Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.09.2009, Az.: 8 Sa 693/09

Anspruch auf tarifliche Erschwerniszulage nach Umstellung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tarifvertraglichen Normen für den öffentlichen Dienst ab 01.10.2005 im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
21.09.2009
Aktenzeichen
8 Sa 693/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 35522
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2009:0921.8SA693.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Wilhelmshaven - 25.03.2009 - AZ: 2 Ca 478/08

Amtlicher Leitsatz

1. Der TVöD nebst den ihn ergänzenden Regelungen erhält für den Geltungsbereich der Beschäftigten des Bundesministeriums der Verteidigung ebenso wenig eine den Anspruch auf Zahlung einer Beköstigungs- oder Auswärtszulage begründende Norm wie ein pauschales Übernachtungsgeld.

2. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen. Die Ungleichbehandlung gegenüber den Beschäftigten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung kann in ausreichendem Maße gerechtfertigt werden. Bei typisierender Betrachtung der jeweiligen Gruppen sind sachbezogene Gruppenunterschiede erkennbar.

In dem Rechtsstreit

Kläger und Berufungskläger,

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2009 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Stöcke-Muhlack,

den ehrenamtlichen Richter Herr Jorczyk,

den ehrenamtlichen Richter Herr Günther

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven - 2 Ca 478/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage, die die Beklagte dem Kläger vor dem 1. Oktober 2005 nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (im folgenden: MTArb) gezahlt hat und die nach Ablösung des MTArb durch den TVöD nur noch für die Beschäftigten der A. (im Folgenden: B.) als Übernachtungsgeld pauschal mit 8,00 Euro vorgesehen ist.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten im Bereich des C. als Technischer Schiffsoffizier auf dem Trossschiff "D." im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Heimathafen des Trossschiffes ist E-Stadt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (im folgenden: TVöD) Anwendung.

3

Für die an Bord beschäftigten Besatzungsmitglieder von Seefahrzeugen der Bundeswehr war bis zum 30. September 2005 die Gewährung einer sogenannten Beköstigungs- oder Auswärtszulage in Höhe von 0,54 Euro bei einer Ausbleibezeit von über 12 Stunden für jede angefangene Stunde der Ausbleibezeit als Aufwandsentschädigung nach Nr. 11 der Sonderregelungen 2 e II zum BAT vorgesehen, die die Beklagte bis dahin zahlte. Seit 1. Oktober 2005 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem TVöD, den besonderen Regelungen für die Verwaltung (BT-V) und dem Tarifvertrag zurÜberleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund).

4

Das neue Tarifrecht sieht eine der SR 2 e II zum BAT entsprechende Regelung für die Beschäftigten des C. nicht vor, so dass die Beklagte nach dem 30. September 2005 eine Auswärtszulage nicht mehr zahlte. Die Bedingungen an Bord haben sich nicht geändert.

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Mit Schreiben vom 13. Januar 2008 hat der Kläger die Zahlung der Auswärtszulage für die Zeit ab Oktober 2005 bis November 2008 schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

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Er hat die Auffassung vertreten, er könne die Zahlung der Auswärtszulage aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung beanspruchen. Gemäß § 47 TVöD-BT-V würden für die Beschäftigten der B. Sonderregelungen bestehen, nach denen einÜbernachtungsgeld für Übernachtungen auf Schiffen oder schwimmenden Geräten, die nicht den erlassenen Mindestbestimmungen entsprechen, gezahlt werden. Ein sachlicher Grund dafür, dass Beschäftigte des F., die unter gleichen erschwerten Bedingungen auf Schiffen der Beklagten Dienst täten, ungleich behandelt würden, sei nicht ersichtlich. Dass es sich in dem einen Fall um ein zivilen Zwecken dienendes, im anderen Fall um ein militärischen Zwecken dienendes Schiff handele, sei als Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung nicht geeignet. Die unterschiedliche Behandlung der Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des C. und der B. durch die Tarifvertragsparteien sei mit Art. 3 GG nicht zu vereinbaren. Unter Berücksichtigung des Art. 3 GG sei der TVöD verfassungskonform dahin auszulegen, dass auch dem Kläger bei Vorliegen der Voraussetzungen des§ 47 TVöD-BT-V Nr. 10 Abs. 3 ein Übernachtungsgeld zu zahlen sei.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.953,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2008 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat die Auffassung vertreten, eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Zahlung sei nicht ersichtlich. Die Tarifvertragsparteien hätten sich auf die Fortgeltung einiger tariflicher und außertariflicher Regelungen verständigt. Einen Anspruch auf Zahlung der Aufwärtszulage sei für die Beschäftigten im Bereich des C. gerade nicht festgeschrieben worden.

