Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.09.2010, Az.: 9 Sa 1624/09

Teilbetriebsstilllegung; Betriebsübergang

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
06.09.2010
Aktenzeichen
9 Sa 1624/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 47894
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 12.11.2009 - AZ: 1 Ca 291/09

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Einzelfallentscheidung der Frage, ob eine Teilstillegung eines Betriebes erfolgte.
2. Die Übernahme eines Maschinenteils begründet auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Klarenses) keine funktionelle Verknüpfung von Produktionsfaktoren. Dabei kommt es weniger darauf an, ob die Maschine ohne das Einzelteil funktionsfähig ist, sondern auf die wirtschaftliche Bedeutung des Teils und seine Verknüpfung mit weiteren übertragenen Betriebsmitteln.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 12.11.2009, 1 Ca 291/09, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 3.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Gerichtskosten der Berufung haben der Kläger zu 4/5, die Beklagte zu 1) zu 1/5 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Berufung des Klägers hat die Beklagte zu 1) 1/5, der Kläger die der Beklagten zu 1) zu 4/5 und die der Beklagten zu 2) voll zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgerechten betriebsbedingten Kündigung wegen Teilbetriebsstilllegung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) infolge eines streitigen Betriebsüberganges.

Die Beklagte zu 1) ist ein Landhandelsunternehmen. Ursprünglich stellte sie Mischfutter her und vertrieb es. Am 19.05.2009 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten:

1. "Der Gegenstand des Unternehmens gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 19.07.2001 wird ab dem 01.06.2009 geändert. Ab dem 01.06.2009 lautet § 2 des Gesellschaftsvertrages: "Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Kraftfutter, der Handel mit Getreide und alle damit zusammenhängenden Geschäfte. …"

2. Die Produktion von Mischfutter wird ab dem 01.10.2009 dauerhaft eingestellt. Hierdurch entfallen sämtliche Arbeitsplätze in den Bereichen Mischfutterproduktion, Mischfutterfahrer-Tankwagen-Rohwarenfahrer-Bodenentleerer zum 30.09.2009. Da Beschäftigungsalternativen nicht gegeben sind, muss auf den entstehenden Personalüberhang mit Kündigung reagiert werden."

Am 15.09.2009 beschloss der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) die dauerhafte Einstellung der Produktion von Mischfutter ab dem 01.10.2009 sowie den Ausspruch von Kündigungen wegen des entstehenden Personalüberhanges. Für die Inhalte der Beschlüsse vom 19.05.2009 wird auf Bl. 121 und 122 d. A. Bezug genommen. Die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im Bereich "Fuhrpark" und "Mischfutterproduktion" sind sämtlichst beendet worden. Soweit die Mitarbeiter nicht aufgrund anderweitiger Umstände ausschieden, wurde allen Mitarbeitern am 28.05.2009 unter Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist gekündigt. Soweit die Kündigungsfrist über den 30.09.2009 hinaus andauerte, erfolgte die Freistellung ab dem 01.10.2009. Die Beklagte zu 1) beschäftigte im Kündigungszeitpunkt mehr als 10 Arbeitnehmer. Für die einzelnen Mitarbeiter, deren Sozialdaten und Beschäftigungsgebiete wird auf Seite 6 und 7 des Schriftsatzes der Beklagten zu 1) vom 08.10.2009 Bezug genommen.

Die Beklagte zu 2) ist ebenso wie die Beklagte zu 1) Konzerntochter der G. Landhandel AG aus S.-Stadt. Die Beklagte zu 2) unterhält und betreibt u. a. in F-Stadt ein eigenes Futtermittelwerk zur Herstellung von Rinderfutter. Ob die Mühle in G-Stadt im Zeitpunkt der Stilllegung der Mühle der Beklagten zu 1) voll funktionsfähig war, ist zwischen den Parteien streitig. Die Mühle in G-Stadt wurde jedenfalls in der Zeit vom Oktober 2007 bis September 2009 nicht betrieben. In das Futtermittelwerk der Beklagten zu 2) in G-Stadt wurde zumindest ein von vier so genannten Pelletkühlern aus der Mühle der Beklagten zu 1) eingebaut. Ob damit die Produktionsmengen im Werk G-Stadt erhöht wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte zu 1) legt darüber hinaus eine Rechnung über den Verkauf von sieben Pressen an die S-Stadt- Maschinenbautechnik vom 30.03.2010 vor sowie eine Rechnung über den Verkauf eines Kühlgerätes vom 25.01.2010. Die Beklagte zu 2) unterhält Produktionsstandorte in S-Stadt, G-Stadt, H-Stadt und G-Stadt. Für die Einzelheiten wird auf Seite 3 des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.08.2010 Bezug genommen.

Mit am 20.05.2009 bei der Agentur für Arbeit A-Stadt eingehendem Schreiben zeigte die Beklagte zu 1) die beabsichtigte Massenentlassung an. Die Agentur für Arbeit verhängte mit Schreiben vom 28.05.2009 eine Sperrfrist bis zum 20.06.2009.

Der Kläger war als Betriebsleiter und Qualitätsmanager bei der Beklagten zu 1) seit dem 15.03.1994 beschäftigt. Er war im Kündigungszeitpunkt 53 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Sein Bruttomonatsgehalt betrug 3.900,00 Euro.

