Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.07.2003, Az.: L 1 RA 9/03
Nachversicherung beim berufsständischen Versorgungswerk; Versäumung der Antragsfrist; Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Einbindung in Verwaltungsablauf des Rentenversicherungsträgers; Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch; Zurechnung eines Beratungsfehlers des Arbeitgebers; Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis; Unkenntnis bestehender Gesetze
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 22.07.2003
- Aktenzeichen
- L 1 RA 9/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 19993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0722.L1RA9.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Aurich - 05.12.2002 - AZ: S 6 RA 99/01
Rechtsgrundlagen
- § 186 Abs. 3 SGB VI
- § 153 Abs. 2 SGG
- § 10 Abs. 2 NJAG
- § 27 SGB X
Redaktioneller Leitsatz
Jeder Adressat eines Bescheides ist gehalten, die dortigen Angaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Maßstab bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist insoweit diejenige Sorgfalt, die einem in einem Verwaltungsverfahren gewissenhaft Handelnden nach den Umständen des Falles zuzumuten ist. Hierbei gilt ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab.
Tatbestand
Der Kläger begehrt, die Nachversicherung nicht - wie bisher geschehen - bei der Beklagten (Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung), sondern bei dem Beigeladenen zu 2) (berufsständisches Versorgungswerk) durchzuführen. Streitig ist vor allem, ob der Kläger die hierfür maßgebliche Antragsfrist ohne Verschulden versäumt hat und deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen kann.
Der im Jahre 1971 geborene Kläger hat die Ausbildung zum Volljuristen durchlaufen. In diesem Rahmen hat er seit dem 1. August 1997 das Referendariat im juristischen Vorbereitungsdienst als Beamter auf Widerruf des Landes Niedersachsen im Zuständigkeitsbereich des Oberlandesgerichts (OLG) J. absolviert. Das Beamtenverhältnis endete am Tag der mündlichen Prüfung, dem 11. August 1999. Die von der zuständigen Versorgungsbehörde (NLBV, Beigeladener zu 1) zu leistenden Bezüge wurden bis zum 31. August 1999 weitergezahlt. Im November 1999 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seit dem 1. Oktober 1999 als selbstständiger Rechtsanwalt zugelassen und Mitglied des berufsständischen Versorgungswerkes sei, des Beigeladenen zu 2). Einen Antrag auf Durchführung der Nachversicherung bei dem berufsständischen Versorgungswerk stellte er dabei nicht. Mangels entgegenstehenden Antrags des Klägers führte der Beigeladene zu 1) daraufhin Anfang Dezember 1999 die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch und zahlte den Nachversicherungsbetrag für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 11. August 1999 an die Beklagte. - Am 15. August 2000, und damit vier Tage nach Ablauf der Jahresfrist des § 186 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) stellte der Kläger bei dem Beigeladenen zu 1) den zu diesem Verfahren führenden Antrag, die Nachversicherung bei dem Beigeladenen zu 2) durchzuführen.
Vor, während und nach dem Referendariat hatten aus verschiedenem Anlass zwischen dem Kläger einerseits und dem Präsidenten des OLG, dem Beigeladenen zu 1) und der Beklagten andererseits mehrere Schriftwechsel stattgefunden, wobei der Kläger im Laufe der Zeit (u.a. nach jeweiligen Wohnsitzwechseln) unterschiedliche Adressen angegeben hatte, die von den Behörden auch unterschiedliche Adressen zur Kenntnis genommen worden waren (Anschriften des Klägers: K.; L.; M.; Anschrift der Eltern des Klägers: N.). Teile dieses Schriftwechsels hatten sich auf die hier in Rede stehende Durchführung der Nachversicherung und die dabei vom Kläger zu beachtende Antragsfrist bezogen.
