Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.10.2009, Az.: 2 Sa 1438/08

Herausgabe von im Besitz des Arbeitnehmers befindlicher Geschäftsunterlagen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
21.10.2009
Aktenzeichen
2 Sa 1438/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 37087
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2009:1021.2SA1438.08.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 14.12.2011 - AZ: 10 AZR 283/10

Redaktioneller Leitsatz

Jedenfalls dann, wenn sich geschäftliche Unterlagen, die prüfungswürdige geschäftliche Aktivitäten des Arbeitgebers betreffen, bereits im Besitz der Staatsanwaltschaft und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht befinden, hat der ausgeschiedene Arbeitnehmer kein Recht zum Besitz derartiger im Eigentum des Arbeitgebers stehender Unterlagen, um auf diese Weise eine "Sabotage der Rechtspflege" zu verhindern.

In dem Rechtsstreit

Klägerin und Berufungsbeklagte,

gegen

Beklagter und Berufungskläger,

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2009 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Voigt,

den ehrenamtlichen Richter Herr Dr. Seeringer,

den ehrenamtlichen Richter Herr Schräder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19.08.2008 - 8 Ca 187/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Ziffer 1 des Tenors des Urteils vom 19.08.2008 wird wie folgt klarstellend neu formuliert:

"Der Beklagte wird verurteilt, folgende Unterlagen, die bei ihm in Original und/oder Kopie vorhanden sind, an die Klägerin herauszugeben:"

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Herausgabe von geschäftlichen Unterlagen der Klägerin sowie um Auskunft darüber, welche weiteren Geschäftsunterlagen der Beklagte in seinem Besitz hat.

2

Der Beklagte war bei der Klägerin als Leiter des Generalsekretariats und der Konzernproduktplanung im Geschäftsbereich des Vorsitzenden des Vorstandes zu einem Bruttojahresgehalt von 363.900,00 € beschäftigt.

3

Am 09.05.2007 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag zum 30.06.2008. Dieser Aufhebungsvertrag sieht unter § 16 folgende Regelung vor:

4

"Mit Erfüllung dieses Vertrages sind alle wechselseitigen Ansprüche der vertragsschließenden Parteien aus dem Dienstverhältnis gegenseitig abgegolten."

5

Am 11.05.2007 vereinbarten die Parteien in Abänderung des unter dem Datum des 09.05.2007 geschlossenen Aufhebungsvertrages, eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bereits zum Austrittsdatum 30.06.2007. Im Übrigen blieb es bei den Regelungen des Aufhebungsvertrages (Bl. 32 ff. d. A.).

6

Nach Ziffer 11 des Arbeitsvertrages vom 21.10.2002 in Verbindung mit § 4 der Arbeitsordnung der Klägerin gilt für das Arbeitsverhältnis ein Merkblatt über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieses beinhaltet u.a. folgende Regelung:

7

"Alle während der Werkszugehörigkeit überlassenen Gegenstände wie ...

8

Geschäftsunterlagen sowie dienstliche Aufzeichnungen usw. ... beim Ausscheiden aus dem Unternehmen von dem Werksangehörigen an die zuständige Abteilung in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben (sind)."

9

Am 02.07.2007 gab der Beklagte seinen Werksausweis, seine Schlüssel, die ihm zur Verfügung stehende Kreditkarte, seinen 2a-Dienstwagen sowie einen Laptop bei der Klägerin ab. Von der Klägerin erhielt der Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitspapiere. Ebenfalls glich die Klägerin die bei dem Beklagten angefallenen Tankkosten, wobei die letzte Betankung am 29.06.2007 stattgefunden hat, im Juli 2007 aus.

