Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.03.2009, Az.: 10 Sa 451/08 E

Tarifliche Eingruppierung eines Personalratsmitgliedes unter fiktiver Nachzeichnung des Berufsweges für die Zeit der Freistellung; Unsubstantiierte Darlegungen zur dienststellenüblichen Entwicklung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
27.03.2009
Aktenzeichen
10 Sa 451/08 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 16630
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2009:0327.10SA451.08E.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Göttingen, 3 Ca 352/07 vom 29.02.2008

Redaktioneller Leitsatz

1. Ein Anspruch des Personalratsmitgliedes auf Höhergruppierung setzt voraus, dass sein Arbeitsentgelt ansonsten hinter demjenigen vergleichbarer Kollegen ohne Personalratsamt zurückbliebe.

2. Wäre das Personalratsmitglied ohne seine Freistellung mit Aufgaben betraut worden, welche die Eingruppierung in der höheren Vergütungsgruppe rechtfertigen, besteht ein unmittelbarer gesetzlicher Zahlungsanspruch, ohne dass es auf ein Verschulden der Arbeitgeberin ankommt)

3. Das Personalratsmitglied muss eine dienststellenübliche Entwicklung darlegen; das ist diejenige berufliche Entwicklung, die Arbeitnehmer mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation bei objektiv vergleichbarer Tätigkeit genommen haben.

4. Dienststellenüblich ist eine berufliche Entwicklung, die auf einem gleichförmigen Verhaltens der Arbeitgeberin und einer bestimmten Regel beruht; der Geschehensablauf muss derart typisch sein, dass aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten grundsätzlich, das heißt wenigstens in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle, mit der Höhergruppierung gerechnet werden kann.

5. Eine (denkbar) knappe Mehrheit der vergleichbaren Arbeitnehmer trägt eine solche Annahme nicht.

6. Ein Zahlenverhältnis von 7:6 Arbeitnehmern lässt nicht erkennen, dass die Höhergruppierung die Regel, das Verbleiben in der niedrigeren Entgeltgruppe die Ausnahme darstellt; in einer solchen Konstellation kann nicht davon gesprochen werden, dass das Personalratsmitglied wegen seiner Eigenschaft als freigestelltes Personalratsmitglied von einer allgemeinen Regel ausgenommen und schlechter gestellt worden wäre als die überwiegende Mehrheit seiner vergleichbaren Kollegen.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 29. Februar 2008 - 3 Ca 352/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung des Klägers unter dem Gesichtspunkt der fiktiven Nachzeichnung seines Berufsweges für die Zeit seiner Freistellung als Personalratsmitglied.

2

Der im Jahre 1949 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Angestellter in der Verwaltung beschäftigt. Er hat den Verwaltungslehrgang I erfolgreich abgeschlossen; an der Teilnahme am Verwaltungslehrgang II war er aus dienstlichen Gründen gehindert. Ab dem 1. April 1996 war er freigestelltes Personalratsmitglied; zu diesem Zeitpunkt erhielt er Arbeitsentgelt nach Vergütungsgruppe V c BAT. In Nachzeichnung der beruflichen Entwicklung seines Vertreters zahlte ihm die Beklagte seit dem 1. März 2001 Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT. Seine Freistellung endete am 16. April 2007. Mehrere außergerichtliche Versuche des Klägers während und nach der Freistellungsphase, eine Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT - später: Entgeltgruppe 10 TV-L - zu erreichen, blieben erfolglos. Im Zuge dieser Höhergruppierungsverlangen fertigten beide Parteien zum Zwecke der fiktiven Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs Listen vergleichbarer Arbeitnehmer und ihrer beruflichen Entwicklung, wobei die Parteien die Vergleichsgruppen jeweils unterschiedlich bildeten.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe seit Dezember 2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT und seit Dezember 2006 Entgelt nach Entgeltgruppe 10 TV-L zu. Dies ergebe sich aus der fiktiven Nachzeichnung seines Berufsweges für die Zeit seiner Freistellung als Personalratsmitglied. Bilde man die Vergleichsgruppe zutreffend, so ergebe sich, dass die überwiegende Mehrheit der vergleichbaren Arbeitnehmer eine berufliche Entwicklung genommen hätte, die mindestens zu der begehrten Vergütung geführt habe. Vergleichbar seien nur solche Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Wahl des Klägers in den Personalrat eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit ausgeübt hätten. Nicht einzubeziehen seien dagegen Arbeitnehmer mit anderen Qualifikationen und anderen Tätigkeiten, Angestellte im Ruhestand, weil hier die berufliche Entwicklung zwangsläufig zum Stillstand gekommen sei, sowie Beamte, deren Beförderung sich nach anderen Kriterien richte als die Höhergruppierung von Arbeitnehmern. Bei Anlegung dieses Maßstabs ergebe sich, dass von den 28 Beschäftigten, aus denen die Beklagte die Vergleichsgruppe gebildet habe, nur 13 vergleichbar seien. Da von diesen 13 Arbeitnehmern unstreitig sieben am 1. Dezember 2004 mindestens in der Entgeltgruppe 10 TV-L eingruppiert waren, ergebe sich, dass eine überwiegende Mehrheit der Vergleichsgruppe eine Höhergruppierung erfahren habe. Da dem Kläger aus seiner Tätigkeit für den Personalrat keine Nachteile erwachsen dürften, könne er ebenfalls das höhere Arbeitsentgelt verlangen.

