Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 10.07.2003, Az.: L 16/12 U 30/99

Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld; Begriff des Arbeitsentgeltes; Umgehung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen durch ein Arbeitgeberdarlehen

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
10.07.2003
Aktenzeichen
L 16/12 U 30/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 19960
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0710.L16.12U30.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 08.06.1999 - AZ: S 18 U 247/98

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Unter dem Begriff des Arbeitsentgeltes sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, zu verstehen.

  2. 2.

    Die Vereinbarung eines Arbeitgeberdarlehens im Falle einer Erkrankung des Arbeitnehmers und dessen Rückerstattung für den Fall, dass die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird, ist als Umgehung der Vorschrift des § 52 Nr. 1 SGB VII anzusehen, die nicht der Disposition des Versicherten und seines Arbeitgebers unterliegt.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 8. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

1

I.

Streitig ist die Zahlung von Verletztengeld.

2

Der am 31. Oktober 1968 geborene Kläger war bei dem von seiner Ehefrau betriebenen Unternehmen "Ambulante Krankenpflege F." (G.) gemäß Ehegatten-Anstellungsvertrag vom 1. Juli 1993 ab 1. Juli 1993 als kaufmännischer Betriebsleiter und gemäß einer am 20. Oktober 1995 geschlossenen weiteren Vereinbarung zum Ehegatten-Anstellungsvertrag vom 1. Juli 1993 ab 20. Oktober 1995 zusätzlich als Rettungssanitäter für den Bereich Rettung und präklinische Notfallversorgung der G. tätig. - Am 14. August 1996 erlitt er in dem Unternehmen einen anaphylaktischen Schock bei Latexallergie und in der Folgezeit weitere Anfälle. Mit Bescheid vom 5. August 1998 erkannte die Beklagte die Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) dem Grunde nach an - durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können -. Als Eintritt des Versicherungsfalles erkannte die Beklagte den 23. August 1996 an. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Kläger liege eine obstruktive Atemwegserkrankung vor, die durch die berufliche Tätigkeit verursacht sei und nach fachärztlicher Beratung zur Unterlassung seiner Tätigkeit als Rettungssanitäter und Geschäftsführer/kaufmännischer Betriebsleiter gezwungen habe. Da ab dem 23. August 1996 Arbeitsunfähigkeit attestiert worden sei und der Kläger am 22. August 1996 letztmalig seine Tätigkeiten ausgeübt habe, gelte der 23. August 1996 als eindeutig bestimmbarer Zeitpunkt als Tag des Eintritts des Versicherungsfalles.

3

Gemäß Entgeltbescheinigung für den Monat Juli 1996 erhielt der Kläger ein Bruttogehalt von DM 8.428,00, (Gehalt DM 8.000,00, Vermögenswirksame Leistung (VL) Arbeitgeber DM 78,00, Direktversicherung DM 350,00), netto DM 5.696,88. Gemäß Vereinbarung vom 1. Juli 1996 wurde das Bruttoarbeitsentgelt ab dem 1. Januar 1997 aufgrund der dreijährigen Betriebszugehörigkeit um DM 2.000,00 auf DM 10.000,00 brutto monatlich erhöht. Die Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge für die Monate August 1996 bis Juli 1998 liegen vor (Bl. 332ff. Verwaltungsakte).

4

In einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und der G., die das Datum des 5. Oktober 1996 trägt, heißt es wie folgt:

"Gemäß Ehegatten-Anstellungsvertrag gewähren wir sechs Wochen (43 Tage ab AU) Lohnfortzahlung bei Krankheit gemäß gesetzlichen Bestimmungen. D. h. vom 23.08.1996 bis 04.10.1996.

Ab dem 5. Oktober 1996 gewähren wir Ihnen, auf Ihr Bitten, bis zur Entscheidung Ihrer Berufsgenossenschaft das von Ihnen bezogen(e) Gehalt in Form eines Arbeitgeberdarlehens weiter, um Ihnen eine soziale Absicherung zu gewährleisten. Auch finden die zusätzlichen Gehaltsvereinbarungen Anwendung.

Sofern Ihre Erkrankung als Berufskrankheit o. ä. anerkannt wird, ist das Ihnen gezahlte Arbeitgeberdarlehen nebst Arbeitgeberanteilen binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe in voller Höhe zurückzuerstatten."

