Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.09.2010, Az.: 6 Sa 115/10
Arbeitnehmerklage bei unsubstantiierten Darlegungen zur materiellen Wirksamkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung des tariflich unkündbaren Arbeitnehmers ist unbegründet ; Erfolg einer Arbeitnehmerklage bei unsubstantiierten Darlegungen zur materiellen Wirksamkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung des tariflich unkündbaren Arbeitnehmers; Rückkehrrecht im Bereich der Deutschen Telekom AG; Unzulässigkeit der Hilfsanschlussberufung gegen Dritte
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 10.09.2010
- Aktenzeichen
- 6 Sa 115/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 36111
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:0910.6SA115.10.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 13.06.2012 - AZ: 7 AZR 647/10
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 KSchG
- § 1 Abs. 3 KSchG
- § 7 KSchG
- § 626 Abs. 1 BGB
Amtlicher Leitsatz
Der Arbeitnehmer, der das Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom in Anspruch nimmt, trägt die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sein Arbeitsverhältnis von der Kabel Deutschland VS GmbH wirksam betriebsbedingt i. S. v. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG gekündigt worden ist. Die Fiktion des § 7 KSchG verringert diese Darlegungspflichten nicht, wenn der Arbeitenehmer seine Kündigungsschutzklage gegen die Kabel Deutschland VS GmbH zurücknimmt.
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungsbeklagter,
gegen
Beklagte und Berufungsklägerin,
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer,
die ehrenamtliche Richterin Frau Brockhaus,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Pröttel
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 30.12.2009 - 1 Ca 362/09 - teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Wiedereinstellungsanspruch des Klägers auf Grundlage eines Rückkehrrechtes.
Der am 00.00.1955 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war zunächst seit dem 01.04.1972 als Servicetechniker bei der Beklagten beschäftigt. Ab dem 01.10.1999 wurde er von der Beklagten beurlaubt und nahm seine Tätigkeit bei der K. GmbH & Co. KG (K.) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen auf. Unter dem 01.09.2000 vereinbarte der Kläger mit der Beklagten die Auflösung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2009. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt tarifvertraglich ordentlich unkündbar. § 2 des Auflösungsvertrages vom 01.09.2000 enthält wörtlich nachstehende Regelung:
"§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht
1. Der Arbeitnehmer erhält im Zusammenhang mit dem bei der K. N/B GmbH & Co. KG bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnisses ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur D. AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesen Vertrag beigefügten Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben...
4. Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrages beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt."
Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Auflösungsvertrages wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen.
Unter dem 08.04.2005 schlossen die D. AG, die K.-Gesellschaften K. GmbH, K. GmbH & Co. KG, K. Services GmbH sowie die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e. V. eine sog. schuldrechtliche Vereinbarung. Diese enthält wörtlich u. a. nachstehende Regelung:
"1. Die D. AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur D. AG ein
a. innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),
b. nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrecht für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht). ...
2. Besondere Bedingungen (im Sinne des Abs. 1.b. liegen vor, wenn
a. das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird...
Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrages beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des liegenden Gründen erfolgt und ein evtl. Rechtstreit nicht zugunsten des Arbeitnehmers entschieden hat..."
Wegen der weiteren Einzelheiten dieser schuldrechtlichen Vereinbarung wird auf Bl. 24 - 27 d. A. verwiesen.
Ebenfalls auf den 08.04.2004 datiert die Vereinbarung zur schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 zwischen der Beklagten und den K.-Gesellschaften u. a. der K. Diese Vereinbarung beinhaltet wörtlich u. a. nachstehende Regelung:
"2. Zu Ziffer 2 Satz 3:... Soweit datenschutzrechtlich zulässig, legen die K.-Gesellschaften bzw. deren Rechtsnachfolger gegenüber der D. AG auf Verlangen unverzüglich alle Tatbestände/Sachverhalte offen, aus denen sich die Voraussetzungen für das geltend gemachte Rückkehrrecht oder im Falle der Rückkehr nach Ziffer 1 a. i. V. m. Ziffer 2 a. die soziale Rechtfertigung, Zulässigkeit oder Wirksamkeit der Kündigung ergeben. Im Falle der Rückkehr nach Ziffer 1 a. teilen die K.-Gesellschaften bzw. deren Rechtsnachfolger der D. AG mit, ob der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers bei der K.-Gesellschaft bzw. deren Rechtsnachfolger zu den bisherigen Konditionen weiter besteht. Die Verpflichtungen aus Satz 2 und 3 gelten auch für Rückkehrsachverhalte auf Grundlage der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. August 2002.
Die D. AG wird in den individuellen Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern aufnehmen, dass diese einverstanden sind, dass entsprechende Daten zum Arbeitsverhältnis an die D. AG weitergegeben werden..." (wegen der weiteren Einzelheiten vergleiche Bl. 448 - 450 d. A.).
