Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.06.2010, Az.: 12 Sa 1203/09

dringende betriebliche Gründe; Elternzeit; Teilzeitbeschäftigung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
07.06.2010
Aktenzeichen
12 Sa 1203/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 47919
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 30.07.2009 - AZ: 3 Ca 53/09

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Arbeitgeber hat die "dringenden betrieblichen Gründe" darzulegen, die einer Beschäftigung in Elternteilzeit entgegenstehen sollen (§ 15 Abs. 7 BEEG). Beruft er sich dabei auf den Wegfall einer Leitungsfunktion, die den in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmer zuvor nur teilweise ausgefüllt hat, so muss der Arbeitgeber auch substantiiert darlegen, ob und inwieweit die übrigen dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben weggefallen sind oder verlagert wurden. Bei der etwaigen Verlagerung der Aufgaben hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Wertungen des § 15 BEEG zu beachten, der auf den Schutz des Arbeitsplatzes des in Elternzeit befindlichen Mitarbeiters zielt.

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 30.07.2009 - 3 Ca 53/09 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis im Zeitraum von Dezember 2008 bis Dezember 2009 in Elternteilzeit mit 15 Stunden pro Woche bestanden hat.

Die jetzt 43 Jahre alte Klägerin verfügt über einen Studienabschluss als Diplom-Geographin. Seit dem 01.04.1997 war sie bei dem L. zunächst befristet beschäftigt. Zum 01.01.2002 wurde die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Eingesetzt war sie als Geschäftsführerin für die Geschäftsstelle der RAG. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD-VKA Anwendung. Hiernach war die Klägerin zuletzt in Entgeltgruppe 15 Stufe 5 eingruppiert.

Ende 2006 wurde der "M. e. V." (im Folgenden: M. e. V.) gegründet, der die Aufgaben der vormaligen RAG übernahm.

Mit Schreiben vom 04.01.2007 beantragte die Klägerin anlässlich der Geburt ihres Kindes am 21.12.2006 Elternzeit für die Dauer von zunächst 24 Monaten. Diese wurde ihr antragsgemäß bis zum 20.12.2008 bewilligt. Mit Schreiben vom 14.03.2007 beantragte die Klägerin Elternteilzeit im Umfang von 5 Stunden wöchentlich für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 20.12.2008. Hierzu erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 13.04.2007 sein Einverständnis. Im Rahmen dieser Elternteilzeit war die Klägerin nicht mehr mit der Leitung der Geschäftsstelle befasst, sondern mit einer qualifizierten Sachbearbeitung. Diese Tätigkeit wurde von den Parteien einvernehmlich entsprechend Entgeltgruppe 13 bewertet.

Zum Zeitpunkt des Beginns der Elternzeit der Klägerin war ihre Kollegin Frau A. mit einer 0,5-Stelle, welche nach Entgeltgruppe 10 bewertet war, bei dem Beklagten tätig. Zusätzlich arbeitete Frau A. 10 Stunden wöchentlich projektbezogen. Zum 20.02.2007 wurde diese Tätigkeit für Frau A. in eine unbefristeten 0,75-Stelle zusammengefasst. Zum 01.10.2007 wurde Frau A. eine weitere 0,25-Stelle entsprechend Entgeltgruppe 10 zunächst befristet übertragen. Mit Wirkung zum 01.04.2008 schließlich wurde die Vollzeitstelle der Frau A. insgesamt entfristet und mit Entgeltgruppe 13 bewertet. Wegen der Einzelheiten des für den M. e.V. eingesetzten Personals wird auf die Darstellung im erstinstanzlichen Urteil (Bl. 193 f.) verwiesen. Am 04.04.2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die - ursprünglich von ihr wahrgenommenen - Aufgaben der Geschäftsführung des Vereins auf den dreiköpfigen Vorstand übertragen worden seien (Bl. 19 d. A.).

