Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.10.2009, Az.: 11 Sa 412/09

Berechnung von Zusatzurlaubsansprüchen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
28.10.2009
Aktenzeichen
11 Sa 412/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 37089
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2009:1028.11SA412.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 15.03.2011 - AZ: 9 AZR 799/09

Redaktioneller Leitsatz

Bei der Berechnung von Zusatzurlaubsansprüchen gemäß § 46 Nr. 7 TVöD BT-V sind nur Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung zu berücksichtigen.

In dem Rechtsstreit

Kläger und Berufungskläger,

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2009 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Voigt,

den ehrenamtlichen Richter Herr Bode,

den ehrenamtlichen Richter Herr Liebermann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 19.02.2009 - 2 Ca 475/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die richtige Berechnung des Urlaubsanspruchs des Klägers im Jahr 2008 und für die Zukunft.

2

Der Kläger ist seit dem 01.12.1986 als Wachmann bei der B. beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag (Bl. 4 d.A.) ist die Geltung des MTB II und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Seit dem Jahr 2003 ist dem Kläger der Dienstposten eines Wachschichtführers beim Jagdgeschwader 71 in A-Stadt übertragen. Dort erbringt der Kläger seine Arbeitsleistung in ständigem Schichtbetrieb. Schichtbeginn ist jeweils um 8.00 Uhr morgens, Schichtende wiederum am folgenden Tag um 8.00 Uhr morgens. Wegen des Dauerschichtdienstes rechnet die Beklagte den dem Kläger tariflich zustehenden Jahresurlaub von Arbeitstagen in Schichten um. In der Vergangenheit hat die Beklagte dem Kläger jeweils 21 Schichten in Urlaub im Jahr gewährt. Mit Schreiben vom 14.05.2008 (Bl. 6 d. A.) hat die Beklagte dem Kläger eine geänderte "Urlaubsfestsetzung" mitgeteilt, wonach der Erholungsurlaub 17 Schichten im Jahr beträgt. Die Beklagte hat dabei erstmalig die dem Kläger aufgrund des Schichtdienstes zustehenden 36 Freischichten bei der Berechnung abgezogen. Diese Neuberechnung des Urlaubsanspruchs des Klägers ist zwischen den Parteien streitig.

3

Ferner streiten die Parteien darüber, ob dem Kläger infolge seines Dauerschichtdienstes gem. § 46 Ziff. 7 TVöD BT-V (Bund) drei zusätzliche Urlaubstage im Jahr zustehen.

4

Der Kläger macht mit der am 08.09.2008 erhobenen Klage geltend, ihm stünde ein höherer Jahresurlaubsanspruch sowie ein Zusatzurlaub von feststehend drei weiteren Tagen gemäß § 46 Ziff.7 TVöD BT-V (Bund) im Jahr zu. Dabei sei allerdings die Kappungsgrenze des § 27 Abs. 4 Satz 2 TVöD von 35 Tagen zu beachten. Für das Jahr 2008 begehrt er entsprechende Gewährung zusätzlicher Urlaubstage und für die Zukunft die Feststellung eines entsprechenden Anspruches.

5

Die geleisteten Arbeitsschichten könnten nicht, wie von der Beklagten vorgenommen, mit Arbeitstagen gleichgesetzt werden. Bei einer tatsächlichen Dienstleistung an 298 Kalendertagen im Jahr 2008 ergebe sich rechnerisch ein Urlaubsanspruch von 35 Tagen.

6

Bezüglich der Urlaubsberechnung im ständigen Schichtdienst enthalte der TVöD keine konkreten Bestimmungen. Der alte § 48 Abs. 4 Satz 2 BAT sei ersatzlos entfallen. Jedenfalls habe durch die Art ihrer Berechnung die Beklagte in der Vergangenheit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, den sie nun nicht mehr einseitig abändern könne. Auf die Handhabung der Beklagten bei der Berechnung des Zusatzurlaubes entspreche nicht den tariflichen Vorschriften und benachteilige insoweit Mitarbeiter im ständigen Schichtdienst.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für das Urlaubsjahr 2008 weitere 18 Urlaubstage zu gewähren,