4

Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. November 2006 Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT zu gewähren und mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2006 Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TV-L, und ferner festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die sich jeweils zur Vergütungsgruppe IV b bzw. Entgeltgruppe 9 TV-L ergebenden Bruttodifferenzbeträge mit 5 Prozentpunkten oberhalb des Basiszinssatzes seit jeweiliger monatlicher Fälligkeit zu verzinsen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat vorgetragen, sie habe den Kläger nicht wegen seiner Personalratstätigkeit benachteiligt. Bei korrekter Vergleichsgruppenbildung im Rahmen der fiktiven Nachzeichnung seines Berufsweges bestehe diese Gruppe aus 28 vergleichbaren Beschäftigten. Von diesen erhielten jedoch nur acht die vom Kläger begehrte Vergütung oder die damit vergleichbare Beamtenbesoldung. Eine Einbeziehung der Beamten der Besoldungsgruppe A 10 sei zulässig, weil ihnen die gleichen Aufgaben wie den Angestellten übertragen seien. Maßgeblich für die Gruppenbildung sei der Stichtag 1. März 2001. Einzubeziehen seien auch die mittlerweile in den Ruhestand getretenen Beschäftigten.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, der Kläger habe die maßgebliche Vergleichsgruppe korrekt gebildet. Weil sieben Arbeitnehmer dieser Vergleichsgruppe bis zum 1. Dezember 2004 einen beruflichen Aufstieg mindestens bis zur Entgeltgruppe 10 TV-L vollzogen hätten und nur sechs Angehörige der Gruppe nicht aufgestiegen seien, hätte die Eingruppierung des Klägers spätestens zum 1. Dezember 2004 in die Vergütungsgruppe IV a BAT (Entgeltgruppe 10 TV-L) einer bei der Beklagten typischen beruflichen Entwicklung entsprochen. Beamte könnten in die Vergleichsgruppe nicht einbezogen werden, weil sie nur dann befördert werden könnten, wenn Beförderungsstellen zur Verfügung stünden. Auch die vor dem Stichtag 1. Dezember 2004 in den Ruhestand getretenen Arbeitnehmer müssten unberücksichtigt bleiben, weil sie nach der Verrentung nicht mehr befördert würden und daher ihre Einbeziehung das Bild zu Lasten des Klägers verzerrte. Schließlich seien auch mehrere von der Beklagten herangezogene Arbeitnehmer aus der Vergleichsgruppe herauszunehmen, deren Vergütung auf spezielle und damit verwaltungsuntypische Qualifikationen zurückgehe.

10

Gegen das ihr am 6. März 2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 20. März 2008 Berufung eingelegt und diese am 15. Mai 2008 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Juni 2008 verlängert worden war.

