Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.12.2009, Az.: 17 Sa 850/09
Sozialwidrige betriebsbedingte Änderungskündigung bei Interessenausgleich mit Namensliste in Einrichtung einer Religionsgemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.12.2009
- Aktenzeichen
- 17 Sa 850/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 31082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2009:1209.17SA850.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Nienburg - 1 Ca 441/08 - 30.4.2009
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG
- § 1 Abs. 5 KSchG
- § 2 KSchG
- § 111 BetrVG
- § 118 Abs. 2 BetrVG
- § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO
- § 126 InsO
Fundstellen
- EzA-SD 4/2010, 10
- KuR 2010, 134
- NZI 2010, 334
Redaktioneller Leitsatz
»§ 125 InsO ist wegen der ausdrücklichen Beschränkung der Norm auf Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG in Einrichtungen der Religionsgemeinschaften, die gem. § 118 (2) BetrVG dem BetrVG nicht unterliegen, unanwendbar. Schließt der Insolvenzverwalter mit der Mitarbeitervertretung (MAV) einer solchen Einrichtung einen Interessenausgleich mit Namensliste wird § 1 KSchG nicht dahingehend modifiziert, dass vermutet wird, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.«
In dem Rechtsstreit
Klägerin und Berufungsklägerin,
gegen
Beklagter und Berufungsbeklagter,
hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2009 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Brandes,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Exner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 30.04.2009 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 22.09.2008 sozial ungerechtfertigt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu 2/3, die Klägerin zu 1/3 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
Die am 00.00.1953 geborene, geschiedene Klägerin, war seit dem 01.05.1975 als Leiterin der Hauswirtschaftsabteilung mit 20 Stunden wöchentlich gegen ein Bruttoentgelt von zuletzt 1.331,53 € bei dem Verein Evangelisches Altenheim-A-Stadt e. V., einer Einrichtung des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche, beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis galten der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1975 (Anlage zur Klageschrift Bl. 4 d. A.) bzw. der Arbeitsvertrag vom 30.01.1985, wegen dessen genauen Wortlauts auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 ff d. A.) Bezug genommen wird. In diesem Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien in § 2 die Inbezugnahme des Bundesangestelltentarifvertrag vom 23.02.1961 in der jeweils geltenden Fassung und eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT. Der Verein beschäftigte ca. 65 Mitarbeiter. Mit Beschluss vom 31.03.2008 wurde über das Vermögen des Vereins das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte als Insolvenzverwalter bestellt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde zugleich die Masseunzulänglichkeit angezeigt. Der Insolvenzschuldner hatte zuletzt seinen Betrieb in gemieteten Räumen am Standort St. ausgeübt. Mit Wirkung zum 01.07.2008 veräußerte der Beklagte die Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie den Grundbesitz des Schuldners in L. an die neugegründete D. GmbH (D 1), einer hundertprozentigen Tochter des Diakonische Heime in K. e. V. (D 2), der Mitglied des Diakonischen Werks der Ev.- luth. Landeskirche Hannover ist und die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation Ev. Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) anwendet. Die D 1, die am 17.09.2008 beschloss, sich gem. § 1 Abs. 2 Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie (ARRGD) diesem Gesetz mit Wirkung zum 01.01.2009 anzuschließen (siehe das Schreiben vom 20.01.2009 an die Konföderation Ev. Kirchen in Niedersachsen, Anl. zum Schriftsatz des Beklagten vom 04.12.2009, Bl. 168 d. A.), sanierte das Gebäude am Standort L. und führt den Betrieb seit 01.01.2009 wieder am Standort L. fort, wobei wegen weiterer Umbaumaßnahmen dort zunächst nur 45 Pflegepersonen betreut werden. Der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter und die Mitarbeitervertretung des Insolvenzschuldners vereinbarten gemeinsam mit dem Betriebsrat der Haus L. Service Wohnen GmbH, die zum gleichen Zeitpunkt insolvent wurde, am 19.09.2008 einen Interessenausgleich und Sozialplan, wegen dessen genauen Wortlauts auf die Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 15.10.2008 (Bl. 15 ff d. A.) verwiesen wird. In diesem Interessenausgleich sind neben neun Beendigungskündigungen Änderungskündigungen aller übrigen Mitarbeiter vorgesehen. Dazu ist unter Ziffer 7 d) geregelt:
"Im Übrigen werden die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum 31.12.2008 gekündigt mit der Maßgabe, dass ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den Bedingungen einer zwischen Betriebsrat/MAV und Diakonische Heime in K. e. V. am 19.07.2008 geschlossenen Vereinbarung zur Anpassung an die Arbeitsvertragsrichtlinien unterbreitet wird."