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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem Urlaubsjahr 2009 35 Urlaubstage pro Jahr zu gewähren,

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sowie hilfsweise,

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1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für das Urlaubsjahr 2008 weitere 5 Urlaubstage zu gewähren,

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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem Urlaubsjahr 2009 weiterhin 24 Urlaubstage zu gewähren.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie errechnet den dem Kläger zustehenden Urlaubsanspruch wie folgt: Im Jahr 2008 würden laut Schichtplan 147 Arbeitsschichten geleistet. Geteilt durch 52 Wochen seien dies 2,8 Arbeitstage in der Woche. Daraus ergebe sich ein Urlaubsanspruch des Klägers von 17 Arbeitstagen, wobei weiterhin für jeweils eine Arbeitsschicht nur ein Arbeitstag Erholungsurlaub in Anspruch genommen werden müsse.

16

Ferner habe der Kläger einen Anspruch auf zwei Zusatzurlaubstage für Schichtdienst im Kalenderjahr 2008 gem. § 46 Nr. 7 TVöD BT-V (Bund), die er auch erhalten habe.

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Das Arbeitsgericht Emden hat mit Urteil vom 19.02.2009 die Klage abgewiesen.

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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung des Klägers sei bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nicht eine Bezugsgröße von fünf Kalendertagen in der Woche zugrunde zulegen, sondern die geleisteten Arbeitsschichten. Insoweit sei es unschädlich, dass sich § 48 Abs. 4 Satz 2 BAT in der Fassung des § 26 TVöD nicht wiederfinde. Der Kläger werde dadurch aber auch nicht benachteiligt, weil andernfalls auch bei der Gewährung von Urlaub die letzten acht Stunden der Schicht ebenfalls als Arbeitstag zu zählen wären. Rechnerisch richtig ergebe sich damit ein Urlaubsanspruch von 17 Arbeitstagen im Jahr. Entgegen der Auffassung des Klägers seien aber die Freischichten nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sei diese bei der Berechnung der zu leistenden individuellen Soll-Arbeitszeit in Abzug zu bringen (BAG vom 09.09.2003 - 9 AZR 468/02). Aus einer Berücksichtigung der Freischichten in der Vergangenheit könnten auch keine Ansprüche aus betrieblicher Übung abgeleitet werden. Dies würde voraussetzen, dass auf Seiten der Beklagten eine bewusste übertarifliche Leistung erfolgt wäre. Bei Arbeitgebern im öffentlichen Dienst sei allerdings davon auszugehen, dass diese lediglich den tariflich vorgesehenen Leistungen gewähren wollten.

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Gegen dies am 16.03.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.03.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist fristgerecht am 18.06.2009 begründet.

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Zur Begründung führt der Kläger aus, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei urlaubsrechtlich eine Schicht nicht als ein Arbeitstag, sondern als zwei Arbeitstage anzurechnen. Unter der Annahme, dass der Kläger angesichts der 24-Stunden-Schichten mindestens 294 Tage im Jahr arbeite, errechne sich ein Urlaubsanspruch von 34 Arbeitstagen im Jahr. Hinzuzurechnen seien unstreitig noch mindestens zwei Zusatzurlaubstage wegen ständiger Schichtarbeit, so dass sich unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze aus § 27 Abs. 4 Satz 2 TVöD ein Urlaubsanspruch von 35 Arbeitstagen ergebe. Da die Berechnung des Urlaubsanspruchs grundsätzlich streitig sei, sei es zulässig, hierüber im Wege des Feststellungsantrages entscheiden zulassen.

21

Hilfsweise verlange der Kläger 21 Arbeitstage Tarifurlaub pro Jahr und zusätzlich drei Arbeitstage Zusatzurlaub wegen ständigen Schichtdienstes. Die Anzahl der Zusatzurlaubstage hänge von der Dauer der tatsächlich geleisteten Schichtarbeit ab. Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17.10.2008 - 10 Sa 423/08 - stütze, sei dieses noch nicht rechtskräftig.