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Die Berufung führt aus, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass in der Beschäftigungsdienststelle die Höhergruppierung des Klägers der Üblichkeit entsprochen hätte. Dies gelte schon dann, wenn man bei der Vergleichsgruppenbildung der Auffassung des Klägers und des Arbeitsgerichts folge. Das sich danach ergebende Verhältnis von sieben höhergruppierten zu sechs nicht höhergruppierten Arbeitnehmern sei nicht geeignet, eine Betriebsüblichkeit abzubilden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fordere eine überwiegende Mehrheit; sie sei vorliegend nicht gegeben.

12

Im Übrigen ergebe sich bei zutreffender Bildung der Vergleichsgruppe, dass nur eine Minderheit der ihr angehörenden Beschäftigten höhergruppiert bzw. befördert worden sei. Den ihr bei der Vergleichsgruppenbildung zustehenden Ermessensspielraum habe die Beklagte nicht überschritten. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht Arbeitnehmer wegen deren anderer Ausbildung aus der Vergleichsgruppe herausgenommen. Entscheidend sei, dass sie wie der Kläger im Verwaltungsdienst eingesetzt seien. Auch die Beamten seien vergleichbar. In immer mehr Fällen sei die Besetzung einer Stelle wahlweise durch Beamte oder Angestellte möglich. An der Universität A-Stadt konkurrierten häufig Angehörige beider Gruppen um Stellenbesetzungen. Schließlich sei fraglich, warum alle Beschäftigten aus der Vergleichsgruppe herausgenommen worden seien, die gerade vor dem 1. Dezember 2004 ausgeschieden seien. Das Ergebnis sei dann zufallsabhängig; ein sachgerechterer Stichtag sei der 1. März 2001.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 29. Februar 2008 - 3 Ca 352/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

17

Er meint, das Arbeitsgericht habe die Vergleichsgruppe zutreffend gebildet und hieraus den richtigen Schluss gezogen. Zunächst sei es nicht willkürlich, sondern sachgerecht, auf den Stichtag des 1. Dezember 2004 für die Bildung der Vergleichsgruppe abzustellen. In diese seien Beamte nicht einzubeziehen, weil deren Beförderung anderen Mechanismen folge als die Höhergruppierung von Angestellten. Die Beklagte selbst trage nicht vor, Arbeitnehmer und Beamte durchweg identisch zu behandeln. Im Ruhestand befindliche Angestellte seien ebenfalls nicht einzubeziehen, weil die Nachzeichnung ihres beruflichen Werdegangs nicht möglich sei. Auch Arbeitnehmer mit anderer Aus- und Vorbildung seien nicht vergleichbar, was schon aus der eigenen Wertung der Beklagten hervorgehe. Folgerichtig habe diese gegenüber dem Personalrat im Fall eines dieser Arbeitnehmer beantragt, auf eine Stellenausschreibung zu verzichten, weil hier spezielle Kenntnisse erforderlich seien.

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Die sich danach ergebende Mehrheit von sieben zu sechs Angestellten zugunsten einer Höhergruppierung genüge, um eine gleichförmige Entwicklung zu belegen. Verlange man eine gesteigerte Mehrheit, führe dies zu Auslegungsproblemen und Beweisschwierigkeiten. Solche wolle die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerade verhindern, um Personalrats- und Betriebsratsmitglieder nicht zu benachteiligen.

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Zu den weiteren Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage im zweiten Rechtszuge wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

21

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

22

II.

Die Berufung ist auch begründet. Der für die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungspflichtige Kläger hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass er ohne Freistellung als Personalratsmitglied ab dem 1. Dezember 2004 Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT bzw. Entgelt nach Entgeltgruppe 10 TV-L erhalten hätte.

23

1.

Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte Höhergruppierung setzt voraus, dass sein Arbeitsentgelt ansonsten hinter demjenigen seiner vergleichbaren Kollegen ohne Personalratsamt zurückbliebe. Ist dies der Fall, besteht ein unmittelbarer gesetzlicher Anspruch. Deshalb kann ein Personalratsmitglied den Arbeitgeber, ohne dass es auf dessen Verschulden ankäme, unmittelbar auf die Zahlung der Vergütung in Anspruch nehmen, wenn er ohne seine Freistellung mit Aufgaben betraut worden wäre, welche die Eingruppierung in der höheren Vergütungsgruppe rechtfertigen (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - BAGE 98, 164 = AP BPersVG § 46 Nr. 23 = EzA BPersVG § 46 Nr. 1; 29.10.1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 = AP BPersVG § 46 Nr. 22 = EzA GG Art. 33 Nr. 20; 26.9.1990 - 7 AZR 208/89 - BAGE 66, 85 = AP BPersVG § 8 Nr. 4).

