränke den zeitlichen Ausgleich angesparter Unterrichtsstunden nicht ausschließlich auf einen Ausgleich durch Unterrichtsstunden eines Lehrbetriebs. Dies möge der Regelfall des zeitlichen Ausgleichs angesparter Unterrichtsstunden sein, jedoch nicht der einzig mögliche Zeitausgleich. Weder § 7 ArbZVO-Lehr noch § 80 NBG a. F. bzw. § 60 Abs. 3 NBG n. F. legten fest, in welchem Zeitmodell der Zeitausgleich von erbrachter Mehrarbeit erfolgen solle, insb. nicht, dass der Zeitausgleich ausschließlich durch Freistellung von der bisher ausgeübten Tätigkeit zu erfolgen habe. Für die Gewährung des Zeitausgleichs sei es schließlich unerheblich, von welcher konkreten Arbeitsverpflichtung der Dienstverpflichtete freigestellt werde.
Auch der Umstand, dass die Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft nicht mit der Arbeitszeit der Lehrkraft identisch sei, führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Wie das beklagte Land selbst ausgeführt habe, bilde für die Gesamtwochenarbeitszeit einer Lehrkraft die allgemein festgelegte Wochenarbeitszeit der Beamten bzw. Tarifbeschäftigten den Rahmen. Gerade daraus folge die Möglichkeit, Unterrichtsstunden, die im Rahmen der Lehrtätigkeit angespart worden seien, durch Freizeitausgleich in einem Dienstverhältnis außerhalb der Lehrtätigkeit zu gewähren. Die Umrechnung der angesparten Unterrichtstunden sei dabei im Verhältnis zur Gesamtwochenarbeitszeit der allgemein festgelegten Wochenarbeitszeit von Beamten bzw. Tarifbeschäftigten möglich. Hierbei sei entsprechend der Berechnung, die der Kläger vorgenommen habe, die Unterrichtsverpflichtung von 26,5 Wochenstunden zur regelmäßigen Tarifarbeitszeit von 38,5 Stunden ins Verhältnis zu setzen. Bei dieser Umrechnung stehe dem Kläger für die unstreitig erbrachten 275 zusätzlichen Unterrichtsstunden ein Zeitausgleich in Höhe von 398,75 Zeitstunden zu. Wegen der weiteren Erwägungen, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses ihm am 15.02.2010 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem am 02.03.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die es mit einem per Fax am 15.04.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Kammer nimmt auf den Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes des beklagten Landes vom 15.04.2010 Bezug.
Das beklagte Land rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts legten die ArbZVO-Lehr, die Nds. ArbZVO und § 80 a. F. NBG bzw. § 60 n. F. NBG fest, in welchem Zeitmodell der Ausgleich erbrachter Mehrarbeit erfolgen müsse. § 80 Abs. 9 des NBG bzw. die Nachfolgevorschrift sähen ausdrücklich vor, dass für verschiedene Beamtengruppen verschiedene Arbeitszeitmodelle gelten könnten. Auf ihrer Grundlage sei die allgemeine Nds. ArbZVO und die ArbZVO-Lehr erlassen worden. Aufgrund der Verweisung in § 44 Nr. 2 TV-L richte sich die Arbeitszeit von Lehrkräften nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen. Die Tarifvertragsparteien hätten durch diese Vorschrift die Lehrkräfte unter anderem arbeitszeitmäßig gleichstellen wollen, d. h. bindend vorgeschrieben, wann sich welcher Beschäftigte in welchem Arbeitszeitmodell befinde und zugleich auch die Regeln der Arbeitszeitmodelle vorgegeben. Weil die Arbeitszeitmodelle nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auseinander zu halten seien, sei es auch von entscheidender Bedeutung, von welcher konkreten Arbeitsverpflichtung der Beschäftigte freigestellt werde. In § 5 Abs. 3 bis 6 ArbZVO-Lehr sei abschließend festgelegt, dass der zeitliche Ausgleich der zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden durch eine entsprechende Verringerung derselben vollzogen werde. Der Ausgleich dürfe z. B. nicht durch eine Reduzierung außerunterrichtlicher Tätigkeiten (die arbeitszeitrechtlich z. B. durch die Gewährung von Anrechnungsstunden berücksichtigt würden), die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zu erfüllen seien, erfolgen. Folgerichtig liege eine Unmöglichkeit i. S. von § 7 ArbZVO-Lehr vor, wenn der Beschäftigte nicht mehr als Lehrer tätig sei. Entsprechend liege eine Unmöglichkeit i. S. von § 8 b Abs. 5 Nds. ArbZVO vor, wenn der Beamte des Verwaltungsdienstes als Lehrer tätig werde. Der Grund für diese Unterscheidung finde sich in § 1 der Nds. ArbZVO bzw. der ArbZVO-Lehr, der den Anwendungsbereich genau regele. Das Arbeitsgericht verkenne, dass nicht nach den Regeln einer Verordnung verfahren werden dürfe, wenn diese nicht mehr anwendbar sei. Es könne lediglich nach der Regel in § 7 ArbZVO-Lehr verfahren werden. Auch verbiete sich grundsätzlich eine Umrechnung der Pflichtstundenzahl einer Lehrkraft in die Wochenstundenzahl eines sonstigen Arbeitnehmers. Im Übrigen lege § 80 NBG im Jahresdurchschnitt die regelmäßige Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden fest, § 6 TV-L jedoch nur auf 38,5 Stunden. § 44 TV-L nehme jedoch auf das Beamtenrecht Bezug, nicht auf § 6 TV-L.