Am 30.04.2005 vereinbarte der Kläger mit der Beklagten einen Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages im Zusammenhang mit der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002 (vgl. Bl. 177 und 178 d. A.). In dessen § 1 trafen die Parteien die Vereinbarung, dass für das zeitlich begrenzte Rückkehrrecht zur D. AG gemäß § 2 Abs. 1 des Auflösungsvertrages ab dem 1. Juni 2005 die in der Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, festgelegten Regelungen gelten. In § 2 dieser Vereinbarung erklärte sich der Kläger damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechtes die K. der Beklagten die Daten im Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr aufgrund Ziffer 2 a. der Schuldrechtlichen Vereinbarung würde diese Verpflichtung erweitert auf sämtliche Daten im Zusammenhang mit der sozialen Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.
Auf den 26.04./03.05.2005 datiert der letzte Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und der K., nach dessen § 1 der Kläger bei der K. in der Organisationseinheit Service Nord im Bereich BBS Nord 1 am Standort B. als Seniortechniker mit einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden vollzeitig beschäftigt wurde.
Am 12.11.2008 vereinbarte u. a. die K. mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 217 - 237 und 517 - 521 d. A. verwiesen wird.
Unter dem 03.12.2008 hörte die K. den Betriebsrat der Region 2 zur beabsichtigten außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung des Klägers unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist an (vgl. Bl. 50 - 52 der beigezogenen Akte 11 Ca 11174/08 - Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven). Mit Schreiben vom 05.12.2008 widersprach der Betriebsrat dieser Kündigung und begründete das u. a. damit, dass der Kläger eine fernmeldetechnische Ausbildung habe und in der Lage sei, andere Tätigkeiten im Unternehmen zu erbringen, sich innerhalb kürzester Zeit in anderen Bereichen des Unternehmens einzuarbeiten, ferner sei ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden, sich durch entsprechende Schulungen fortzubilden und dadurch andere Tätigkeiten im Unternehmen auszuüben; das Unternehmen beschäftige darüber hinaus über 1000 Zeitarbeitskräfte innerhalb des gesamten Konzernes. Zudem wies der Betriebsrat darauf hin, dass aufgrund von unbesetzten Personalposten innerhalb des Konzerns die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung bestehe. Letztlich bezweifelte der Betriebsrat, dass die sozialen Gesichtspunkte des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt worden seien (vgl. Bl. 17 u. 18 d. beigezogenen Akte 11 Ca 11174/08 - Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven).
Mit Schreiben vom 09.12.2008 (vgl. Bl. 28 u. 29 d. A.) erklärte die K. die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist von 7 Monaten zum 31.07.2009.
Mit Schreiben vom 12.12.2008 (vgl. Bl. 30 d. A.) kündigte der Kläger gegenüber der Beklagten seine Rückkehr an. Dieses Begehren wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 15.12.2008 (vgl. Bl. 31 und 32 d. A.) zurückgewiesen.
Mit der am 22.12.2008 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangenen Klage wehrte sich der Kläger gegen die Beendigung des mit der K. bestehenden Arbeitsverhältnisses infolge der Kündigung vom 09.12.2008. Dieses Verfahren führte beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven das Aktenzeichen 11 Ca 11174/08. Die K. begründete die Kündigung mit zwei Schriftsätzen vom 20.01.2009 und 16.03.2009. Wegen der Einzelheiten dieser Schriftsätze wird auf Bl. 506 - 516 d. A. verwiesen.
Mit am 30.04.2008 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger die Kündigungsschutzklage zurückgenommen (vgl. Bl. 178 im Verfahren 11 Ca 11174/08).