22

Die Beklagte habe in ständiger betrieblicher Übung seit 1971 die Freischichten der Wachleute in die Grundlagen der Urlaubsberechnung einbezogen. Sie habe dies als günstige Regelung bewusst und gewollt als außertarifliche Zusatzleistung gewährt. Dies ergebe sich aus einem Rundschreiben der W. Nord vom 17.12.2008 (Bl. 75 - 78). Darin heiße es ausdrücklich, dass die "außertarifliche Regelung bezüglich der Urlaubsberechnung" mit Wirkung vom 01.10.2005 aufgehoben werde. Die Beklagte habe den zum Inhalt des Arbeitsvertrages erstarkten Urlaubsanspruch des Klägers nicht mehr einseitig abändern können. Mangels einer einvernehmlichen Regelung könne dies nur im Wege einer Änderungskündigung bewirkt werden. Bezüglich des Zusatzurlaubes habe das Urteil der 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen die bemerkenswerte Konsequenz, dass ein Arbeitnehmer, der seinen tariflichen Jahresurlaub beanspruche, damit seinen Zusatzurlaub ebenso verliere, wie Arbeitnehmer, die infolge seiner Krankheit die Arbeit versäumen müsse. Dies könne nicht richtig sein.

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Der Kläger beantragt,

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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 19.02.2009, 2 Ca 475/08 abzuändern,

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2. nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen mit der Maßgabe, dass der Antrag zu 2.) für die Dauer des ständigen Schichtdienstes des Klägers eingeschränkt wird.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Es sei auch unter Geltung des TVöD bei Schichtarbeit, bei der sich eine Schicht über einen Kalendertag hinaus erstreckt, lediglich ein Arbeitstag für die Urlaubsberechnung anzusetzen. Im anderen Fall müsste der Kläger auch zwei Urlaubstage aufwenden, um von einer Schicht befreit zu werden. Der ursprüngliche Erlass zur Urlaubsberechnung vom 15.12.1971 habe basiert auf der Berücksichtigung von Freischichten nach der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 5 und § 3 Nr. 5 des 19. Tarifvertrages zur Änderung des BAT vom 07.02.1968 bzw. entsprechenden Protokollnotizen zum MTB II. Dabei habe es sich um Freischichten gehandelt, die der Umsetzung tariflicher Arbeitszeitverkürzungen unter Aufrechterhaltung einer Arbeitszeit von 48 Stunden je Woche/168 Stunden je Doppelwoche dienten. Dieser Erlass sei durch die Ablösung des BAT/MTArb durch den TVöD gegenstandslos geworden.

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Der Versuch des Klägers, eine betriebliche Übung zu begründen, gehe fehl. Denn selbst wenn aus dem Erlass vom 15.12.1971 eine betriebliche Übung hervorgegangen sein sollte, bezöge sie sich nur auf die Handhabung einer tariflichen Regelung, die jetzt nicht mehr existiere. Wenn der Kläger meine, bezüglich des Zusatzurlaubes reiche ein Krankheitstag in vier Monaten aus, um den gesamten Zusatzurlaub entfallen zu lassen, sei dies weder Inhalt noch Konsequenz des Urteils der 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen. Schon der Wortlaut des § 27 TVöD setze eine tatsächliche Schichtarbeit über 4 Monate voraus. Zeiten von Urlaub und Krankheit könnten nicht in den Viermonatszeitraum eingerechnet werden, weil sie keine Zeiten der Arbeitsleistung seien. Die Protokollnotiz zu § 27 TVöD solle dabei gewährleisten, dass eine Unterbrechung des Viermonatszeitraums gerade nicht zu einem Verlust der Anwartschaft auf einen Zusatzurlaubstag führe. Mit Wiederaufnahme der Arbeit laufe der bereits begonnene Viermonatszeitraum weiter.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärung der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig gem. §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG.

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Sie ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Ergebnis zutreffender Begründung abgewiesen.