Das beklagte Land beantragt daher,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 06.05.2010, auf die die Kammer Bezug nimmt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 01.12.2010 hat der Kläger vorgetragen, in der Abteilung 1 des Landesbildungszentrums gäbe es Lehrkräfte, die teilweise in der Abteilung 1 und teilweise in der Abteilung 2 arbeiteten. Auch der von ihm in der Abteilung 1 nunmehr erteilte Stütz- und Förderunterricht sowie die sogenannten "face to face-Gespräche" würden in Unterrichtsstunden bemessen, weshalb er weiterhin 26,5 Stunden à 45 Minuten erteile und die restliche Zeit als Vor- und Nachbereitungszeit sowie für Dienstbesprechungen etc. auf die von ihm zu erbringende Arbeitszeit angerechnet werde. Er müsse keine Zeitnachweise für seine Tätigkeiten erbringen, lediglich 12 Unterrichtsstunden à 45 Minuten im Stütz- und Förderunterricht erteilen und 14,5 sogenannte "face to face-Stunden". Es gelte auch hier der Faktor 1,5.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des beklagten Landes ist statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 64 ff ArbGG, 512 ff ZPO), in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Hildesheim hat das beklagte Land zu Recht verurteilt, dem Kläger Zeitausgleich im Umfang von 398,75 Zeitstunden zu gewähren. Die Berufung des beklagten Landes war daher kostenpflichtig zurückzuweisen.
II. Der Kläger hat Anspruch auf Zeitausgleich im Umfang von 398,75 Stunden gem. § 60 Abs. 3 und 4 NBG n. F. bzw. § 80 Abs. 5 Satz 3 NBG a. F. i. V. m. § 44 Nr. 2 TVL i. V. m. dem Arbeitsvertrag. Das beklagte Land hat die im Rahmen des Arbeitszeitkontos nach § 5 ArbZVO-Lehr vom Kläger angesparte Arbeitszeit in Form eines Zeitausgleichs auszugleichen.
1. Die Gewährung eines Zeitausgleichs ist im vorliegenden Fall nicht unmöglich.
1.1 Nach § 275 Abs. 1 BGB entfällt die Leistungspflicht, wenn die Leistung für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Leistungsgegenstand nicht erbracht werden kann. Dies kann auf tatsächlichen oder rechtlichen Gründen beruhen.
Objektive Unmöglichkeit ist gleichbedeutend mit genereller Unerfüllbarkeit. Sie ist nicht gegeben, wenn nur die ursprünglich vorgesehene Erfüllungsart undurchführbar geworden ist, die Leistung aber vom Schuldner in anderer Weise erbracht werden kann und die Änderung beiden Parteien zuzumuten ist (BGH vom 25.10.1962 - VII ZR 57/61 - NJW 1963, 49), d. h., auch eine gegebenenfalls abgeänderte Leistung nicht in Frage kommt (BGH vom 25.06.1976 - V ZR 121/73 - BGHE 67, 34,36).
Die Leistung ist rechtlich unmöglich, wenn sie aus Rechtsgründen nicht erbracht werden kann. Das ist der Fall, wenn der Leistung ein dauerndes Rechtshindernis entgegensteht, wenn etwa die Leistung auf Herbeiführung eines Rechtszustands gerichtet ist, der von der Rechtsordnung nicht anerkannt wird, der herbeizuführende Rechtszustand bereits besteht, aus Rechtsgründen dauernd ausgeschlossen ist oder die Leistungserbringung gesetzlich verboten ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 69. Aufl. 2010, Rz.16 zu § 275 m.w.N.).