So hatte der Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 26. August 1999 - unzweifelhaft und unstreitig rechtsfehlerhaft - ausgeführt
"Sie sind mit Ablauf des 31.08.1999 aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden"
und den Kläger auf die Nachversicherungsmöglichkeit des § 186 SGB VI sowie darauf hingewiesen, dass es sich bei der Jahresfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI um eine Ausschlussfrist handele. Den Erhalt dieses Schreibens (unter der Adresse O.) hat der Kläger bestätigt. Mit weiterem Schreiben vom 25. November 1999 hatte der Beigeladene zu 1) ausgeführt, "Sollten Sie bis zum 11.08.2000 die Voraussetzungen nach § 186 SGB VI erfüllen, werden die von der BfA gezahlten Nachversicherungsbeiträge auf Ihren hier zu stellenden Antrag an die für Sie in Frage kommende berufsständische Versorgungseinrichtung weitergeleitet ...". Den Erhalt dieses Schreibens unter der Adresse P. (statt Q.) in R. hat der Kläger bestritten. Mit Schreiben vom 28. Juni 2000 hatte die Beklagte schließlich dem Kläger seinen Versicherungsverlauf übersandt. Dabei wurde erneut auf die Fristgebundenheit eines Antrages gem. § 186 Abs. 3 SGB VI hingewiesen. Auch den rechtzeitigen Erhalt dieses Schreibens hat der Kläger bestritten: das Schreiben sei an die Adresse seiner Eltern gegangen und ihm von diesen "anlässlich irgendeines Besuches im Sommer 2000 sicherlich" übergeben worden. Ob die Übergabe vor oder nach Fristablauf geschehen sei, könne er nicht mehr nachvollziehen (Schriftsatz des Klägers vom 20. November 2002).
Den oben genannten Antrag des Klägers auf Durchführung der Nachversicherung bei dem Beigeladenen zu 2) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2001 mit der Begründung ab, dass die Antragsfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI versäumt und weder ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch noch eine Nachsichtgewährung wegen schuldlosen Verhaltens des Klägers gegeben sei. Ein Herstellungsanspruch scheide aus, weil sich nach der zur Durchführung von Nachversicherungen ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der gesetzliche Rentenversicherungsträger ein fehlerhaftes Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers nicht zurechnen lassen müsse. Und ein schuldloses Versäumnis durch den Kläger liege nicht vor, weil ihm nach der fehlerhaften Auskunft und noch vor Fristablauf mehrfach sowohl von dem Beigeladenen zu 1) als auch von der Beklagten die maßgeblichen Angaben für die rechtlich zutreffende Berechnung des Fristablaufes mitgeteilt worden seien, weshalb es ihm zuzumuten gewesen sei, den Irrtum aufzuklären und den Antrag rechtzeitig zu stellen.
Mit der hiergegen am 1. August 2001 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, sich auf die (zeitlich erste) Auskunft des Beigeladenen zu 1) verlassen zu haben. Auch sei bezüglich eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches der Beigeladene zu 1) in den Verwaltungsablauf der Beklagten eingebunden, da er die Nachversicherung durchführe und die Nachversicherung Bestandteil des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts sei. Zudem habe er die Frist schuldlos versäumt. Zum einen habe er (der Kläger) die Schreiben vom 25. November 1999 und 28. Juni 2000 nicht erhalten. Und zum Zweiten sei - nach der nachträglichen Kenntnisnahme dieser Schreiben - festzustellen, dass darin jeweils nicht der exakte Fristablauf konkret angegeben, sondern nur Berechnungsfaktoren mitgeteilt worden seien; der genaue Fristablauf habe erst noch ermittelt werden müssen. Hilfsweise hat der Kläger schließlich geltend gemacht, die Vorschrift des § 186 Abs. 3 SGB VI sei verfassungswidrig.
Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht (SG) die Auffassung vertreten, dass es sich bei § 186 Abs. 3 SGB VI um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von vornherein ausgeschlossen sei. Daneben sei der Beigeladene zu 1) nicht in den Verwaltungsablauf der Beklagten einbezogen, weil er im Recht der Nachversicherung nicht als Behörde, sondern als (öffentlich-rechtlicher) Arbeitgeber tätig geworden sei, der - wie auch jeder zivilrechtliche Arbeitgeber - zur Beklagten in einem Über-Unterordnungsverhältnis stehe. Der Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, dass der Kläger nicht schuldlos die Frist versäumt habe, weil er jedenfalls auf Grund des Schreibens vom 25. November 1999 den Fristablauf habe korrekt ermitteln können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2002 abgewiesen und zur Begründung im Einzelnen ausgeführt, dass zwar zweifelhaft sei, ob es sich bei § 186 Abs. 3 SGB VI entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten um eine Ausschlussfrist handele. Die Frage könne jedoch dahinstehen, weil selbst im Falle der Statthaftigkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) deren Voraussetzungen im Fall des Klägers nicht vorliegen würden. Der Kläger sei nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, die Antragsfrist einzuhalten. Zwar sei die Auskunft vom 26. August 1999 rechtlich unzutreffend gewesen, und der Kläger behaupte, das weitere Schreiben vom 25. November 1999 nicht erhalten zu haben. Zum einen erscheine es jedoch der Kammer unwahrscheinlich, dass der Kläger nicht von seinem Dienstherren anderweitig über den Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis informiert worden sei. Und zum Zweiten habe er jedenfalls dem Schreiben vom 28. Juni 2000 sein Dienstzeitende entnehmen und bei Zweifeln über dasselbe Nachfrage bei der Beklagten oder beim Beigeladenen zu 1) halten können. Warum dieses Schreiben nach den Angaben des Klägers an die Adresse seiner Eltern gegangen sein soll, sei den Akten nicht zu entnehmen. Und ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide bereits deshalb aus, weil nach der Rechtsprechung des BSG sich der Rentenversicherungsträger einen Beratungsmangel der Besoldungsbehörde nicht zurechnen lassen müsse.
Gegen dieses ihm am 19. Dezember 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Januar 2003 eingelegte Berufung des Klägers, die er ergänzend damit begründet, dass er entgegen der Einschätzung des SG nicht anderweitig, auch nicht durch seinen Dienstherren, über das Ende des Dienstverhältnisses informiert worden sei. Und das Schreiben vom 28. Juni 2000 sei zum einen an das Elternhaus seiner Eltern adressiert, zum Zweiten aber auch nicht geeignet gewesen, hieraus die Antragsfrist zu ersehen, da hieraus das Ende des Nachversicherungszeitraumes am 11. August 1999 nicht hervorgegangen sei.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 5. Dezember 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2001 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 11. August 1999 von dem Beigeladenen zu 1) an die Beklagte gezahlten Nachversicherungsbeiträge auf das Konto des Klägers bei dem Beigeladenen zu 2) zu überweisen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil des SG.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft der für den juristischen Vorbereitungsdienst des Klägers zuständigen ausbildungsführenden Stelle, des Präsidenten des OLG Oldenburg, eingeholt. Darin hat der Präsident des OLG mitgeteilt, dass das Ende des Beamtenverhältnisses eines Referendars im juristischen Vorbereitungsdienst unmittelbar in der gesetzlichen Vorschrift des § 10 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen (NJAG) geregelt gewesen (und immer noch geregelt) sei. In § 10 Abs. 2 NJAG heißt es:
"Das Beamtenverhältnis endet bei Bestehen der zweiten Staatsprüfung mit dem Zeitpunkt, in dem das Ergebnis durch den Prüfungsausschuss verkündet wird."
Nach der sich in der Personalakte befindlichen schriftlichen Mitteilung des Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamtes - so der OLG-Präsident weiter - habe der Kläger die 2. Staatsprüfung am 11. August 1999 bestanden. Damit sei für ihn am 11. August 1999 das Beamtenverhältnis beendet gewesen. Im Übrigen werde den Referendaren seit 1997 anlässlich ihrer ersten Arbeitsgemeinschaft die Broschüre "Der juristische Vorbereitungsdienst in Niedersachsen" ausgehändigt, die alle Vorschriften des NJAG (und der NJAVO) enthalte. Durch das Studium dieser Broschüre sei es möglich, das Ende des Beamtenverhältnis zu bestimmen.