5

Die Beklagte errechnete aufgrund des im Monat Juli 1996 abgerechneten Arbeitsentgelts ab 23. August 1996 ein Verletztengeld in Höhe von DM 189,90 täglich, ab 1. August 1997 in Höhe von DM 192,69 täglich und ab 1. August 1998 in Höhe von DM 193,13 täglich (vgl. Berechnung Bl. 358 Verwaltungsakte). In der Entgeltbescheinigung vom 7. August 1998 ist angegeben, während der Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt bis zum 5. August 1998, dem Tag der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, weitergezahlt; gleichzeitig wurde jedoch die Vereinbarung vom 5. Oktober 1996 übersandt. In einer Entgeltbescheinigung vom 19. Mai 1998 ist angegeben, während der Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt "lfd." weitergezahlt. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 12. August 1998 der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Bremerhaven und Wesermünde den Auftrag, ab 6. August 1998 täglich Verletztengeld in Höhe von DM 193,13 zu zahlen. - Mit Bescheid vom 27. August 1998 lehnte sie es ab, in der Zeit vom 23. August 1996 bis 5. August 1998 Verletztengeld auszuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 52 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sei auf Verletztengeld gleichzeitig erzieltes Arbeitsentgelt anzurechnen; die Anrechnung sei auf das Arbeitsentgelt, vermindert um die gesetzlichen Abzüge, begrenzt. Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen für die Monate Juli 1996 bis Juli 1998 habe der Kläger in dem streitigen Zeitraum Arbeitsentgelt erzielt. Die vorgelegte Vereinbarung zum Ehegatten-Anstellungsvertrag vom 5. Oktober 1996 sei nicht geeignet, die Anrechnung des Arbeitsentgelts auf Verletztengeld zu verhindern. Das mit dem genannten Schreiben als "Darlehen" deklarierte Arbeitsentgelt sei tatsächlich bezogen worden, Rückzahlungsmodalitäten für den Fall einer Ablehnung einer Berufskrankheit seien nicht vereinbart worden. Bei Betrachtung der Gesamtumstände sei daher nicht von einem Darlehen auszugehen, sondern von einem bezogenen Arbeitsentgelt. Dies gelte umso mehr, als ein vergleichbarer Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine derart vorteilhafte Vereinbarung nicht angeboten bekäme. Bei einer Gegenüberstellung der Zahlbeträge des Verletztengeldes (DM 5.697,00 monatlich) in der Zeit vom 23. August 1996 bis 31. Juli 1997 und des monatlichen Nettoarbeitsentgelts in Höhe von DM 5.696,88 bzw. DM 6.883,41 ab 1. Januar 1997 übersteige das Verletztengeld das Netto-Arbeitsentgelt ab 1. Januar 1997 nicht und in der Zeit vom 23. August 1996 bis 31. Dezember 1996 nur in Höhe von DM 0,12 pro Monat. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns werde von der Erteilung eines Zahlauftrags für diesen Differenzbetrag abgesehen, da die durch eine Auftragserteilung entstehenden Kosten in keinem zumutbaren Verhältnis zu der auszuzahlenden Leistung stünden.

6

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 14. September 1998 Widerspruch ein, mit dem er die Auszahlung des Verletztengeldes für die Zeit vom 23. August 1996 bis 5. August 1998 begehrte. Zur Begründung verwies er auf den Darlehensvertrag und machte geltend, Umstände, die für ein Arbeitsentgelt sprächen, lägen nicht vor. Die Zahlung sei zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz notwendig gewesen, da er sonst hätte Sozialhilfe beantragen müssen. Das Darlehen sei nicht zuletzt deshalb vereinbart worden, weil die Beklagte das Feststellungsverfahren schleppend bearbeitet habe.

7

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung vertrat sie weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der Vereinbarung vom 5. Oktober 1996 nicht um einen Darlehensvertrag handele. Auffällig sei, dass Darlehenszinsen nicht zu entrichten gewesen seien und die vorliegenden Verdienstbescheinigungen für den Zeitraum bis August 1998 konkret die Begriffe "Gehalt", "Weihnachtsgeld", "VL AG-Anteil" und "Direktversicherung monatlich" auswiesen. Zudem habe in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit, in der das "Darlehen" schon gewährt worden sei, eine Erhöhung des Arbeitsentgelts um DM 2.000,00 brutto stattgefunden. Schließlich enthalte die Vereinbarung vom 5. Oktober 1996 einen auffälligen Schreibfehler, denn unter dem Abschnitt "Feststellung" seien Daten aus dem Jahre 1998 erwähnt, während die Bescheinigung selbst das Datum 05.10.1996 trage. Hier dränge sich der Eindruck auf, dass die Vereinbarung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Jahre 1998, aufgesetzt worden sei. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass sich die Parteien darüber einig gewesen seien, nur den äußeren Schein des Rechtsgeschäfts eines Darlehens hervorrufen zu wollen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten zu lassen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Widerspruchsbescheid (Bl. 381/382 Verwaltungsakte) Bezug genommen.