12

Durch Urteil vom 25. März 2009 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch dieÜberleitung des Arbeitsverhältnisses in die Regelungen des TVöD seien die bis zum 30. September 2005 nach dem MTArb geltenden Regelungen abgelöst worden. Eine der tariflichen Sonderregelung SR 2 e II vergleichbare Norm sei nicht aufgenommen worden, so dass es an einer Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Auswärtszulage als Ausgleich für besondere Erschwernisse/Beköstigungen fehle. Auch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sei die Beklagte zur Zahlung einer Auswärtszulage an den Kläger nicht verpflichtet, weil die Beklagte Zulagen nicht nach einem von ihr vorgegebenen Prinzip oder System zahle, sondern entsprechende tarifvertragliche Regelungen anwende. Im Falle einer bewussten Regelungslücke sei die Rechtsprechung zu einer Lückenfüllung im Wege einer analogen Anwendung der Bestimmung des§ 47 TVöD-BT nicht befugt. Hierin läge ein Eingriff in die Tarifautonomie. Gehe es um geänderte Tarifnormen, die bei entsprechender Anwendung erhebliche Kosten nach sich ziehen, müsse es den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben, einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen.

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Gegen dieses ihm am 27. April 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Mai 2009 Berufung eingelegt, die er am 26. Juni 2009 begründet hat.

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Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, die Auswärtszulage aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung beanspruchen zu können. Die Ausnahmeregelung in § 47 Nr. 10 Abs. 3 TVöD, nach der Beschäftigte der B. bei Übernachtungen auf Schiffen und schwimmenden Geräten, die nicht den erlassenen Mindestbestimmungen entsprechen, ein Übernachtungsgeld (Erschwerniszulage) erhalten, verstoße gegen den Gleichhaltsgrundsatz und sei nach § 134 BGB nichtig, weil der TVöD für die Besatzungen von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten im Bereich des C. keine entsprechende Regelung enthalte. Ein sachlicher Grund dafür, die Beschäftigten beider Bereiche ungleich zu behandeln, bestehe nicht. Gerade auf Grund der Tatsache, dass militärischen Zwecken dienende Schiffe nach Raumaufteilung und Ausrüstung nicht so gebaut werden könnten, wie dies in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes der Fall sei, sei der Besatzung ein finanzieller Ausgleich für die erschwerten Bedingungen auf einem solchen Schiff zu gewähren. Die Tatsache, dass der TVöD selbst die Ungleichbehandlung der Beschäftigten vorsehe, stelle keinen sachlichen Grund für die Schlechterstellung dar, denn auch tarifliche Regelungen müssten dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG genügen. Die Tarifvertragsparteien dürften Gruppen nur nach sachlichen Kriterien bilden. Ihre Gestaltungsfreiheit ende an den Grenzen zwingenden übergeordneten Rechts. Zumindest sei für die Vergangenheit eine verfassungsgemäße Gleichbehandlung durch die Gewährung der tariflichen Leistungen zu verwirklichen.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 25. März 2009 - 2 Ca 478/08 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.953, 04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunktenüber dem Basiszinssatz seit dem 28. November 2008 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Eine dem § 47 Nr. 10 Abs. 3 Nr. 2 TVöD-BT-V (Bund) entsprechende Zulagenvorschrift sei in § 46 Kapitel II TVöD-BT-V, zu dessen Geltungsbereich der Kläger gehöre, nicht vorgesehen. Der Kläger könne sich nicht auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen. Zum einen liege es in der Autonomie der Tarifvertragsparteien, unterschiedliche Tätigkeiten unterschiedlich zu bewerten. Zum anderen gehe § 46 TVöD-BT-V Kapittel II insgesamt von einem anderen Einsatz- und Ausgleichssystem aus als