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1. Gegen die vom Kläger gestellten Anträge bestehen unter zwei Gesichtspunkten Bedenken. Ein Leistungsantrag bezogen auf das Jahr 2008 zur Gewährung von weiteren Urlaubstagen dürfte nicht hinreichend bestimmt sein im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil der Kläger einen konkret begehrten Urlaubszeitraum insoweit nicht angegeben hat. Im Übrigen ist das Jahr 2008 inzwischen abgelaufen. Soweit der Kläger sachdienlich ab dem Kalenderjahr 2009 einen Feststellungsantrag gestellt hat, erscheint durchaus fraglich, inwieweit ein Rechtsschutzbedürfnis auf Feststellung eines Jahresurlaubsanspruches in Arbeitstagen besteht. Beklagte und Arbeitsgericht haben insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Konsequenz der Kläger je Arbeitsschicht auch zwei Urlaubstage ansetzen müsste, so dass sich rechnerisch insoweit keinerlei Veränderung ergäbe.

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Diese Fragen können aber dahin stehen und es mag von einer Zulässigkeit der gestellten Klaganträge ausgegangen werden.

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2. Die geltend gemachten weitergehenden Urlaubsansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

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a) Ist die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers anders, als in einer regelmäßigen 5-Tage-Woche verteilt, ist der individuelle Urlaubsanspruch durch entsprechende Umrechnung zu ermitteln. Dabei sind vorliegend zwei verschiedene Fragen zu unterscheiden, nämlich ob eine Berechnung in Schichten statt Tagen zulässig ist und ob/wie Freischichten rechnerisch zu berücksichtigen sind.

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aa) Dass die Beklagte den Urlaubsanspruch in Schichten und nicht in Tagen berechnet, ist nicht zu beanstanden, weil sich daraus kein Nachteil für den Kläger ergibt. Ggf. müsste er sonst je Schicht 2 Urlaubstage einsetzen. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 09.09.2003 - 9 AZR 468/02 (EzA § 4 TVG Chemische Industrie Nr. 6) auch eine Berechnung in Tagen vorgenommen, obwohl es auch dort um Wach- und Feuerwehrleute im Schichtdienst handelte. Dies beruhte jedoch auf abweichenden Voraussetzungen. Jener Entscheidung lag ein Schichtmodell zugrunde, das 8-Stunden-Schichten und 24-Stunden-Schichten in einem 3-Wochen-Turnus enthielt. Damit konnte nicht auf eine regelmäßige Verteilung im Wochenrhythmus abgestellt werden.

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Zum gleichen Ergebnis kommt die Kommentarliteratur, die davon ausgeht, dass trotz Wegfall des § 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 2 BAT/§ 48 Abs. 8 Unterabs. 1 Satz 2 MTB II bei Arbeitszeiten, die in den nächsten Kalendertag hineinreichen, nur der Tag des Arbeitsbeginns anzusetzen ist (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD § 26 Rn. 103; Sponer/Steinherr TVöD § 26 Rn. 151). Danach sind die Bezeichnungen Arbeitsschicht und Arbeitstag für die Urlaubsberechnung gleichwertig. Entscheidend ist ausschließlich der richtige Rechenweg.

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bb) Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Rechenweg der Beklagten bestätigt, wonach sich bei 147 tatsächlich geleisteten Arbeitsschichten im Jahr und einem Urlaubsanspruch gemäß § 26 TVöD von 30 Arbeitstagen (bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche), d. h. sechs Wochen im Jahr, rechnerisch ein Urlaubsanspruch von 17 Arbeitsschichten ergibt (147 : 52 x 6). Einen rein rechnerischen Fehler hat der Kläger insoweit auch nicht aufgezeigt.

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Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs sind die zusätzlich anfallenden 36 Freischichten im Jahr nicht zusätzlich zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 09.09.2003 - 9 AZR 468/02 - für eine entsprechende Regelung im Manteltarif für die chemische Industrie entschieden. Freischichttage dienen dazu, trotz täglicher oder wöchentlicher Überschreitung der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit im Verteilzeitraum die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit zu wahren. Freischichttage sind somit keine Arbeitstage und vermindern deshalb rechnerisch die Anzahl der in einem Jahr möglichen Tage mit Arbeitspflicht. Sie ersetzen damit im Schichtsystem die Funktion der freien Wochenendtage.