Mit der am 14.05.2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und von diesem später an das Arbeitsgericht Stade verwiesenen Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe eines Vertragsangebotes.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für das besondere Rückkehrrecht aus Ziffer 1 b. i. V. m. Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 in seiner Person gegeben seien. Eine tatsächliche Rückkehr bis zum 31.12.2008 sei insoweit nicht erforderlich, vielmehr sei die Ankündigung der Rückkehrbereitschaft bis zum 31.12.2008 ausreichend. Dem habe der Kläger durch sein Schreiben vom 12.12.2008 entsprochen. Das Arbeitsverhältnis mit der K. sei auch unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt worden. Das ergebe sich schon daraus, dass die K. im Kündigungsschreiben die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt habe und diese Kündigung nach Klagerücknahme gemäß § 7 KSchG wirksam geworden sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers, mit ihm einen am 1. August 2009 beginnenden Arbeitsvertrag als Monteur und unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 Stufe 4 und Anwendung der bei der Beklagten gültigen Tarifverträge zu schließen, anzunehmen;
2. die Beklagte im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits zu den vorgenannten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen;
3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als voll beschäftigter Arbeitnehmer ab dem 1. August 2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn der Kläger ohne Unterbrechung weiter bei der Beklagten beschäftigt worden wäre;
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.184,00 € brutto nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegende Zinsen
auf 3.546,00 € brutto seit dem 17.08.2009,
auf 3.546,00 € brutto seit dem 17.09.2009,
auf 3.546,00 € brutto seit dem 17.10.2009,
auf 3.546,00 € brutto seit dem 17.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Rückkehrrecht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestehe. Das ergebe sich zunächst in zeitlicher Hinsicht daraus, dass der Kläger nach der schuldrechtlichen Vereinbarung sein Rückkehrrecht nur dann wirksam ausübe, wenn er seine beabsichtigte Rückkehr spätestens bis zum 30.09.2008 angekündigt hätte und spätestens bis zum 31.12.2009 tatsächlich zur Beklagten zurückgekehrt wäre. Zudem bestreite die Beklagte mit Nichtwissen, dass die K. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus dringenden betrieblichen Gründen gemäß § 1 Abs. 2 ff. KSchG gemäß Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 gekündigt habe. Die Rücknahme der Kündigungsschutzklage fingiere nicht das Vorliegen einer wirksamen Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen. Das Rückkehrrecht setze eindeutig die materielle Rechtswirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung voraus, wofür der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast trage. Es bestünden jedoch konkrete Zweifel an der materiellen Rechtsmäßigkeit der betriebsbedingten Kündigung, und zwar in Bezug auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und die Ordnungsgemäßheit der Sozialauswahl. Zudem beschäftige die K.-Gesellschaft offenbar ca. 1000 Mitarbeiter in Leih- und Zeitarbeit.
Das Arbeitsgericht Stade hat mit Beschluss vom 30.12.2009 den Klageantrag zu 4. abgetrennt und mit Urteil vom 30.12.2009 die Beklagte dazu verurteilen, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 1. August 2009 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn der Kläger ohne Unterbrechung weiter bei der Beklagten beschäftigt worden wäre. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, es sei für die Ausübung des besonderen Rückkehrrechtes nach Ziffer 1 b., 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 ausreichend, dass der Kläger vor Ablauf des 31.12.2008 sein Rückkehrrecht gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe. Eine tatsächliche Rückkehr bis zum 31.12.2008 sei nicht erforderlich. Der Kläger habe auch seine Darlegungsverpflichtung gemäß Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung erfüllt, wonach das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt sein müsse. Insoweit sei es ausreichend, dass eine nach § 7 KSchG formell wirksame Kündigung der K. vom 09.12.2008 vorliege, die ausweislich der Kündigungserklärung auf betriebsbedingte Gründe gestützt worden sei.
Gegen dieses ihr am 07.01.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 27.01.2010 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung unter dem 01.04.2010 begründet.
Die Beklagte vertritt zunächst die Auffassung, dass die klageweise Geltendmachung einer Wiedereinstellung eines eigenständigen Antrages auf Abgabe einer Willenserklärung bedürfe. Erforderlich sei insoweit ein bestimmtes Vertragsangebot im Sinne der §§ 145 ff. BGB, das vom Vertragspartner durch ein schlichtes "Ja" angenommen werden könne. Nach dem Klageantrag und dem ihm entsprechenden erstinstanzlichen Tenor bleibe jedoch unklar, welches Angebot die Beklagte dem Kläger zu unterbreiten habe. Der Antrag sei auf ein unbestimmtes Vertragsangebot der Beklagten gerichtet und damit ungeeignet, das Wiedereinstellungsverlangen des Klägers ohne weitere rechtliche Schritte umzusetzen. Darüber hinaus seien auch die materiellen Voraussetzungen des besonderen Rückkehrrechtes nicht gegeben. Dieses bestehe zum einen nur dann, wenn bis zum Ablauf der vereinbarten Fristen, d. h. dem 31.12.2008 eine tatsächliche Rückkehr zur Beklagten erfolge. Die bloße schriftliche Ankündigung einer Rückkehrabsicht vor dem 31.12.2008 zu einem nach dem 31.12.2008 gelegenen Rückkehrtermin begründe infolge Fristablaufs keinen Wiedereinstellungsanspruch. Zum anderen habe der