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§ 47 für Beschäftigte der B.. Ein Günstigkeitsvergleich müsse deshalb alle relevanten Bestimmungen einbeziehen.

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Zu den weiteren Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage im zweiten Rechtszug wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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I. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist von ihm frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 und 2 ArbGG) und ist damit insgesamt zulässig.

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II. Die Berufung ist aber unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer Beköstigungs- oder Auswärtszulage ebenso wenig wie ein pauschales Übernachtungsgeld in Höhe von 8,00 Euro zu. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage, die die Beklagte zur Leistung ab Oktober 2005 verpflichten könnte. Der Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus Gründen der Gleichbehandlung. Bei typisierender Betrachtung der jeweiligen Gruppen sind sachbezogene Gruppenunterschiede erkennbar, die die Nichteinbeziehung der betreffenden Arbeitnehmergruppe des Klägers unter die Zahlungspflicht eines nunmehr pauschalen Übernachtungsgeldes in Höhe von 8,00 Euro für die Beschäftigten der B. rechtfertigen. Ein entsprechender Regelungsverzicht für die Beschäftigten im Bereich des C. verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

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1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Zum 1. Oktober 2005 hat der TVöD die bisherigen tariflichen Regelungen abgelöst. Auch der MTArb einschließlich seiner Sonderregelungen ist zum Ablauf des 30. September 2005 außer Kraft getreten. Das folgt aus§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des F. in den TVöD (TVÜ-Bund) in Verbindung mit der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A der bestimmt:

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"Der TVöD ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag für den Bereich des F. die in Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A und Anlage 1 TVÜ-Bund Teil B aufgeführten Tarifverträge (einschließlich Anlagen) bzw. Tarifvertragsregelungen, soweit im TVöD, in diesem Tarifvertrag oder in den Anlagen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 1. Oktober 2005, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist."

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Die Norm ist eindeutig. Die Protokollnotizen ergeben nichts anderes.

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2. Der TVöD nebst den ihn ergänzenden Regelungen enthält keine den Anspruch des Klägers begründende Norm im Geltungsbereich der Beschäftigten des C., dem der Kläger zuzuordnen ist.

28

3. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen. Der Kläger ist dem Geltungsbereich des § 46 TVöD (Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des C.) zuzuordnen. Die für die Beschäftigten der B. in § 47 TVöD (Sonderregelungen im Bereich des G.) geltenden Normen, die in Nr. 10 Abs. 3 Nr. 2 ein Übernachtungsgeld vorsehen, haben die Tarifvertragsparteien für seinen Bereich nicht vereinbart, obwohl die Übernachtungsbedingungen an Bord gleich sind. Diese unterschiedliche Behandlung ist jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, denn sie ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

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a) Bei der Vereinbarung des persönlichen Geltungsbereiches eines Tarifvertrages und der sich aus dem Tarifvertrag ergebenden Normen sind die Tarifvertragsparteien nicht unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Gleichwohl verpflichtet die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte auch Tarifvertragsparteien mittelbar zur Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Aus der mittelbaren Bindung der Tarifvertragsparteien anArt. 3 Abs. 1 GG folgen allerdings keine anderen Prüfungsmaßstäbe als sie im Falle einer unmittelbaren Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz heranzuziehen wären (BAG vom 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - AP Nr. 5 zu § 1 TVG Gleichbehandlung = EzA Art. 3 GG Nr. 111; vom 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - AP Nr. 1 zu § 11 TVÜ = ZTR 2009, 78; vom 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - nv; vom 28. Mai 2009 - 6 AZR 141/08 - nv, ArbuR 2009, 266 = EzA - SD 2009, Nr. 16).

