Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.03.2010, Az.: 9 Sa 517/09
Personalabbau durch Abfindungs- und Altersteilzeitverträge in Anlehnung an rentenrechtliche Altersregelungen; Klage auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages bei legitimer Gruppenbildung; Anfechtung der Altersteilzeitvereinbarung bei angedrohter Klageerhebung zur Durchsetzung eines Rechtsanspruchs
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 15.03.2010
- Aktenzeichen
- 9 Sa 517/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 26502
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:0315.9SA517.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 15.01.2009 - AZ: 6 Ca 82/07
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs. 3 BGB
- § 142 BGB
- § 242 BGB
- § 1 AGG
- § 3 Abs. 1 S. 1 AGG
- § 7 Abs. 1 AGG
- § 7 Abs. 2 AGG
- § 10 S. 1, 2 AGG
- § 1 Abs. 1 AltTZG
Redaktioneller Leitsatz
1. Unterscheidet die Arbeitgeberin beim Personalbbau in Anlehnung an rentenrechtliche Altersgrenzen zwischen Arbeitnehmern, die vor 1952 geboren sind und solchen, die 1952 oder später geboren sind, ist diese Gruppenbildung nach § 10 Satz 1 und 2 AGG durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, objektiv und angemessen; dabei ist nicht auf den von der Arbeitgeberin angestrebten Personalabbau abzustellen sondern auf die gewählten Mittel des Personalabbaus (Aufhebungsverträge mit Turbo-Abfindung einerseits und Angebot von Altersteilzeitverträgen andererseits).
2. Sind vom Personalabbau in Anlehnung an rentenrechtliche Altersgrenzen beide Arbeitnehmergruppen betroffen, ist der Personalabbau als solcher nicht das Differenzierungskriterium; Unterscheidungsmerkmal ist vielmehr die gesetzliche und tarifliche Möglichkeit, Altersteilzeit mit anschließender Altersrente in Anspruch nehmen zu können, und damit eine anderweitige Absicherung der Arbeitnehmer als durch Abfindungszahlung.
3. Der gleitende Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ist gemäß § 1 Abs. 1 ATZG ein vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel.
4. Die Drohung mit der Erhebung einer gerichtlichen Klage ist grundsätzlich ein erlaubtes Mittel mit der Folge, dass die Widerrechtlichkeit der Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist; das gilt jedenfalls dann, wenn die drohende Arbeitgeberin einen Rechtsanspruch auf den erstrebten Erfolg hat.
In dem Rechtsstreit
Klägerin und Berufungsklägerin,
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte,
hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2010 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Finger,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Gaschler
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 15.01.2009, 6 Ca 82/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, um die Wirksamkeit eines Altersteilzeitvertrages sowie um Schadens- und Vergütungsansprüche der Klägerin.
Die am 00.00.1947 geborene, verwitwete, Kindern nicht zum Unterhalt verpflichtete Klägerin war seit dem 15.04.1964 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltstufe 16 des Monatsentgelttarifvertrages der V. AG.
Am 01.12.2003 unterzeichnete die Klägerin einen "Vorvertrag zum Altersteilzeitvertrag" mit folgendem Inhalt: "Die V. AG hat mir am 01.12.2003 den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Rahmen der bestehenden gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regelungen, die auch die Freigabe einer entsprechenden Tranche betreffen, angeboten.
Ich nehme das Angebot an." (Bl. 35 d. A.)