1.2 Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze liegt im Streitfall keine Unmöglichkeit im Hinblick auf den vom Kläger begehrten Zeitausgleich vor.
Der Kläger ist weiterhin einsatz- und arbeitsfähig und beim beklagten Land beschäftigt, so dass es diesem grundsätzlich möglich ist, dem Kläger Freizeitausgleich durch Freistellung von der Arbeit zu gewähren.
Auch aus rechtlichen Gründen ist das beklagte Land nicht gehindert, dem Kläger den begehrten Freizeitausgleich zu gewähren. Rechtliche Unmöglichkeit würde ein gesetzliches Verbot oder ähnliches voraussetzen. Allein die Tatsache, dass der Kläger nicht mehr unter die ArbZVO-Lehr fällt bzw. nicht mehr von der Unterrichtsverpflichtung im Rahmen eines Lehrbetriebs i. S. der ArbZVO-Lehr befreit werden kann, führt nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt auch kein Fall des § 7 ArbZVO-Lehr vor, selbst wenn diese Bestimmung gem. 80 Abs. 9 NBG a. F. oder § 60 Abs. 5 n. F. weiterhin auf den Kläger anwendbar ist.
2. § 7 ArbZVO-Lehr beschränkt den zeitlichen Ausgleich angesparter Unterrichtsstunden nicht ausschließlich auf einen Ausgleich durch Unterrichtsstunden im Rahmen eines Lehrbetriebs.
2.1 Zwar ist bei fortbestehender Unterrichtsverpflichtung regelmäßig Befreiung von derselben zu gewähren, dies schließt jedoch einen Zeitausgleich im vorliegenden Fall nicht aus. Weder § 7 der ArbZVO-Lehr noch § 80 NBG a. F. bzw. § 60 Abs. 3 NBG n. F. legen fest, in welchem Zeitmodell der Zeitausgleich von erbrachter Mehrarbeit erfolgen soll. Insbesondere nicht, dass der Zeitausgleich ausschließlich durch Freistellung in der bisher ausgeübten Tätigkeit zu erfolgen hätte. Für die Gewährung des Zeitausgleichs ist es auch unerheblich, von welcher konkreten Arbeitsverpflichtung der Dienstverpflichtete freigestellt wird. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Möglichkeit der Freijahresregelung, durch die die Lehrkraft nicht nur von der Unterrichtsverpflichtung, sondern von der gesamten Arbeitsleistung freigestellt wird. Nach dem Wortlaut des § 7 ArbZVO-Lehr muss schließlich nur der zeitliche Ausgleich "angesparter Unterrichtsstunden" und nicht etwa die Freistellung von Unterrichtsstunden unmöglich sein. Unmöglichkeit liegt jedoch - wie unter Ziff. 1 ausgeführt - im Streitfall nicht vor. Als Beispiele für Unmöglichkeit nennt etwa die Kommentierung zu § 80 NBG a. F. den Dienstherrnwechsel, die Entlassung auf Antrag, die Dienstunfähigkeit, den Tod des Beamten oder die Entlassung aus disziplinarischen Gründen (Kümmel, Beamtenrecht, § 80 NBG a. F. Rn. 60), mithin Fälle, in denen das aktive Beamtenverhältnis beendet ist, der betroffene Beamte also keinen Dienst mehr für seinen bisherigen Dienstherrn erbringt und deshalb seine Arbeitszeit nicht mehr reduziert werden kann. Solch eine Fallgestaltung ist im Streitfall nicht gegeben.
2.2 Auch der Umstand, dass die Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft nicht mit ihrer Arbeitszeit identisch ist, führt zu keinem anderen Ergebnis und insbesondere nicht zur Unmöglichkeit der Arbeitszeitbefreiung.