Zum 31.07.2009 wechselten die beiden Außendienstmitarbeiter der Beklagten zu 1) D. und O. von der Beklagten zu 1) zur Beklagten zu 2). Zum 01.01.2010 erwarb die Beklagte zu 2) das Betriebsgelände der Beklagten zu 1).

Zumindest am 01.10.2009 befanden sich auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu 1) noch Restmengen an Getreide, wobei das Volumen zwischen den Parteien streitig ist. Auch am 01.10.2009 erfolgten Belieferungen der Kunden der Beklagten zu 1) mit LKWs der Beklagten zu 2). Die Beklagte legt in diesem Zusammenhang einen Frachtvertrag vom 22.09.2009 zwischen der Beklagten zu 1) und Beklagten zu 2) über die Pflicht zur Durchführung von Auslieferungen zur Erfüllung der zwischen der Beklagten zu 1) und deren Kunden bestehenden Kaufverträge über Futtermittel vor. Bei der Beklagten waren nach der Betriebsteilschließung zunächst noch 5 Mitarbeiter beschäftigt. Aktuell sind noch 2 Mitarbeiter der Verwaltung, nämlich F.S. und H.R. beschäftigt sowie der Lagermitarbeiter A.S.

Ausweislich der Rechnungen vom 13.07.2009 verkaufte die Beklagte zu 1) eine Zugmaschine Mercedes, eine Anhänger Silo und einen Sattelauflieger Silo an die Nutzfahrzeuge M.S. GmbH. Am 20.07.2009 wurden eine Zugmaschine Mercedes und ein Anhänger an die Beklagte zu 2) veräußert und übergeben. Hinsichtlich der Veräußerungen weiterer Fahrzeuge der Beklagten hat diese Kopien von Rechnungen zur Akte gereicht, für deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 304 - 307 und Bl. 375 - 377 d. A. verwiesen wird. Darüber hinaus teilte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 04.06.2009 der V. GmbH mit, dass ein Standort für die Mobilfunkstation L. auf dem Firmengelände ab dem 30.09.2009 nicht mehr zur Verfügung stehe. Die Beklagte zu 1) kündigte zudem gemäß Schreiben vom 28.05.2009 (Bl. 117 und 118 d. A.) der Polizeidirektion/Digitalfunk als auch der Firma O. die Mietverträge über Funkstandorte.

Das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit teilte mit Schreiben vom 23.10.2009 mit, dass es darüber informiert worden sei, dass die Futtermittelproduktion in W-Stadt zum 30.09.2009 eingestellt worden sei. Dementsprechend wurden dem Betrieb die erteilten Anerkennungen und Registrierungen aufgehoben. Mit Schreiben vom 29.03.2010 teilte die Beklagte zu 1) dem Hauptzollamt O. mit, dass sie am 30.09.2009 die Produktion von Mischfutter eingestellt habe und die erteilten Erlaubnisscheine zurückgebe.

Mit am 29.05.2009 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat der Kläger die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend gemacht. Der Kläger hat die nicht ordnungsgemäße Sozialauswahl ebenso wie eine nicht erfolgte Massenentlassungsanzeige gerügt. Mit Schriftsatz vom 31.08.2009 hat er die Klage gegen die Beklagte zu 2) erweitert. Ein Antrag auf Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 1) wurde vom Kläger im Kammertermin zurückgenommen. Der Kläger hat bestritten, dass die Beklagte zu 1) im Kündigungszeitpunkt die Schließung des Mischfutterwerkes beschlossen hatte. Die landwirtschaftlichen Kunden der Beklagten zu 1) seien am 06.07.2009 darüber informiert worden, dass die Belieferung von Futtermitteln in vollem Umfang weitergeführt werde und zwar durch die Beklagte zu 2). Tatsächlich seien über den behaupteten Schließzeitpunkt weiterhin Getreide abtransportiert und Kunden beliefert worden. Am 06.11.2009 sei in der Müslianlage Pferdefuttermüsli produziert worden. Darüber hinaus läge ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) vor. Diese habe wesentliche Maschinenteile des Futtermittelwerkes sowie des Fuhrparks übernommen. Die Tätigkeiten bei den Beklagten seien vollkommen identisch. In beiden Fällen würde Futtermittel produziert. Es würden Lieferscheine unter dem Namen der Beklagten zu 2) ausgestellt und die Kundenkartei der Beklagten zu 1) befände sich im Besitz der Beklagten zu 2). Darüber hinaus sei er mit dem Mitarbeiter A.S. vergleichbar. Da dieser bei einer kürzeren Betriebszugehörigkeit wesentlich jünger sei, sei die soziale Auswahl fehlerhaft. Darüber hinaus sei die soziale Auswahl auf die Betriebe der Beklagten zu 2) zu erstrecken, da diese mit der Beklagten zu 1) organisatorisch verflochten sei. Das komme auch dadurch zum Ausdruck, dass die Leitung letztendlich einheitlich sei. Der Kläger sei zudem in der Verwaltung einsetzbar, da er in der Vergangenheit Stellvertreter des Geschäftsführers gewesen sei und in dieser Funktion auch Verwaltungsaufgaben übernommen habe.