24

a)

Gemäß § 41 Abs. 1 NPersVG dürfen die Mitglieder des Personalrats wegen ihrer Tätigkeit, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Personalrat, nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Dieses Benachteiligungsverbot erlangt besondere Bedeutung bei Personalratsmitgliedern, die über einen längeren Zeitraum wegen ihres Mandats vom Dienst vollständig freigestellt sind. Grundsätzlich darf es den freigestellten Personalratsmitgliedern nicht zum Nachteil gereichen, dass sie aufgrund der Freistellung ihr Fachwissen und ihre spezifische Berufserfahrung nicht so weiterentwickeln konnten wie dies Mitbewerbern möglich ist (Kümmel/Palm/Soluk, Personalvertretungs- und Gleichstellungsrecht in Niedersachsen, Stand: September 2008, § 41 Rz. 5 mwN). Deshalb muss der berufliche Werdegang von freigestellten Personalratsmitgliedern zur Gewährleistung von Höhergruppierungsmöglichkeiten fiktiv nachgezeichnet werden (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 -BAGE 98, 164 = AP BPersVG § 46 Nr. 23 = EzA BPersVG § 46 Nr. 1; Kümmel/Palm/ Soluk aaO).

25

b)

Das Personalratsmitglied muss eine dienststellenübliche Entwicklung mitmachen; das ist diejenige, die bei objektiv vergleichbarer Tätigkeit Arbeitnehmer mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation genommen haben (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - aaO; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 13. Auflage, § 41 Rn. 16). Das Personalratsmitglied ist so zu behandeln wie ein vergleichbarer Kollege ohne Personalratsamt. Dabei ist auch darauf zu achten, dass das freigestellte Personalratsmitglied im Verhältnis zu den übrigen Beschäftigten nicht bevorzugt wird. Denn zur Wahrung der inneren Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder verbietet § 41 Abs. 1 NPersVG gleichermaßen eine Begünstigung wie eine Benachteiligung des freigestellten Personalratsmitglieds (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - aaO; BAG 29.10.1998 - 7 AZR 202/97 - ZTR 1999, 235).

26

c)

Die Voraussetzungen der Höhergruppierung nach diesen Grundsätzen sind von dem Personalratsmitglied darzulegen (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - aaO). Dies kann unter anderem durch das Vorbringen erfolgen, dass der öffentliche Arbeitgeber Angestellte mit bestimmten Laufbahnvoraussetzungen nach feststehenden Maßstäben und/oder Zeitabläufen auf freiwerdende oder neu geschaffene Stellen einer höheren Vergütungsgruppe befördert und Personalratsmitglieder wegen ihrer Freistellung hiervon ausnimmt (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - aaO Rz. 24; BAG 29.10.1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 = AP BPersVG § 46 Nr. 22 = EzA GG Art. 33 Nr. 20). Dabei ist wie bei § 37 Abs. 4 BetrVG auf die betriebsübliche berufliche Entwicklung nicht freigestellter Kollegen abzustellen.

27

d)

Die Vorschrift garantiert dem Personalratsmitglied allerdings nicht die der Höhe nach absolut gleiche Vergütung, die vergleichbare Arbeitnehmer erhalten. Nach dem Zweck der Vorschrift, das Personalratsmitglied vor finanziellen Nachteilen wegen der Ausübung der Personalratstätigkeit zu schützen, kommt es vielmehr darauf an, ob die Gehaltsentwicklung des Personalratsmitglieds während der Dauer seiner Personalratstätigkeit in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist (BAG 19.1.2005 - 7 AZR 208/04 - ZBVR online 2006 Nr. 5, 2 bis 5; BAG 17.5.1977 - 1 AZR 458/74 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 54, jeweils zu Betriebsratsmitgliedern).