Soweit in dem Interessenausgleich und Sozialplan unter Ziff. 7 d) auf eine am 19.07.2008 zwischen dem Betriebsrat/MAV und Diakonische Heime in K. e. V. geschlossene Vereinbarung zur Anpassung an die Arbeitsvertragsrichtlinien Bezug genommen wird, handelt es sich bei dem Datum 19.07.2008 um einen Zahlendreher. Tatsächlich datiert die Dienstvereinbarung vom 17.09.2008. In dieser Dienstvereinbarung, wegen deren genauen Wortlaut auf die Anl. B 4 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.12.2008 (Bl. 40 ff d. A.) Bezug genommen wird, heißt es - soweit hier von Interesse - in Ziff. 4) wörtlich:
"Die einzugliedernden Arbeitnehmer erhalten mit Wirkung zum 01.01.2009 Arbeitsverträge gem. AVR-K in der jeweils gültigen Fassung. Abweichend von den AVR-K wird zum Zwecke der Eingliederung folgendes vereinbart:
§ 22 Entgelte
Die von dem Verein Evangelisches Altenheim L. e. V. beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bislang in gewillkürter Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages vergütet. Deren Vergütung liegt über derjenigen, die sich aus der Anwendung der AVR-K ergibt. Die von der Haus L. Wohnen GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten Vergütung nach dem "Haustarif" der GmbH. Diese Vergütungen liegen unter dem Vergütungsniveau der AVR-K.
Die Vergütungen der beiden Beschäftigtengruppen werden nach Maßgabe der folgenden Regelungen innerhalb von 8 Jahren stufenweise an das Vergütungsniveau der AVR-K herangeführt. D 1it wird zugleich ein wirtschaftlicher Beitrag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Einrichtung geleistet.
a) Die Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des früheren Vereins wird um 18 % gesenkt, höchstens auf den Betrag, der sich aus der Anwendung des "Haustarifs" ergeben würde. Diese Absenkung bezieht sich auf alle Entgeltbestandteile.
b) Die Vergütung der nach "Haustarif" vergüteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht sich jeweils zum 1.1, erstmals am 1.1.10, um 1/8 der Differenz der bisher gezahlten individuellen Vergütung und dem Entgelt, dass sich aus der Anwendung der AVR-K ergibt. Kommt es in der Anpassungsphase zu Tarifsteigerungen, so ist der Anpassungsbetrag so anzuheben, dass die Anpassung nach Ablauf von 8 Jahren abgeschlossen ist.
c) Sobald die Vergütung der ehemals nach Haustarif vergüteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund des Anpassungsbetrages (b) die Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ehemaligen Vereins (a) übersteigt, wird deren Vergütung so aufgestockt, dass sie der Höhe der jeweiligen Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Vergütung nach (angepasstem) Haustarif entspricht.
d) Soweit die Vergütung aufgrund des Haustarifs oder der abgesenkten BAT-Vergütung über den AVR-K-Tabellenentgelten liegt, wird diese zunächst unverändert weiter gezahlt. Eine Erhöhung erfolgt, sobald und soweit die jeweiligen AVR-K-Tabellenentgelte aufgrund von Tarifsteigerungen darüber liegen.
Die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie in Niedersachsen stimmte der Dienstvereinbarung vom 17.9.2008, die unter dem Vorbehalt ihrer Zustimmung stand (Ziff. 10 der Dienstvereinbarung vom 17.09.2008), am 01.10.2008 zu (siehe das an den Diakonische Werke K. e.V. gerichtete Schreiben der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 1.10.2008, Anl. zum Beklagtenschriftsatz vom 04.12.2009, Bl. 167 d. A.)