Der Kläger hat des Weiteren behauptet, im Juli 2005 hätte der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) R., der Mitglied der Kommanditistin der Beklagten zu 1) sei, dem Kläger zugesichert, er könne bis zum Erreichen des 63. Lebensjahres für die Beklagte zu 1) tätig sein. Die ordentliche Kündigung sei daher ausgeschlossen. Die von ihm behauptete Zusage habe im Zusammenhang mit einem Gespräch zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) über anstehende Umstrukturierungen und den anstehenden Ruhestand von Herrn R. gestanden.

Über den 30.09.2009 hinaus werde Einzelfutter und Mischfutter durch Mitarbeiter der Beklagten zu 2) hergestellt. Zudem sei die Mühle am 01.10.2009 voll hochgefahren worden. Darüber hinaus würde auch ständig frisches Getreide angeliefert, das im Rahmen der Futtermittelproduktion gereinigt und sodann an Abnehmer veräußert werde.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.05.2009, zugegangen am gleichen Tage, nicht zum 30.11.2009 endete,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hat behauptet mit der Teilbetriebsschließung einer Stilllegungsverfügung durch das Gewerbeaufsichtsamt zuvorgekommen zu sein. Das Futtermittelwerk sei stark renovierungsbedürftig gewesen. Die Kosten für Modernisierungsmaßnahmen hätten sich auf ca. 3,1 Millionen Euro belaufen. Dementsprechend seien die Kunden in einer Informationsveranstaltung am 06.07.2009 darüber informiert worden, dass die Beklagte zu 1) die Mischfutterproduktion am 01.10.2009 einstelle. Die stillgelegten Produktionsanlagen würden im Jahre 2010 abgerissen werden. Hierzu bezieht sich die Beklagte zu 1) auf eingeholte Angebote über Abbrucharbeiten. Die Beklagte zu 1) habe bereits seit längerem Kuhfutter produziert, welches von der Beklagten zu 2) vermarktet worden sei. Zu diesem Zweck seien von der Beklagten zu 1) Lieferscheine an die Beklagte zu 2) ausgestellt worden. Ab dem 01.10.2009 erfolge die Produktion in eigenen Werken der Beklagten zu 2). Zu diesem Zweck sei die Betriebsstätte G-Stadt wieder in Betrieb genommen worden. Die Kundenkartei der Beklagten zu 1) sei von der Beklagten zu 2) nicht übernommen worden. Soweit die Beklagte zu 2) nunmehr Kunden der Beklagten zu 1) bediene, sei dies auf eigenes Anwerben oder Anfragen der Kunden zurückzuführen. Da bis zum 30.09.2009 nicht sämtliche produzierten Futtermittel ausgeliefert werden konnten, seien diese auch nach dem 30.09.2009 an landwirtschaftliche Kunden der Beklagten zu 1) durch LKWs der Beklagten zu 2) ausgeliefert worden. Zu diesem Zweck seien am 01.10.2009 für Abtransporte und Verladungen Ver- und Beladeschläuche eingesetzt worden. Dieser Vorgang sei am 01.10.2009 um 17.00 Uhr beendet worden. Auch am 06.11.2009 habe keine Produktion von Pferdefuttermüsli stattgefunden, sondern es sei nicht mehr verwendbare Ware aus dem Lager ausgekippt worden und man habe die Produktionsanlage genutzt, um die Ware schneller abladen zu können.

Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Vorbringen der Parteien sowie den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 12.11.2009 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage in vollem Umfang ab, weil der Produktionsbetrieb der Beklagten zu 1) am 30.09.2009 tatsächlich eingestellt worden sei und ein Teilbetriebsübergang nicht vorliege. Für die Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 10.12.2009 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung ging am 21.12.2009 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen ein. Die Berufungsbegründung ging am 09.03.2010 ein, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag des Klägervertreters vom 09.02.2010 durch Beschluss vom 10.02.2010 bis 10.03.2010 verlängert worden war.

Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Ausführungen des Arbeitsgerichts und rügt, das Arbeitsgericht sei den Beweisangeboten nicht nachgekommen. Darüber hinaus bezieht er sich auf die Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten zu 1) vom 24.08.2009, wonach die Mischfutterproduktion durch die Mühle der Beklagten zu 2) in G-Stadt übernommen werde, bis ein Futterwerk in W-Stadt gebaut sei. Hierzu legt er einen Zeitungsbericht vom 27.02.2010 vor, auf den Bezug genommen wird. Er behauptet nach wie vor, dass wesentliche Teile der Mühle der Beklagten zu 1) in das Werk der Beklagten zu 2) nach G-Stadt verbracht worden seien. Der Kläger betont noch mal, dass das Werk in G-Stadt erst mit dem Einbau von Maschinenteilen aus dem Werk der Beklagten zu 1) voll funktionsfähig geworden sei. Ohne den Einbau des Pelletkühlers aus dem Werk der Beklagten zu 1) sei das Werk in G-Stadt nicht in dem erforderlichen Umfang leistungsfähig. Es sei auch zu vermuten, dass die im Werk der Beklagten zu 1) vorhandenen Pressen in E-Stadt eingebaut worden seien. Das sei schon aus Gründen der Kompatibilität der Kühlstromanlage mit einzelnen Teilen der Presse erforderlich. Die Beklagte zu 2) habe auch wesentliche Teile des Fuhrparks übernommen, welcher aus 10 Fahrzeugen bzw. Anhängern bestanden habe. Die Geschäftsräume der Beklagten zu 1) würden jetzt von der Beklagten zu 2) genutzt. Der ehemalige Mitarbeiter N.K. der Beklagten zu 1) sei auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu 1) tätig gewesen. Nach wie vor werde Futtermittel im Betrieb der Beklagten zu 1) veredelt. Dass die Kunden der Beklagten zu 1) an von der Beklagten zu 2) übernommen worden seien, folge auch aus einer Werksbesichtigung der Landwirte am 19.08.2009 bei der Beklagten zu 2). Die Darlegungen der Beklagten genügten nicht den Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers über eine Betriebsstilllegung. Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass für den 6., 8. und 12. Oktober Lieferungen für die Vitakraft-Werke geplant gewesen seien.