Am 20.10.2008 beantragte die Klägerin eine Verlängerung der Elternzeit bis zum 20.12.2009 sowie zugleich eine Beschäftigung in Elternteilzeit im Umfange von 15 Wochenstunden (Bl. 21 d. A.). Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10.11.2008 die beantragte Elternteilzeit mit Hinweis auf entgegenstehende dringende betriebliche Gründe ab und entsprach mit Schreiben vom 13.11.2008 dem Wunsch der Klägerin nach Verlängerung der Elternzeit (Bl. 22 f. d. A.). Mit Schreiben vom 21.11.2008 teilte die Klägerin mit, dass sie auch für die weitere Elternteilzeit mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 13 einverstanden sei. Zum 20.12.2008 endete die der Klägerin zunächst bewilligte Elternteilzeit mit einer Arbeitszeit von 5 Stunden pro Woche. Zum 01.02.2009 ging die Klägerin ein auf 9 Monate befristetes Arbeitsverhältnis mit der C-Stadt ein. Nach Ablauf dieser Zwischenbeschäftigung konnte die Klägerin ein weiteres Elternteilzeitarbeitsverhältnis beim Beklagten für die Monate November und Dezember 2009 mangels Zustimmung des Beklagten faktisch nicht aufnehmen.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die ihr ursprünglich übertragenen fachlichen Aufgaben auch durch die vom Beklagten behauptete "Umstrukturierung" zum 01.04.2008 nicht weggefallen seien. Die drei Vorstandsmitglieder seien durch ihre jeweilige hauptberufliche Tätigkeit so eingebunden, dass sie die inhaltlichen Aufgaben der Geschäftsführung des M. e. V. nicht tatsächlich wahrnehmen könnten. Auch zeigten die während der Elternzeit der Klägerin vorgenommenen Neueinstellungen, Aufstockungen und Befristungen, dass der Beschäftigungsbedarf sich tatsächlich nicht verringert habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, das Angebot der Klägerin anzunehmen, die Arbeitszeit bis zum 20. Dezember 2009 auf 15 Wochenstunden verteilt auf die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag jeweils von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu verringern.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass durch die Übertragung der Geschäftsführungsaufgaben zum 01.04.2008 auf den dreiköpfigen Vereinsvorstand die ursprünglich von der Klägerin innegehabte Stelle weggefallen sei. Mangels zusätzlichen Beschäftigungsbedarfs könne sich der Beklagte daher gegenüber dem Elternteilzeitverlangen der Klägerin auf dringende betriebliche Gründe berufen.

Mit Urteil vom 30.07.2009 hat das Arbeitsgericht Nienburg der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass der Beklagte sich auf fehlenden Beschäftigungsbedarf gegenüber dem Teilzeitbeschäftigungsverlangen der Klägerin nicht berufen könne, da er diesen einerseits nicht substantiiert dargelegt habe und ihn andererseits unter anderem durch die Aufstockung der Stundenzahl und die Höhergruppierung der Mitarbeiterin A. in Kenntnis der Elternzeit der Klägerin selbst herbeigeführt habe.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 30.07.2009 wurde am 26.08.2009 an den Beklagten zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufungsschrift ist am 14.09.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Am 07.10.2009 ist die Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung vertieft der Beklagte seinen Vortrag, dass die ursprünglich von der Klägerin innegehabte EG-15-Stelle zum 01.04.2008 ersatzlos weggefallen sei. Durch die Übertragung der Geschäftsführungsfunktionen auf den dreiköpfigen Vereinsvorstand sei eine eigene Geschäftsführung durch eine leitende Arbeitnehmerin obsolet geworden. Im Stellenplan des Beklagten sei daher die für die Geschäftsführung vorgesehene EG-15-Stelle gestrichen worden. Neu vorgesehen worden sei lediglich eine EG-13-Stelle für eine weitere Vorstandsreferentin, welche mit Frau A. besetzt worden sei. Diesbezüglich könne die Klägerin jedoch eine Sozialauswahl nicht verlangen. Die Beklagte beruft sich dazu auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.04.2008 (9 AZR 380/07, AP Nr. 50 zu § 15 BErzGG). Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe ergäben sich auch aus dem Umstand, dass der Beklagte im Rahmen seines Direktionsrechtes gar nicht befugt sei, der zuletzt nach EG 15 vergüteten Klägerin eine lediglich nach EG 13 dotierte Stelle zuzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 30.07.2009 - 3 Ca 53/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend, dass die von ihr vor Beginn der Elternzeit beim M. e. V. ausgeübten Tätigkeiten im Wesentlichen unverändert weiter zu erledigen seien. Die Umorganisation zum 01.04.2008 habe lediglich "auf dem Papier" stattgefunden. Zwar hätten die Leitungstätigkeiten im engeren Sinne bei ihrer Tätigkeit in der Vergangenheit nur einen stark untergeordneten zeitlichen Anteil in Anspruch genommen. Selbst dieser könnte jedoch von den hauptamtlich anderweitig voll eingebundenen neuen Vorstandsmitgliedern nicht ohne weiteres übernommen werden. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin in der Vergangenheit habe ohnehin auf der inhaltlichen und konzeptionellen Ebene gelegen. Die Klägerin könne daher ohne weiteres die jetzt der Mitarbeiterin A. übertragenen Aufgaben wahrnehmen. Durch eine Aufstockung des Arbeitszeitanteils der Mitarbeiterin A. und der Höhergruppierung ihrer Stelle habe der Beklagte diese Beschäftigungsmöglichkeit treuwidrig vereitelt. Für eine qualifikationsgerechte Beschäftigung der Klägerin in der Elternteilzeit müssten auch die von Mitarbeitern des M. e. V. besetzten Stellen in Betracht gezogen werden, da aufgrund einer einheitlichen Personalführung zwischen dem Beklagten und dem Verein "M. C-Stadt im Nordwesten e. V." ein gemeinsamer Betrieb bestehe.