Der Kläger hat zu der Auskunft des Präsidenten des OLG dahingehend Stellung genommen, dass er auch auf Grund des § 10 Abs. 2 NJAG den Fristbeginn des § 186 Abs. 3 SGB VI nicht habe feststellen können. Denn das Schreiben des Beigeladenen zu 1) vom 26.08.1999 und der Gesetzestext enthielten eine unterschiedliche Wortwahl. Während das Schreiben vom "Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis" spreche, heiße es im Gesetzestext "Das Beamtenverhältnis endet ...". Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Besoldung bis zum 31. August 1999 gezahlt worden sei. Auf Grund dessen habe sich der Kläger in einem Rechtsirrtum befunden. Daran könne auch die vom OLG-Präsidenten angesprochene Broschüre nichts ändern. Denn diese sei bereits zu Beginn des Referendariats ausgehändigt worden, also ca. 2 Jahre vor dem hier streitigen Zeitpunkt, und habe zudem zwar eine Berechnung der Frist, nicht aber die Bestimmung des Fristbeginns zugelassen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, auf die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sowie auf die beigezogene Personalakte des Klägers beim OLG J. Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gem. §§ 143f. SGG statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.
Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten sind zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung der Nachversicherung bei dem Beigeladenen zu 2). Es verbleibt vielmehr bei der bereits durchgeführten Nachversicherung bei der Beklagten. Denn der Kläger hat die Antragsfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI versäumt. Die Fristversäumnis kann auch nicht geheilt werden. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch greift nicht ein, weil der Beigeladene zu 1) nicht in den Verwaltungsablauf des beklagten Rentenversicherungsträgers eingebunden ist. Und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Kläger nicht beanspruchen, weil er nicht ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert gewesen ist.
Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen herangezogen, richtig angewendet, den Sachverhalt zutreffend gewürdigt und ist nach alledem zu der auch für den Senat überzeugenden Entscheidung gelangt, dass dem Kläger weder ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch noch ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Seite steht. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG (Seite 3, letzter Absatz, bis Seite 4, letzter Absatz). Insbesondere hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass das BSG bereits ausdrücklich entschieden hat, dass in Bezug auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber im Fall einer Nachversicherung nicht in den Verwaltungsablauf des Rentenversicherungsträgers eingebunden ist und ein etwaiger Beratungsfehler des Arbeitgebers dem Rentenversicherungsträger daher nicht zugerechnet werden kann. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG auf Grund eigener Überzeugung ebenso an wie das SG und die Beklagte. Dem Kläger ist die genaue Angabe der Entscheidung des BSG bereits mitgeteilt worden (BSG, Urteil vom 15.01.1994, 4 RA 66/93). Soweit der Kläger gleichwohl bis zuletzt die gegenteilige Rechtsauffassung vertritt, vermag ihm der Senat nicht zu folgen.
Im Berufungsverfahren hat sich nichts für den Kläger Günstigeres ergeben. Im Gegenteil: Die Auskunft des Präsidenten des OLG hat bestätigt, dass der Kläger nicht ohne Verschulden gehindert war, die Frist des § 186 Abs. 3 SGB VI einzuhalten (sofern eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ohnehin gesetzlich ausgeschlossen ist, siehe das Urteil des SG):
Das Schreiben des Beigeladenen zu 1) vom 26. August 1999, dessen Erhalt der Kläger ausdrücklich bestätigt hat, war teilweise rechtsfehlerhaft und teilweise rechtsfehlerfrei. Rechtsfehlerfrei hat der Beigeladene zu 1) darin bezüglich der Antragsfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI einen Fristbeginn, eine Fristdauer und die Notwendigkeit der Antragstellung bis zum Ende des Fristenlaufes mitgeteilt. Ebenso zutreffend hat er dabei den Fristbeginn mit dem Datum des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis, die Fristdauer mit einem Jahr und die Rechtzeitigkeit des Antrages binnen dieses Jahres beschrieben. Im Einzelnen heißt es:
"Sie sind mit Ablauf des ... aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden. Gemäß § 8 Abs. 2 i.V.m. § 184 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) werden Personen, die ... als Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei waren, in der Rentenversicherung nachversichert, wenn sie ... ausgeschieden sind ... Dies gilt auch für Referendare in der Justizverwaltung, allerdings mit der Maßgabe, dass gemäß § 186 SGB VI auf Antrag auch eine Nachversicherung bei einem berufsständischen Versorgungswerk durchgeführt werden kann. Eine etwaige Beitragszahlung an eine berufsständische Versorgungseinrichtung ist innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis bei mir besonders zu beantragen ..."