Die Arbeitszeit von Lehrkräften richtet sich wegen der tarifvertraglichen Verweisung des § 44 Nr. 2 TV-L (bis 31.10.2006: § 3 SR 2 l BAT) nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen, im vorliegenden Fall § 60 NBG (bis 31.03.2009: § 80 NBG). Die Arbeitszeit einer Lehrkraft ist allerdings nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden zeitlich exakt messbar, während die übrige Arbeitszeit, die entsprechend dem pädagogischen Aufgabenauftrag der Lehrkräfte mit der erforderlichen Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Korrekturarbeiten, Konferenzen, Elterngesprächen etc. verbracht wird, nicht in messbarer und überprüfbarer Form bestimmt, sondern grob pauschalierend geschätzt werden kann (BAG vom 15.12.2005 - 6 AZR 227/05 - AP Nr. 17 zu § 2 BAT SR 2 l). Durch § 60 NBG wird die Landesregierung u. a. ermächtigt, nach den pädagogischen und verwaltungsmäßigen Bedürfnissen der einzelnen Schulformen, Schulstufen oder Klassen die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer im Verordnungswege festzusetzen. Dem ist sie im Streitfall durch den Erlass der ArbZVO-Lehr nachgekommen und hat damit die für Lehrer geltende durchschnittliche Arbeitszeit durch eine Pflichtstundenregelung konkretisiert.
Indem der Verordnungsgeber durch die ArbZVO-Lehr die Anzahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden festgelegt hat, hat er zugleich deren Verhältnis zur von den Lehrkräften zu erbringenden Gesamtarbeitszeit bestimmt. Daran ist er auch bei der Erteilung von Arbeitsbefreiung gebunden. Gerade dadurch, dass das Verhältnis von Pflichtstunden zur Gesamtarbeitzeit durch die ArbZVO-Lehr festgelegt ist, kann die Arbeitszeitbefreiung durch entsprechende Umrechnung unproblematisch auch in einem anderen Arbeitszeitmodell erbracht werden. Die tariflichen Vorschriften stehen dem nicht entgegen. Vielmehr ergibt sich aus der Verweisung in § 44 Nr. 2 TV-L TV-L auf die für Beamte geltenden Bestimmungen und damit auch auf § 7 ArbZVO-Lehr (vgl. BAG vom 08.05.2008 - 6 AZR 359/07 - NZA-RR 2008, 665), dass die Arbeitsbefreiung - außer in Fällen der Unmöglichkeit - immer Vorrang vor der Abgeltung hat.
Die von dem beklagten Land angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (vom 29.11.1979 - 2 Z 40.77 - E 59, 144 f. und vom 29.01.1992 - 2 B 5.92 - ZTR 1992, 215) und des BAG (vom 11.12.1991 - 5 AZR 63/91 - ZTR 1992, 209) stehen dem nicht entgegen. Sie verhalten sich lediglich zum Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Festlegung der Pflichtstundenzahl von Lehrern. Über das vom beklagten Land mit der ArbZVO-Lehr ausgeübte Ermessen bei der Festlegung der Pflichtstundenzahl für Lehrer streiten die Parteien jedoch nicht. Die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 02.09.2008 (5 LA 228/06 - Nds.VBl.2008, 355) schließlich ist zum Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers bei der Festsetzung der Mehrarbeitsvergütung für Lehrer ergangen, auch dies ist vorliegend nicht Streitgegenstand.
3. Da der Kläger mit einem Zeitfaktor von 1,45 keinen höheren Zeitfaktor zugrunde legt, als das beklagte Land nach der ArbZVO-Lehr dem Kläger für die Vor- und Nachbereitung sowie die sonstigen im Zusammenhang mit der Unterrichtsverpflichtung stehenden Tätigkeiten (unter Berücksichtigung einer Jahresarbeitszeit von 1.768 Stunden sowie der unterrichtsfreien Zeit) selbst einräumt, stehen ihm für die unstreitig erbrachten 275 zusätzlichen Unterrichtsstunden 398,75 Zeitstunden als Zeitausgleich zu.
4. Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger - wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2010 vorgetragen - auch nach seiner Versetzung in die Abteilung 1 zwar nicht im Rahmen eines Lehrbetriebs unterrichtet, aber weiterhin nur 26,5 Stunden "face to face" bzw. Förderunterricht erteilt. Denn wenn diese Stunden wie bei Lehrern im Rahmen eines Lehrbetriebs auf die vom Kläger zu erbringende Gesamtarbeitszeit hochgerechnet werden, wäre es dem beklagten Land erst recht möglich, die begehrte Arbeitsbefreiung zu gewähren, nämlich 275 "face to face" bzw. Förderstunden (398,75 Zeitstunden geteilt durch 1,45).
III. Als unterlegene Partei hat das beklagte Land auch die Kosten des Berufungsverfahrens nach § 90 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Baar
Jeremias