Ergänzend wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Nienburg (Bl. 191 ff. d. A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die frist- und formgerecht eingelegte und insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die Klage ist nicht schon deswegen unzulässig oder unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit für den Zeitraum vom 21.12.2008 bis zum 20.12.2009 - also für einen inzwischen komplett in der Vergangenheit liegenden Zeitraum - verlangt. Seit in Kraft treten des § 311 a BGB i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechtes vom 26. November 2001 kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Die erstrebte Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO soll zum Abschluss eines Vertrages führen, der rückwirkend Rechte und Pflichten begründet (BAG 15.12.2009, 9 AZR 72/09, NZA 2010, 447 bis 452). Das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin ergibt sich hier unter anderem daraus, dass sie in erster Instanz Annahmeverzugsansprüche rechtshängig gemacht hat, welche unter anderem davon abhängen, ob zwischen den Parteien im streitbefangenen Zeitraum ein Elternteilzeitarbeitsverhältnis bestanden hat.

2. Die vom Beklagten verweigerte Zustimmung zur Elternteilzeit im Umfange von 15 Wochenstunden im Zeitraum vom 21.12.2008 bis zum 20.12.2009 war zu ersetzen, da zugunsten der Klägerin alle Anspruchsvoraussetzungen nach § 15 Abs. 7 BEEG vorlagen.

a) Die materiellen Anspruchsvoraussetzungen nach § 15 Abs. 7 Ziffer 1 bis 3 und Ziffer 5 BEEG lagen vor. Hierzu wird auf II. Ziffer 1. bis 4. der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Gegen die dort getroffenen Feststellungen finden sich keine Angriffe in der Berufungsbegründung.

b) Entgegen dem Vorbringen des Beklagten stehen diesem auch keine dringenden betrieblichen Gründe im Sinne von § 15 Abs. 7 Ziffer 4 BEEG zur Seite, welche ihn berechtigen würden, die von der Klägerin begehrte Elternteilzeit zu verweigern.

aa) An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der Begriff "dringend". Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Die entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe sind in dem Katalog der Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 7 Satz 1 BEEG aufgenommen. Dennoch hat der Arbeitgeber die Tatsachen, aus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt dieser Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet solche Gründe bestünden nicht. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen Ablehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach dem Lebenssachverhalt, auf den er die Zustimmungsverweigerung stützt (BAG 15.12.2009, 9 AZR 72/09, NZA 2010, 447 bis 452).