10

Der Beklagte gab diverse, insgesamt im Klagantrag zu Ziffer 1 bis 24 des arbeitsgerichtlichen Urteiles benannte Unterlagen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an die Klägerin zurück, sondern behielt diese ein. Er erstellte Ablichtungen von diesen Unterlagen bzw. Auszüge und stellte sie in einem Ordner zusammen, den er im November 2007 an den bei der Klägerin bestehenden Aufsichtsratsausschuss für Geschäftsbeziehungen mit Aktionären übersandte. Einen Ordner gleichen Inhalts übersandte der Beklagte darüber hinaus an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie an die Staatsanwaltschaft.

11

Daneben besitzt der Beklagte weitere Unterlagen, die die Klägerin im Einzelnen nicht identifizieren kann, deren Existenz aber anhand des Inhalts des von dem Beklagten erstellten Ordners erkennbar ist.

12

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, die sich im Original oder in Kopie in seinem Besitz befindlichen Firmenunterlagen an sie herauszugeben. Dem stünde weder die Ausgleichsklausel in § 16 des Aufhebungsvertrages noch die Wahrnehmung berechtigter Interessen seitens des Beklagten entgegen. Berechtigte Interessen des Beklagten seien nicht ersichtlich.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

I. den Beklagten zu verurteilen, folgende Unterlagen, die bei ihm im Original oder Kopie vorhanden sind, an die Klägerin herauszugeben:

15

1. Gutachten von Herrn Prof. Hüffer, Bad Dürkheim, vom 05.12.2005 zur Frage der Interessenkollision

16

2. Entwicklungsvertrag zwischen der Klägerin und P.

17

3. Die Prüfberichte der Klägerin von PwC für die Jahre 1999 und 2000

18

4. Liefervertrag über Cayenne zwischen der Klägerin und Porsche.

19

5. Bericht des Vorstands zur 181. Sitzung des Aufsichtsrats vom 17.09.1999

20

6. Stimmzettel für die Aufsichtsratsmitglieder vom 17.09.1999

21

7. Vorlage zur Vorstandssitzung vom 17.12.2002

22

8. Chronologie der Verhandlungen zwischen A. und P. vom 24.04.2006

23

9. Gesprächsprotokoll "Weiteres Vorgehen EE-BCD-Plattform" von A. und P. vom 25.01.2006

24

10. Stellungnahme vom 14.12.2005 betreffend "Finanzielle Regelungen in der Zusammenarbeit"

25

11. Gesprächsnotiz zwischen den Herren H., M., Dr. M., S., Dr. Sch. und D. vom 20.12.2005 betreffend Überlassung.

26

12. Schreiben von Herrn H. vom 07.02.2006 an Herrn S.

27

13. Antwortschreiben von Herrn S. an Herrn H. vom 09.02.2006

28

14. Abgestimmte Unterlagen zur Ermittlung der Wertigkeit der Elektronikplattform

29

15. Protokoll der Vorstandssitzung vom 19.12.2005

30

16. Gesprächsnotiz von Herrn D. über eine Videokonferenz vom 28.04.2006 mit den Herren K., Dr. T., Kr., Dr. Sch., Kö., L. und Dr.

31

17. Schreiben von Herrn Dr. P. und Herrn Kr. an die Mitarbeiter von A., V. und P. vom 20.04.2006

32

18. Schreiben von Herrn W. an Herrn C. vom 05.12.2005 betreffend Projekt - Lieferung

33

19. Bericht des Vorstandes zur 214. Sitzung des Aufsichtsrates vom 09.07.2006

34

20. Handschriftliches Schreiben von Herrn Dr. F. an Herrn Prof. P. vom 13.11.1995

35

21. Aktennotiz von Herrn Dr. F. vom 13.11.1995

36

22. Projekt T. M. Story betreffend Kooperation März 2005.

37

23. Vorstandsvorlage der Klägerin zur Sitzung des Präsidiums des Aufsichtsrates vom 04.09.1997

38

24. Paraphierung des Meetings vom 16.06.2003, unterzeichnet von Herrn Dr. W., Herrn P. und Herrn Dr. N.

39

II. den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen:

40

1. der Klägerin Auskunft zu geben, welche Geschäftsunterlagen der Klägerin er in seinem Besitz hat, gleich ob Original, Kopie, EDV-Dateien oder in sonstiger Speicherung,

41

2. diese Auskunft eidesstattlich zu versichern,

42

3. die Unterlagen entsprechend dieser Auskunft an die Klägerin herauszugeben.