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Die Tarifvertragsparteien sind also bei der tariflichen Normensetzung zwar nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzpflichten der Grundrechte verpflichten die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern allerdings auf Grund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (vgl.BAG vom 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13; vom 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - nv).

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b) Der Kläger wird gegenüber den Beschäftigten der B. bei Übernachtungen auf Schiffen oder schwimmenden Geräten, die nicht den erlassenen Mindestbestimmungen entsprechen, schlechter gestellt und erleidet im Vergleich zu ihnen Nachteile.

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c) Diese Folgen der tariflich unterschiedlichen Behandlung für Beschäftigte im Bereich des G. und der Beschäftigten im Bereich des C. sind jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG noch vereinbar.

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Die Ungleichbehandlung kann in ausreichendem Maße gerechtfertigt werden. Ein wesentlicher Unterschied besteht bereits darin, dass es sich einerseits um militärischen Zwecken dienende Schiffe, andererseits um zivilen Zwecken dienende Schiffe handelt. Darüber hinaus geht § 46 TVöD-BT-V Kapitel II insgesamt von einem anderen Einsatz- und Ausgleichsystem aus als § 47 für die Beschäftigten der B..§ 46 der Sonderregelungen für die Beschäftigten im Bereich des C. beschreibt, was unter militärischen Diensten zu verstehen ist. Die Beschäftigten im Bereich des C. sind mit militärischen Aufgaben betraut. Sie leisten militärischen Dienst, auch wenn sie Zivilbedienstete sind. Der Tarifvertrag geht zudem von dem regelmäßigen Einsatz an Bord außerhalb des Hafens aus. Hierzu befragt, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass jährlich mit 120 Seetagen zu rechnen ist. Die Zeit "an Land" sei eher die Ausnahme.

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Im Gegensatz hierzu geht der Tarifvertrag in seinem § 47 der Sonderregelungen für die Beschäftigten im Bereich des G. von dem regelmäßigen Einsatz im Hafen und den dortigen Baustellen aus. Die Beschäftigten der B. sind dort beim Bau, der Unterhaltung und dem Betrieb von wasserbaulichen Einrichtungen und wasserwirtschaftlichen Anlagen eingesetzt. Das gilt auch für die Besatzungen der Schiffe und schwimmenden Geräte (§ 47 Nr. 1 Abs. 1). Auch sie sind für die Erhaltung von Anlagen zuständig. Auch ihre Arbeit findet im Wesentlichen im Hafen statt.

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Darüberhinaus können die Bestimmungen des § 46 TVöD bei einer Gesamtbetrachtung nicht mit denen des § 47 gleichgesetzt werden. So finden sich etwa in § 6 der Sonderregelungen (regelmäßige Arbeitszeit) deutliche Unterschiede (vgl. Nr. 10 zu§ 46 und Nr. 9 zu § 47). Es kann also nicht festgestellt werden, ob die Gesamtschau der tariflichen Normen tatsächlich eine Benachteiligung ergibt.

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In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zukommt. Es ist den Gerichten eine Überprüfung dahingehend, ob die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gewählt worden ist, nicht erlaubt. Dem liegt die Auffassung zu Grunde, dass gerade Tarifvertragsparteien in Bezug auf die Arbeitsbedingungen die jeweiligen Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat (vgl. BVerfG vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93 - AP GG Art. 9 Nr. 88). Deshalb erfasst die Tarifautonomie nicht nur die Entscheidung über den Regelungsinhalt tariflicher Normen, sondern deckt auch einen entsprechenden Regelungsverzicht wie den vorliegenden.

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4. Eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Auswärtszulage an den Kläger besteht daher nicht.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Der Kläger macht geltend, allein in seinem Bereich sei eine Vielzahl weitere Arbeitnehmer von den entscheidungserheblichen Rechtsfragen betroffen.

Stöcke-Muhlack
Jorczyk
Günther