Kläger die weitere Voraussetzung des Rückkehrrechtes in Gestalt des Vorliegens einer unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen materiellrechtlich wirksamen Kündigung nicht dargelegt. Allein die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG könne nicht zur Entstehung des besonderen Rückkehrrechtes führen, und zwar auch nicht vor dem Hintergrund, dass die K. die Kündigung des Klägers ihm gegenüber auf betriebliche Gründe gestützt habe. Der Kläger habe die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen dieser Kündigung unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen des § 626 BGB vor dem Hintergrund seiner ordentlichen Unkündbarkeit nicht dargelegt. Die fehlende mögliche Weiterbeschäftigung bei der K. werde ebenso bestritten wie die Ordnungsgemäßheit der Sozialauswahl. Der Interessenausgleich vom 12.11.2008 gebe keine Auskunft darüber, wie und infolge welcher umgesetzten unternehmerischen Maßnahme die angeblich 162,7 FTEs im Bereich Außendienst und Service dauerhaft entfallen sollten. Es bleibe offen, warum in der Region 2 im Bereich Außendienst/Service 43 Stellen abgebaut werden sollten. Zudem weise der Interessenausgleich auf Seite 3 ausdrücklich darauf hin, dass Zeitarbeitskräfte in dem Interessenausgleich nicht berücksichtigt worden seien. Die K. setzte jedoch auch im Bereich des Services, der Planung und der Disposition unternehmensweit eine Vielzahl von Leiharbeitnehmern ein. Die durchgeführte Sozialauswahl sei fehlerhaft, da die K. die Mitarbeiter der NE2, NE3 und NE4 nicht miteinander verglichen habe. Damit sei der Kreis der ausfallrelevanten vergleichbaren Personen willkürlich zu eng gefasst worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 30.12.2009 - 1 Ca 362/09 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
sowie hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger im Rahmen des Rückkehrrechtes mit Wirkung zum 01.08.2009 ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zu machen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Vor dem Hintergrund, dass es die Tätigkeit, die der Kläger ursprünglich bei der Beklagten ausgeübt habe, jetzt nicht mehr gebe, habe das Arbeitsgericht Stade den ausgeurteilten Klageantrag zu Recht als zulässig angesehen. Auch die materiellen Voraussetzungen für das Rückkehrrecht des Klägers seien erfüllt. Zunächst sei es als ausreichend zu erachten, dass der Kläger sein Rückkehrrecht bis zum 31.12.2008 gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe. Der Kläger habe auch die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung von Seiten der K. im Sinne von Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 hinreichend dargelegt. Soweit darin das Wort "wirksam" verwendet werde, bedeute dies lediglich, dass die Kündigung wirken und das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung aufgelöst werden müsse. Diese Wirkung könne auf höchst unterschiedliche Weise zustande kommen: Der betroffene Arbeitnehmer könne entweder keine Klage erheben oder Klage erheben und diese im Laufe des Verfahrens zurücknehmen, einen Vergleich abzuschließen bzw. das Gericht entscheiden lassen. Eine Verpflichtung zur Klageerhebung und streitigen Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens bestehe nicht. Die Formulierung "unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen..." solle lediglich verhindern, dass auch solche Arbeitnehmer von dem besonderen Rückkehrrecht Gebrauch machen könnten, denen von der K. aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt worden sei. Diese Auslegung finde ihre Stütze in Ziffer 5 der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005. Ohnehin sei nicht der Kläger für die Wirksamkeit, sondern die Beklagte nach § 2 des Vertrages zur Abänderung des Auflösungsvertrages vom 30.04.2005 für die Unwirksamkeit der Kündigung darlegungs- und beweispflichtig. Nach dieser Bestimmung habe sich der Kläger damit einverstanden erklärt, dass die K. der Beklagten die auf sein Arbeitsverhältnis bezogenen Daten und Unterlagen zur Verfügung zu stellen habe, aus denen sich die Voraussetzungen für das Rückkehrrecht ergeben würden. Sein Einverständnis habe sich dabei im Falle des besonderen Rückkehrrechtes nach Ziffer 2 a. auch auf die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung erstreckt. Vorsorglich berufe sich der Kläger zur Begründung der Betriebsbedingtheit der Kündigung auf die Schriftsätze der K. im arbeitsgerichtlichen Verfahren zum Az. 11 Ca 11174/08. Die Ausführungen der Beklagten zu den bei der K. beschäftigten Leiharbeitnehmern seien nicht einlassungsfähig, weil sich daraus nicht ergebe, ob die 1000 Leiharbeitnehmer bei der K. oder im gesamten K.-Konzern eingesetzt würden. In H. würden lediglich 3,5 Leiharbeitnehmer ohne Auswirkung auf den konkreten Fall beschäftigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit diese Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wechselseitigen Erklärungen und auf den Inhalt der beigezogenen Akte zum Az. 11 Ca 11174/08 - Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg.
A. Die Berufung ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden; sie ist damit insgesamt zulässig,§§ 64, 66 ArbGG, 517, 519 ZPO.
B. Die Berufung ist auch begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückkehr. Die Beklagte ist nicht dazu verpflichtet, dem Kläger ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zu unterbreiten.
I. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass alleinige Grundlage für den klägerischen Anspruch § 2 Ziffer 1 des Auflösungsvertrages vom 01.09.2003 i. V. m. § 1 des Vertrags zur Abänderung des Auflösungsvertrages vom 30. April 2005 i. V. m. Ziffern 1 b. und 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 ist.