Auch die Zusicherung des Zeugen R. gegenüber dem Kläger über eine Weiterbeschäftigung bis zu 63. Lebensjahr sei vom Arbeitsgericht falsch gewürdigt worden.

Klageerweiternd beantragt der Kläger mit Schriftsatz vom 31.05.2009 die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Diese sei in den vergangenen drei Jahren mit dem am 30.11. eines jeden Jahres fälligen Novembergehalts vorbehaltlos von der Beklagten zu 1) gezahlt worden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg, 1 Ca 291/09, vom 12.11.2009 abzuändern;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.05.2009, zugegangen am gleichen Tage, nicht zum 30.11.2009 endet,

3. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht,

4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 3.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen.

Die Beklagten wenden sich gegen die Berufung nach Maßgabe der Berufungsbeantwortung vom 19.04.2010 und den Ausführungen im Schriftsatz vom 28.08.2010 sowie 06.09.2010, auf deren Inhalt jeweils Bezug genommen wird. Die Beklagte zu 1) wiederholt ihr Vorbringen zur Teilbetriebsstilllegung der Produktionsanlage und betont in diesem Zusammenhang, dass die Anlieferung von Getreide bei der Beklagten zu 1) nach wie vor erfolge, weil von dort aus Handel mit Getreide betrieben werde. Eine Veredelung oder Verarbeitung finde jedoch nicht mehr statt. Darüber hinaus legt die Beklagte zu 1) verschiedene Rechnungen über den Verkauf des Fuhrparks vor. Hierzu wird auf Seite 3 der Berufungsbeantwortung Bezug genommen sowie auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 28.08.2010. Richtig sei, dass das Werk in G-Stadt zeitgleich mit der Schließung des Werkes der Beklagten zu 1) in Betrieb genommen wurde. Das Werk in G-Stadt sei jedoch immer stets funktionsfähig gewesen. Der Einbau des Kühlpellets sei lediglich aus Gründen der Vorsorge erfolgt, weil der dort vorhandene Pelletkühler für die vorgesehene Produktionsmenge zu klein sei. Die Beklagte zu 2) benötige einen größeren Pelletkühler zur Produktionsaufnahme. Tatsächlich sei die Produktion in G-Stadt jedoch nicht höher als vor Einbau des größeren Pelletkühlers. Dass eine Teilbetriebsstilllegung stattgefunden habe, folge auch aus dem Schriftverkehr mit dem Gewerbeaufsichtsamt, Zollamt und Amt für Lebensmittelüberwachung und Verbraucherschutz.

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes zu. Eine vorbehaltlose Auszahlung eines Weihnachtsgeldes sei in den Vorjahren nicht erfolgt. Es sei vielmehr jährlich neu darüber entschieden worden, ob die wirtschaftliche Situation die Zahlung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes ermögliche.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 520 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO.

B.

Die Berufung ist überwiegend unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.05.2009 beendet wurde und ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) nicht stattgefunden hat. Lediglich der Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist begründet.

I.

Die Kündigung vom 28.5.2009 hat das Arbeitsverhältnis gem. § 1 Abs.2 KSchG aus betriebsbedingten Gründen wirksam beendet.

1. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben, gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes oder eines Betriebsteils. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Produktion und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Mit der Stilllegung des gesamten Betriebes entfallen alle Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber muss jedoch endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Demgemäß ist von einer Stilllegung auszugehen, wenn der Arbeitnehmer seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel über die er verfügen kann, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt. Die betreffenden betrieblichen Umstände müssen greifbare Formen angenommen haben. Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermines sei mit einiger Sicherheit der Eintritt eines der Entlassung erforderlichen machenden betrieblichen Grundes gegeben (BAG vom 28.05.2009, 8 AZR 273/08 Rn. 29, NZA 2009, 1267 ff. = AP Nr. 370 zu 3 613 a BGB).

Erfolgt die Betriebsstilllegung tatsächlich zum prognostizierten Zeitpunkt, kann vermutet werden, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung eine zutreffende Prognose über die künftige Stilllegung getroffen wurde. In diesem Sinne kann die Entwicklung nach der Kündigung berücksichtigt werden (BAG vom 27.11.2003, 2 AZR 48/03, AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Gemeinschaftsbetrieb Rn. 18 m.w.N.)).

Eine Stilllegungsabsicht liegt allerdings dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb veräußert.

Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Stilllegung eines Teilbetriebes und die Veräußerung eines Teilbetriebes.

