Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.07.2003, Az.: L 13 VG 16/02 NZB

Zulassung der Berufung; Wert des Beschwerdegegenstandes; Erstattung von Aufwendungen wegen Behandlung von Folgen einer Gewalttat

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
01.07.2003
Aktenzeichen
L 13 VG 16/02 NZB
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 19921
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0701.L13VG16.02NZB.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Bremen - 17.10.2002 - AZ: S 19 VG 97/99

Tenor:

Die Entscheidung des Sozialgerichts Bremen über die Nichtzulassung der Berufung wird aufgehoben.

Gründe

1

I.

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Aufwendungen, die ihr durch die Behandlung von Folgen einer Gewalttat entstanden sind.

2

Mit Urteil vom 17. Oktober 2002 hat das Sozialgericht (SG) Bremen die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung hat das SG ausgeführt, die Berufung bedürfe gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Zulassung, da es sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts handele und der Wert des Beschwerdegegenstandes 5.000,00 EUR nicht übersteige. Dabei seien lediglich die Kosten maßgeblich, die bis zum 31. Dezember 1997 angefallen seien. Für später angefallene Kosten bestehe nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nur noch ein vom Einzelfall losgelöster pauschaler Kostenerstattungsanspruch. Vor diesem Zeitpunkt seien der Klägerin nach ihren Angaben lediglich Kosten in Höhe von DM 9.765,80 (= 4.993,17 EUR) entstanden. Weitere abrechnungsfähige Kosten hätten nach dem 31. Dezember 1997 nicht mehr entstehen können. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG lägen nicht vor.

3

Gegen das ihr am 30. Oktober 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. November 2002 Berufung eingelegt. Sie weist darauf hin, dass hier neben den erstinstanzlich mitgeteilten Kosten in der Zeit vom 27. Juli 2003 bis 31. Dezember 1997 weitere Kosten in Höhe von 2.187,00 EUR für Krankengeld und Beiträge entstanden seien. Nachdem das SG durch Berichtigungsbeschluss vom 14. November 2002 die dem Urteil irrtümlich beigefügte Rechtsmittelbelehrung bei zulässiger oder zugelassener Berufung durch eine Rechtsmittelbelehrung bei nichtzulässiger Berufung ersetzt hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2002 beantragt, ihre Berufung als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung anzusehen.

4

II.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des SG vom 17. Oktober 2002 ist zulässig und begründet.

5

Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des SG über die Nichtzulassung der Berufung. Denn das SG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Berufung gegen das Urteil vom 17. Oktober 2002 der Zulassung bedürfe. Entgegen der Ansicht des SG ist hier kein Fall des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegeben, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 5.000,00 EUR übersteigt. Die Berufung ist vielmehr ohne Zulassung statthaft.

6

Bei der Feststellung des Beschwerdewertes ist auf den Betrag abzustellen, den das SG dem Kläger versagt hat und der von ihm mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird (Meyer-Ladewig, SGG, § 144 Rdnr. 14). Vorliegend hat die Klägerin erstinstanzlich die Erstattung der ihr durch die Gewalttat entstandenen Aufwendungen begehrt und diesen Anspruch mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2000 mit insgesamt DM 17.837,41 (= 9.120,12 EUR) beziffert. Nachdem die Klägerin mit ihrer Klage insgesamt erfolglos geblieben ist, verfolgt sie im Berufungsverfahren einen Erstattungsanspruch in Höhe von 7.180,17 EUR weiter. Dieser Betrag stellt damit den Beschwerdewert dar. Entgegen der Auffassung des SG kommt es nicht darauf an, ob ein Teilbetrag der geltend gemachten Kosten wegen der zum 1. Januar 1998 eingeführten pauschalen Erstattung (§ 20 BVG n.F.) von vornherein offensichtlich unbegründet war. Denn in erster Instanz gestellte überhöhte Anträge bleiben bei der Bestimmung des Beschwerdewerts nur dann ausnahmsweise außer Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Kläger den Antrag nur deswegen gestellt hat, um die Sache berufungsfähig zu machen (Meyer-Ladewig, a.a.O.). Dafür sind vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich.

7

Da die Berufung bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 5.000,00 EUR kraft Gesetzes zulässig ist, bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Zulassung der Berufung. Da die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde und Berufung nebeneinander eingelegt hat, ist der negative Zulassungsausspruch des SG aufzuheben und nunmehr über die Berufung zu entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig, § 144 Rdnr. 46).

8

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).