II. Die darin festgehaltenen Voraussetzungen für das Bestehen eines Rückkehranspruches hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht vorgetragen.
1. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger das besondere Rückkehrrecht noch wahrnehmen konnte, obwohl er bis zum 31.12.2008 lediglich seine Rückkehr angekündigt hatte und die tatsächliche Rückkehr erst nach dem 31.12.2008, nämlich zum 01.08.2009 erfolgen sollte.
2. In jedem Fall scheitert das beanspruchte Rückkehrrecht daran, dass nach dem Vortrag des Klägers und unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes nicht festgestellt werden kann, dass die K. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus dringenden betrieblichen Gründen i. S. v. § 1 Abs. 2 ff. KSchG wirksam zum 31.07.2009 gekündigt hat.
a. Dabei steht dem Rückkehrrecht zwar nicht entgegen, dass die K. dem Kläger angesichts dessen tarifvertraglicher ordentlicher Unkündbarkeit nur außerordentlich aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist kündigen konnte und gekündigt hat. Liegen nämlich die Voraussetzungen für eine wirksame außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB aus betriebsbedingten Gründen vor, sind ohne Frage immer auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG gegeben. Das Rückkehrrecht besteht in diesen Fällen bereits dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG gegeben sind.
b. Voraussetzung des besonderen Rückkehrrechtes im Sinne der Ziffer 1 b. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. April 2005 ist nach Ziffer 2 a., dass "das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt" worden ist.
a. a. Bei der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2004 handelt es sich um eine sog. Koalitionsvereinbarung zugunsten Dritter. Tarifvertragsparteien können nicht nur Tarifverträge, sondern auch nicht tarifvertragliche Vereinbarungen eingehen. Ihre Rechtsgrundlage finden sie in Art. 2 GG und in § 311 Abs. 1 BGB. Zwar setzt die rechtliche Bewertung eines Vertrages als Tarifvertrag im Sinne desTarifvertragsgesetzes nicht dessen Benennung mit diesem Begriff durch die Vertragsparteien voraus. Auch ein "Vereinbarung" genannter Vertrag kann als Tarifvertrag zu bewerten sein, wenn er der Sache nach als solcher anzusehen ist. Das verbietet sich jedoch dann, wenn dies dem erklärten Willen der Vertragspartner widerspricht, mögen diese auch ebenso wie der Inhalt der Vereinbarung objektiv tariffähig sein. Die Klärung der Frage, ob es sich bei einer Regelung zwischen tariffähigen Parteien um einen Tarifvertrag oder um eine andere Vereinbarung handelt, richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Auslegung schuldrechtlicher Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB. Die Grundsätze zur Auslegung von Tarifverträgen sind insoweit nicht heranzuziehen. Sie betreffen nur den normativen Teil eines Tarifvertrages, nicht aber die vorgeschaltete Frage, ob es sich überhaupt um einen Tarifvertrag handelt (vgl. BAG, Urteil vom 14.04.2004 - 4 AZR 232/03 - AP Nr. 188 zu § 1 TVG Auslegung). Nach §§ 133,157 BGB ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu erforschen. Insoweit ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die tariffähigen Parteien in Gestalt der Beklagten, der K.-Gesellschaften und der ver.di Deutschland die Vereinbarung vom 08.04.2005 ausdrücklich als "schuldrechtliche Vereinbarung" bezeichnet haben. Das spricht bereits eindeutig dafür, dass die Parteien diese Vereinbarung nicht als Tarifvertrag qualifiziert wissen wollten. Darüber hinaus ist in Ziffer 6 der schuldrechtlichen Vereinbarung ausgeführt, dass seinerzeit noch von der D. AG zu einer K.-Gesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten erhalten sollten. Hieraus wird ersichtlich, dass die Parteien der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 davon ausgegangen sind, ihre Vereinbarung finde nicht unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis der einzelnen Arbeitnehmer Anwendung, sondern es bedürfe insoweit noch eine einzelvertragliche Inbezugnahme. Vor diesem Hintergrund haben dann auch die Parteien des vorliegenden Rechtstreites unter dem 30.04.2005 im Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages diese schuldrechtliche Vereinbarung als Anlage 1 durch eine gesonderte vertragliche Regelung zur Grundlage des Rückkehrrechts gemacht. Insoweit ist festzuhalten, dass es sich bei der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 zwischen der Beklagten, der K.-Gesellschaften und der Gewerkschaft ver.di um einen schuldrechtlichen Koalitionsvertrag zugunsten Dritter handelt. Die darin enthaltenen Regelungen sind im Vertrag zur Änderung des Auflösungsvertrages vom 30.04.2005 bindend im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten vereinbart worden.