Mit Schreiben vom 24.11.2005 forderte die Beklagte u. a. die Klägerin auf, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen und verwies in diesem Zusammenhang auf die Verpflichtung aus dem Vorvertrag. Das Schreiben vom 24.11.2005 endete mit dem Satz "Sollten Sie den angebotenen Altersteilzeitvertrag bis zum 21.12.2005 nicht unterzeichnet haben, behalten wir uns rechtliche Schritte vor." Für den gesamten Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 36 d. A. Bezug genommen. Darüber hinaus fanden Gespräche zwischen der Klägerin und den zuständigen Mitarbeitern der Personalabteilung statt, in deren Verlauf die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sie aus dem Vorvertrag verpflichtet sei, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen. Am 07.04.2006 unterzeichnete die Klägerin den Altersteilzeitvertrag, welchen die Beklagte unter dem 27.03.2006 unterzeichnete. Für den Altersteilzeitvertrag wird auf Bl. 331 bis 336 d. A. Bezug genommen. Im Juni 2006 unterbreitete die Beklagte Mitarbeitern der Geburtsjahrgänge 1952 und jünger Angebote auf Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Zahlung einer Abfindung (so genannte Turboprämie). Hierzu wird auf Bl. 23 und 24 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.03.2007 focht die Klägerin ihre Altersteilzeitvereinbarung vom 27.03./07.04.2006 wegen widerrechtlicher Drohung und arglistiger Täuschung an und forderte Rückabwicklung (Bl. 37 und 38 d. A.). Ebenfalls mit Schreiben vom 10.03.2007 forderte die Klägerin die Unterbreitung eines Angebotes zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120.000,00 Euro bzw. bei Berücksichtigung des Sonderbonusses 186.120,00 Euro (Bl. 25, 26 d. A.).
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet die am 13.10.2006 von den Tarifvertragsparteien unterzeichnete Vereinbarung über die Gewährung eines einmaligen Aufwandes gemäß Ziffer 3.1. des Verhandlungsergebnisses vom 05.10.2006 Anwendung. Diese Vereinbarung sieht die Gewährung eines einmaligen Versorgungsaufwandes für eine betriebliche Zusatzversorgung (Beteiligungsrente II) in Höhe von 6.279,00 Euro vor. Nach Ziffer 2.6 der Vereinbarung kann auf Antrag der Beschäftigten anstelle des einmaligen Versorgungsaufwandes eine finanzielle Abgeltung in Höhe von 5.000,00 Euro brutto erfolgen. Einen entsprechenden Antrag stellte die Klägerin innerhalb der in der Vereinbarung vorgesehenen Frist bis zum 30.11.2006 nicht. Beschäftigte, für die die Geltungsdauer der neuen Arbeitszeitregelung erkennbar kürzer als fünf Jahre beträgt, (z. B. auf Grund von Aufhebungsverträgen, altersbedingten Ausscheidens, Wechsel in Altersteilzeit, Teilzeit oder Tarifplus etc.) erhalten die Leistung anteilig. Die Beklagte zahlte den anteilig der Klägerin zustehenden Betrag an die Zusatzversorgung (Beteiligungsrente II).
Seit dem 05.03.2007 ist die Klägerin von der Arbeitsleistung freigestellt.
Mit ihrer bei Gericht am 08.06.2007 eingegangenen Klage führt die Klägerin aus, dass ihr durch den Inhalt des Schreibens vom 24.11.2005 und in Gesprächen durch Mitarbeiter der Personalabteilung wider besseren Wissens gesagt worden sei, es bestünde eine Verpflichtung zum Abschluss eines Altersteilzeitvertrages, weil die Vereinbarung vom 01.12.2003 einen Vorvertrag darstellte. Nach ihrer Auffassung sei für die handelnden Mitarbeiter ersichtlich gewesen, dass die Erklärung vom 01.12.2003 keine Bindungswirkung im Sinne eines Vorvertrages enthalte. Im Übrigen habe man ihr widerrechtlich mit einer gerichtlichen Durchsetzung des Abschlusses eines Altersteilzeitvertrages gedroht. Schließlich vertritt die Klägerin die Auffassung, es verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung, wenn ihr kein Aufhebungsvertrag zu den im Rundschreiben genannten Abfindungsbedingungen angeboten würde. Hinsichtlich der Zahlung des so genannten Rentenbausteins verweist die Klägerin darauf, dass in der Information über den neuen Tarifvertrag, die als Anlage K 10 zu Bl. 39 d. A. gereicht wurde, nicht aufgeführt sei, dass auch Mitarbeiter in Altersteilzeitverträgen Anspruch auf Auszahlung hätten. Ein Antrag sei ihr im Übrigen nicht zugeleitet worden, so dass sie die Frist zum 30.11.2006 auch nicht einhalten konnte. Für das weitere klägerische Vorbringen wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 15.01.2009 verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120 Euro beinhaltet, zu unterbreiten
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass die Beklagte der Klägerin wegen ihres Alters keinen Aufhebungsvertrag über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120 Euro angeboten hat
3. festzustellen, dass die zwischen den Parteien geschlossene Altersteilzeitvereinbarung vom 27.03.2006 nichtig ist
4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis seit dem 27.03.2006 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.279 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 5.062,38 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.003,15 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2006 auf 3.059,23 Euro zu zahlen
7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juli 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.772,55 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.031,57 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2006 auf 2.740,98 Euro zu zahlen
8. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat August 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 5.007,89 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.249,84 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2006 auf 2.758,05 Euro zu zahlen
9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat September 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 5.226,90 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.003,99 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.10.2006 auf 3.222,91 Euro zu zahlen
10. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Oktober 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 5.020,13 Euro brutto abzüglich erhaltener 1.035,75 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.11.2006 auf 3.984,38 Euro zu zahlen
11. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat November 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 7.542,72 Euro brutto abzüglich erhaltener 4.078,24 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2006 auf 3.464,48 Euro zu zahlen
12. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Dezember 2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.343,98 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.003,99 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2007 auf 2.339,99 Euro zu zahlen
13. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2007 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.497,53 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.040,17 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2007 auf 2.457,36 Euro zu zahlen
14. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2007 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.613,22 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.040,17 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2007 auf 2.573,05 Euro zu zahlen
15. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 2007 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.925,81 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.040,17 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2007 auf 2.885,64 Euro zu zahlen
16. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 2007 Arbeitsentgelt in Höhe von 4.860,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 2.040,17 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2007 auf 2.819,83 Euro zu zahlen sowie
17. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin nach Neuabrechnung des Arbeitsentgelts für den Zeitraum seit 01.06.2007 Gehaltsabrechnungen zu erteilen
18. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.334,40€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.06.2007 zu zahlen
19. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.333,56€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2007 zu zahlen
20. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juli 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.333,56€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2007 zu zahlen
21. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat August 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.371,24€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2007 zu zahlen
22. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat September 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.346,12€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.10.2007 zu zahlen
23. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Oktober 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.346,12€ brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.11.2007 zu zahlen
24. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat November 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.346,12 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2007 zu zahlen
25. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Dezember 2007 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.346,12 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2008 zu zahlen
26. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2008 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.346,12 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2008 zu zahlen
27. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2008 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.343,12 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2008 zu zahlen
28. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 2008 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.241,29 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2008 zu zahlen
29. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 2008 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.241,29 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2008 zu zahlen
30. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2008 Restarbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.241,29 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.06.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt der Anfechtung des Altersteilzeitvertrages entgegen. Hinsichtlich des Rentenbausteins verweist sie darauf, dass der Klägerin die tarifvertragliche Ausgleichssumme nicht in voller Höhe zustehe. Für die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages gebe es keinen Raum. Die Beklagte verweist auf das Parallelverfahren beim Arbeitsgericht Hannover mit dem Aktenzeichen 7 Ca 506/06 und 9 Sa 525/07. Ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung liege nicht vor. Die Beklagte habe auch nicht einzelnen Mitarbeitern den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu den im Rundschreiben genannten Bedingungen angeboten, die Jahrgang 1951 oder älter seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.01.2009 insgesamt zurückgewiesen. Der Altersteilzeitvertrag vom 27.03./07.04.2006 sei wirksam. Anfechtungsgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei die Ankündigung von rechtlichen Konsequenzen keine widerrechtliche Drohung. Ein Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120.00 Euro bestehe nicht, weil die Unterscheidung zwischen Mitarbeitern, die die Möglichkeit haben, das Arbeitsverhältnis nach Abschluss eines Altersteilzeitvertrages rentennah zu beenden, ein geeigneter Differenzierungsgrund sei. Das Arbeitsgericht verweist auf die Entscheidung der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 15.09.2008. Damit stehe zugleich fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Neuabrechnung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung weiterer Gehaltsansprüche hat. Des Weiteren habe die Klägerin keine Anspruch auf Zahlung des Rentenbausteins, weil die Beklagte diesen Anspruch erfüllt habe.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 12.03.2009 zugestellt worden. Hiergegen wendet sich die am 08.04.2009 eingegangene Berufung. Die Berufungsbegründung ist am 12.06.2009 eingegangen. Die Berufungsbegründungsfrist war auf Antrag der Klägerinvertreterin vom 06.05.2009 gemäß Beschluss vom 07.05.2009 bis 12.06.2009 verlängert worden.
Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts nach Maßgabe der Berufungsbegründung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zum Vorliegen einer arglistigen Täuschung und widerrechtlichen Drohung. Auf Grund arbeitsgerichtlicher Prozesse beim Arbeitsgericht Braunschweig habe die Beklagte gewusst, dass die Vorverträge keine bindende Wirkung hätten. Schließlich bleibt sie bei ihrer Auffassung, dass das Nichtangebot eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 159.120,00 Euro gegen §§ 7, 10 AGG verstoße. Zudem habe die Beklagte den Arbeitnehmern Sch., St. und L. eine Abfindung zu genau diesen Bedingungen angeboten, obwohl diese ebenfalls Jahrgang 1951 oder älter seien. Das ergebe sich letztendlich aus der Auswertung des so genannten Flash-Reportes, der das Ausscheiden von Mitarbeitern statistisch erfasst. Auch hinsichtlich des so genannten Rentenbausteines verbleibe es dabei, dass die vom Arbeitsgericht angenommene Erfüllung nicht eingetreten sei. Die Klägerin habe keine Zahlung erhalten. Da nach ihrer Auffassung die Altersteilzeitvereinbarung unwirksam sei, stehe ihr auch der volle Rentenbaustein zu.
Sie beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Hannover - 6 Ca 82/07 - vom 15.01.2009 nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung. Schlussendlich wird hinsichtlich des Anspruches der Klägerin auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf die Pressemitteilung des 6. Senates des Bundesarbeitsgerichts vom 25.02.2010 verwiesen, wonach die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmergruppen schon keine Benachteiligung darstelle. Im Übrigen wiederholt die Beklagte ihre Ausführungen zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die in Altersteilzeit gehen können und solchen, die es nicht können. Hinsichtlich der Anfechtung des Altersteilzeitvertrages verweist die Beklagte auf ihre Auffassung, nach der die abgeschlossenen Vorverträge wirksam seien. Es hätte zwar einzelne arbeitsgerichtliche Verfahren gegeben, in denen das anders beurteilt worden sei, rechtskräftige Entscheidungen hierzu gebe es jedoch nicht. Im Übrigen sei für die Kenntnis der Beklagten der Zeitpunkt des Schreibens vom 24.11.2005 maßgeblich. Auch das Arbeitsgericht Braunschweig habe mit Urteil vom 13.11.2007 angenommen, dass der Vorvertrag wirksam sei.
Entscheidungsgründe
Die insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet.
I. Die Berufung gegen die Abweisung des Antrages zu 1) (Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung von 159.120,00 Euro) ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages aus § 7 Abs. 2 AGG i. V. m. einer Gleichbehandlungspflicht des Arbeitgebers. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10.03.2007 den Abschluss des streitigen Aufhebungsvertrages begehrt. Zu diesem Zeitpunkt war das AGG in Kraft mit der Folge, dass sich die Rechtfertigung einer eventuell vorliegenden Ungleichbehandlung nach den Vorschriften des AGG handelt. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden. § 1 AGG nennt u. a. das Alter als Kriterium, wegen dem eine Benachteiligung nicht erfolgen darf. Die Rechtsfolge einer eventuellen benachteiligenden Maßnahme bestimmt § 7 Abs. 2 AGG damit, dass Bestimmungen in Vereinbarung, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, unwirksam sind. Aus der Unwirksamkeit der Maßnahme folgt der Anspruch der benachteiligten Arbeitnehmer auf Gleichstellung, weil anderenfalls die benachteiligende Maßnahme weitegehend unbeahndet bliebe (BAG vom 11.12.2007, 3 AZR 249/06, AP Nr. 1 zu § 2 AGG = NZA 2008, 532, jeweils Rn. 45).