2. Diese Voraussetzungen liegen vor:

a) Die Beklagte zu 1) hat durch ihren Geschäftsführer und ihre Gesellschafter mit Beschlüssen vom 19.05.2009 endgültig beschlossen, die Produktion von Mischfutter einzustellen und lediglich nur noch Handel mit Getreide und Vertrieb von Getreide zum Betriebszweck zu haben. Grund für die Teilbetriebsstilllegung war die von der Beklagten zu 1) befürchtete Stilllegung der Mühle durch das Gewerbeaufsichtsamt. Dabei kann letztendlich dahinstehen, ob die Stilllegung durch das Gewerbeaufsichtsamt tatsächlich erfolgte wäre. Maßgeblich ist, dass die Beklagte zu 1) auf Grund des vorgelegten Schriftverkehrs mit dem Gewerbeaufsichtsamt davon ausgehen musste zumindest erheblichen Modernisierungsaufwand betreiben zu müssen. Vor diesem Hintergrund kann die Stilllegungsabsicht nicht als willkürlich angesehen werden.

b) Im Kündigungszeitraum am 28.05.2009 hat der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bereits greifbare Formen angenommen. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Hierauf wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass die Beklagte zu 1) über den bereits erstinstanzlich unstreitig erfolgten Verkauf von drei Fahrzeugen aus dem Fuhrpark den Verkauf der weiteren Fahrzeuge unter Vorlage der Rechnungen dargelegt hat. Aus den Rechnungen folgt jeweils an wen welches Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt veräußert wurde. Der Hinweis des Klägers, die Rechnungen enthielten nicht die jeweils amtlichen Kennzeichen, sondern die Fahrzeugidentifizierungsnummer, ist zwar einerseits zutreffend, aber auch irrelevant. Der Kläger selbst sagt, dass der Fuhrpark der Beklagten zu 1) 10 Fahrzeuge enthalten habe. Die Beklagte zu 1) trägt den Verkauf von insgesamt 10 Fahrzeugen unter Vorlage der Rechnungen vor. Es wäre Sache des Klägers im Einzelnen anzugeben, aus welchen Gründen er den Verkauf von insgesamt 10 Fahrzeugen bestreitet. Aus den Darlegungen der Beklagten folgt jedenfalls, dass der Fuhrpark vollständig verkauft wurde. Dabei wurden einerseits Fahrzeuge bereits im Dezember 2008 veräußert, andererseits Fahrzeuge auch erst nach dem behaupteten Schließzeitpunkt zum 01.10. 2009 veräußert. Dass der Fuhrpark nicht zeitgleich mit der Einstellung der Produktion veräußert werden kann, ist nachvollziehbar, weil dieser Umstand von der Marktsituation abhängt. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Fuhrpark zeitgleich veräußert wird. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass es auch einen Firmenbus gegeben habe, hat die Beklagte eingeräumt, diesen Firmenbus mit dem Erwerb des Betriebsgeländes am 01.01.2010 übernommen zu haben. Ein Rückschluss auf eine fehlende Stilllegung liegt hierin nicht.

Der Umstand, dass von dem Werk der Beklagten zu 1) weiterhin Getreide weggefahren wird, hindert eine Teilbetriebsstilllegung ebenfalls nicht. Unstreitig ist Betriebszweck der Beklagten zu 1) weiterhin der Handel mit Getreide. Lediglich die Herstellung von Mischfutter ist eingestellt worden. Soweit Getreide gewogen, gelagert und geliefert wird, steht das einer Stilllegung der Produktionsanlage für Mischfutter nicht entgegen. Die Mühle der Beklagten zu 1) ist inzwischen auch nicht mehr produktionsfähig, da ausweislich der vorgelegten Rechnung die Beklagte zu 1) die Pressen sämtlichst verkauft hat. Keiner der Kläger hat behauptet, dass mehr als die sieben in der Rechnung vom 30.03.2010 aufgeführten Pressen vorhanden waren. Ohne Pressen ist die Mühle unstreitig nicht produktionsfähig. Weiterhin ist das Kühlgerät verkauft (Rechnung vom 25.01.2010), welches mit den Pelletkühlern nach den Erläuterungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht identisch ist.

Auch aus dem Schriftverkehr der Beklagten zu 1) mit dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelüberwachung, dem Hauptzollamt und dem Gewerbeaufsichtsamt folgt letztendlich die Stilllegung zum behaupteten Zeitpunkt.