Das betriebliche Organisationskonzept und daraus abgeleiteter Arbeitszeitregelungen sind regelmäßig ohne Bedeutung, wenn der Arbeitgeber geltend macht, er habe für den Arbeitnehmer "keine Beschäftigungsmöglichkeit". Es geht dann nicht um die Harmonisierung vom Verringerungswunsch und betrieblichen Abläufen. Angesprochen ist vielmehr die vorübergehende Beschäftigung des Arbeitnehmers in Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit an sich, statt seines weiteren vollständigen Aussetzens mit der Arbeit bis zum Ende der Elternzeit. Trifft die Behauptung des Arbeitgebers zu, kann der Verringerungsanspruch des Arbeitnehmers berechtigt abgelehnt werden. Der Arbeitnehmer hat während der Elternzeit keinen Anspruch darauf, bei Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten besser behandelt zu werden als ein nicht in Elternzeit befindlicher Arbeitnehmer. Dem Arbeitgeber wird gesetzlich nicht zugemutet, den Arbeitnehmer trotz fehlenden Beschäftigungsbedarfs (allein) wegen der Elternzeit als Teilzeitkraft zu beschäftigen.

Die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, genügt zur schlüssigen Darlegung und Zustimmungsverweigerung regelmäßig nicht. Vielmehr sind die zugrunde liegenden Tatsachen zu bezeichnen. Die Darlegungen unterscheiden sich insoweit nicht von dem nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Vortrag zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung. Die Ausgangssituationen sind vergleichbar. In beiden Varianten geht es um den unbestimmten Rechtsbegriff "dringende betriebliche" Gründe bzw. Erfordernisse. Im Kündigungsrecht müssen sie einer dauerhaften Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Im Recht der Elternzeit müssen sie einer befristeten Beschäftigung mit der gewünschten verringerten Arbeitszeit entgegenstehen. Berücksichtigungsfähig sind danach beispielhaft: Schließung des Betriebes/der Abteilung, Auflösung der Arbeitsgruppe, Verlagerung der Arbeiten auf Dritte und ähnliche Umstände. Dabei ist wie im Kündigungsrecht näher zu konkretisieren, aufgrund welcher Umstände kein betrieblicher Beschäftigungsbedarf besteht. Abzustellen ist nur auf die Tätigkeit, die der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) übertragen kann. Regelmäßig wird das Erfordern, dass der Arbeitgeber seinen insoweit bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität vorträgt und dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüberstellt. Insbesondere bei größeren Betrieben kann hierauf wegen der dynamischen Entwicklung im Personalbereich durch Fluktuation und Inanspruchnahme von Elternzeit nicht verzichtet werden.

Zwar kann die zwischenzeitliche Besetzung des Arbeitsplatzes mit einer Ersatzkraft dem Verringerungsantrag entgegenstehen. Dies kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Ersatzkraft befristet für die Dauer der Elternzeit eingestellt wird. Die unbefristete Neueinstellung statt einer rechtlich möglichen Befristung ist demgegenüber ein Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitgeber zumindest das Risiko einer möglichen Doppelbesetzung in Kauf nimmt, weil er davon ausgeht, dass sich bei Verwirklichung des Risikos schon "irgendwie" eine Lösung finden werde, ohne Annahmeverzugslohn (§§ 611, 615 BGB) zahlen zu müssen, beide Arbeitnehmer beschäftigen zu können. In Betracht kommt auch, dass die unbefristete "Nachbesetzung" im Rahmen einer künftigen Ausweitung der Geschäftstätigkeit wegen des damit steigenden Arbeitskräftebedarfs erfolgt. Beide Varianten zeigen, dass maßgebend für die dem Arbeitgeber obliegende Darlegung der der Teilzeitbeschäftigung entgegenstehenden Gründe nicht allein die Bereitschaft "Ersatzkraft" zur Arbeitsplatzteilung ist. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten, die sich aus dem betrieblichen Bedarf und der Veränderungsbreite der beruflichen Fähigkeiten der Arbeitnehmerin ergeben, die Elternzeit verlangt (BAG vom 05.06.2007, AP Nr. 49 zu § 15 BErzGG, Rn. 52 f.).

