Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.03.2010, Az.: 10 Sa 1694/08
Unzulässige Berufung bei Fristversäumnis; Wiedereinsetzungsantrag bei unterlassener Prüfung der Berufungsbegründungsfrist und fehlender Überwachung der Büroangestellten
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 19.03.2010
- Aktenzeichen
- 10 Sa 1694/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 26713
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2010:0319.10SA1694.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 08.07.2008 - AZ: 13 Ca 453/07
Rechtsgrundlagen
- § 85 Abs. 2 ZPO
- § 233 ZPO
- § 66 Abs. 1 ArbGG
Amtlicher Leitsatz
1. Gemäß § 233 ZPO setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich. Dies gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren.
2. Wurde ein Bevollmächtigter tätig, muss der Antragsteller einen Geschehensablauf vortragen, der ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zweifelsfrei ausschließt.
3. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift gebotenen Prüfung der Fristnotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die Prüfung der bereits feststehenden Berufungsbegründungsfrist aussparen.
In dem Rechtsstreit
Beklagte und Berufungsklägerin,
gegen
Kläger und Berufungsbeklagter,
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreher,
die ehrenamtliche Richterin Frau Oestermann,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Lampe
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten vom 12. November 2008 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 8. Juli 2008 - 13 Ca 453/07 - wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, um Entgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges und um die Frage, ob es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien um ein Arbeitsverhältnis handelt.
Aufgrund eines Vertrages vom 30. Oktober/1. November 2006 nebst Anlagen, wegen dessen genauen Inhaltes auf Bl. 14 bis 19 d. A. verwiesen wird, sollte der Kläger vom 1. Dezember 2006 befristet bis zum 31. Dezember 2007 als freier Auftragnehmer in den Vereinigten Arabischen Emiraten als Supervisor gegen ein monatliches Honorar von 2.500,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer tätig werden. Nach einer Abmahnung vom 23. Juli 2007 (Bl. 12 d. A.), die sich auf das Nichterscheinen des Klägers zu einem Schulungstermin bezog, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 10. September 2007 (Bl. 13 d. A.) den Vertrag fristlos mit der Begründung, der Kläger sei am 1. September 2007 zur Tagesschicht eingeteilt gewesen, jedoch erst am Folgetage zur Nachtschicht erschienen.
Mit seiner am 28. September 2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei aufgrund seiner Weisungsgebundenheit entgegen dem Vertragswortlaut Arbeitnehmer gewesen. Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung habe nicht bestanden, denn am 1. September 2007 habe er dienstfrei gehabt.
Er hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10. September 2007 nicht aufgelöst wurde, sondern darüber hinaus fortbesteht,
2. die Beklagte zu verpflichten, die Abmahnung vom 23. Juli 2007 zurückzunehmen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 Euro netto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.500,00 Euro seit dem 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2007 sowie 1. Januar 2008 zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 184,75 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2008 zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 972,85 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, das Vertragsverhältnis, das ein freies Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis gewesen sei, habe durch die Kündigung sein Ende gefunden. Der Kläger habe seiner Einteilung zum Dienst am 1. September 2007 nicht widersprochen oder andere Wünsche angemeldet, sei aber nicht zum Dienst erschienen. Angesichts der vor-ausgegangenen einschlägigen Abmahnung stelle dies einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 8. Juli 2008 (Bl. 158 bis 161 d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum Befristungsablauf sowie bezüglich des Nettobetrages von 10.000,00 Euro nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger sei aufgrund seiner persönlichen Abhängigkeit Arbeitnehmer gewesen. Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung habe der Beklagten nicht zur Seite gestanden. Dem Vorbringen des Klägers, mit seinen Vorgesetzten sei die Gewährung von Freizeit am 1. September 2007 abgesprochen gewesen, sei die Beklagte nicht substantiiert und unter Beweisantritt entgegengetreten. Das Arbeitsverhältnis habe daher erst mit Befristungsablauf am 31. Dezember 2007 sein Ende gefunden; bis dahin schulde die Beklagte die vertragsgemäße Vergütung.
Gegen das ihr am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 13. November 2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Am 5. Januar 2009 hat sie gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung am 22. Januar 2009 begründet.