Mit Schreiben vom 22.09.2008, der Klägerin am selben Tage zugestellt, sprach der Beklagte der Klägerin eine Kündigung aus, verbunden mit dem Angebot, dieses ab dem 01.01.2009 zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Auf das Kündigungsschreiben (Anl. zur Klageschrift, Bl. 8 f d. A.) wird Bezug genommen. Die Klägerin nahm dasÄnderungsangebot mit Schreiben vom 02.10.2008 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an (Bl. 10 d. A.).
Mit ihrer am 06.10.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie hat u. a. die Angaben des Beklagten zur behaupteten Betriebsbedingtheit der Änderungskündigung bestritten und die Ansicht vertreten, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1) festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 22.09.2008, zugegangen am 26.09.2008, sozial ungerechtfertigt ist, rechtsunwirksam ist;
2) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 01.01.2009 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, die Haus L. Sevice Wohnen GmbH und der Ev. Altenheim-R. e. V. hätten einen Gemeinschaftsbetrieb betrieben. Die D 1 habe ihre Betriebsübernahme an ein Erwerberkonzept geknüpft, das neben Personalkostensenkungen mittels Änderungskündigungen auch eine Personalreduzierung vorgesehen habe. Das Erwerberkonzept, das in Form einer Beschlussvorlage für das Aufsichtsratsgremium der D 1 vorgelegt worden sei, habe neben Mietkostensenkung, Personalreduzierung, Anpassung des Pflegeschlüssels bei der Betreuung auch Personalkosteneinsparungen vorgesehen, die mittels Absenkung des Lohn-/Gehaltsniveaus auf den bei ihr geltenden Tarif AVR-K erreicht würden. Der Beklagte hat weiter behauptet, der Verein habe einen Jahresfehlbetrag von 28.000,-- € im Jahr 2006 und im Jahr 2007 in Höhe von ca. 229.000,-- € bei einem Personalaufwand in Höhe von 1,9 Millionen € bzw. 1,7 Millionen € erwirtschaftet. Trotz der verschiedenen Maßnahmen im Erwerberkonzept gehe die D 1 in ihrer Planrechnung bei Personalkosten in 2009 in Höhe von ca. 1,1 Millionen € und in 2010 in Höhe von 1,6 Millionen € sowie 2011 in Höhe von 1,7 Millionen € von Fehlbeträgen in Höhe von 340.000,-- € in 2009, 45.000,-- € in 2010 und 10.000,-- € in 2011 aus. Ziel der Änderungskündigung sei daher nicht die Schaffung einer einheitlichen Vergütungsstruktur gewesen, sondern die Personalkostensenkung.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.04.2009 die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 3.994,59 € festgesetzt. Wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht zu seinem Urteil haben gelangen lassen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 29.05.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 25.06.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit ihrem am 24.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.08.2009 verlängert worden war.
Die Klägerin rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, dass die Änderungskündigung entgegen der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts unwirksam sei, weil sie lediglich der Entgeltkürzung und Angleichung der Arbeitsverhältnisse an ein bestehendes Tarifsystem dienen solle. Dies ergebe sich schon aus dem von dem Beklagten vorgelegten Interessenausgleich und Sozialplan. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 24.08.2009 Bezug genommen.
Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung vor dem LAG am 9.12.2009 den erstinstanzlich gestellten allgemeinen Feststellungsantrag zu 2) (mit stillschweigender Zustimmung des Beklagten) zurückgenommen hat, beantragt daher,
das Urteil des Arbeitsgericht Nienburg vom 30.04.2009 abzuändern und festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 22.09.2008 sozial ungerechtfertigt ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 27.10.2009 sowie seiner weiteren Schriftsätze vom 04.12.2009 und 08.12.2009, auf die die Kammer Bezug nimmt.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).
B. Die Berufung der Klägerin ist begründet. DieÄnderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der seitens des Beklagten ausgesprochenen Kündigung vom 22.09.2008 ist sozial ungerechtfertigt im Sinne der §§ 2, 1 KSchG. Sie ist nicht durch im Streitfall allein in Betracht kommende dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt, die der Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen. Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 30.04.2009 war daher abzuändern und festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 22.09.2008 sozial ungerechtfertigt ist.