43

Der Beklagte hat beantragt,

44

die Klage abzuweisen.

45

Er hat die Auffassung vertreten, einem etwaigen Herausgabeanspruch stünde bereits § 16 des Aufhebungsvertrages entgegen. Im Übrigen habe er den Anspruch dadurch erfüllt, dass er den Ordner im November 2007 an den Aufsichtsratsausschuss übergeben habe. Dem Herausgabeanspruch der Klägerin stünden seinerseits berechtigte Interessen entgegen. Er sehe sich verpflichtet im Rahmen seiner nachwirkenden Loyalitätspflicht der Klägerin gegenüber, Schaden von dieser abzuwenden. Hierzu sei er auf die bei ihm befindlichen Unterlagen angewiesen.

46

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19.08.2008 verwiesen.

47

Mit diesem Teilurteil hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich des Herausgabeanspruchs über die streitigen 24 Unterlagen sowie hinsichtlich der Verpflichtung zur Auskunftserteilung über weitere Unterlagen entsprochen. Die Kostenentscheidung hat das Arbeitsgericht dem Schlussurteil vorbehalten.

48

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob sich aus dem Merkblatt - Beendigung des Arbeitsverhältnisses - eine Anspruchsgrundlage der Klägerin für den Herausgabeanspruch ergebe. Denn im Übrigen ergebe sich ein derartiger Anspruch jedenfalls aus § 667 BGB analog. Der Herausgabeanspruch sei durch den Beklagten nicht dadurch erfüllt, dass er im November 2007 den Ordner an den Aufsichtsratsausschuss übersandt habe. Dabei könne offen bleiben, ob dieser als zuständige Abteilung im Sinne des Merkblatts anzusehen sei. Die spätere Übersendung eines Ordners mit identischem Inhalt an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und eines weiteren an die Staatsanwaltschaft zeige, dass der Beklagte die Unterlagen nach wie vor im Original bzw. in Kopie in seinem privaten Besitz halte. Dazu sei er nicht berechtigt.

49

Der Anspruch sei nicht aufgrund der Ausgleichsklausel im § 16 des Aufhebungsvertrages erloschen. Diese Vereinbarung der Parteien stelle keinen Erlassvertrag im Sinne des § 397 Abs. 1 BGB dar. Nach den Umständen der Vereinbarung vom 09.05.2007 hätten keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Klägerin auf ihre Herausgabeansprüche hinsichtlich ihres Eigentums habe verzichten wollen. Dafür spräche nach Auffassung der Kammer bereits der Umstand, dass die Parteien am 09.05.2007 (zunächst) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2008 geregelt haben. Bei einer solchen stark zukunftsgeprägten Vereinbarung sei für beide Parteien klar und erkennbar, dass die jeweiligen Gegenparteien damit nicht auf sämtliche wechselseitigen evtl. erst in der Zukunft während der noch einjährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses entstehende Ansprüche verzichten wollten. Dies werde im Übrigen daraus deutlich, dass der Beklagte trotz der Vereinbarung im § 16 des Aufhebungsvertrages nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich diverse Gegenstände an die Klägerin herausgegeben habe, die in deren Eigentum gestanden hätten. Wenn aber beide Seiten, auch der Beklagte selbst, wie selbstverständlich davon ausgingen, dass gegenseitige Ansprüche nach wie vor bestünden und zu erfüllen seien, dann könne die Vereinbarung unter § 16 des Aufhebungsvertrages vom 09.05.2007 seitens des Beklagten nicht als Verzicht hinsichtlich der hier streitigen Ansprüche verstanden werden.