1. Es fehlt schon an einer Benachteiligung der Klägerin. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine Benachteiligung einer Person wegen ihres Alters vor, wenn sie wegen des Alters eine weniger günstigere Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfahren hat. Eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin durch die Beklagte wegen des Alters liegt nicht vor, da Mitarbeitern, die Jahrgang 1951 oder älter sind, der Arbeitsplatz bis zum Eintritt in das Rentenalter erhalten bleibt. Sie sind nicht weniger günstig behandelt als jüngere Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren, auch wenn sie dafür eine Abfindung erhalten (BAG vom 25.02.2010, 6 AZR 911/08, Pressemitteilung).
2. Damit kommt es auf die Frage, ob die Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die vor 1952 geboren sind und solchen, die 1952 oder später geboren sind in Anlehnung an die rentenrechtlichen Altersgrenzen und die Möglichkeit, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, nicht mehr an. Unabhängig davon bleibt die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts bei der von ihr im Urteil vom 15.09.2008 vertretenen Auffassung (9 Sa 525/07), wonach die vorliegende Differenzierung durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und objektiv und angemessen ist.
a) Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung ist nicht zu beanstanden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln (BAG vom 14.03.2007 - 5 AZR 420/06, AP Nr. 204 zu § 242 Gleichbehandlung = EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12, Rn. 19). Die Beklagte unterscheidet in Anlehnung an rentenrechtliche Altersgrenzen zwischen Arbeitnehmern, die vor 1952 geboren sind und solchen, die 1952 oder später geboren sind. Auf subjektive Komponenten kommt es bei der Gruppenbildung nicht an.
b) Nach § 10 Sätze 1 und 2 AGG ist die vorliegende Differenzierung durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und objektiv und angemessen. Dabei ist nicht auf den von der Beklagten angestrebten Personalabbau abzustellen, sondern auf die gewählten Mittel des Personalabbaus, nämlich Aufhebungsverträge mit Turbo-Abfindung einerseits und Angebot von Altersteilzeitverträgen andererseits. Der Personalabbau ist nicht das Differenzierungskriterium, weil von ihm beide Arbeitnehmergruppen betroffen sind. Diffenzierungskriterium ist vielmehr die gesetzliche und tarifliche Möglichkeit, Altersteilzeit mit anschließender Altersrente in Anspruch nehmen zu können, also eine anderweitige Absicherung der Arbeitnehmer als durch Abfindungszahlung.
Ein legitimes Ziel liegt vor, denn § 1 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz (ATG) nennt als Ziel der Altersteilzeit ausdrücklich den gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente. Das ist ein vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel. Soweit Altersteilzeit als Mittel des Personalabbaues genutzt wird, hat dies Konsequenzen für die Leistungserstattung an den Arbeitgeber nach §§ 4, 5 ATG. Sie ändert an dem in § 1 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz formulierten Ziel aber nichts. Es ist daher durchaus vernünftig und angemessen, wenn die Beklagte zwischen Arbeitnehmern, die die Möglichkeit haben, eine vorgezogene Altersrente über Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen und solchen, die diese Möglichkeit nicht haben, differenziert. Der Umstand, dass der Kläger selbst im Jahre 2006 noch nicht die Altersteilzeit mit der Folge der Altersrente in Anspruch nehmen konnte, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat mit dem Stichtag "1.Januar 1952" die Arbeitnehmergruppen selbst "vorgegeben". Nach § 237 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI haben versicherte Arbeitnehmer Anspruch auf Altersrente nach Altersteilzeit, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind. Jüngere Arbeitnehmer haben diese Möglichkeit also ausdrücklich nicht. Nach § 237 Abs. 3 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren für Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, wiederum schrittweise angehoben. Dass mit zunehmendem Zeitablauf für bestimmte Jahrgänge, die älter als 1952 geboren sind, eine (frühzeitige) Altersrente nicht mehr in Betracht kommt, liegt in der Natur der Sache. Für den Kläger bestand die Möglichkeit der Inanpruchnahme von Altersteilzeit. Eine Differenzierung beim Personalabbau zwischen Arbeitnehmern, die die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Altersteilzeit haben und anderen, ist weder unvernünftig noch unangemessen und entspricht für die Gruppe dieser älteren Arbeitnehmer auch dem Ziel des § 1 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz. Dementsprechend wurden beispielsweise auch Altersgrenzen für die Einstellung von Beamten und zu beamtenähnlichen Bedingungen für objektiv und angemessen gehalten (vgl. BAG vom 11.4.2006 - 9 AZR 528/05, NZA 2006, S. 1217 Rn. 34 bis Rn. 40; OVG Münster vom 18.7.2007 - 6 A 2170/05, zit. n. juris Rn. 54 ff. zu § 10 AGG).