Dass am 01.10. noch Getreide abgefahren wurde, steht der Stilllegung der Produktion nicht entgegen. Die Tourenpläne, auf die der Kläger sich bezieht, enthalten über den 01.10. hinaus keine Fahrten mehr, so dass aus seinem eigenen Vortrag nicht folgt, dass über den 01.10. hinaus noch Lieferungen von produzierten Getreide stattgefunden haben. Die Lieferungen an Vitakraft in der Folgewoche setzen ebenfalls nicht voraus, dass an diesen Tagen Mischfutter produzierte wurde. Ebenso gut kann an diesen Tagen bereits vor dem 01.10.2009 produziertes Getreide ausgeliefert worden seien. Dem Kläger ist zugute zu halten, dass eine Auslieferung von Getreide nach dem 30.09.2009 Anlass zur kritischen Hinterfragung der Darlegungen der Beklagten zu 1) gibt. Maßgeblich ist aber letztendlich der Gesamteindruck der vorgetragenen Umstände. Der Verkauf des Fuhrparks, der Pressen und die damit einhergehende Funktionsunfähigkeit der Mühle, die Kündigung und Freistellung der Mitarbeiter wiegen als Umstände so schwer, dass sie insgesamt durch den Vortrag des Klägers nicht erschüttert werden können. Richtig ist der Einwand des Klägers, dass die Betriebsbedingtheit der Kündigung selbst durch die Kündigung aller Produktionsmitarbeiter und Mitarbeiter des Fuhrparks nicht begründet werden kann. Umgekehrt ist aber zu fragen, wie die Produktion und der Fuhrpark weiter über den 30.09. weiterbetrieben werden soll, wenn sämtliche Mitarbeiter gekündigt bzw. freigestellt sind. Produktionsanlagen und Fuhrpark können ohne Mitarbeiter nicht betrieben werden. Dass im Werk W-Stadt der Beklagten zu 1) außer Verwaltungsmitarbeitern der Beklagten zu 1) Produktionsmitarbeiter beschäftigt oder wiedereingestellt worden sind, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen. Letztendlich geht auch der klägerische Vortrag dahin, dass die Produktion nicht mehr bei der Beklagten zu 1) betrieben wird, sondern auf das Werk der Beklagten zu 2) in G-Stadt verlagert wurde und dort das Arbeitsverhältnis besteht. Auch die vom Kläger vorgelegten Zeitungsartikel vom 27.02.2010 und Berichte über die Funktürme an der Mühle auf dem Werksgelände der Beklagten zu 1) stellen die Teilbetriebsstilllegung in W-Stadt nicht in Frage, weil auch hier allenfalls von zukünftigen Planungen die Rede ist.

3. Es hat auch keine Verlagerung der Betriebsstätte auf das Werk in G-Stadt der Beklagten zu 2) stattgefunden. Eine solche als Teilbetriebsübergang einzuordnende Betriebsstättenverlagerung setzt nach § 613 a Abs. 1 BGB den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus.

a) Erforderlich ist hierbei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel, wie Gebäude oder bewegliche Güter, die Übernahme der Hauptbelegschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Die Identität der Einheit kann sich aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Überganges maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und nach dem Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG vom 28.05.2009, 8 AZR 273/08, a. a. O. Rn. 38 m. w. N.).

Im Weiteren ist zu differenzieren nach Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Hier kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Bei Betriebsmittel geprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen, wenn der Betriebsübernehmer Betriebsmittel des Vorgängers übernimmt. Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht und wenn sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind (BAG vom 28.05.2009 a. a. O. Rn. 40 und BAG vom 22.01.2009, 8 AZR 158/07, NZA 2009, 905 ff. = AP Nr. 367 zu § 613 a BGB Rn. 16 - 18).

b) Die nach diesen Maßstäben erforderliche Gesamtwürdigung aller Teilaspekte ergibt, dass ein Betriebsübergang in diesem Sinne nicht gegeben ist. Für einen Betriebsübergang spricht zunächst, dass der Betriebszweck der Beklagten zu 2) im Werk G-Stadt identisch ist mit dem aufgegebenen Betriebszweck der Beklagten zu 1), nämlich die Herstellung von Mischfutter, in G-Stadt speziell von Rinderfutter. Da es sich um einen Betriebsmittel geprägten Betrieb handelt, ist die Übernahme von Personal für die Annahme eines Betriebsüberganges nicht erforderlich. Maßgeblich ist die Übernahme von sächlichen Betriebsmitteln. Die Übernahme von zwei Außendienstmitarbeitern als Personal wäre ohnehin nicht geeignet, einen Betriebsübergang zu begründen, da es um die Übernahme der Produktionsstätte geht. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt ist ein Kühlpellet in dem Werk in G-Stadt eingebaut worden. Es kann dahinstehen, ob nur mithilfe des Einbaues diese Pelletkühlers die Mühle in G-Stadt funktionsfähig wurde oder die dort bis zum Einbau mögliche Produktion gesteigert wurde. Auch wenn eine Mühle ohne Einbau eines Pelletkühlers nicht betrieben werden kann, kommt die Kammer auch bei wertender Betrachtungsweise nicht zu dem Ergebnis, dass der Einsatz des Pelletkühlers den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht.