50

Der Beklagte könne hinsichtlich des geltend gemachten Herausgabeanspruchs nicht den Einwand der Wahrnehmung berechtigter Interessen erheben. Sein Einwand, er habe eine Sabotage der ordnungsgemäßen Rechtspflege vermeiden wollen, indem er die Unterlagen nicht an die Klägerin herausgegeben habe, sei nicht tragfähig. Nachdem der Beklagte die Unterlagen zusammengestellt habe und sowohl dem Aufsichtsratsausschuss der Klägerin als auch der BaFin und der Staatsanwaltschaft übersandt habe, sei kein Interesse ersichtlich, die Firmenunterlagen der Klägerin weiterhin vorzuenthalten.

51

Der Auskunftsanspruch der Klägerin sei gemäß § 666 BGB analog begründet.

52

Wegen des weiteren Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 19.08.2008 verwiesen.

53

Der Beklagte hat gegen das ihm am 03.09.2008 zugestellte Urteil am 19.09.2008 Berufung eingelegt. Die Berufung hat er am 03.11.20008 begründet.

54

Der Beklagte trägt vor, gemäß § 4 der zur Anwendung kommenden Arbeitsordnung und des dort enthaltenden Verweises auf das Merkblatt "Beendigung des Arbeitsverhältnisses", liege eine einzelvertragliche Regelung über die Herausgabepflichten bei Arbeitsende vor. Dieser Verpflichtung sei er dadurch nachgekommen, dass er die fraglichen Unterlagen an den Aufsichtsrat der Klägerin herausgegeben habe. Dieser sei insoweit als zuständige Abteilung im Sinne des Merkblatts zu definieren. Selbst wenn ein Herausgabeanspruch der Klägerin daneben noch hätte bestehen können, sei dieser aufgrund des Aufhebungsvertrages nicht mehr durchsetzbar. § 16 des Aufhebungsvertrages sei vor dem Hintergrund, dass vor Abschluss des Aufhebungsvertrages ein intensiver Austausch über die Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses und seine Beendigung durchgeführt worden ist, zu interpretieren. Die Tatsache, dass in § 7 des Aufhebungsvertrages Regelungen über die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht sowie in § 13 die Regelung über die Herausgabe des Geschäftsfahrzeuges normiert seien, sprechen ebenfalls dafür, dass weitergehende Ansprüche der Klägerin nicht bestehen sollten und insoweit § 16 eine abschließende Ausgleichsregelung normiere, die den Ansprüchen der Klägerin entgegen stehe.

55

Der Beklagte stellt den Antrag,

56

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig - 8 Ca 187/08 - vom 19.8.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

57

Die Klägerin beantragt,

58

die Berufung zurückzuweisen.

59

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt vor, eine Herausgabepflicht von Geschäftsunterlagen richte sich grundsätzlich nach dem Arbeitsvertrag und bestehe bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Daher könne der Aufhebungsvertrag vom 09.05.2007 und die dort enthaltene Regelung in § 16 ihren Ansprüchen nicht entgegegenstellen, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages, das Arbeitsverhältnis noch eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr besessen habe. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass ein Recht des Beklagten zum Besitz etwaiger Unterlagen jedenfalls nicht mehr bestehe, seit dem er mehrere Institutionen mit den entsprechenden Unterlagen ausgerüstet habe. Seinem staatsbürgerlichen Interesse sei in jedem Fall auf diese Weise Rechnung getragen, nachdem auch im vorliegenden Verfahren von Seiten des Klägers ein Ordner mit den entsprechenden Unterlagen zum Gegen-stand der Gerichtsakte gemacht worden sei.

60

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

61

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

62

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. Das Berufungsgericht nimmt auf die Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung Bezug und folgt ihr, § 69 Abs. 2 ArbGG.