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages führt die Beklagte aus: Weder sie noch ihren Prozessbevollmächtigten treffe an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein Verschulden. Seit dem 1. oder dem 30. Juni 2008 werde in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten ein neues elektronisches Fristenkontrollsystem verwendet. Dem Prozessbevollmächtigten sei am 14. Juli 2008 das Protokoll der Kammerverhandlung vom 8. Juli 2008 zugestellt worden; an diesem Tage habe die Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte K. als Urlaubsvertretung der Bürovorsteherin R. die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Berufung irrtümlich bezogen auf jene Zustellung notiert. Der Prozessbevollmächtigte habe dies nach Vorlage der Akten bemerkt und der Angestellten B. die Anweisung erteilt, die Fristen nach Zustellung des vollständig abgefassten Urteils zu notieren. Am 14. August 2008 sei die Akte aufgrund der unrichtig notierten Frist wieder vorgelegt worden; zu diesem Zeitpunkt lag das Urteil noch immer nicht vor. Gleiches galt für weitere Wiedervorlagen am 28. August und am 6. Oktober 2008. Bereits am 8. September 2008 sei die Akte wegen der Frist im Fristenprogramm dem Prozessbevollmächtigten zwecks Fertigung der Berufungsbegründung vorgelegt worden. Als dann am 13. Oktober 2008 das vollständige Urteil zugestellt worden sei, habe die Mitarbeiterin K. irrtümlich lediglich die Frist zur Tatbestandsberichtigung, nicht jedoch diejenigen für die Berufungseinlegung und für die Berufungsbegründung notiert. Dies sei möglicherweise auf die falschen Eintragungen im Fristenkalender und auf die Umstellung der Anwaltssoftware zurückzuführen. Ein solcher Fehler sei Frau K. zuvor noch nicht unterlaufen. Die Berufungseinlegung sei nur deshalb fristgerecht erfolgt, weil dem Prozessbevollmächtigten die Akte zusammen mit mehreren Parallelverfahren vorgelegt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass ebenso wie in dem Parallelverfahren, das in der Berufung aufgrund eines anderen Sachverhaltes nur geringe Erfolgsaussichten geboten hätte, lediglich fristwahrend Berufung eingelegt worden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens zum Wiedereinsetzungsantrag wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 5. Dezember 2009 (richtig wohl: 2008; Bl. 204 bis 208 d. A.) und vom 22. Januar 2009 (Bl. 233 bis 236 d. A.) nebst den beigefügten eidesstattlichen Versicherungen verwiesen. Hinsichtlich der Berufungsbegründung wird auf Seite 4 bis 7 ihres Schriftsatzes vom 22. Januar 2009 (Bl. 236 bis 239 d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 8. Juli 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie meint, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten treffe bei der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ein eigenes Verschulden, so dass Wiedereinsetzung nicht zu gewähren sei. Ferner sei das erstinstanzliche Urteil richtig.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unzulässig. Die Beklagte hat ihre Berufung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet; die beantragte Wiedereinsetzung war nicht zu gewähren.
I. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist zur Begründung der Berufung zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Diese Frist hat die Beklagte nicht eingehalten. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist ihr am 13. Oktober 2008 zugestellt worden. Mithin lief die Frist zur Berufungsbegründung am Montag, den 15. Dezember 2008 ab. Diese Frist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten.
II. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist konnte nicht gewährt werden.
1. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung finden die zivilprozessualen Regelungen der §§ 233 ff. ZPO in vollem Umfang auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwendung (Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl.,§ 66 Rz. 36). Gemäß § 233 ZPO setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich. Dies gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren (BAG 28.5.2009 - 2 AZR 548/08 - EzA KSchG § 5 Nr. 36; 11.12.2008 - 2 AZR 472/08 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 68 = EzA KSchG § 5 Nr. 35, auch zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen). Wurde ein Bevollmächtigter tätig, muss der Antragsteller einen Geschehensablauf vortragen, der ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zweifelsfrei ausschließt (BAG 8.5.2008 - 1 ABR 56/06 - BAGE 126, 339 = AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 62 = EzA ZPO 2002§ 551 Nr. 9; 10.1.2003 - 1 AZR 70/02 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 80 = EzA ZPO 2002 § 233 Nr. 1; BGH 21.2.1983 - VIII ZR 343/81 - VersR 1983, 401) . Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die anwaltliche Sorgfaltspflicht, in Fristsachen das Möglichste zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und der Behandlung von Fristen auszuschließen (BAG 8.5.2008 - 1 ABR 56/06 - aaO.; BGH 9.10.2007 - XI ZB 14/07; 30.3.2006 - III ZR 6/05 - FamRZ 2006, 856).
