Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 16.07.2003, Az.: L 9 B 37/01 U
Beweisantragsrecht des Versicherten, Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen nach§ 109 SGG; Beweisantragsrecht als Korrelat zum im sozialgerichtlichen Verfahren vorherrschenden Amtsermittlungsprinzip; Abhängigkeit der Übernahme der Kosten des Gutachtens auf die Staatskasse von der Entscheidungserheblichkeit für den Rechtstreit
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 16.07.2003
- Aktenzeichen
- L 9 B 37/01 U
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 20173
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0716.L9B37.01U.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - AZ: S 11 U 190/98
Rechtsgrundlage
- § 109 SGG
Tenor:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 17. November 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. November 2000 hat es das Sozialgericht Stade, das auch die zur Hauptsache erhobene Klage mit Urteil vom gleichen Tage abgewiesen hat, abgelehnt, die Kosten des nach § 109 SGG erstatteten Gutachtens des Dipl. Psych. C. antragsgemäß auf die Staatskasse zu übernehmen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses Gutachten das (erstinstanzliche) Verfahren nicht wesentlich gefördert habe.Mit ihrer am 23. Januar 2001 erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin, die gegen das erstinstanzliche Urteil am 22. Januar 2001 Berufung eingelegt hat, geltend, das Gutachten des Dipl. Psych. C. führe zu entscheidungserheblichen Erkenntnissen, indem es belege, dass der streitgegenständliche Arbeitsunfall vom 11. September 1995 bei ihr zu einer posttraumatischen Belastungsstörung mit nachfolgender dauerhafter Persönlichkeitsänderung geführt habe.
II.
Soweit § 109 Abs. 1 SGG vorsieht, dass auf Antrag des Versicherten, Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich zu hören ist, stellt dieses Beweisantragsrecht ein Korrelat zu dem im sozialgerichtlichen Verfahren ansonsten vorherrschenden Amtsermittlungsprinzip dar. Es gewinnt seine verfahrensrechtliche Bedeutung im Wesentlichen dann, wenn das Gericht weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht (mehr) für erforderlich hält. In diesem Fall ist es grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, die nach § 109 Abs. 1 SGG beantragte Beweiserhebung gemäß Satz 2 dieser Vorschrift von einem Kostenvorschuss abhängig zu machen (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, 2002, § 109 Rdnr 1, 2, 13). Für die etwaige spätere Übernahme der Kosten der Begutachtung auf die Staatskasse folgt hieraus zugleich, dass diese im Wesentlichen davon abhängig zu machen ist, ob das gemäß § 109 Abs. 1 SGG eingeholte Gutachten nachträglich die Annahme rechtfertigt, dass bei vorheriger Kenntnis des Beweisergebnisses eine gleichartige Maßnahme gerichtlicher Amtsaufklärung erforderlich oder zumindest förderlich gewesen wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gutachten Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung genommen hat (Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdnr 16a). Zugleich ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass eine Übernahme der Kosten auf die Staatskasse abzulehnen ist, soweit sich aus dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten keine für die Entscheidung wesentlichen Erkenntnisse ergeben.Unter Berücksichtigung dessen sieht auch der Senat im vorliegenden Fall keinen Anlass für die Übernahme der durch die Einholung des Gutachtens des Dipl. Psych. C. entstandenen Kosten. Aus diesem Gutachten haben sich hinsichtlich der für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erheblichen Umstände keine wesentlichen, neuen Gesichtspunkte ergeben; denn der Senat hat sich ausweislich der Gründe seines Berufungsurteils in der Hauptsache vom 17. Juni 2003, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, bereits deshalb außer Stande gesehen, die Beklagte zur Entschädigung der geltend gemachten Folgen des Unfallereignisses vom 11. September 1995 zu verurteilen, weil er dieses Ereignis wegen Widersprüchlichkeiten im Sachvortrag der Beschwerdeführerin nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen vermocht hat und die Beschwerdeführerin überdies bei dem geschilderten Unfallereignis auch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Auch für die Entscheidung des Senats hat hiernach das Gutachten des Dipl. Psych. C. keine entscheidungserhebliche Bedeutung gewonnen.