Dies auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beklagte zu 2) einen Großteil der Kunden der Beklagten zu 1) beliefert und Lieferungen annimmt: Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so dass muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur und im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen. Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren. Es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH vom 12.02.2009, NZA 2009, 251 = AP Richtlinie 200/23/EG Nr. 4 = EZEG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2 - Klarenberg; BAG vom 17.12.2009, 8 AZR 1019/08, NZA 2010, 499 [BAG 17.12.2009 - 8 AZR 1019/08] Rn. 17 m. w. N.). Die Übernahme eines Pelletkühlers von insgesamt vier Kühlern ergibt auch unter der Berücksichtigung der Übernahme einer erheblichen Kundenzahl nicht die Übernahme einer organisatorischen Teileinheit, deren Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht. Es fehlt an der Identität einer übertragenen organisatorischen Einheit. Ein Pelletkühler kann auch unter Berücksichtigung der Übernahme von Kunden nicht als organisatorische Einheit bezeichnet werden. Auch die Einfügung des Pelletkühlers in die vorhandene Produktionsanlage ändert daran nichts. Auch in diesen Fällen ist erforderlich, dass die funktionelle Verknüpfung der übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten wird und es dadurch ermöglicht wird, die Faktoren zu nutzen, um derselben Tätigkeit nachzukommen. Richtig ist, dass der Pelletkühler letztendlich dazu dient, in beiden Werken die Mühle betreiben zu können. Es ist aber keine funktionelle Verknüpfung von Produktionsfaktoren feststellbar, wenn lediglich ein Einzelteil übertragen wird. Natürlich läuft die Maschine nicht ohne Einbau des Pelletkühlers. Ebenso dienen sämtliche anderen Einzelteile einer Maschine dazu, diese funktionsfähig zu machen. Im Verhältnis zu einer Mühle, die Futtermittel herstellt, ist ein Pelletkühler jedoch auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein eher untergeordnetes Teil. Selbst wenn die Mühle in G-Stadt ohne Einbau dieses Pelletkühlers nicht funktionsfähig gewesen wäre, hätte sie auch durch Einbau eines Pelletkühlers, der auf andere Weise beschafft worden wäre, also beispielsweise von einem Dritten erworben, funktionsfähig gemacht werden können. Die Funktionsfähigkeit der Mühle in G-Stadt hing jedenfalls nicht von der Aufnahme einer organisatorischen Einheit aus dem Werk der Beklagten zu 1) ab.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Übernahme von drei Fahrzeugen und des Firmenbusses ändert sich an dieser Gesamtwürdigung nichts. Zum einen hat die Übernahme des Fuhrparks für die Übernahme einer Produktionseinheit nur untergeordnete Bedeutung, weil die Teilbetriebsstilllegung und der streitige Teilbetriebsübergang die Produktionsanlage und nicht den Fuhrpark betreffen. Aber auch wenn man die Veräußerung von drei Fahrzeugen an die Beklagte zu 2) als Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung heranzieht, kommen den Fahrzeugen nur untergeordnete Bedeutung zu. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (Klarenberg) wird die Funktionsnachfolge nicht zu einem Betriebsübergang. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen stellt keinen Betriebsübergang dar. Dasselbe gilt für die reine Auftragsnachfolge. Die Gesamtumstände im vorliegenden Fall sprechen letztendlich dafür, dass eine Funktionsnachfolge vorliegt, weil dieselbe Tätigkeit nunmehr durch eine andere Mühle und einen anderen Betreiber ausgeführt wird. Dies hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt.

Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte zu 2) nunmehr durch die Beklagte zu 1) mit Getreide beliefert werden sollte. Durch diese Zusammenarbeit wird die wirtschaftliche Identität der Produktionsstätte nicht hergestellt. Die Belieferung stellt nur einen Hilfstätigkeit dar.

4. Die Kündigung ist auch nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG wegen fehlerhafter sozialer Auswahl unwirksam. Der Kläger ist mit dem jüngeren und einer kürzeren Betriebszugehörigkeit versehenen A.S. nicht vergleichbar. Herr S. ist Lagerarbeiter mit einem wesentlich niedrigeren Bruttoeinkommen bei zumindest teilweise anderer Arbeit. Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger bereit ist dieselbe Tätigkeit des Zeugen S. auszuführen. Maßgeblich ist die Vergleichbarkeit der Mitarbeiter nach dem Arbeitsvertrag und ihre Austauschbarkeit im Wege des Direktionsrechtes. Das ist bei derart unterschiedlichen Beschäftigungsarten bei unterschiedlichem Gehalt nicht der Fall. Die soziale Auswahl war auch nicht auf die Betriebsstätten der Beklagten zu 2) zu erstrecken. Dazu wäre erforderlich, dass die Beklagte zu 1) und 2) einen Gemeinschaftsbetrieb haben. Von einem solchen ist auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden. Dazu müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindestens stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Diese einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen Funktionen eines Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit genügt nicht (BAG vom 14.08.2007, 8 AZR 1043/06, AP 325 zu § 613 a BGB = NZA 2007 S.1431 Rn. 30 m. w. N.). Diese Anforderungen hat der Kläger durch Hinweise auf eine gemeinsame Telefonliste und einen Organisationsplan nicht erfüllt. Dass die Beklagte zu 1) und 2) zusammenarbeiten und über eine einheitliche Konzernleitung einheitliche Vorgaben erhalten, spricht für eine unternehmerische Zusammenarbeit, aber nicht für das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes im beschriebenen Sinne.

5. Die Kündigung ist auch nicht nach § 17 KSchG unwirksam. Die Beklagte zu 1) hat die Massenentlassungen angezeigt und die Sperrfrist eingehalten. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird verwiesen.

6. Aus o. g. folgt, dass die Kündigung auch nicht nach § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam ist. Die Kündigung erfolgte nicht wegen eines Betriebsüberganges. Ein Betriebsübergang liegt nicht vor.