41

Es ergeben sich insoweit auch aus der Berufungsbegründung keine Aspekte, weswegen im Hinblick auf die Auslegung des Tarifwerkes die Rechtlage abweichend von dem Urteil - 9 AZR 468/02 - zu beurteilen sein sollte. Eine entsprechend dem Urteil vom 09.09.2003 vorgenommene Vergleichsberechnung mit der Bezugsgröße von Tagen ergibt bei folgenden Faktoren:

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296 mögliche Arbeitstage im Jahr für den Kläger

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260 mögliche Arbeitstage auf Basis einer 5-Tage-Woche

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294 x 30

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--------- = 34 Tage Urlaub (= 17 Schichten)

46

260

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Würde man die 36 Freischichten = 72 Tage beim Kläger hinzurechnen, ergäben sich 366 Tage im Jahr. Dies ist das volle Kalenderjahr. Dies macht deutlich, dass damit die Bezugsgröße von 260 möglichen Arbeitstagen in § 26 TVöD verlassen würde.

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Ein Anspruch auf Beibehaltung eines Jahresurlaubsanspruchs von 21 Schichten ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung. Die Begründung eines Rechtsanspruchs im Wege einer betrieblichen Übung setzt voraus, dass der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hin eine bestimmte Leistung erbracht oder ein bestimmtes Verhalten geübt hat und der Arbeitnehmer aus den konkreten Umständen berechtigt die Erwartung ableiten konnte, der Arbeitgeber wolle sich auch für die Zukunft zu einer derartigen Leistung verpflichten. Dabei genügt allein eine mehrjährige Erbringung etwa über- tariflicher Leistungen für sich genommen nicht (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.09.2003: 7 Jahre). Hinzu treten müssen weitere Umstände, die geeignet sind, einen Vertrauenstatbestand beim Arbeitnehmer dahin zu begründen, der Arbeitgeber werde sein Verhalten auch zukünftig beibehalten. Bei öffentlichen Arbeitgebern genießt einerseits die gleichmäßige Anwendung der Tarifverträge auf alle Beschäftigten und andererseits der Grundsatz der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln eine wichtige Rolle. In aller Regel muss daher der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst davon ausgehen, dass der Arbeitgeber ausschließlich die ihm obliegenden Pflichten aus dem Tarifvertrag erfüllen will (etwa BAG Urteil vom 18.09.02 - 1 AZR 477/01 - AP § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 59). Besondere Umstände, die abweichend davon ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der bisherigen Methode der Urlaubsberechnung begründen würden, sind nicht erkennbar. Zwar enthält das Rundschreiben vom 17.12.2008 auf Seite 3 einen Absatz, in dem von "über- und außertariflichen Regelungen" gesprochen wird. Der vollständige Textzusammenhang dieses Satzes stellt diese Formulierung jedoch in einen erheblich weiteren Zusammenhang. Es heißt dort wörtlich:

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"Mit vorstehendem Rundschreiben hat das BMI sämtliche Rundschreiben und alle durch Rundschreiben bekannt gegebenen Regelungen zum bisherigen Tarifrecht sowie alle generellen über- und außertariflichen Regelungen aufgehoben".

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Dieser äußerst allgemeine Zusammenhang lässt noch nicht einmal eindeutig den Schluss zu, dass die Beklagte selbst konkret die Urlaubsberechnung für die hier streitige Berufsgruppe der Wach- und Feuerwehrleute bei der B. tatsächlich als außertariflich angesehen hat. Denn tatsächlich geht eine derartige erlassweise Regelung bereits bis in das Jahr 1968 zurück und wurde damals ausdrücklich im Zusammenhang mit der einsetzenden tariflichen Arbeitszeitverkürzung getroffen. Eine intensive Befassung der Arbeitsgerichte mit der Frage der Berücksichtigung von Freischichten bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen hat sich erst in den neunziger Jahren entwickelt. Weitere erläuternde Schriftstücke, sei es allgemeiner Art oder individuell an den Kläger gerichtet, die sich mit der Frage der Berechnung des Urlaubsanspruchs befassen, hat der Kläger nicht vorgelegt. Besondere tatsächliche Umstände, an die zur Begründung eines schutzwürdigen Vertrauens angeknüpft werden könnte, bestehen daher nicht. Darüber hinaus wäre auch der Regelungsinhalt einer eventuellen betrieblichen Übung genauer zu bestimmen. Die Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die historisch gewachsene Tarifrechtslage nach dem MTB II/MTArb und BAT durch den vollständig neu gefassten TVöD ersetzt wurde. Wie weit eine möglicherweise entstandene betriebliche Übung "ins Leere laufen" würde, wie die Beklagte meint, braucht aber nicht abschließend beurteilt zu werden, da es bereits an den Voraussetzungen fehlt.