2. Nach dem von der Beklagten vorgetragenen Geschehensablauf trifft ihren Prozessbevollmächtigten eigenes Verschulden an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Er hat zum einen nicht selbst überprüft, ob die Frist zur Berufungsbegründung ordnungsgemäß notiert war. Zum anderen ergibt sich aus dem Vorbringen nicht, dass er seine Bürokräfte in hinreichendem Maße überwacht hätte.
a) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat es schuldhaft versäumt zu kontrollieren, ob die Frist zur Berufungsbegründung ordnungsgemäß notiert war.
aa) Wie er selbst ausführt, wurde ihm nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils die Akte des vorliegenden Verfahrens zur Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung beschränkt sich die Überwachungspflicht des Rechtsanwaltes, dem die Handakten zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist zutreffend notiert ist. Vielmehr erstreckt sie sich auch auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist, die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu laufen beginnt und deren Ablauf daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits feststeht (vgl. BGH 19.4.2005 - X ZB 31/03 - BRAK-Mitt. 2005, 181; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 233 Rz. 23 "Fristenbehandlung"). Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift gebotenen Prüfung der Fristnotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die Prüfung der bereits feststehenden Berufungsbegründungsfrist aussparen (vgl. BGH 13.4.2005 - VIII ZB 77/04 - NJW-RR 2005, 1085; 21.4.2004 - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183; 22.12.2004 - III ZB 58/04).
bb) Die Fristversäumung ist verschuldet, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten es unterlassen hat, die Fristenprüfung vorzunehmen. Er konnte sich diese Prüfung nicht etwa deshalb ersparen, weil ihm die Akte zusammen mit mehreren Parallelsachen vorgelegt wurde. Der Umstand, dass mehrere - tatsächlich oder scheinbar -ähnlich gelagerte Sachen parallel zu bearbeiten sind, enthebt den Rechtsanwalt nicht von der Verpflichtung, jede einzelne Angelegenheit sorgfältig zu prüfen. Gerade bei der gleichzeitigen Bearbeitung von Parallelsachen besteht die Gefahr, dass Unterschiede zwischen den einzelnen Fällen unbemerkt bleiben und dadurch, wie vorliegend geschehen,übersehen werden. Diese Gefahr gebietet eine besonders sorgfältige Bearbeitung.
b) Des weiteren hat es der Prozessbevollmächtigte schuldhaft an einer hinreichenden Überwachung der von ihm eingeschalteten Bürokräfte fehlen lassen.
aa) Zwar ist der Prozesspartei ein Verschulden dann nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO anzulasten, wenn es ausschließlich Kanzleiangestellte trifft und ein eigenes Verschulden des beauftragten Rechtsanwaltes nicht vorliegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH 2.11.2006 - III ZR 10/06 - NJW 2007, 603). Dagegen ist eigenes Verschulden des Prozessbevollmächtigten gegeben, wenn er das von ihm eingesetzte Büropersonal nicht ordnungsgemäß ausgewählt,überwacht oder angewiesen hat und dies zur Fristversäumung führt. Fristennotierung und -überwachung müssen durch geeignete Stichproben überprüft werden, außer bei langjährig fehlerfrei arbeitenden Kräften (BGH 9.10.2007 - XI ZB 14/07). Die eigene Sorgfaltspflicht des Rechtsanwaltes erhöht sich bei Vorliegen besonderer Umstände, die eine erhöhte Gefahr für den reibungslosen Ablauf des Kanzleibetriebes darstellen (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 233 Rz. 23 "Büropersonal und -organisation").
bb) Vorliegend ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Überwachungsverschulden anzulasten. Aus seinem tatsächlichen Vorbringen folgt nicht, dass er dem Personal die Fristenkontrolle selbständig hätte überlassen dürfen. Zunächst wird in Bezug auf Frau K. nicht vorgetragen, wie lange sie schon in der Kanzlei beschäftigt und wie lange sie mit der Fristüberwachung betraut war. Das Vorbringen, zuvor seien ihr noch keine derartigen Fehler unterlaufen, kann dies aber nicht ersetzen. Im Gegenteil ergibt sich aus dem weiteren Vortrag eine gesteigerte Überwachungspflicht: Danach war Frau K. lediglich als Urlaubsvertreterin für die Bürovorsteherin Frau R. tätig. Bei, auch urlaubsbedingten, Verminderungen des Personalbestandes ist aber besondere Sorgfalt bei der Überwachung geboten (BGH 1.7.1999 - III ZB 47/98 - NJW-RR 1999, 1664; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 233 Rz. 23 "Büropersonal und -organisation"). Hinzu kam vorliegend, dass im zeitlichen Zusammenhang mit dem Lauf der Frist in der Kanzlei auf ein neues Fristenüberwachungsprogramm umgestellt wurde, was für das Personal eine zusätzliche Erschwernis darstellte. Der Prozessbevollmächtigte war außerdem durch die ins Auge springenden vorangegangen Fehler seiner Angestellten bei der Eintragung und Überwachung der Fristen gewarnt und hatte somit allen Anlass zu besonderen Überwachungsmaßnahmen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Oestermann
Lampe