b. b. Die Auslegung der maßgeblichen Ziffer 2 a. ergibt zweifelsfrei, dass das besondere Rückkehrrecht u. a. nur dann besteht, wenn die Voraussetzungen für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG auf Seiten der K. tatsächlich gegeben waren und die K. aus diesen Gründen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt hat.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob sich die Auslegung von Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 nach den Grundsätzen der Tarifauslegung oder denjenigen der Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen zu richten hat. Beide Auslegungen kommen zum gleichen Ergebnis, und zwar angesichts des absolut eindeutigen Wortlautes. Ziffer 2 a. verlangt nicht nur eine wirksame Kündigung, sondern darüber hinaus ausdrücklich, dass diese aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam ist (vgl. LAG Berlin, 20.11.2009 - 14 Sa 1249/09 - siehe juris; Sächsisches LAG, 25.03.2010 - 15 Sa 5583/08 - siehe juris; LAG Rheinland-Pfalz, 24.02.2010 - 8 Sa 534/09 - siehe juris). Dass dabei nicht nur ganz allgemein auf einen betriebsbedingten Hintergrund, sondern gerade auf einen solchen, der den Anforderungen für eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne der §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG gerecht wird, abzustellen ist, erschließt sich daraus, dass § 2 a der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 explizit die Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG zur Voraussetzung für das Vorliegen der besonderen Bedingungen im Sinne des Abs. 1 b. macht. Dass nicht nur formell, sondern auch tatsächlich ein betriebsbedingter Hintergrund für die Kündigung gegeben sein muss, ergibt sich zudem aus der Regelung in Ziffer 5 der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005. Hierin wird aufgeführt, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen das Rückkehrrecht nicht entstehen lässt.
c. Darüber, dass grundsätzlich der Kläger als anspruchstellende Person darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzung seines Rückkehrrechtes ist (vgl. BAG, 25.09.2008 - 8 AZR 607/07 - AP Nr. 355 zu § 613 a BGB), besteht zwischen den Parteien kein Streit. Diesen Darlegungs- und Beweispflichten hat der Kläger vorliegend nicht entsprochen. Auch bei Zugrundelegung seines Sachvortrages kann nicht festgestellt werden, dass die K. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 09.12.2008 zum 31.07.2009 sozial gerechtfertigt gekündigt hat, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Klägers in dem Betrieb entgegen standen und die K. bei der Auswahl des Klägers die Dauer seine Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter und seine Unterhaltsverpflichtungen ausreichend im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 KSchG berücksichtigt hat.
a. a. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Fiktion des § 7 KSchG berufen.
Dabei ist dem Kläger zunächst zuzugeben, dass nach der Rücknahme der beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingelegten Kündigungsschutzklage gemäß § 7 KSchG die Kündigung der K. vom 09.12.2008 als von Anfang an rechtswirksam gilt. Diese Fiktionswirkung erstreckt sich auch gegen Dritte (vgl. nur BAG, 20.08.1980 - 5 AZR 227/79 - AP Nr. 14 zu § 6 LohnFG). Im Zuge der Fiktion nach § 7 KSchG steht aber nur fest, dass eine bestimmte Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin geführt hat. Nicht erfasst werden hiervon die vom Arbeitgeber behaupteten Kündigungsgründe. Aus der Fiktion nach§ 7 KSchG folgt nicht, dass die die Kündigung tragenden Gründe auch wirklich vorlagen (vgl. KR-Rost, 10. Auflage, § 7 KSchG, Randnummer 20 a; Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 7. Auflage, § 7 KSchG, Randnummer 2; Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 7 KSchG; Erfurter Kommentar-Kiel, 10. Auflage, § 7 KSchG, Randnummer 4). Nur wenn durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen den Parteien, z. B. in einem Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag, ausdrücklich geregelt ist, dass sich die Fiktionswirkung des § 7 1. Halbsatz KSchG auch auf die Kündigungsgründe erstreckt, sind die Folgewirkungen umfassend (vgl. Stahlhacke/Vossen/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz, 10. Auflage, Randnummer 1947). Eine dahingehende Regelung enthält weder die schuldrechtliche Vereinbarung vom 08.04.2005 noch der Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages vom 30.04.2005. Mithin ist festzuhalten, dass nach Rücknahme der Kündigungsschutzklage im arbeitsgerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven gemäß § 7 KSchG zwar feststeht, dass die Kündigung der K. vom 09.12.2008 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.07.2009 beendet hat, aber keinesfalls, dass diese Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 ff. KSchG bedingt gewesen ist. Dieses war trotz der Fiktionswirkung des § 7 KSchG vom Kläger im vorliegenden Verfahren im Einzelnen vorzutragen.