I. Die zur sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Änderungskündigung notwendigen dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Liegen dringende betriebliche Erfordernisse vor, die einer Beschäftigung eines Arbeitnehmers zu den bisherigen, unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, so kann eine betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigung gleichwohl nur dann wirksam sein, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billiger Weise hinnehmen muss. Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis des betreffenden Arbeitnehmers zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer dasÄnderungsangebote abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur BAG vom 26.06.2008 - 2 AZR 139/07 - AP Nr. 138 zu § 2 KSchG 1969 m. w. N. und vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 - AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969).
1. Ist eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, modifiziert § 125 InsO§ 1 KSchG. Es wird vermutet, dass die Kündigung des genannten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Ebenso wie § 1 Abs. 5 KSchG gilt § 125 InsO auch für Änderungskündigungen und erstreckt sich jedenfalls auf den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu den bisherigen Bedingungen und das Fehlen einer andereweitigen Beschäftigungsmöglichkeit (BAG vom 19.06.2007 - 2 AZR 304/06 - AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Namensliste). Die in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO enthaltene Vermutung der sozialen Rechtfertigung kommt jedoch nur zum Tragen, wenn der Insolvenzverwalter eine Betriebsänderung und die Existenz eines wirksamen Interessenausgleichs mit Namensliste darlegt und ggf. beweist (BAG vom 07.05.1998 - 2 AZR 536/97 - AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Soweit die Voraussetzungen für den Abschluss eines Interessenausgleichs nach dem Betriebsverfassungsgesetz fehlen, genügt es nicht, einen "freiwilligen" Interessenausgleich zu vereinbaren (vgl. ErfK/Gallner, 10. Aufl., Rn 3 zu § 125 InsO m. w. N.). Die Wirkung des § 125 InsO erstreckt sich insbesondere nicht auf Personengruppen, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht vom Betriebsrat repräsentiert werden (vgl. ErfK/Gallner, aaO., Rn 1 zu § 125 InsO m.w.N.).
2. Der Beklagte kann sich im Streitfall hinsichtlich des Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, nicht auf die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO berufen. Selbst wenn die Kammer zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass im Streitfall eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG vorlag, ist der Anwendungsbereich der Norm nicht eröffnet.
2.1 § 125 InsO setzt voraus, dass im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, mit dem ein Interessenausgleich nach § 111 BetrVG zustande kommt. Im Streitfall hat der Beklagte einen dreiseitigen Interessenausgleich mit Namensliste mit dem Betriebsrat der insolventen GmbH und der Mitarbeitervertretung des insolventen e. V. abgeschlossen. Der Betriebsrat der GmbH ist jedoch für die Klägerin, die Arbeitnehmerin des e. V. war, nicht zuständig. Der Interessenausgleich ist daher, soweit es die Klägerin betrifft, mit einem unzuständigen Betriebsrat abgeschlossen worden und insoweit unwirksam (vgl. die Nachweise bei ErfK/Gallner, aaO., Rn 4 zu § 125 InsO). Bei dem insolventen Ev. Altenheim-A-Stadt war eine Mitarbeitervertretung nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Konföderation der Ev. Kirchen Deutschlands (MVG-K) gebildet. Die für die Klägerin zuständige Mitarbeitervertretung ist aber kein Betriebsrat i. S. d. § 125 InsO. Anders als die, die Funktion von Betriebsräten übernehmenden, Vertretungen des fliegenden Personals von Luftfahrtunternehmen i. S. v. § 117 Abs. 2 BetrVG (BAG vom 26.04.2007 - 8 AZR 612/06 - EzA InsO § 125 Nr. 6) bedeutet die ausdrückliche Beschränkung in § 125 InsO auf § 111 BetrVG, dass die Norm in Einrichtungen der Religionsgemeinschaften unbeschadet deren Rechtsform nach§ 118 Abs. 2 BetrVG unanwendbar ist (vgl. ebenso zur Parallelregelung in § 1 Abs. 5 KSchG KR/Griebeling, 9. Aufl., Rn 703 a zu § 1 KSchG m. w. N.).
2.2 Es liegt kein Fall einer schließungsbedürftigen planwidrigen Gesetzeslücke vor, vielmehr verbietet sich eine analoge Anwendung geradezu wegen der Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen nach Art. 140 Grundgesetz (GG) i. V. m. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung (WRV).
2.2.1 Eine Analogie setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. In Abgrenzung von rechtspolitischen Vorstellungen gegenüber der Begründung einer Gesetzeslücke bedarf es eines Mehr, dass über die lediglich subjektive Einschätzung des Rechtsanwenders von einer "gelungenen" Rechtsgestaltung hinausgeht und die Erkenntnis vermittelt, was die Regelungsabsicht des Gesetzgebers war. Neben der Darlegung einer planwidrigen Gesetzeslücke, erfordert die analoge Anwendung der für einen Tatbestand im Gesetz gegebenen Regel auf einen vom Gesetz nicht geregelten Tatbestand, insbesondere die Begründung, dass beide Tatbestände infolge ihrer Ähnlichkeit in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten gleich zu bewerten sind (vgl. BVerfG vom 06.12.2005 - 1 BvR 1905/02 - BverfGE 115, 51 ff; BAG vom 25.04.2007 - 6 AZR 622/06 - AP Nr. 23 zu § 113 InsO-; BGH vom 13.04.2006 - IX ZR 22/05 - BGHZ 167, 178 m. w. N.).
2.2.2 Für die Annahme einer planwidrigen unbewussten Gesetzeslücke fehlt es schon an einem "Schweigen" des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat vielmehr eine Regelung für Betriebe ohne Betriebsrat in der Insolvenzordnung vorgesehen. Ist in einem Betrieb kein Betriebsrat vorhanden, steht dem Insolvenzverwalter das Verfahren nach § 126 InsO offen. Es verbietet sich daher schon die Annahme einer unbewussten Regelungslücke. Darüber hinaus fehlt es an der Ähnlichkeit kirchlicher Einrichtungen mit unter das BetrVG fallenden Betrieben. Der Gesetzgeber hat Einrichtungen der Religionsgemeinschaften, gleich in welcher Rechtsform sie betrieben werden, bewusst nach § 118 Abs. 2 BetrVG wegen ihrem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht aus der Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes herausgenommen, in § 125 InsO jedoch ebenso wie in § 1 Abs. 5 KSchG ausdrücklich auf § 111 BetrVG Bezug genommen. Eine dem § 111 BetrVG entsprechende Regelung fehlt im Übrigen auch im MVG-K. Im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts hat der kirchliche Gesetzgeber von einer entsprechenden Regelung mithin gerade abgesehen.
3. Da die Vermutungswirkung des § 125 InsO im zu entscheidenden Fall nicht greift, bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten hinsichtlich des Vorliegens hinreichend dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen entgegenstehen.
3.1 Besteht die vom Arbeitgeber angebotene Vertragsänderung - wie im Streitfall - allein in einer Absenkung der bisherigen Vergütung, so gelten nach der Rechtsprechung des BAG folgende Grundsätze:
Die Unrentabilität des Betriebes kann einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebs oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Da nach dem Gesetz die betrieblichen Erfordernisse "dringend" sein müssen und die Entgeltsenkung einen nachhaltigen Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeutet, kann dieÄnderungskündigung zur Entgeltsenkung nur dann begründet sein, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig bedarf es deshalb eines umfassenden Sanierungsplans, der alle gegenüber der beabsichtigtenÄnderungskündigung milderen Mittel ausschöpft. Vom Arbeitgeber verlangt das BAG in diesem Zusammenhang, dass er die Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und ferner darlegt, warum andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen (BAG vom 26.06.2008 aaO. m. w. N.).
3.2 Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Beklagten nicht gerecht. Der Beklagte kann sich zur Begründung der Kündigung insb. nicht auf die Sanierung des Betriebs nach einem Sanierungskonzept des Betriebserwerbers berufen.
3.2.1 Die Veräußererkündigung wegen Rationalisierungen aufgrund eines Sanierungskonzept des Erwerbers wird in Rechtsprechung in Literatur grundsätzlich anerkannt. Es bedarf jedoch eines verbindlichen Konzepts oder Sanierungsplans des Erwerbers, dessen Durchführung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits greifbare Formen angenommen haben muss. Allein Forderungen des Erwerbers zur Personalkostensenkung genügen dagegen nicht (vgl. zur Forderung, die Belegschaft zu verkleinern: BAG vom 20.03.2003 - 8 AZR 97/02 - AP Nr. 250 zu § 613 a BGB und ErfK/Preiss, 10. Aufl., Rz 167 ff zu § 613 a BGB). Im Streitfall hat der Beklagte ein verbindliches Konzept oder einen Sanierungsplan des Erwerbers dazu, dass aufgrund betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte eine Weiterbeschäftigung der Klägerin nur unter den geänderten Vertragsbedingungen möglich war, nicht dargelegt. Seine Ausführungen zu den Jahresfehlbeträgen in der Vergangenheit nebst Personalaufwand, die Mitteilung der Insolvenzeröffnung, neben Anzeige der Masseunzulänglichkeit sowie die pauschalen Ausführungen, dass in dem Erwerberkonzept als Maßnahmen Mietkostensenkung, Personalreduzierung, Anpassung des Pflegeschlüssels bei der Betreuung und schließlich Personalkosteneinsparungen vorgesehen waren, ersetzt nicht die Darlegung eines umfassenden Sanierungsplans und lässt insbesondere nicht nachvollziehen, dass alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausgeschöpft wurden. Trotz Hinweis des Gerichts vom 16.11.2009 (Bl. 154 d.A.) auf die vom BAG in der Entscheidung vom 26.06.2008 (aaO.) aufgestellten Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers bei der betriebsbedingten Änderungskündigung hat der Beklagte ergänzenden Vortrag nicht erbracht, sondern sich lediglich darauf berufen, die durchgeführten Maßnahmen seien aufgrund des Erwerberkonzepts und dem damit einhergehenden Erfordernis der Tarifangleichung zwingend notwendig gewesen.
3.2.2 Aus dem Vortrag des Beklagten, wie auch aus dem Inhalt der Dienstvereinbarung vom 17.09.2008, ergibt sich denn auch, dass wesentlicher Grund für die Änderungskündigung nicht die Absenkung der bisherigen Vergütung im Rahmen eines Sanierungskonzepts, sondern die Schaffung gleicher Arbeitsbedingungen im Rahmen eines (Teil)-Betriebsübergangs war. Die vom Erwerber, dem Diakonische Heime in K. e. V. übernommenen Arbeitnehmer des Vereins Ev. Altenheim L. e. V. und der Haus L. GmbH, für die bis dahin der BAT (Arbeitnehmer des Vereins Ev. Altenheim L. e. V.) bzw. ein "Haustarif" (Arbeitnehmer der Haus L. GmbH) galt, sollten mit Wirkung vom 01.01.2009 einheitliche Arbeitsverträge gem. AVR-K erhalten, wobei abweichend von den AVR-K zum Zwecke der Eingliederung die Vergütungen der beiden Beschäftigtengruppen innerhalb von 8 Jahren stufenweise an das Vergütungsniveau der AVR-K herangeführt werden sollten. Hierzu sollte die Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des früheren Vereins um 18 % (höchstens auf den Betrag, der sich aus der Anwendung des "Haustarifs" ergeben würde) abgesenkt, die Vergütung der nach "Haustarif" vergüteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dagegen jeweils zum 01.01., erstmals bereits zum 01.01.2010 um 1/8 der Differenz der bisher gezahlten individuellen Vergütung und dem Entgelt, das sich aus der Anwendung der AVR-K ergibt, erhöht werden. Sobald die Vergütung der ehemals nach "Haustarif" vergüteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund des jeweils zum 01.01. erfolgenden Anpassungsbetrages die abgesenkte Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ehemaligen Vereins übersteigt, sollte deren Vergütung so aufgestockt werden, dass sie der Höhe der jeweiligen Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Vergütung nach (angepassten) Haustarif entspricht. Nach dem Inhalt der Dienstvereinbarung ging es mithin vorrangig nicht um eine Absenkung der Vergütung als Beitrag der Arbeitnehmer im Rahmen eines umfassenden Sanierungskonzepts, sondern um eine Vereinheitlichung der Vergütungsstruktur. Nach der Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitgeber aber bei einer entgeltlichen Besserstellung einer Gruppe von Arbeitnehmern wirksam eine Änderungskündigung nicht zur Herbeiführung einer Lohngleichheit rechtfertigen. Das gilt auch, wenn er sich im Hinblick auf die angestrebte Neuregelung auf eine Betriebsvereinbarung berufen kann ((BAG vom 28.4.1982 - 7 AZR 1139/79 - AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; vom 16.05.2002 - 2 AZR 292/01 - AP Nr. 69 zu § 2 KSchG 1969 und vom 12.01.2006 - 2 AZR 126/05 - AP Nr. 82 zu § 2 KSchG 1969; BAG vom 20.01.2000 - 2 ABR 40/99 - AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972).
4. Die streitbefangene Änderungskündigung verstößt darüberhinaus gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Bestimmheitsgebot.
4.1. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Entgeltminderung billiger Weise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen (BAG vom 26.06.2008 - 2 AZR 139/07 - AP Nr. 138 zu § 2 KSchG 1969). Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Dabei dürfen sich alle angebotenen Änderungen nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als sie zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich sind. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar werden, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen besonderen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, die notwendig gewordene Anpassung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (BAG vom 15.01.2009 - 2 AZR 641/07 - AP nr. 141 zu § 2 KSchG 1969 m. w. N.).
Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss ferner eindeutig bestimmt bzw. zumindest bestimmbar sein . Es muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen. Nur so kann er seiner Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb einer kurzen Frist auf das Vertragsangebot eines Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden muss, ob er die geänderten Arbeitsbedingungen ablehnt oder mit oder ohne Vorbehalt annimmt, ist deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des BAG schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern, dass mit dem Änderungsangebot zweifelsfrei klar gestellt wird, zu welchen neuen Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen im Ergebnis zu Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG vom 15.01.2009, aaO.).
4.2 Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen mangelt es dem der Klägerin von dem Beklagten unterbreiteten Änderungsangebot bereits an der hinreichenden Bestimmtheit. Das Vertragsangebot ist intransparent und perplex. Aufgrund der angebotenen Regelungen in Ziff. 2 c) der Änderungskündigung wird für die Klägerin als Empfängerin des Angebots nicht hinreichend klar, wann welche Vergütungsregelungen für sie gelten sollen. Abgesehen davon, dass es offenbar eine am 19.07.2008 abschließend verhandelte Notlagenregelung nicht gibt und für die Klägerin als Erklärungsempfängerin keineswegs erkennbar war, dass es sich insoweit um einen Zahlendreher handelte, regelt auch die (wohl eigentlich gemeinte) Dienstvereinbarung vom 17.09.2008 nicht hinreichend eindeutig welche Vergütung genau die Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2017 erhalten wird, d. h. wie genau sich die schrittweise Heranführung an das nach AVR-K geltende Niveau gestalten soll. Es bleibt insbesondere völlig unklar, an welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der S. Wohnen GmbH sich die eventuellen Aufstockungsbeträge für die Klägerin gem. Ziff. 4 § 22 d) der Dienstvereinbarung orientieren sollten.
Zudem ist angesichts der völlig unbestimmten Regelung in Ziff. 4 § 22 c) der Dienstvereinbarung auch nicht nachvollziehbar, dass die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich geeignet und erforderlich sind, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den behaupteten geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Insoweit läßt der Vortrag des Beklagten insbesondere nicht erkennen, dass er lediglich solche Änderungen vorgeschlagen hat, die die Klägerin billigerweise hinnehmen muss. Angesichts dessen, dass sich bereits ab 01.01.2010 die Vergütungen der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GmbH erhöhen sollen, hält die Kammer darüber hinaus die der Klägerin und den anderen ehemaligen Arbeitnehmern des e.V. vorgeschlagene Absenkung um 18 % ihres Gehalts, die sich zudem auf alle Entgeltbestandteile bezieht, für unverhältnismäßig.
II. Über die Kosten des Verfahrens war auch hinsichtlich der teilweisen Berufungsrücknahme im Urteil unter Anwendung der §§ 516 (3), 92 ZPO zu entscheiden. Da der allgemeine Feststellungsantrag der Klägerin bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung - mangels weiterer Beendigungstatbestände - nicht begründet war und sie diesen Antrag im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 09.12.2009 zurückgenommen hat, waren die Kosten zwischen den Parteien im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zu verteilen.
III. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Brandes
Exner