Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.02.1999, Az.: 9 Sa 1764/98
Anwendbarkeit der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes und Betonsteingewerbes; Begriff eines Betriebes
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 17.02.1999
- Aktenzeichen
- 9 Sa 1764/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 17746
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0217.9SA1764.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 TVG
- § 4 Abs. 5 TVG
- § 1 Abs. 2 Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau
In dem Rechtsstreit
hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12.05.1998 - 8 Ca 33/98 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis im Betrieb der Beklagten in ... die Tarifverträge des Bauhauptgewerbes oder die für das Betonsteingewerbe (Beton- und Fertigteilindustrie und Betonsteinhandwerk) zur Anwendung kommen.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1972 beschäftigt. Bis 1989 war er Mitglied Bau-Steine-Erden. Er ist als Tischler tätig. Zu seinen Aufgaben gehören der Formenneu-, -ein und -umbau sowie Reparaturarbeiten.
Die Beklagte betreibt in ... ein Betonfertigteilwerk. Sie stellt dort konstruktive Fertigteile für Hallen, Schulgebäude, Bürogebäude und Mehrfamilienhäuser (Plattenbauhäuser) sowie Brückenteile und Garagen her. Die Beklagte verkauft zum Teil Betonfertigteile an andere Firmen, die diese dann zusammenbauen bzw. montieren. Zum Teil verkauft sie aber auch ein Gesamtwerk. Ursprünglich produzierte und montierte die Beklagte im letzteren Fall die Fertigteile, vergab dabei auch in der Vergangenheit je nach Arbeitsanfall Spitzen in der Montage an Subunternehmer. Die Beklagte beschäftigt zur Zeit ca. 21 gewerbliche Arbeitnehmer in der Produktion des Fertigteilwerks ..., in der Montage noch ca. drei Arbeitnehmer. Wegen erheblichen Arbeitsmangels wurden im Jahre 1997 teilweise Arbeitnehmer aus der Produktion auch auf den Baustellen bei der Montage eingesetzt. Soweit die Montage nicht durch eigene Arbeitnehmer vorgenommen wird, bedient sich die Beklagte Subunternehmen. Dabei wird von der Beklagten auf den Baustellen dieser Subunternehmen ein Bauleiter eingesetzt, der dafür zu sorgen hat, dass das Bauwerk termingerecht und in qualitativ einwandfreiem Zustand fertiggestellt wird. Ein Direktionsrecht gegenüber den Arbeitnehmern des Subunternehmers hat der Bauleiter nicht.
Im Jahre 1997 produzierte die Beklagte insgesamt 2003 Fertigteile. Davon wurden 855 Teile in Eigenmontage verbaut. 561 Teile wurden an Drittfirmen veräußert, ohne dass die Beklagte an dem Zusammenbau bzw. der Montage beteiligt war. 558 Teile wurde durch Subunternehmen der Beklagten verbaut. Die produzierten Teile differieren nach Größe und Gewicht erheblich. Gleichwohl ist zwischen den Parteien nicht strittig, dass die Stückzahlanteile in etwa den Tonnageanteilen entsprechen.
Die Beklagte war bis zum 31.12.1997 Mitglied im Verband der Bauindustrie und nahm am Sozialkassenverfahren der ZVK-ULAK in ... teil. Zum 01.01.1998 trat die Beklagte dem Verband der Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V. bei. Seither ist das Beitragskonto bei der ZVK in ... ruhend gestellt.
Unter dem 24.09.1997 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine "Überleitungsvereinbarung" hinsichtlich der Anwendung der Tarifverträge für die Beton- und Fertigteilindustrie ab 01.01.1998, wegen deren vollständigen Inhalts auf Bl. 23 d.A. 9 Sa 1764/98 verwiesen wird.
Infolge des Verbandswechsels will die Beklagte dem Kläger in Zukunft weniger Vergütung bezahlen, als es sich aus den Lohn- und Gehaltstarifverträgen des Bauhauptgewerbes ergäbe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen der Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung über den 01.01.1998 hinaus zur Anwendung kommen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
begehrt und die Auffassung vertreten, wegen des Verbandswechsels kämen nicht mehr die Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe sondern die der Beton- und Fertigteilindustrie zur Anwendung, weil die produzierten Fertigteile überwiegend durch Subunternehmer montiert bzw. an unbeteiligte Dritte veräußert wird.