b. b. Diese umfassende Darlegungsverpflichtung des Klägers ist auch nicht dadurch reduziert worden, dass er sich in § 2 des Vertrages zur Abänderung des Auflösungsvertrages vom 30.04.2005 im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechtes damit einverstanden erklärt hat, dass die K. der Beklagten die Daten in Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben, und dass sich dieses Einverständnis im Falle der Rückkehr aufgrund der Ziffer 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung auch auf die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung erstreckt. Diese Einverständniserklärung auf Seiten des Klägers korrespondiert mit der Verpflichtung der K. nach Ziffer 2 Abs. 3 der Vereinbarung zur schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 zwischen der Beklagten und den K.-Gesellschaften, wonach die K.-Gesellschaften, soweit datenschutzrechtlich zulässig, der Beklagten gegenüber auf Verlangen alle Tatbestände/Sachverhalte offen zu legen haben, aus denen sich die Voraussetzungen für das geltend gemachte Rückkehrrecht oder im Falle der Rückkehr nach Ziffer 1 a. i. V. m. Ziffer 2 a. die soziale Rechtfertigung, Zulässigkeit oder Wirksamkeit der Kündigung ergeben. Dass mit diesen Regelungen der Beklagten nicht die volle Darlegungs- und Beweislast für die Wirksam- bzw. Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der K. gemäß §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG auferlegt worden ist, ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagten so nicht der Zugang zu allen Informationen eröffnet worden ist, die sie benötigen würde, um die Wirksamkeit/Unwirksamkeit der Kündigung gemäß §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG darzulegen. Insbesondere eine Prüfung der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG konnte die Beklagte damit nicht leisten, weil sie keine Zugriffsmöglichkeiten auf die Sozialdaten der bei der K. beschäftigten Arbeitnehmer hatte, die u. U. mit dem Kläger vergleichbar, aber nicht ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten waren. Hintergrund dieses Auskunftsanspruchs ist vielmehr, die Beklagte im Rahmen des Rückkehrrechtstreites in die Lage zu versetzen, etwaigen Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG zu überprüfen und ggf. substantiiert zu bestreiten. Ohne diesen Auskunftsanspruch hätte die Beklagte als tatsächlich und rechtlich außerhalb des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der K. stehende dritte Person keinerlei Möglichkeiten gehabt, etwaigen Vortrag des Klägers zur Wirksamkeit der Kündigung zu verifizieren.
c. c. Für den Kläger bedeutet es auch keine unbillige Überforderung, dass ihm die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG in Bezug auf die Kündigung der K. vom 09.12.2008 auferlegt wird. Zunächst hätte er im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven die Gelegenheit gehabt, die von der K. in den Klageerwiderungen vorgetragenen Sachverhalten einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen und die K. durch Bestreiten des entsprechenden Vortrages zur Darlegung des gesamten Kündigungssachverhalts zu zwingen. Ferner wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, sich im Rahmen von § 3 KSchG und § 102 Abs. 2 S. 4 BetrVG Informationen über die Kündigungsgründe von dem örtlichen Betriebsrat zu verschaffen. Der Kläger selbst hat in dem Kündigungsschutzverfahren 11 Ca 11174/08 vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven das Widerspruchsschreiben des Betriebsrates zu seiner beabsichtigten Kündigung vorgelegt. Hierin hat der Betriebsrat verschiedene Aspekte ausgeführt, die er als problematisch im Hinblick auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eingestuft hat. Dabei ist hervor zu heben, dass dem Kläger zwar nicht vorgeworfen werden kann, das arbeitsgerichtliche Verfahren durch Rücknahme der Klage beendet zu haben. Er kann sich dann aber nicht darauf zurückziehen, nicht über die erforderlichen Informationen zur Darlegung der materiellen Betriebsbedingtheit der Kündigung zu verfügen. Dass die Beklagte die Rückkehr des Klägers ablehnt, hat sie ihm bereits mit Schreiben vom 15.12.2008 vor Rücknahme der Kündigungsschutzklage am 30.04.2009 unmissverständlich mitgeteilt. Der Kläger musste davon ausgehen, seine Wiedereinstellung nur gerichtlich durchsetzen zu können und dabei mit den entsprechenden Darlegungspflichten konfrontiert zu werden.
d. Dieser Darlegungs- und Beweislast hat der Kläger nicht genügt. Allein der Umstand, dass die K. die Kündigung als betriebsbedingt bezeichnet hat, lässt keinerlei Rückschlüsse auf das Vorliegen der materiellen Voraussetzung der §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG zu. Auch, dass Hintergrund für die Kündigung ein Interessenausgleich und Sozialplan war, entfaltet keine Vermutungswirkung im Hinblick auf das Vorliegen der speziellen Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung im Anwendungsbereich desKündigungsschutzgesetzes. Eine Namensliste, auf der sich der Kläger befindet, ist zwischen den Betriebsparteien offensichtlicht nicht vereinbart worden und nicht Bestandteil des Interessenausgleiches vom 12.11.2008; die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 KSchG sind mithin nicht gegeben.