"Es geht um Ihre Altersversorgung! Deshalb empfehle ich Ihnen dringend, die Termine einzuhalten."
(Unterstreichungen, Schriftgröße und Fettdruck im Original, nicht vom Senat veranlasst)
Danach wäre in seinem Fall die rechtlich zutreffende Jahresfrist bis zum 11. August 2000 für den Kläger ohne weiteres allein anhand dieses Schreibens zu berechnen gewesen, wenn der Beigeladene zu 1) das richtige Datum des Ausscheidens des Klägers aus dem Beamtenverhältnis mitgeteilt hätte (den 11. August 1999). Die dem Kläger daher mögliche zutreffende Fristenberechnung ist deshalb allein daran gescheitert, dass der Beigeladene zu 1) in dem Schreiben ein unzutreffendes Datum des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis und damit das unzutreffende Datum des Fristenbeginns angegeben hat ("31. August 1999" statt 11. August 1999). Insoweit ist dem Kläger beizutreten.
Entgegen der Auffassung des Klägers hätte die Fehlerhaftigkeit dieses im Schreiben mitgeteilten Datums des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis vom Kläger jedoch leicht erkannt werden können. Sie ergab sich aus dem Gesetzestext des NJAG. Zutreffend hat hierzu der Präsident des OLG J. darauf hingewiesen, dass sich das Ende des Beamtenverhältnis eines Referendars im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Niedersachsen im Jahre 1999 (aber auch schon jahrelang davor und danach) unmittelbar aus der gesetzlichen Vorschrift des § 10 Abs. 2 NJAG ergab (und noch ergibt). Danach ist der Tag der Verkündung des Bestehens der mündlichen Prüfung des zweiten Staatsexamens für das Ausscheiden maßgeblich. Der Tag der bestandenen mündlichen Prüfung war im Fall des Klägers der 11. August 1999. An diesem Tag ist ihm auch das Bestehen bekannt gegeben worden. Der Kläger wusste um dieses Datum, denn er hat an der mündlichen Prüfung in Person teilgenommen und der Verkündung des Ergebnisses am selben Tag beigewohnt. Der Gesetzestext des NJAG war für den Kläger auch leicht einsehbar, da das Gesetz ordnungsgemäß veröffentlicht worden ist (Gesetz vom 29.10.1993, Nds. GVBl. 1993, S. 449, 452). Auch war der Gesetzestext in der vom OLG-Präsidenten an alle Rechtsreferendare ausgehändigten Broschüre abgedruckt, deren Erhalt der Kläger nicht bestritten hat (Schriftsatz vom 2. Juni 2003). Und da nach der Rechtsprechung des BSG zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Unkenntnis bestehender Gesetze grundsätzlich keine Wiedereinsetzung begründen kann (Grundsatz der formellen Publizität; vgl. nur: BSG, Urteil vom 14.11.2002, B 13 RJ 39/01 R, S. 7; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1; jeweils m.w.N.), könnte sich der Kläger insoweit auch nicht auf die Unkenntnis des § 10 Abs. 2 NJAG berufen - was er im Übrigen auch nicht getan hat. Die Überprüfung der Angabe des Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 26. August 1999 war dem Kläger daher möglich. Sie war ihm auch zumutbar und er war insbesondere nicht schuldlos an einer Überprüfung gehindert i.S.v. § 27 SGB X: Jeder Adressat eines Bescheides ist gehalten, die dortigen Angaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen; er wird dies auch im Regelfall tun und bei Feststellen von etwaigen Unrichtigkeiten/Rechtswidrigkeiten den Rechtsweg beschreiten. Gerade deshalb sind Rechtsmittel vorgesehen. Maßstab des § 27 SGB X ist insoweit diejenige Sorgfalt, die einem in einem Verwaltungsverfahren gewissenhaft Handelnden nach den Umständen des Falles zuzumuten ist (Nachweise bei: Kasseler-Kommentar-Krasney, § 27 SGB X, Rn. 5). Der Kläger hätte also - wie jeder andere Adressat eines behördlichen Schreibens - die Angabe im Schreiben vom 26. August 1999
"Sie sind am 31. August 1999 aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden"
überprüfen müssen und hätte bei einem Vergleich mit § 10 Abs. 2 NJAG, in dem es heißt,
"Das Beamtenverhältnis endet bei Bestehen der zweiten Staatsprüfung mit dem Zeitpunkt, in dem das Ergebnis durch den Prüfungsausschuss verkündet wird."