7. Der Kläger ist entgegen seiner Auffassung auch nicht ordentlich unkündbar. Der Kläger hat ausgeführt, dass im Rahmen eines Gespräches zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) R. in Anwesenheit ebenfalls des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) D. ein "Ehrenhandschlag" gegeben wurde. Herr R. habe zu ihm gesagt, er arbeite ebenfalls bis zum 63. Lebensjahr und könne dann in Rente gehen. Daraus folgt entgegen der Auffassung des Klägers keine Zusicherung derart, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 63. Lebensjahr ordentlich nicht kündbar sein sollte. Weder kann die Äußerung des Herrn R. - die Kammer unterstellt die Richtigkeit des klägerischen Vortrages - als Zusage der ordentlichen Unkündbarkeit noch als Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit angesehen werden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Inhalt einer solchen Abrede nach §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen ist. Aus dem Inhalt einer solchen Äußerung folgt nicht, dass der Kläger unabhängig von jeder wirtschaftlichen oder unternehmerischen Entwicklung unkündbar sein sollte. Eine solche Zusage ist derart ungewöhnlich, dass sie einer eindeutigen Äußerung bedarf. Das heißt, dass es eines ausdrücklichen Hinweises bedarf, dass der Kläger bis zum 63. Lebensjahr nicht mehr gekündigt werden darf. Aus dem vorgetragenen Inhalt des Gespräches folgt das nicht. Auch nicht im Hinblick darauf, dass Anlass des Gespräches anstehende Umstrukturierungen im Betrieb waren. Zutreffend hat der Kläger geäußert, dass nach dem Inhalt des Gespräches beide Parteien davon ausgingen, bis zum Eintritt in den Ruhestand zusammenzuarbeiten. Das deutet jedoch eher auf die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses auf Lebenszeit hin, als auf eine vereinbarte Unkündbarkeit. Auch eine Anstellung für eine Lebens- oder Dauerstellung ist auszulegen und nur in Ausnahmefällen als Zusage einer Unkündbarkeit anzusehen. In Betracht kommt auch, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung auf Dauer oder nur vorübergehend ausgeschlossen sein soll, das längere Kündigungsfristen oder sofortiger Kündigungsschutz gelten soll oder nur eine rechtlich unverbindliche auf ein langes bestehendes Arbeitsverhältnis ausgedrückt wurde (vgl. Erfurter Kommentar/Möller-Glöge § 15 TzBfG Rn. 18). Auch hier gilt, dass nicht von einer Vereinbarung einer Unkündbarkeit ausgegangen werden kann.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2), weil ein Betriebsübergang nicht erfolgt ist. Auf die Ausführungen zu I. Ziffer 3 wird verwiesen.

III.

Der Kläger hat Anspruch auf die Sonderzahlung aus dem Jahre 2009 in unstreitiger Höhe von einem Bruttomonatsgehalt.

1. Die Klageerweiterung in der Berufung ist nach §§ 533, 529 ZPO zulässig. Klageerweiterungen sind Klageänderungen im Sinne des § 263 ZPO, die im Berufungsverfahren nach § 533 ZPO nur zulässig sind, wenn erstens der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und zweitens diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Nach § 529 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen: Die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

Sachdienlichkeit ist dann anzunehmen, wenn über weitere Streitgegenstände der Parteien abschließend entschieden und dadurch ein weiterer drohender Rechtsstreit zwischen den Parteien vermieden werden kann (BGH vom 6.4.2004, X ZR 132/02, NJW-RR 2004, 1076, Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

2. Der Kläger hat vorgetragen, dass er zumindest in den letzten drei Jahren vorbehaltlos in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes am 30.11. des Jahres eine Gratifikation erhalten hat. Die Beklagte ist dem erst mit Schriftsatz vom 28.08.2010 entgegengetreten. In diesem Schriftsatz hat die Beklagte auf das Bestehen eines Vorbehaltes verwiesen. Sie hat ausgeführt, dass jedes Jahr erneut darüber entschieden wurde, ob die Zahlung erfolge oder nicht. Die jährliche Zahlung des Weihnachtsgeldes in gleichbleibender Höhe hat sie erst in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestritten. Abgesehen davon, dass dieses Bestreiten zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 31.05.2010 gestellten Antrag als verspätet zurückzuweisen ist, war auch das Bestreiten mit Nichtwissen unerheblich. Nach § 138 Abs. 3 ZPO ist ein Bestreiten mit Nichtwissen nur dann zulässig, wenn eine Partei sich über die jeweiligen Tatsachen nicht erklären kann. Die Beklagte zu 1) ist als ehemaliger Arbeitgeber in der Lage, die Lohnzahlungen nachzuvollziehen und konkret zu bestreiten und anzugeben, welche Zahlungen denn tatsächlich erfolgt sind. Der Kläger hatte bislang keine Veranlassung, die jährlich gleichbleibende Zahlung durch Vorlage der Lohnabrechnungen nachzuweisen. Sein mit Schriftsatz vom 31.05.2010 gehaltener Vortrag war bis zur mündlichen Verhandlung unstreitig. Soweit die Beklagte sich auf einen Vorbehalt in Arbeitsverträgen bezieht, liegen diese Arbeitsverträge weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor. Nähere Konkretisierungen dazu mit welchem Inhalt und zu welchem Zeitpunkt welch ein Vorbehalt ausgesprochen wurde, sind ebenfalls weder schriftsätzlich noch mündlich erfolgt. Dementsprechend stand dem Kläger aus § 611 BGB i. V. m. einer betrieblichen Übung, nämlich der dreimaligen Auszahlung einer Gratifikation in gleicher Höhe ohne Vorbehalt ein entsprechender Anspruch zu. Der Zinsanspruch folgt aus § 288, 286 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach §§ 97 Abs. 1, 100 ZPO anteilig des jeweilige Obsiegens der Parteien. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 ArbGG liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß anliegender Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.