Der Kläger hat die materielle Wirksamkeit der Kündigung auch nicht durch Bezugnahme auf die von der K. im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Bremen zum Az. 11 Ca 11174/08 vorgelegten beiden Klageerwiderungen vom 20.01. und 16.03.2009 hinreichend dargelegt. Die Beklagtenseite hat bereits in erster Instanz auf eine etwaige fehlerhafte Sozialauswahl, Weiterbeschäftigung sozial weniger schutzbedürftiger Kollegen und anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten sowie insbesondere auf den Einsatz von über 1000 Zeit- und Leiharbeitnehmern hingewiesen. Eben diese Sachverhalte hatte auch schon der Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben zur beabsichtigten Kündigung angeführt. Zu diesen Aspekten wird in den Klageerwiderungen seitens der K. nicht detailliert Stellung genommen. Der Kläger selbst hat hierauf auch nicht substantiiert erwidert. Insbesondere der Hinweis der Beklagtenseite auf die 1000 bei den K.-Gesellschaften beschäftigten Leiharbeitnehmer hätte jedoch ein spezifiziertes Eingehen der Klägerseite erfordert. Nicht nur unter Berücksichtigung des besondere tariflichen Kündigungsschutzes des Klägers, sondern auch allgemein im Anwendungsbereich von §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG ist anerkannt, dass mit Leiharbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze als frei im Verhältnis zu zur Kündigung anstehender Stammmitarbeiter anzusehen sind und deshalb die Unwirksamkeit der Kündigung des Stammmitarbeiters bedingen können (vgl. LAG Hamm, 24.07.2007 - 12 Sa 320/07 - NZA-RR 2008, 239 - 242; LAG Hamm, Urteil vom 27.11.2008 - 15 Sa 1081/08 - siehe Juris; BAG, 17.02.2010 - 7 ABR 89/08 - DB 2010, 1355 - 1356). Insoweit kann der Kläger nicht damit gehört werden, ihm sei eine Einlassung auf den diesbezüglichen pauschalen Vortrag der Beklagten nicht möglich, weil diese nicht vorgetragen habe, ob die 1000 Leiharbeitnehmer im Konzern oder im Tätigkeitsbereich des Klägers bei der K. eingesetzt würden. Vielmehr hätte der Kläger diesen Vortrag im Rahmen der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast entkräften müssen, z.B. durch den Vortrag, dass bei der K. überhaupt oder zumindestens in seinem Tätigkeitsbereich keine Leiharbeitnehmer eingesetzt würden. Dem hat er jedoch nicht entsprochen. Stattdessen hat der Kläger in dem Kammertermin vom 10.09.2010 eingeräumt, dass seinerzeit 3,5 Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer im Bereich H. tätig gewesen seien. Warum diese keine Auswirkungen auf den konkreten Fall haben und ihm deren Tätigkeitsbereiche, z. B. im Zuge einer Änderungskündigung, nicht hätten zugewiesen werden können, führt er nicht aus. Das geht zu seinen Lasten. Zu den anderen konkreten Einwendungen der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Kündigung fehlt jegliches substantiiertes Eingehen von Seiten des Klägers. Dem Kläger war insoweit auch kein Hinweis von Seiten des Gerichts oder eine Stellungnahmefrist zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 06.09.2010 zu gewähren.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 06.09.2010 enthält keine neuen Tatsachenbehauptungen, sondern lediglich eine zusammenfassende Vertiefung der rechtlichen Bewertung durch die Beklagte. Die Problematik der Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung war von Beginn an eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits und Hauptgegenstand der Berufungsbegründung. Durch die Beiziehung der Prozessakten des Kündigungsrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat das Berufungsgericht deutlich gemacht, dass die inhaltliche Begründung der Kündigung trotz der Fiktion des§ 7 KSchG zu thematisieren sein würde. Bei dieser Sachlage war der Kläger auch ohne ausdrücklichen Hinweis gehalten, umfassend zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung vorzutragen (vgl. BGH, 21.10.2005 - V ZR 169/04 - NJW - RR 2006, 235 - 237). Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass die Kündigung der K. vom 09.12.2008 unter Einhaltung der Voraussetzungen des §§ 1 Abs. 2 ff. KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgt ist. Der Kläger hat diese Voraussetzungen für das Rückkehrrecht gemäß § 2 a. der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 nicht dargelegt.
3. Ein Rückkehrrecht des Klägers zur Beklagten besteht mithin nicht. Weder ist die Beklagte dazu verpflichtet, entsprechend des Klageantrages zu 1. dem Kläger ein dahingehendes Angebot zu unterbreiten, noch kann diese Verpflichtung auf Grundlage des Hilfsantrages des Klägers in der Berufungsinstanz im Zuge eines Feststellungsurteils anerkannt werden. Die Berufung hatte insoweit Erfolg und die Klage war unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Brockhaus
Pröttel