Durch Urteil vom 12.05.1998 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Streitwert auf 12.806,82 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Tarifverträge für das Baugewerbe seien auch nach dem 01.01.1998 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, weil das Werk ... der Beklagten jedenfalls von § 1 Abs. 2 Abschnitt II BRTV-Bau erfaßt werde. Die prägende Zweckbestimmung des Werkes ... ergebe sich auch aus der Montage im Rahmen von Werklieferungsverträgen, bei der die Fremdmontage durch Subunternehmer wie eigene Montagetätigkeit der Beklagten zuzurechnen sei. Deshalb sei die Beklagte nicht aus dem betrieblich/fachlichen Bereich des BRTV-Bau herausgewachsen. Auch der Verbandswechsel führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Beton- und Fertigteilindustrie und dem Betonsteinhandwerk Nord-Westdeutschland greife von seinem fachlichen Geltungsbereich nicht ein. Denn die Beklagte veräußere nicht zum überwiegenden Teil Betonfertigbauteile an nichtbeteiligte Dritte. Die Bauherren, an die die Beklagte Gesamtbauwerke verkaufe, seien nicht als "nichtbeteiligte Dritte" zu qualifizieren. Nichtbeteiligte Dritte im Sinne der Tarif Vorschrift des RTV-Betonsteingewerbes könnten nur Firmen sein, an die die hergestellten Betonfertigteile im Sinne von Kaufverträgen veräußert würden. Da nicht ein neuer Tarifvertrag nach dem Verbandswechsel der Beklagten auf ihren Betrieb anwendbar sei, werde auch die Nachwirkung des bisherigen Tarifvertrages nicht beendet. Die Überleitungsvereinbarung vom 24.09.1997 könne die Nachwirkung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG nicht beenden.
Gegen dieses ihr am 06.07.1998 zugestellte Urteil vom 12.05.1998 hat die Beklagte mit einem am 04.08.1998 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie zugleich begründet hat.
Mit der Berufung will die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 03.08.1998 (Bl. 74-84 d.A.) erreichen.
Sie meint, die Tarifverträge des Bauhauptgewerbes seien weiter anzuwenden, mit dem Vollzug des Verbandswechsels zum 01.01.1998 sei die Beklagte aus dem Geltungsbereich des BRTV-Bau und der damit im Zusammenhang stehenden Lohn- und Gehaltstarifverträge bzw. dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren Baugewerbe herausgewachsen. Ihr Betrieb falle unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I. bis III. geprüft werden müßten. Von § 1 Abs. 2 Abschnitt II. BRTV-Bau werde das Werk ... der Beklagten dagegen nicht erfaßt. Die prägende Zweckbestimmung des Werkes ... sei die Herstellung von Betonfertigteilen. Die Beklagte falle nicht unter den Beispielskatalog des Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau, vielmehr unter den fachlichen Geltungsbereich des RTV/MTV für die gewerblichen bzw. angestellten Arbeitnehmer in der Beton- und Fertigteilindustrie und dem Betonsteinhandwerk Nord-Westdeutschland vom 14. September 1993. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Klägers füge sie (die Beklagte) in ihrem Werk ... nicht überwiegend Fertigbauteile zu Bauwerken zusammen, sie baue sie auch nicht im Tarifsinne ein, vielmehr stelle sie überwiegend Fertigbauteile her und veräußere sie. Denn die Fremdmontage erfülle im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts nicht die Tarifmerkmale des § 1 Abs. 2 Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Nachunternehmerarbeiten der Beklagten zugerechnet. Die Stichtagsregelungen des § 1 Abs. 2 unter Abs. 1 RTV bzw. MTV Betonsteingewerbe hätten für den Betrieb der Beklagten in Salzgitter keine Bedeutung, da dieser Betrieb die Voraussetzungen von § 1 Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau gerade nicht erfülle.
Die Beklagte beantragt daher,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12.05.1998 - 8 Ca 33/98 - zugestellt am 06. Juli 1998, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.
Gründe
Die Berufung ist begründet, weil die Klage zulässig und begründet ist.
Die Feststellungsklage ist zulässig, weil die gerichtliche Feststellung geeignet ist, alle Streitpunkte zwischen den Parteien zu klären, die mit der Frage zusammenhängen, welcher Tarifvertrag seit dem 01.01.1998 anwendbar ist. Die Beklagte hat außerdem in der Berufungsverhandlung zu Protokoll erklärt, sie werde im Falle einer rechtskräftigen Feststellung, dass die Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe anzuwenden seien, sich danach richten.
Die Klage ist auch begründet, weil die Beklagte mit ihrem Fertigteilwerk in ... seit dem 01.01.1998 nicht mehr dem fachlichen Geltungsbereich der Bautarife unterfällt. Unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau fallen nach dessen § 1 Abs. 2 S. 2 alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I. bis IV. fallen. Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau gehören zu den in den Abschnitten I. bis III. genannten Betrieben diejenigen, in denen folgende Arbeiten ausgeführt werden.
"Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmens Zusammenschlüssen - unbeschadet der gewählten Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden."
Gleichlautend ist der betriebliche Geltungsbereich in den Rahmentarifverträgen für die Poliere des Baugewerbes und für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes geregelt.
Dagegen werden von dem fachlichen Geltungsbereich des RTV/MTV für die gewerblichen bzw. angestellten Arbeitnehmer in der Beton- und Fertigteilindustrie und dem Betonsteinhandwerk Nord-Westdeutschland vom 14. September 1993 erfaßt:
"Beton- und Betonfertigteilwerke".
1.
Hierunter fallen alle industriellen und handwerklichen Betriebe, die Betonwaren, Stahlbetonwaren, Porenbetonerzeugnisse, Betonwerkstein und Betonfertigbauteile aller Art. stationär herstellen und diese zum überwiegenden Teil an nicht beteiligte Dritte veräußern.2.
Werden die hergestellten Fertigbauteile dagegen zum überwiegenden Teil durch den Herstellbetrieb selbst, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der gewählten Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken zusammengefügt oder eingebaut (Fertigteilherstellung im Baubetrieb gem. § 1 Abs. V Ziff. 12 des BRTV Bau) so fällt der herstellende Betrieb nur dann unter diesen Tarifvertrag, wenn er Mitglied eines der vertragsschließenden Verbände ist und entweder
1. bereits am 01.05.1974 dort Mitglied war oder
2.nach dem 01.05.1974 als Niederlassung eines gemäß 1.) ausgenommenen Verbandsmitglieds gegründet worden ist und sich mit seiner Betriebstätigkeit der Art. nach im Rahmen der Betriebstätigkeit des Stammbetriebs hält oder
3. nach dem 01.05.1974 gegründet und vor Ablauf eines Jahres nach der Produktionsaufnahme Mitglied eines der vertragsschließenden Verbände geworden ist, ohne zuvor die Mitgliedschaft in einem Verband des Baugewerbes erworben zu haben.
Ein Betrieb wird trotz Vorliegens der unter 1) bis 3) genannten Voraussetzungen nicht von diesem Tarifvertrag erfaßt, wenn er
- 1.
vor dem 01.05.1974 zugleich Mitglied in einem Verband des Baugewerbes war und am 01.05.1974 die Rahmen- und Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes für die Mehrzahl seiner Arbeitnehmer angewendet hat oder
- 2.
nach dem 01.05.1974 Mitglied in einem Verband des Baugewerbes geworden ist und die Rahmen- und Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes für die Mehrzahl seiner Arbeitnehmer anwendet.
Als Betriebe gelten auch selbständige Betriebsabteilungen.
Tarifverträge sind im normativen Teil wie Gesetze auszulegen. Danach ist zunächst anhand des Tarifwortlauts der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien nur mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (BAG AP.-Nr. 117, 121 zu § 1 TVG Auslegung, ständige Rechtsprechung). Weitere Auslegungskriterien, wie Tarifgeschichte, Tarif Übung, Entstehungsgeschichte sowie der verfolgte Zweck sind heranzuziehen, wenn der Wortlaut nicht eindeutig und der Auslegung zugänglich ist. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG AP.-Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge Großhandel).
§ 1 Abs. 2 Abschnitt V. Ziff. 13 BRTV-Bau bestimmt, dass ein Betrieb, der Fertigbauteile herstellt, dann dem Bautarifvertrag unterfällt, wenn er mit den von ihm hergestellten Fertigbauteilen überwiegend entweder selbst ein Bauwerk erstellt oder sie in ein Bauwerk einbaut. Gleichgesetzt wird der Fall, dass das Bauwerk von einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut wird. Die Subunternehmer, die die von der Beklagten gelieferten Fertigteile zu einem Bauwerk zusammenfügen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht, sie gehören nicht zum Betrieb der Beklagten, sie gehören auch nicht einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder einem Unternehmensverbund der Beklagten an; die Montagearbeiten der eigenständigen Subunternehmer sind der Beklagten auch nicht als eigene Montageleistungen zuzurechnen. Mit den selbstverbauten Fertigbauteilen baut die Beklagte nicht zum überwiegenden Teil Fertigbauteile ein.