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Die Frage des Schriftformerfordernisses des § 4 Abs. 2 MTArb kann deshalb offen bleiben.

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b) In Bezug auf den Zusatzurlaub wegen dauernden Schichtdienstes ist zunächst vom Wortlaut der Tarifregelung auszugehen. Der als Sonderregelung ausgewiesene § 48 Nr. 7 TVöD BT-V (Bund) spricht von Zusatzurlaub "für je vier Monate der Arbeitsleistung", während die allgemeine Regelung des § 27 Abs. 1 TVöD bei "Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate" einen Zusatzurlaubstag vorsieht. Der unterschiedliche Wortlaut spricht dafür, dass damit tatsächlich auch unterschiedliche Inhalte gemeint sind. Die tarifliche Regelung über Sonderurlaub hat sich durch die Neufassung ganz erheblich geändert. § 48 a BAT und § 48a MTArb sahen eine komplizierte Differenzierung nach der Zahl der geleisteten Arbeitstage und Arbeitsstunden vor sowie eine Spreizung zwischen einem und vier zusätzlichen Urlaubstagen. Demgegenüber ist die Neuregelung erheblich vereinfacht. In der Kommentarliteratur wird § 27 TVöD so verstanden, dass es genügt, wenn den gesamten Zeitraum hindurch Schichtdienst vorliegt (etwa Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese § 27 Rn. 11, 13, 14). Allerdings galten nach altem Recht im Bereich der Arbeiter (§ 48a Abs. 11 MTArb) die Regelungen über den Zusatzurlaub überhaupt nicht für die Bereiche, in denen im Regelfall der Dienstplan Schichten von 24 Stunden Dauer vorsieht. Diese vorangegangene Tariflage macht es verständlich, dass auch die Neuregelung nicht völlig deckungsgleich ist. Hinzu kommt, dass die Sonderregelung des § 46 TVöD ausschließlich für die Beschäftigten im Bereich des Bundesministeriums für Verteidigung gilt. Folglich ist die Tarifregelung in § 48 Abs. 7 TVöD BT-V (Bund) wörtlich so zu verstehen, dass für geleistete Dienste im zeitlichen Umfang von jeweils 4 Monaten ein zusätzlicher Urlaubstag zu gewähren ist. Die Wirkung der Regelung zugunsten der Arbeitnehmer liegt darin, dass diese Arbeitsleistung von 4 Monaten nicht ununterbrochen am Stück erbracht worden zu sein braucht. Das Wort "zusammenhängend" ist im Gegensatz zu § 27 TVöD nicht vorhanden. Daraus folgt, dass geleistete Dienste auch bei Unterbrechung durch Krankheits- und Urlaubszeiten zusammengerechnet werden, ohne dass es einer weiteren besonderen "Unterbrechungsregelung" bedarf. Dies hat allerdings zur Folge, dass ein Zusatzurlaub von feststehend 3 Tagen im Jahr tatsächlich nicht erreicht werden kann. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung der 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen im Urteil vom 17.10.2008 - 10 Sa 423/08 - an. Die 10. Kammer hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Protokollnotiz zu § 27 TVöD lediglich die Frage betrifft, ob überhaupt regelmäßige Schichtarbeit vorliegt.

53

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

54

Im Hinblick darauf, dass über die Revision in dem Verfahren 10 Sa 423/08 noch nicht abschließend entschieden ist, war auch im vorliegenden Rechtsstreit die Revision zuzulassen.

Dr. Voigt
Bode
Liebermann