Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.07.2003, Az.: L 16/3 B 272/02 U

Pflichtgemäße Emessensausübung bei Entscheidung über Kostentragung für Gutachten; Übernahme der Begutachtungskosten bei unrichtiger Sachbehandlung; Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
01.07.2003
Aktenzeichen
L 16/3 B 272/02 U
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 19922
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0701.L16.3B272.02U.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Stade - 24.07.2002 - AZ: S 11 U 139/99

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 24. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die gemäß § 172 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist indessen nicht begründet.

2

Die Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Stade, die Übernahme der von der Klägerin vorgeschossenen Kosten für die Gutachten des Neurologen Dr. F. vom 22. März 2000 und des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie G. vom 29. Mai 2000 auf die Staatskasse abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.

3

Die Entscheidung über die endgültige Kostentragungspflicht bei Gutachten nach § 109 SGG steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Meyer-Ladewig: SGG, 7. Auflage 2002, § 109 Rdnr. 16, 18). Dementsprechend kann die angefochtene Entscheidung nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Solche Fehler sind hier nicht zu erkennen. Das SG hat die Frage der Kostenübernahme daran gemessen, ob die Gutachten für die gerichtliche Entscheidung Bedeutung gewonnen bzw. die Aufklärung des Sachverhalts objektiv gefördert haben. Diese Entscheidungskriterien sind allgemein anerkannt und schon deswegen nicht zu beanstanden (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. Rdnr. 16 a mit weiteren Nachweisen). Zutreffend ist das SG auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gutachten nichts Neues erbracht haben. Weder hat das Gutachten des Dr. F. eine psychische Belastung der Klägerin als weitere Unfallfolge ergeben, noch hat der Sachverständige G. die Unfallfolgen mit einer höheren als der bereits anerkannten MdE um 20 v. H. bewertet.

4

Eine unrichtige Sachbehandlung seitens des SG, die ggf. ebenfalls zu einer Übernahme von Begutachtungskosten auf die Staatskasse führen kann (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1986, Seite 454 ff), ist nicht festzustellen. Richtig ist allerdings, dass es die Beweisfragen zu den Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Oktober 1986 und zur Höhe der hieraus folgenden MdE lediglich auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 1998 bezogen hat. Dies war indessen bei Erlass der für beide Gutachtenaufträge maßgebenden Beweisanordnung vom 8. Dezember 1999 zutreffend. Bei der Formulierung der Beweisfragen hat das SG erkennbar auf das aus der Klageschrift vom 28. Juli 1999 ersichtliche Begehren abgestellt. Hierin hatte die Klägerin lediglich die ihrer Auffassung nach im Bescheid vom 5. November 1998 zu gering festgestellte MdE beanstandet. Dagegen konnte das SG dem Schriftsatz keine sicheren Hinweise dafür entnehmen, dass sie auch den mit dem 1. Januar 1998 festgelegten Beginn der ihr bewilligten Unfallrente anfechten wollte. Zwar hat die Klägerin in ihrer Klageschrift ergänzend auf ihre Widerspruchsbegründung vom 20. Januar 1999 Bezug genommen, in der sie u.a. auch darauf hingewiesen hat, bereits seit 1993 wegen Beschwerden am verletzten Hüftgelenk wieder in Behandlung gestanden zu haben. Dem in der Klageschrift vom 28. Juli 1999 enthaltenen Antrag ist jedoch zu entnehmen, dass sie zu diesem Zeitpunkt lediglich Verletztenrente nach einer höheren MdE als 20 v. H. begehrt hat. Ein Anlass zu Rückfragen wegen des Umfangs des Klagebegehrens bei der schon damals anwaltlich vertretenen Klägerin bestand angesichts der eindeutigen Formulierung nicht (vgl. dazu allgemein Meyer-Ladewig a.a.O., § 123 Rdnr. 3).

5

Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch das Verhalten des SG nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht. Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Juli 2000 das SG gebeten, den Sachverständigen ergänzend nach der besonderen beruflichen Betroffenheit der Klägerin durch die Unfallfolgen zu befragen und ihn um eine Einschätzung der MdE für die Zeit ab 1993 zu bitten. Wenn auch das SG in seinem ablehnenden Schreiben vom 4. August 2000 auf das letztgenannte Anliegen nicht ausdrücklich eingegangen ist, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrem daraufhin übersandten Schriftsatz vom 17. August 2000 auf einer ergänzenden Anhörung des Sachverständigen nicht mehr bestanden und stattdessen um eine gerichtliche Entscheidung gebeten hat.

6

Nach alledem ist die Beschwerde nicht begründet.

7

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).