Nach dem Wortlaut und dem Sinn der Ziff. 13 ist es entscheidend, ob von dem Betrieb selbst und/oder einem Betrieb des gleichen Unternehmens bzw. des Unternehmensverbandes ein Bauwerk mit Hilfe der selbsthergestellten Fertigbauteile zusammengefügt oder eingebaut wird. Mit der 11. Kammer des LAG ist auch die erkennende Kammer der Auffassung, dass die Abgrenzung in Ziff. 13 S. 1 2. Halbsatz zeigt, dass die Tarifvertragsparteien den Fall regeln wollten, dass das Fertigbauteil nicht vom Hersteller selbst, sondern von anderen Betrieben eingebaut wird. Dabei haben die Tarifvertragsparteien diese von anderen Betrieben erbrachten Bauleistungen dem Herstellungsbetrieb nur dann zugeordnet, wenn es sich um Betriebe handelt, die mit dem Hersteller der Fertigteile in der in der Tarifvorschrift deffinierten Weise verbunden sind. Den Tarifvertragsparteien kann nicht fremd gewesen sein, dass es auch nicht in dieser Weise verbundene Subunternehmer geben muß. Deshalb kann aus der eingeschränkten Zuordnungsregelung nur der Schluß gezogen werden, dass Bauleistungen von unverbundenen Subunternehmern dem Herstellungsbetrieb nicht zuzurechnen sind.
Ob die von Subunternehmern erbrachten Leistungen der Beklagten zuzurechnen wären, wenn die Beklagte die von den Subunternehmern eingesetzten Arbeitnehmer einwiese, überwachte und kontrollierte, kann unbeantwortet bleiben. Denn der Streitfall liegt nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten nicht so. Der Bauleiter der Beklagten hat gegenüber den Arbeitnehmern der Subunternehmer kein Direktionsrecht, seine Überwachungstätigkeit ist werkbezogen, nicht arbeitnehmerbezogen. Eine Einweisung, Überwachung und Kontrolle der Arbeitnehmer der Subunternehmer durch den Bauleiter der Beklagten behauptet der Kläger selbst nicht.
Entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt der Betrieb der Beklagten in Salzgitter die Voraussetzungen der Geltungsvorschrift in § 1 Abs. 2 Ziff. 1 des MTV bzw. RTV für die Beschäftigten in der Beton- und Fertigteilindustrie Nord-Westdeutschlands. Die Beklagte stellt Betonfertigbauteile aller Art. stationär her und veräußert diese zum überwiegenden Teil auch an nichtbeteiligte Dritte. Die klägerische Meinung, mit "nichtbeteiligte Dritte" sei der anonyme Markt umschrieben, ist irrig. Die tarifvertragliche Regelung korrespondiert vielmehr mit Ziff. 13 des Abschnitts V. in § 1 Abs. 2 BRTV-Bau und will sicherstellen, dass die Veräußerung an einen "beteiligten" Betrieb im Sinne der letztgenannten Vorschrift nicht die Anwendbarkeit der Tarifverträge für das Betonsteingewerbe auslöst.
Zutreffend ist die Beklagte der Auffassung, dass die Stichtagsregelung in § 1 Abs. 2 Ziff. 2 RTV/MTV für die Beschäftigten des Betonsteingewerbes keine Bedeutung haben.
Die Tarifverträge des Bauhauptgewerbes finden auch nicht kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ab dem 01.01.1998 Anwendung. § 3 Abs. 3 TVG, wonach die Tarifgebundenheit solange bestehen bleibt, bis der Tarifvertrag endet, greift nicht ein. Denn ein Betrieb, dessen Zweck sich ändert, verbleibt nur dann im fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages, wenn dieser Tarifvertrag auch für an sich branchenfremde Betriebe gelten soll. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Vielmehr ist der Betrieb der Beklagten aus dem Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes herausgewachsen. In einem solchen Fall wirkt der alte Tarifvertrag nicht fort (vgl. BAG Urteil vom 10.12.1997, NZA 1998, 488 [BAG 10.12.1997 - 4 AZR 193/97], m.w.N.).
Auch § 4 Abs. 5 TVG führt nicht zur Fortgeltung der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes. Die Vorschrift bestimmt zwar, dass die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nach dessen Ablauf weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Beim Herauswachsen eines Betriebes aus dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages ist dieser Tarifvertrag aber nicht "abgelaufen". Allerdings kommt in Fällen, in denen die Tarifbindung entfällt, eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 4 Abs. 5 TVG in Betracht, weil die Vorschrift zur Vermeidung inhaltsleerer Arbeitsverhältnisse dient. Ist aber - wie hier - nach dem Herauswachsen eines Betriebes aus dem Geltungsbereich eines Tarifvertrages ein anderer Tarifvertrag anwendbar, so entsteht ein inhaltsleeres Arbeitsverhältnis nicht.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 91 Abs. 1 ZPO.