festgestellt, dass die Mitteilung des Beigeladenen zu 1) unzutreffend war. Daneben hätte er das Auseinanderfallen beider Daten durch (telefonische) Nachfrage bei dem Beigeladenen zu 1) (oder der Beklagten) leicht aufklären können. Beides hat der Kläger nicht getan.
Soweit der Kläger zuletzt behauptet hat, die Wortlaute im Schreiben vom 26. August 1999 und im Gesetzestext seien nicht identisch, weshalb eine Überprüfung nicht möglich gewesen sei, vermag ihm der Senat nicht beizutreten. Die beiden Formulierungen
"Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis" und "Das Beamtenverhältnis endet ..."
beschreiben erkennbar denselben Sachverhalt, nämlich die Beendigung des Beamtenverhältnisses.
Der erwartete Abgleich des Schreibens mit dem veröffentlichten Gesetzestext war auch gerade dem Kläger und diesem umso mehr zuzumuten, als dass bei § 27 SGB X ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab gilt, bei dem die Sorgfaltsanforderungen bei rechtskundigen Personen höher anzusetzen sind als bei rechtsunkundigen (Nachweise bei: Kasseler-Kommentar-Krasney, § 27 SGB X, Rn. 5). Der Kläger war (und ist) gelernter Jurist (erfolgreiches Ablegen des 1. Staatsexamens) und hatte am 11. August 1999 auch sein zweites Staatsexamen bestanden (Volljurist). Ihm wäre deshalb das Studium des im Niedersächsischen Gesetzes- und Verordnungsblatt veröffentlichten Gesetzestextes und die Übertragung auf seinen Fall ohne weiteres möglich gewesen (in ähnlicher Konstellation ebenso: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.1998, L 1 RA 3639/97, S. 10).
Den von ihm geltend gemachten "Rechtsirrtum" hätte der Kläger daher leicht vermeiden können. Durch die fehlende Aufklärung des Auseinanderfallens von mitgeteiltem und gesetzlich vorgesehenem Datum des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis hat der Kläger die Antragsfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI deshalb nicht ohne eigenes Verschulden versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. - Dass die Vergütung des Klägers bis zum 31. August 1999 weitergezahlt wurde, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn sie erfolgte auf anderer Rechtsgrundlage (§ 60 Bundesbesoldungsgesetz) und zu einem anderen Zweck als die in § 10 Abs. 2 NJAG geregelte Beendigung des Beamtenverhältnisses (Versorgung in der Übergangszeit nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis)(ebenso: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.1998, L 1 RA 3639/97, S. 8). Im Versicherungsverlauf ist deshalb auch zu Recht nur die Zeit bis zum 11. August 1999 als nachversichert gespeichert worden (Versicherungsverlauf vom 6. November 2002). Und dass § 186 Abs. 3 SGB VI verfassungswidrig sein könnte, ist weder für den Senat ersichtlich noch im Schrifttum und Rechtsprechung jemals erörtert worden; der Kläger hat seinen diesbezüglichen Vortrag auch zu Recht zweitinstanzlich nicht mehr wiederholt.
Bei dieser Sachlage konnte der Senat weitere Fragen zur Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall offen lassen, deren Klärung bzw. Beantwortung das vorstehende Ergebnis des Rechtsstreits allerdings eher stützen als in Zweifel ziehen dürfte. So lässt der Senat - ebenso wie das SG - dahinstehen, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei § 186 Abs. 3 SGB VIüberhaupt statthaft ist. Ebenso lässt der Senat ungeprüft, ob der Kläger tatsächlich die mehreren Schreiben des Beigeladenen zu 1) und der Beklagten - so wie er behauptet - nicht erhalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gem. § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.