bb) Nach diesen vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Darlegung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe konnte der Beklagte nicht deutlich machen, warum eine Beschäftigung der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum und im Umfange von 15 Arbeitsstunden im Geschäftsbereich des M. e. V. nicht möglich gewesen sein soll. Der Beklagte hat sich in seinem Vortrag im Wesentlichen darauf beschränkt, zu behaupten, dass die - zeitlich nicht mehr spezifizierte - Führungsaufgabe der Klägerin ersatzlos weggefallen sei und dass die von der Klägerin innegehabte EG-13-Stelle im Stellenplan gestrichen worden sei. Mit diesem Vortrag genügt der Beklagte nicht seinen Darlegungslasten. Es geht nicht um eine Beamtenstelle, für deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der entsprechende Haushaltsplan allein maßgeblich sein mag. Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst einmal die bis zum Beginn der Elternzeit von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten nach Zeitanteilen spezifizieren müssen. Dies hätte - zumindest summarisch - auch für die anderen im Geschäftsbereich des M. e. V. wahrgenommenen inhaltlichen Aufgaben geschehen müssen. Erst dann wäre für das Gericht nachvollziehbar, ob wesentliche von der Klägerin wahrgenommene inhaltliche Tätigkeiten tatsächlich ersatzlos weggefallen sind oder ob sie auf die Mitarbeiterinnen S., Sch. und A. umverteilt worden sind. Auf eine solche Umverteilung könnte sich der Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB nicht berufen, da er parallel zur Elternzeit der Klägerin Neueinstellungen vorgenommen hat bzw. die Arbeitszeit beispielsweise der Mitarbeiterin A. aufgestockt hat und ihre Gesamttätigkeit nach EG 13 höher bewertet hat. Allein die Berufung des Beklagten darauf, dass die Leitungsfunktion der Klägerin durch die Übertragung auf die drei Vorstandsmitglieder weggefallen seien, reicht vor dem Hintergrund nicht aus, dass die Klägerin mit Substanz bestritten hat, dass diese "Leitungsaufgaben" überhaupt einen nennenswerten zeitlichen Anteil ihres bisherigen Tätigkeitsfeldes eingenommen haben. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch darauf, dass die betrieblichen Strukturen an ihrem zuletzt innegehabten Arbeitsplatz für die Dauer der Elternzeit unverändert bleiben - gewissermaßen "eingefroren" werden. Andererseits ist der Beklagte im Rahmen seiner Fürsorgepflicht und mit Rücksicht auf die Wertungen des § 15 BEEG verpflichtet, den Beschäftigungsanspruch des in Elternzeit befindlichen Mitarbeiters im Auge zu behalten. Der Beklagte hätte daher im vorliegenden Verfahren darzulegen gehabt, inwieweit es notwendig gewesen sein soll und auch tatsächlich vollzogen worden ist, die vor der Elternzeit von der Klägerin innegehabten Aufgaben vollständig neu zu verteilen. Hierzu ist der lapidare Hinweis auf die "Streichung der EG-15-Stelle im Stellenplan" und die Übertragung der zeitlich nicht näher spezifizierten Führungsaufgaben auf den Vorstand nicht ausreichend.

cc) Ein dringendes entgegenstehendes betriebliches Bedürfnis gegen den Elternteilzeitwunsch der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass für die Dauer der Elternteilzeit möglicherweise nur Beschäftigungsmöglichkeiten der Wertigkeit EG 13 zur Verfügung standen. Der Beklagte macht zwar zu Recht geltend, dass im öffentlichen Dienst eine unterwertige Beschäftigung auf Dauer nur nach Ausspruch einer Änderungskündigung oder mit Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters in Betracht kommt. Letztere war hier jedoch - zumindest für die streitbefangenen 12 Monate - gegeben. Die Klägerin hat sich am 21.11.2008 noch einmal ausdrücklich schriftlich damit einverstanden erklärt, im Zeitraum der Elternteilzeit lediglich nach EG 13 vergütet zu werden (Bl. 24 d. A.). Warum es dem Beklagten dann verwehrt gewesen sein soll, der Klägerin eine Tätigkeit nach EG 13 zuzuweisen, erschließt sich dem Berufungsgericht nicht.

II.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Es bestehen keine Gründe für die Zulassung der Revision.