63

Ergänzend sei auf folgendes hingewiesen:

64

Mit dem Arbeitsgericht kann dahinstehen, ob sich der Herausgabeanspruch der Klägerin bereits aus dem Merkblatt - Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ergibt oder aus einer entsprechenden Anwendung der Bestimmung des § 667 BGB. Die Anspruchsvoraussetzungen beider Regelungen sind erfüllt. Der Beklagte hat im Rahmen seiner Tätigkeit Unterlagen erlangt, die die Geschäftstätigkeit für die Klägerin betreffen. Diese hat er nach beiden Regelungen bei Beendigung der Tätigkeit herauszugeben.

65

Die Bestimmung des § 16 des Aufhebungsvertrages steht dem Herausgabeanspruch nicht entgegen.

66

Der Aufhebungsvertrag regelt lediglich die Modalitäten der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Im Zeitpunkt seines Abschlusses - 09.05.2007 - sollte das Arbeitsverhältnis nach der eindeutigen Regelung des Aufhebungsvertrages noch länger als ein Jahr bestehen. Sowohl die Klägerin wie auch der Beklagte waren verpflichtet, bis zur Beendigung ihrer aus dem Arbeitsverhältnis wechselseitig bestehenden Pflichten zu erfüllen. Die Ausgleichsklausel kann daher nur so verstanden werden, dass sich alle nicht abweichend im Aufhebungsvertrag geregelten Rechte und Pflichten der Parteien, die sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beziehen, nach dem ursprünglichen Arbeitsvertrag richten sollten. Nur dieses Verständnis sicherte im Übrigen dem Beklagten seine Vergütungsansprüche bis zum 30.06.2008.

67

Ein Wille der Klägerin, dem Beklagten Geschäftsunterlagen zu belassen, die er in seinem Besitz hatte bzw. die er sich im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses erst noch beschaffte, kann nach den Gesamtumständen nicht angenommen werden. Die Erstreckung der Ausgleichsklausel auf künftige, nach Abschluss des Aufhebungsvertrages bestehende bzw. entstehende Ansprüche, ist nach der Vertragsgestaltung ausgeschlossen. Der Regelungsgehalt der Ausgleichsklausel erschöpft sich vielmehr darin klarzustellen, dass weitere besondere Regelungen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht bestehen sollten, und das Arbeitsverhältnis im Übrigen nach Maßgabe des bestehenden Arbeitsvertrages für die verbleibende Restlaufzeit abzuwickeln war.

68

Die Frage, ob dem Beklagten aus dem Gesichtspunkt der nachwirkenden nachvertraglichen Fürsorge- bzw. Treuepflicht für die Interessen der Klägerin bzw. aus einem allgemeinen Bürgerrecht, jemals ein Recht zum Besitz an den fraglichen Unterlagen zugestanden hat, um aus seiner Sicht bestehende gravierende Fehlentwicklungen bei der Klägerin abzustellen, kann dahinstehen.

69

Zu Recht hat das Arbeitsgericht insoweit ausgeführt, dass der Beklagte durch die Übersendung der streitigen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft und an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hinreichend dafür Sorge getragen hat, dass eine von ihm befürchtete Sabotage der Rechtspflege verhindert wird. Selbst wenn der Beklagte jemals nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ein Recht zum Besitz an den streitigen Unterlagen gehabt haben sollte, besteht dieses Recht zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr, zumal er auch im vorliegenden Verfahren, einen Ordner mit den entsprechenden kopierten Unterlagen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat. Einer weiteren "Sicherung von Unterlagen" durch den Beklagten bedarf es daher nicht mehr.

70

Nach alldem war wie erfolgt zu entscheiden.

71

Das Gericht hat aufgrund des Vorbringens des Beklagten im Berufungsrechtszug und der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung, die aus dem Urteilstenor ersichtliche Klarstellung vorgenommen, nach der der Beklagte weder berechtigt ist, Originale noch Kopien der streitigen Unterlagen zurückzuhalten.

72

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

73

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Voigt
Dr. Seeringer
Schräder