8

Der Kläger hat am 20. November 1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Bremen erhoben. Er hat geltend gemacht, seine Ehefrau habe den Unterhalt der Familie sicherstellen müssen und deshalb das ursprünglich mit ihm ausgehandelte Gehalt weitergezahlt. Zwischen ihm und seiner Ehefrau sei aber vereinbart worden, dass dieser Beitrag zum Familienunterhalt nur darlehensweise habe gegeben werden sollen, da es klar gewesen sei, dass letztendlich die Beklagte werde zahlen müssen. Sie habe tatsächlich etwa zwei Jahre benötigt, um seinen Antrag zu bescheiden. Während der gesamten Zeit wäre er auf Leistungen des Arbeitsamts oder auf Sozialhilfe angewiesen gewesen. Wegen der Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau wäre Sozialhilfe nicht ausgezahlt worden. Deshalb hätten sie sich entschlossen, den Beitrag zum Familienunterhalt darlehensweise weiterzuzahlen und auch die ursprünglich vereinbarten Gehaltserhöhungen in diesen Beitrag zum Familienunterhalt einzustellen. Die Sozialabgaben seien abgeführt worden, um sicherzustellen, dass er zumindest die soziale Absicherung einer Krankenkasse oder Rentenversicherung habe. Ohne die Leistungen der Ehefrau, die sicherlich über das normale Maß einer Arbeitgeberunterstützung hinausgegangen seien, wäre er wirtschaftlich vernichtet gewesen. Aufgrund seiner guten Einkommensverhältnisse in den früheren Jahren habe er sich wirtschaftlich stark engagiert und es sei deshalb unumgänglich gewesen, dass er auch weiterhin über einen Beitrag zum Lebensunterhalt verfüge, der zumindest seinem ursprünglichen Einkommen entsprochen habe. Sie hätten es versäumt, ihre Vereinbarung sofort auch schriftlich niederzulegen, denn sie seien davon ausgegangen, dass ihre Absprache ausreichend durch die mündliche Vereinbarung dokumentiert gewesen sei. Als die Beklagte einen schriftlichen Nachweis verlangt habe, sei das ursprünglich Vereinbarte auch schriftlich festgehalten worden und dann auch mit dem Datum der Vereinbarung versehen worden. Der Tag habe jedoch nicht mehr ganz genau angegeben werden können. Die schriftliche Vereinbarung mit dem Datum vom 5. Oktober 1996 gebe genau den Inhalt der Vereinbarung wieder, die im Jahre 1996 getroffen worden sei. Soweit die Beklagte meine, die Vereinbarung über ein Darlehen könne nicht zutreffen, weil keine Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden sei, entspreche dies nicht dem Gesetzeswortlaut. Den Eheleuten sei eindeutig klar gewesen, dass die Leistungen an den Betrieb zurückzuführen seien, sobald der Kläger Leistungen der Beklagten erhalte. Die Vereinbarung habe auch Bestand, weil es logisch ausgeschlossen sei, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Leistungen zuwende, um die Berufsgenossenschaft zu entlasten und damit den Leistungsanspruch des eigentlich Berechtigten abzuschneiden. Die Weitergewährung von Zuzahlungen zum Unterhalt könne damit ausschließlich als Darlehen gewertet werden.

9

Die Beklagte hat sich auf die von ihr erlassenen Bescheide bezogen und darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst einräume, dass die schriftliche Vereinbarung erst 1998 verfasst worden sei. Daher komme ihr keinerlei Beweiswert zu. Sämtliche Umstände sprächen dafür, dass die Vereinbarung nur zum Schein abgegeben worden und damit nichtig sei. Nach allem stellten die Zahlungen Arbeitsentgelt dar und seien auf das Verletztengeld anzurechnen.

10

Das SG hat über die Behauptung des Klägers, das ab 5. Oktober 1996 an ihn gezahlte Entgelt sei ein Darlehen und nicht Arbeitsentgelt gewesen, Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin. Auf die Niederschrift über die Aussage vom 8. Juni 1999 (Bl. 25 ff. Prozessakte) wird Bezug genommen.

11

Mit Urteil vom 8. Juni 1999 hat das SG die Klage abgewiesen und ebenso wie die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die an den Kläger ab August 1996 geleisteten Zahlungen nicht als Darlehen, sondern als Arbeitsentgelt zu werten seien, so dass sie zum Verlust des Auszahlungsanspruchs für das Verletztengeld führten. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil (Bl. 31-41 Prozessakte) Bezug genommen.