28

2.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Kläger nicht dargelegt, dass seine dienststellenübliche berufliche Entwicklung ohne seine Eigenschaft als Personalratsmitglied im Sinne der von ihm begehrten Höhergruppierung verlaufen wäre. Dies gilt auch, wenn man, ihm und dem Arbeitsgericht folgend, nur die von ihm genannten 13 Arbeitnehmer in die Vergleichsgruppe einbezieht.

29

a)

Dienststellenüblich ist eine berufliche Entwicklung, die auf einem gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer bestimmten Regel beruht. Der Begriff der Üblichkeit bezeichnet den Normalfall, nicht den Ausnahmefall (BAG 19.1.2005 - 7 AZR 208/04 - ZBVR online 2006, Nr. 5, 2 bis 5; BAG 15.1.1992 - 7 AZR 194/91 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 84 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 110). Nicht ausreichend für die Betriebsüblichkeit ist die Darlegung, einige andere Arbeitnehmer hätten einen entsprechenden beruflichen Aufstieg genommen. Der Geschehensablauf muss vielmehr derart typisch sein, dass aufgrund der betrieblichen Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten grundsätzlich, das heißt wenigstens in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle, mit der Höhergruppierung gerechnet werden kann (BAG 27.6.2001 - 7 AZR 496/99 - aaO; BAG 15.1.1992 - 7 AZR 194/91 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 84 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 110; LAG München 22.12.2005 - 4 Sa 736/05; LAG Düsseldorf 16.7.2004 - 9 Sa 1306/03 - LAGE BetrVG 2001 § 37 Nr. 3 = DB 2005, 400).

30

b)

Vorliegend zeigt der vom Kläger dargelegte Sachverhalt keine solche Gleichförmigkeit des Arbeitgeberverhaltens oder der Gegebenheiten innerhalb der Dienststelle auf, dass innerhalb der Vergleichsgruppe die Höhergruppierung als Regelfall anzusehen wäre. Eine - denkbar - knappe Mehrheit der vergleichbaren Arbeitnehmer, wie vorliegend zugunsten des Klägers angenommen, trägt eine solche Annahme nicht. Das Zahlenverhältnis von 7 : 6 Arbeitnehmern lässt nicht erkennen, dass die Höhergruppierung die Regel, das Verbleiben in der niedrigeren Entgeltgruppe die Ausnahme darstellt. In einer solchen Konstellation kann nicht davon gesprochen werden, dass der Kläger wegen seiner Eigenschaft als freigestelltes Personalratsmitglied von einer allgemeinen Regel ausgenommen und schlechter gestellt worden wäre als die überwiegende Mehrheit seiner vergleichbaren Kollegen. Legte man den vom Kläger verwendeten Maßstab an und ließe jede rechnerische Mehrheit genügen, wären die Ergebnisse oft zufällig und gäben unter Umständen Arbeitnehmern Ansprüche, ohne dass sie einen typischen Geschehensablauf dargelegt hätten. Das Gericht folgt der Beklagten darin, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die sich das erkennende Gericht zu eigen macht, der Gefahr einer Benachteiligung freigestellter Personalratsmitglieder bereits dadurch wirksam begegnet, dass sie es zur Darlegung des Anspruchs genügen lässt, eine regelhafte Entwicklung bei vergleichbaren Beschäftigten aufzuzeigen. Relativierte man auch dieses Erfordernis noch, bestünde die Gefahr, Personalratsmitglieder wegen ihrer Freistellung zu bevorzugen, was jedoch, wie oben unter 1. b) dargestellt, durch § 41 Abs. 1 NPersVG ebenso verhindert werden soll wie ihre Benachteiligung.

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c)

Danach kommt es auf die Berufungsangriffe nicht mehr an, die sich gegen die Kriterien richten, nach denen Kläger und Arbeitsgericht die Vergleichsgruppe gebildet haben.

32

III.

Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 91 ZPO.

33

IV.

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da das Berufungsgericht sich an den zitierten Leitentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts orientiert hat. Es handelt sich überdies um einen Einzelfall, der keine weitergehende grundsätzliche Bedeutung erkennen lässt.