Die Maßnahme ist auch im Einzelfall für den Kläger objektiv und nicht unangemessen, weil er eine entsprechende finanzielle Absicherung hat. Der Kläger ist weder verpflichtet, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden noch in Altersteilzeit zu gehen.
3. Die Differenzierung wäre auch im Rahmen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt. Dieser ist einschlägig, wenn zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung sachfremd differenziert wird. Dasselbe gilt, wenn die Vergleichsgruppen nach sachfremden Kriterien gebildet werden (BAG vom 14.06.2006 und 31.08.2005). Hier gilt letztendlich nichts anderes als für die Gruppenbildung im Rahmen von Altersdiskriminierungen im Anwendungsbereich des AGG. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz setzt für die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen allerdings nur das Vorliegen eines sachlichen Grundes für den vom Arbeitgeber verfolgten Zweck voraus (BAG vom 14.3.2007, aaO. Rn. 19 und 18.09.2007, 9 AZR 788/06, AP Nr. 29 zu § 307 BGB = EzA § 282 BGB, 2002 Gleichbehandlung Nr. 15 Rn. 18). Wenn die ungleichbehandelnde Maßnahme den Anforderungen des § 10 AGG - wie ausgeführt - genügt, weil sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und objektiv und angemessen ist, liegt ein sachlicher Grund im Rahmen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ohnehin vor. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich dementsprechend.
4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den drei von ihr benannten Kollegen, die nach den Behauptungen der Klägerin hohe Abfindungen erhalten haben sollen. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Anspruchsteller die Beweislast für die rechtsbegründenden, der Anspruchsgegner für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale trägt. Damit korrespondiert die Darlegungslast des Anspruchstellers (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl. Vor 284 Rn. 17 und 18 und § 138 Rn. 8; BGH vom 14.01.1991 II ZR 190/89, NJW 1991 S. 1052/53 Ziff. I 3 der Gründe und BGH vom 28.10.1998 XII ZR 255/96, NJW 99 S. 352/353 Ziff. II 3 b aa der Gründe). Danach muss die anspruchstellende Partei ihrer Darlegungslast Genüge getan haben, das heißt die zur Rechtfertigung ihres Antrages erforderlichen Sachen vorgetragen haben. Anderenfalls würde die Erklärungspflicht des Gegners nach § 138 Abs. 1 ZPO in Ausforschung und Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ausarten. Es besteht keine Verpflichtung, dass Vorbringen des Gegners zu ergänzen oder zu erläutern (BGH vom 05.05.193 III ZR 187/81 (KG) NJW 1983 S. 2879 [BGH 05.05.1983 - III ZR 187/81] Ziff. I 2 b der Gründe; vom 11.06.1990 II ZR 159/89, NJW 1990 S. 3151 Ziff. III 1 der Gründe;). Ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen, die den Gegner lediglich zu einer Preisgabe von Informationen veranlassen sollen, lösen keine Pflicht des Beklagten zu substantiierten Erklärungen aus. Anhand der Darlegungen der Klägerin ist ein Anspruch auf Gleichbehandlung (in welcher Höhe?) nicht gegeben.
II. Da die Klägerin keinen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu den von ihr im Antrag zu 1) genannten Bedingungen hat, ist auch die Berufung hinsichtlich der Klageabweisung des Antrages zu 2), der sich auf Schadensersatzansprüche wegen des Nichtangebotes bezieht, unbegründet. Mangels Pflichtverletzung kann ein Schaden nicht entstehen.