12

Der Kläger hat gegen das ihm am 5. Juli 1999 zugestellte Urteil am 12. Juli 1999 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Bremen Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass wirksam ein Darlehensvertrag vereinbart worden sei, und macht ergänzend geltend, bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis würden regelmäßig Formalien außer Acht gelassen, die ansonsten bei Arbeitnehmern gälten. Zwischen seiner Ehefrau und ihm sei abgesprochen gewesen, dass die Ehefrau die Zahlungen zunächst an ihn weitergewähre. Für den Fall, dass die Beklagte ihre Entschädigungspflicht anerkenne, sollten die dann zu leistenden Zahlungen zurückgewährt werden.

13

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 8. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1998 zu verurteilen, ihm das Verletztengeld für die Zeit vom 23. August 1996 bis 5. August 1998 auszuzahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Die Beklagte verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Entscheidungen und macht ferner geltend, das Vorliegen eines Ehegatten-Arbeitsvertrages werde nicht in Abrede gestellt. Bezeichnend sei, dass in der Entgeltbescheinigung vom 19. Mai 1998 bescheinigt worden sei, dass das Gehalt während der Arbeitsunfähigkeit ab 23. August 1996 bis laufend weitergezahlt worden sei. Diese Ausgestaltung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses verdeutliche, dass es sich bei der späteren "Darlehensgestaltung" um ein Scheingeschäft handele, das zum Nachteil der Versichertengemeinschaft habe abgeschlossen werden sollen. Ggf. werde zu prüfen sein, wie die Gehaltszahlungen aus dem Ehegatten-Arbeitsverhältnis in der fraglichen Zeit der Arbeitsunfähigkeit unternehmenssteuerrechtlich behandelt worden seien.

16

Das Gericht hat mit Schreiben vom 27. Mai 2003 die Beteiligten davon in Kenntnis gesetzt, dass es beabsichtige, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden und die Berufung zurückzuweisen. Es hat ihnen eine Anhörungsfrist von drei Wochen gesetzt.

17

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 03-27-I 029 858 E) beigezogen. Diese Akte und die Prozessakte (Az. S 18 U 247/98, L 16/12 U 30/99) sind Gegenstand der Beschlussfassung gewesen.

18

II.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG). Sie ist nicht begründet.

19

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld für die Zeit vom 23. August 1996 bis 5. August 1998.

20

Nach § 52 Nr. 1 SGB VII werden auf das Verletztengeld von dem gleichzeitig erzielten Einkommen angerechnet Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das bei Arbeitnehmern um die gesetzlichen Abzüge und bei sonstigen Versicherten um 20 v. H. vermindert ist. Der Begriff des Arbeitsentgelts ist in § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) bestimmt. Danach sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, Arbeitsentgelt. Hiernach sind die Geldleistungen, die der Kläger in dem streitigen Zeitraum von der G. erhalten hat, anzurechnendes Arbeitsentgelt.

21

Wie den Gehaltsabrechnungen der Monate August 1996 bis Juli 1998 (Bl. 332 ff. Verwaltungsakte) zu entnehmen ist, handelte es sich bei den Bezügen um das Gehalt, die VL des Arbeitgebers und den Zuschuss zu einer Direktversicherung; von den Bezügen wurden Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Die Gehaltsabrechnungen sind ausdrücklich als "Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge" bezeichnet. Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den Bezügen um Arbeitsentgelt handelte. So hat auch die Ehefrau des Klägers bei ihrer Vernehmung als Zeugin vor dem SG ausgesagt, sie habe veranlasst, dass ihr Ehemann sein bisheriges Gehalt weiterhin gezahlt bekomme wie bisher.

22

Die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der G., die das Datum des 5. Oktober 1996 trägt, jedoch offensichtlich erst im Jahre 1998 schriftlich festgehalten worden ist, ist nicht geeignet, die Rechtsfolge des § 52 Nr. 1 SGB VII, nämlich die Anrechnung des Arbeitsentgelts auf das Verletztengeld, auszuschließen. Die Vereinbarung eines "Arbeitgeberdarlehens" und dessen Rückerstattung für den Fall, dass die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird, ist als Umgehung der Vorschrift des § 52 Nr. 1 SGB VII anzusehen, die nicht der Disposition des Versicherten und seines Arbeitgebers unterliegt.

23

Obwohl der Kläger trotz Aufforderung (gerichtliches Schreiben vom 23. August 2000) einen Bescheid des Finanzamts über die steuerrechtliche Behandlung der Gehaltszahlungen von August 1996 bis Juli 1998 nicht überreicht hat, ist mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sie als Betriebsausgaben von den Einnahmen abgesetzt worden sind. Auch dies ist ein Indiz dafür, dass es sich tatsächlich um Gehaltszahlungen gehandelt hat.

24

Nach allem war die Berufung zurückzuweisen. Das Gericht hat durch einstimmigen Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten entschieden, da die Durchführung einer nochmaligen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich erscheint.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

26

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und der Senat weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab.