Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.10.2009, Az.: 10 Sa 1692/08
Voraussetzungen für die Anwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Ausgleichsklauseln in Altverträgen; Unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers durch eine Ausgleichsquittung in einem Aufhebungsvertrag; Unbegründete Feststellungsklage zum Entstehen eines Beihilfeanspruchs
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.10.2009
- Aktenzeichen
- 10 Sa 1692/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 29240
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2009:1009.10SA1692.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hameln - 3 Ca 494/07 - 22.9.2008
Rechtsgrundlagen
- § 307 Abs. 1 S. 1 BGB
- § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
- Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB
- Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB
- § 256 Abs. 1 ZPO
Amtlicher Leitsatz
1. Auf Aufhebungsvereinbarungen, die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen wurden, findet das nunmehr in §§ 305 ff. BGB geregelte Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung.
2. Für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners.
3. Eine Ausgleichsquittung stellt nicht ohne weiteres eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, wenn sie Teil einer detaillierten Aufhebungsvereinbarung ist und nicht ersichtlich ist, dass sie unverfallbare oder unverzichtbare Ansprüche umfassen könnte.
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte,
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2009 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreher,
die ehrenamtliche Richterin Frau Koch,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Amon
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 22. September 2008 - 3 Ca 494/07 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger im Krankheitsfalle Beihilfe zu gewähren.
Der im Jahre 1942 geborene Kläger stand seit 1973 bis zum Ende des Jahres 1997, zuletzt als Abteilungsleiter, in den Diensten der Beklagten. Nachdem er einen Herzinfarkt erlitten hatte, schloss er mit der Beklagten unter dem 26./27. März 1997 eine Aufhebungsvereinbarung, wegen deren genauen Inhaltes auf Anlage 1 des Schriftsatzes der Beklagten vom 24. Juli 2008 (Bl. 75f. d. A.) verwiesen wird. Sie sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1997 unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe vor, die einer sachgerechten Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstünden. Weitere Klauseln der Aufhebungsvereinbarung regeln eine Abfindung in Höhe von 770.000,00 DM brutto, den Zeugnis-, Urlaubs- und Altersversorgungsanspruch, die Rückgabe von Gegenständen und andere Modalitäten. Ziffer 5. der Vereinbarung lautet:
"Es ist Herrn R. untersagt, nach seinem Austritt aus der D. GmbH für die Dauer von drei Jahren eine Tätigkeit für oder bei einem im unmittelbaren Wettbewerb stehenden Unternehmen auszuüben. Bei Zuwiderhandlung gegen diese Vereinbarung wird Herr R. mit einer Vertragsstrafe in Höhe der Abfindungssumme gemäß Punkt 2 dieses Aufhebungsvertrages belegt. Ansonsten sind mit dieser Vereinbarung alle gegenseitigen, gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis und dessen Beendigung, gleich welchen Rechtsgrundes sie sein mögen, bekannt oder unbekannt, abgegolten. Dies gilt auch für den Anspruch auf evtl. Sonderzahlungen.
Von dieser Ausgleichsklausel sind alle beiderseitigen vertraglichen Verpflichtungen, die bis zum Ende des Dienstverhältnisses andauern, ausgenommen. Weiterhin ist die betriebliche Altersversorgung von dieser Ausgleichsklausel ausgenommen. Nach derzeitigem Stand der Sozialgesetzgebung wird Herr R. frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine Sozialversicherungsrente beziehen können. Ab dem Zeitpunkt des Bezuges einer Sozialversicherungsrente erhält Herr R. gemäß seinem Versorgungsvertrag die zugesagten Leistungen von der D. GmbH.
In den Jahren 2002 und 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger Beihilfe in Anlehnung an die Beihilfevorschriften des Bundes in einer Gesamthöhe von etwa 500,00 Euro. Im Jahre 2006 verweigerte sie dem Kläger die beantragte Beihilfe mit der Begründung, ein Anspruch bestehe nicht; die beiden Zahlungen habe sie irrtümlich geleistet.
Der Kläger hat bestritten, dass es sich bei den Beihilfeleistungen um ein Versehen gehandelt habe. Er hat die Auffassung vertreten, er könne auch nach seinem Ausscheiden Beihilfe nach den Vorschriften des Bundes verlangen; sein Anspruch folge aus betrieblicher Übung, jedenfalls aber aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Ausschlussklausel gemäß Ziffer 5. der Aufhebungsvereinbarung erfasse den Anspruch nicht. Die Abfindungszahlung habe nach dem Willen der Parteien die Beihilfeansprüche nicht kapitalisieren sollen. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, die Regelung erfasse nur damals aktuelle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, nicht jedoch solche während des Ruhestandes. Ferner unterliege die Vereinbarung der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Erfasse die Ausschlussklausel auch Beihilfegewährungen im Ruhestand, so benachteilige ihn das unangemessen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über das Ende seines Dienstverhältnisses hinaus ab dem 1. Januar 1998 eine Beihilfe in Anlehnung an die Beihilfevorschriften des Bundes zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der eindeutige Wortlaut der Aufhebungsvereinbarung erfasse auch Beihilfeansprüche; hierfür spreche auch die außergewöhnliche Abfindungshöhe. Die Klausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB, weil sie vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes verwendet worden sei. Im Übrigen sei sie klar und verständlich und nicht unangemessen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, unabhängig davon, ob der Beihilfeanspruch durch betriebliche Übung begründet worden sei, bestehe er aufgrund der Ausgleichsklausel in der Aufhebungsvereinbarung nicht mehr. Dabei handele es sich um ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis. Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen seien im Interesse klarer Verhältnisse weit auszulegen. Nach dem Wortlaut umfasse die Klausel auch unbekannte Ansprüche, also solche, die den Parteien nicht bekannt seien oder an die sie nicht dächten, ferner solche, die noch gar nicht entstanden seien. Daher spiele auch die vom Kläger behauptete fehlende Kapitalisierung der Beihilfeansprüche keine Rolle. Die zweimalige Gewährung von Beihilfe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses spreche zwar zunächst für das Bestehen eines Anspruchs; der Kläger sei jedoch dafür beweisfällig geblieben, dass es sich bei der Zahlung nicht um ein Versehen gehandelt habe. Eine Inhaltskontrolle sei nicht durchzuführen, weil die Vorschriften über die Klauselkontrolle bei Vertragsschluss noch nicht anwendbar gewesen seien.
Gegen das ihm am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. November 2008 Berufung eingelegt und diese am 9. Dezember 2008 begründet.
Der Kläger meint, das Urteil beruhe auf fehlerhafter Auslegung des Aufhebungsvertrages. Der Umstand, dass krankheitsbedingte Beendigungsgründe ausdrücklich genannt seien, spreche gegen seinen Verzicht auf Beihilfeleistungen. Daher habe er bis zum Jahre 2006 auch keine Zweifel am Fortbestehen des Anspruchs gehegt, zumal auch die Beklagte die Beihilfe bis 2005 fortgewährt habe, also selbst vom Fortbestehen des Anspruchs ausgegangen sei. Sein Name befinde sich auf einer Liste der Berechtigten, welche die Beklagte dem mit der Abwicklung der Beihilfeansprüche nunmehr betrauten externen Versicherer übersandt habe. Die Beklagte lasse substantiierten Vortrag zu einer nur versehentlichen Beihilfegewährung vermissen. Die Ausschlussklausel der Aufhebungsvereinbarung halte den vorliegend anzuwendenden Kontrollmaßstäben der §§ 305 ff. BGB nicht stand. Da nach ihrem Wortlaut auch unverzichtbare Ansprüche ausgeschlossen seien, sei die Klausel intransparent. Daher bestehe nach wie vor ein Anspruch auf Beihilfe aus betrieblicher Übung wie auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz: Die Beklagte gewähre auch zwei anderen Pensionären Beihilfe ohne einzelvertragliche Zusage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 22. September 2008 - 3 Ca 494/07 - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über das Ende seines Dienstverhältnisses hinaus ab dem 1. Januar 1998 eine Beihilfe in Anlehnung an die Beihilfevorschriften des Bundes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, die Klage sei unzulässig, soweit Feststellung für die Vergangenheit begehrt werde, weil es dafür an einem rechtlichen Interesse fehle. Der Anspruch bestehe ferner allenfalls insoweit, als keine Krankenversicherung leiste. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus betrieblicher Übung seien nicht dargelegt; hier greife der arbeitsvertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt für Sonderzahlungen ein. Im Übrigen spreche die exorbitante Abfindungshöhe dafür, dass die Klausel auch den streitigen Anspruch erfasse. Die Aufhebungsvereinbarung sei kein Dauerschuldverhältnis und unterliege daher nicht der Klauselkontrolle.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
I. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist von ihm frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 ArbGG) und damit insgesamt zulässig.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht unter Verweis auf die Ausschlussklausel gemäß Ziffer 5. der Aufhebungsvereinbarung vom 26./27. März 1997 abgewiesen.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Der Antrag wahrt die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO.
aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse hat, das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald feststellen zu lassen. Eine allgemeine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis erstrecken. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 21.7.2009 - 9 AZR 279/08 - EzA-SD 2009, Nr. 20, 16; 15.9.2009 - 9 AZR 757/08 - sj 2009, Nr. 23, 39). Wird ein zunächst gegenwärtiges Rechtsverhältnis oder Teilrechtsverhältnis während des Rechtsstreits durch Zeitablauf zu einem vergangenen, bleibt die Feststellungsklage nur zulässig, wenn sich aus der beantragten Feststellung noch Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können (BAG 21.7.2009 - 9 AZR 279/08 - aaO.).
bb) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung. Für die Zukunft ergibt sich dies daraus, dass der Kläger den geltend gemachten Beihilfeanspruch nicht beziffern kann, weil er nicht wissen kann, ob und in welchem Umfang er Leistungen in Anspruch nehmen muss, die den Beihilfevorschriften des Bundes unterfallen. Für die Vergangenheit ist nicht ausgeschlossen, dass noch Ansprüche geltend gemacht werden können; so hat es die Beklagte im Jahre 2006 abgelehnt, Beihilfe zu gewähren, so dass aus Sicht des Klägers offene Ansprüche aus der Vergangenheit vorhanden sind.
b) Der Kläger war nicht gehalten, seinen Klageantrag auf den Ausgleich medizinischer Leistungen zu beschränken, die nicht durch gesetzliche oder private Krankenversicherungen abgedeckt sind. Sein Antrag nimmt § 14 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen in Bezug. Aus dieser Vorschrift ergibt sich bereits, in welchem Umfang Versicherungsleistungen anzurechnen sind. Mithin bedurfte es keiner ausdrücklichen inhaltsgleichen Einschränkung.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat sich das Arbeitsgericht Ausführungen zum Entstehen des Beihilfeanspruchs versagt, denn ein solcher Anspruch ist jedenfalls durch die Ausgleichsklausel für die Vergangenheit vernichtet und für die Zukunft gehindert worden. Diese Klausel unterliegt nicht der Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB, weil sie vor deren Inkrafttreten einbezogen wurde. Außerdem hielte sie einer solchen Kontrolle stand.
a) Auf die Aufhebungsvereinbarung ist das nunmehr in §§ 305 ff. BGB geregelte Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht anzuwenden. Gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB finden für Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, die bis zu diesem Tage geltenden Regelungen Anwendung. Etwas anderes gilt nach Satz 2 lediglich für Dauerschuldverhältnisse. Ein Aufhebungsvertrag begründet jedoch kein Dauerschuldverhältnis. Dementsprechend ist neues Recht nicht auf solche Aufhebungsverträge anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, ist nach den Grundsätzen intertemporalen Rechts vielmehr auf den Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung abzustellen (BAG 27.11.2003 - 2 AZR 177/03 - AP BGB § 312 Nr. 2 = BB 2004, 1858 [BAG 27.11.2003 - 2 AZR 177/03]). Dieser liegt deutlich vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.
b) Davon abgesehen hielte die Klausel auch einer Inhaltskontrolle nach den Maßstäben des heute geltenden Rechts stand. Sie umfasst eindeutig den vorliegend streitigen Anspruch; sie ist klar und verständlich und benachteiligt den Kläger auch inhaltlich nicht unangemessen.
aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (ständige Rechtsprechung, z. B. BAG 19.3.2008 - 5 AZR 429/07 - AP BGB § 305 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 34, auch zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen; 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP BGB § 307 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 26; 31.8.2005 - 5 AZR 545/06 - BAGE 115, 372 = AP ArbZG § 6 Nr. 8 = EzA ArbZG § 6 Nr. 6). Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners; der Verwender ist demgemäß verpflichtet, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen; sie müssen so gestaltet sein, dass der nicht rechtskundige Durchschnittsarbeitnehmer die benachteiligende Wirkung ohne Einholung von Rechtsrat erkennen kann (BAG 19.3.2008 - 5 AZR 429/07 - aaO. mwN).
Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 31.8.2005 - 5 AZR 545/04 - aaO.). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (BAG 18.4.2007 - 4 AZR 653/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 52).
bb) Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Auslegung ergibt zweifelsfrei, dass nach Ausscheiden des Klägers aus den Diensten der Beklagten etwa bestehende Ansprüche auf Beihilfezahlungen von der Ausschlussklausel erfasst werden sollten. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich um Ansprüche aus dem Dienstverhältnis und nicht außerhalb desselben. Der Kläger selbst stützt den Anspruch auf betriebliche Übung und hilfsweise auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, also auf arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlagen. Solche außerhalb des Arbeitsverhältnisses sind nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht vorgebracht.
Der Umstand, dass bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung Beihilfeansprüche, die sich auf die Zeit des Ruhestandes beziehen, noch nicht entstanden sein konnten, ändert hieran nichts. Die Ausschlussklausel umfasst ausdrücklich auch zukünftige Ansprüche. Ebenfalls unbehelflich ist das Vorbringen des Klägers, weder er noch die Beklagte hätten bei Abschluss der Vereinbarung an den Beihilfeanspruch gedacht. Hiergegen streitet der eindeutige Wortlaut der Klausel, wonach auch unbekannte Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, erfasst sind.
cc) Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Klausel auch klar und verständlich.
(1) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Bestimmungen unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich sind. Das Transparenzgebot hält den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben dazu an, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Arbeitnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (LAG Düsseldorf 13.4.2005 - 12 Sa 154/05 - LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 7 = DB 2005, 1463 mwN).
(2) Nach diesen Maßstäben ist die Ausgleichsklausel hinreichend transparent. Im Unterschied zum Sachverhalt, der der vom Kläger angezogenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (5.6.2007 - 12 Sa 524/07 - LAGE BGB 2002 § 307 Nr. 13 = EzA-SD 2007, Nr. 17, 8) zugrunde liegt, besteht bei der Verwendung der vorliegenden Klausel nicht die Gefahr, der Arbeitnehmer könne annehmen, auch unverzichtbare oder unverfallbare Ansprüche würden erfasst. Folgt man, wie schon bisher, der Prämisse des Klägers, es handele sich nicht um eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen, so richtete sich die Ausgleichsquittung an Arbeitnehmer, deren Ansprüche sich nicht nach Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen regeln. Angesprochen sind dann vielmehr nur solche Arbeitnehmer, die einer höheren Leitungsebene angehören, so dass die Ansprüche ausschließlich einzelvertraglich geregelt sind. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Ausgleichsquittung vorliegend nicht die unverzichtbaren Urlaubs- und Altersversorgungsansprüche erfasst, weil diese an anderer Stelle gesondert geregelt und damit ausgenommen sind.
dd) Auch durch den Inhalt der Klausel wird der Kläger nicht unangemessen benachteiligt.
(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH 30.11.2004 - X ZR 133/03 - NJW 2005, 422). Für Ausgleichsquittungen gilt dies, wenn keine kompensatorische Gegenleistung des Arbeitgebers vorliegt (z. B. LAG Schleswig-Holstein 24.9.2003 - 3 Sa 6/03 - NZA-RR 2004, 74 = BB 2004, 608; vgl. zum formularmäßigen Klageverzicht BAG 6.9.2007 - 2 AZR 722/06 - BAGE 124, 59 = AP KSchG 1969 § 4 Nr. 62 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 29).
(2) Vorliegend ist die Ausgleichsquittung dem Kläger nicht etwa ohne jede Gegenleistung Bestandteil des Aufhebungsvertrages geworden. Vielmehr ist sie Teil eines Gesamtpaketes, das zahlreiche Regelungen auch zugunsten des Klägers enthält, allen voran eine Abfindung in Höhe einer guten Dreiviertelmillion DM. Zu Recht hat das Arbeitsgericht ein legitimes Interesse der Beklagten bejaht, eine Regelung zu treffen, die das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigt und weitere Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen weitestgehend verhindert. Der Kläger wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.
III. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen, lagen nicht vor. Alle entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich geklärt. Eine Divergenz zu der zitierten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg besteht nicht.
Koch
Amon