III. Die Berufung ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit der Altersteilzeitvereinbarung vom 27.03.2006 begehrt. Der Altersteilzeitvertrag vom 27.03./07.04.2006 ist nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB wegen erfolgter Anfechtung nichtig. Ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.
1. Die Klägerin ist nicht durch widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Altersteilzeitvertrages veranlasst worden. Gemäߧ 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Willenserklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende zwar an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sie die Widerrechtlichkeit aus der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (BAG vom 12.08.1999, 2 AZR 832/98; AP Nr. 51 zu § 123 BGB = NZA 2000, S. 27 Rn. 23 [BAG 12.08.1999 - 2 AZR 832/98]; BAG vom 13.12.2007, 6 AZR 200/0,7 NZA-RR 2008, S. 341-343 Rn. 18).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ankündigung der Beklagten bei Nichtabschluss des Altersteilzeitvertrages Klage zu erheben und die Einhaltung der Verpflichtung aus dem Vorvertrag vom 01.12.2003 durchzusetzen, keine widerrechtliche Drohung. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Beklagte mit der Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung oder bereits mit der Klageerhebung gedroht hat. Die Drohung mit der Erhebung einer gerichtlichen Klage ist grundsätzlich ein erlaubtes Mittel mit der Folge, dass die Widerrechtlichkeit ausgeschlossen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Drohende einen Rechtsanspruch auf den erstrebten Erfolg hat. Aber auch bei Fehlen eines Rechtsanspruches ist die Drohung nicht per se rechtswidrig. Entscheidend ist, dass der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks ein erhebliches Interesse hat und die Drohung nach Treu und Glauben als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen ist.
Die Beklagte konnte im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 24.11.2005 und den im Herbst im 2005 und Winter 2005 geführten Gesprächen davon ausgehen, dass der Vorvertrag verbindlich sei. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte im Herbst 2005 von der Unverbindlichkeit der Vorverträge ausgehen musste. Die Klägerin hat keine Entscheidungen des Arbeitsgerichts Braunschweig benannt, die dies zu diesem Zeitpunkt so ausgeurteilt haben. Es mag sein, dass angesichts laufender Prozesse über die Verbindlichkeit der Vorverträge eine gewisse Unsicherheit bestand über den Ausgang solcher Verfahren. Die Kammer hat hier aber nicht zu beurteilen, ob schlussendlich der Vorvertrag vom 01.12.2003 auch ein Vorvertrags im Rechtssinne ist, der einer Erfüllungsklage zum Erfolg verhilft. Maßgeblich ist hier, ob die Beklagte es mit hinreichender Sicherheit für wahrscheinlich halten durfte, dass die Vorverträge bindend sind. Das ist der Fall, denn durch die Bezugnahme auf die gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen in der Abrede vom 01.12.2003 ist der Inhalt eines künftigen Altersteilzeitvertrages grundsätzlich hinreichend bestimmbar. Für einen Vorvertrag ist maßgeblich, ob aus der Vereinbarung schon ein endgültiger Bindungswille der Parteien folgt. Dazu ist inhaltlich erforderlich, dass die wesentlichen Bestandteile des Hauptvertrages und die Verpflichtung über die weiteren Einzelheiten des abzuschließenden Vertrages eine Einigung herbeizuführen, festgelegt sind (BGH vom 12.05.2006, V ZR 97/05, NJW 2006 Seite 2843 - 2845, Rn. 9 ff. und 13, BGH vom 17.12.1987, VII ZR 307/86, NJW 1988, Seite 1262 - 1262, Rn. 14, 15). Für die hinreichende Bestimmtheit des Inhalts des Altersteilzeitvertrages spricht einiges. Offen ist lediglich, ob weitere Tranchen freigegeben werden und wann der Altersteilzeitvertrag geschlossen wird. Es gibt keine Anhaltspunkte, die die Rechtsauffassung der Beklagten im Zeitpunkt der Gespräche mit der Klägerin und des Schreibens vom 24.11.2005 mit gewichtigen Gründen in Zweifel ziehen.
2. Auch eine arglistige Täuschung liegt nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte der Klägerin Tatsachen vorgespiegelt hat, die nicht zutreffend sind. Die Täuschung muss durch das Vorspiegeln oder Entstellen von Tatsachen erfolgen. Es ist schon zweifelhaft, ob die Mitteilung einer Rechtsauffassung überhaupt den Tatbestand der Täuschung erfüllt. Schließlich hat die Beklagte der Klägerin nicht vorgehalten, über die Frage der Verbindlichkeit der Vorverträge sei rechtskräftig entschieden. Sie hat lediglich die von ihr gefasste - und durchaus vertretbare - Rechtsauffassung weitergegeben. Jedenfalls fehlt es aber an einer arglistigen Täuschung. Arglist erfordert Vorsatz, wobei auch bedingter Vorsatz ausreicht. Dabei muss der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten (BGH vom 13.06.2007, VIII; ZR 236/06, NJW 2007 Seite 3057). Bedingter Vorsatz ist z. B. gegeben, wenn der Handelnde, obwohl er mit der möglichen Unrichtigkeit seiner Angaben rechnet, ins Blaue hinein unrichtige Behauptungen aufstellt (BGH vom 11.5.2001, V ZR 14/00, NJW 2001, 2326 Rn. 14). Angaben ins Blaue hinein hat die Beklagte angesichts der vorliegenden Gesamtumstände nicht gemacht. Die Unrichtigkeit einer angabe muss sich auf eine Tatsache, nicht eine rechtliche Beurteilung beziehung. Dass die Rechtsauffassung der Beklagten möglicherweise unrichtig sein könnte, führt nicht zum Vorliegen eines bedingten Vorsatzes. Eine in diesem Sinne mögliche Unrichtigkeit könnte nur darin bestehen, dass der Täuschende selbst von der Unrichtigkeit seiner Einschätzung ausgehen muss, weil er die bestehenden Argumente abgewogen hat und eine nach seiner eigenen Einschätzung seine eigene Auffassung keinen Bestand haben wird. Das ist hier nicht der Fall.
IV. Aus der Unbegründetheit der Berufung hinsichtlich des Klageantrages zu 3) folgt zugleich die Unbegründetheit der Berufung zu den Klageanträgen 4), 6) - 30). Da die Klägerin einen wirksamen Altersteilzeitvertrag geschlossen hat, steht das Arbeitsverhältnis seit dem 27.03.2006 nicht zu unveränderten Bedingungen fort, sondern zu den Bedingungen des Altersteilzeitvertrages. Ansprüche auf Neuabrechnung und Auszahlung von Differenzvergütungen hat die Klägerin daher nicht.
V. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auszahlung von 6.279,00 Euro brutto als so genannten Rentenbaustein nach der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien vom 05.10.2006. Unstreitig hat die Beklagte die tariflichen Ansprüche der Klägerin erfüllt. Sie hat einen anteiligen Betrag zu Gunsten der Beteiligungsrente II der Klägerin gezahlt. Ein Anspruch auf Auszahlung des so genannten Rentenbausteins besteht nur, wenn die Klägerin fristgerecht einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Das hat sie unstreitig nicht getan. Da die tarifvertraglich vorgesehene Frist bis zum 30.11.2006 gesetzt war, kam auch eine Umdeutung der Klageschrift vom 09.06.2007 in eine entsprechende Antragstellung nicht in Betracht. Ansprüche auf Erfüllung des Tarifvertrages hat die Klägerin nicht. Ihre Ansprüche sind gemäß den tariflichen Bestimmungen erfüllt worden. Sie selbst hat unstreitig gestellt, dass die Zahlung auf die betriebliche Zusatzversorgung gezahlt ist.
VI. Wegen ihres vollumfänglichen Unterliegens hat die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Gründe für die eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere nicht nach § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG. Über die Rechtmäßigkeit der Differenzierung der Beklagten beim Abschluss von Aufhebungsverträgen zwischen Mitarbeitern des Jahrganges 1952 und jünger und 1952 und älter ist zulässig (BAG vom 25.02.2010, 6 AZR 911/08).
Finger
Gaschler