Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.07.1999, Az.: 4 Sa 2647/98

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
19.07.1999
Aktenzeichen
4 Sa 2647/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 33145
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1999:0719.4SA2647.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Wilhelmshaven - 28.09.1998 - AZ: - 2 Ca 100/98

Amtlicher Leitsatz

Beginnt die Frist für die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, erst nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens, so gilt dies nicht für die Rechtskraft anderer Entscheidungen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, unabhängig von einer arbeitgeberseitigen Kündigung (im Anschluß an BAG Urt. v. 12.11.1998 - 8 AZR 301/97 - NZA 99, 715).

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 28.09.1998 - 2 Ca 100/98 - abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Lohn aus Annahmeverzug verlangen kann.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Eisenflechter mit einem Bruttostundenlohn in Höhe von 21,00 DM und einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes (künftig: BRTV-Bau) Anwendung.

3

In der Zeit vom 21.03. bis zum 18.04.1997 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog in diesem Zeitraum von der DAK Krankengeld in Höhe von 2.587,00 DM. Nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung teilte die Beklagte dem Kläger am 25.03.1997 schriftlich mit, aufgrund seiner mündlichen Kündigung vom 20.03.1997 sei das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt beendet worden.

4

Am 23.05.1998 erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven mit den Anträgen, die Beklagte zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen und festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Eigenkündigung vom 20.03.1997 beendet worden sei.

5

Das Arbeitsgericht gab der Klage durch Urteil vom 06.10.1997 statt (2 Ca 451/97 ArbG Wilhelmshaven). Die gegen das Urteil eingelegte Berufung nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.01.1998 zurück (4 Sa 2460/97 LAG Niedersachsen).

6

In der Zeit vom 19.04. bis zum 31.10.1997 bezog der Kläger von der Bundesanstalt für Arbeit Arbeitslosengeld in Höhe von 8.601,60 DM netto.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihm aus Annahmeverzug zur Zahlung von 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto für den Zeitraum vom 19.04. bis zum 29.09.1997 verpflichtet.

8

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettodifferenzbetrag ab 31.10.1997 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte hat behauptet, sie habe den Kläger nach seiner Genesung vergeblich aufgefordert, die Tätigkeit bei ihr wieder aufzunehmen. Sie hat die Ansicht vertreten, etwaige Ansprüche des Klägers seien nach § 16 BRTV-Bau verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 28.09.1998 verurteilt, an den Kläger 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit dem 31.10.1998 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei dem Kläger für die Zeit vom 19.04. bis zum 29.09.1997 aus Annahmeverzug zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Der Anspruch des Klägers sei nicht nach § 16 BRTV-Bau verfallen. Eine schriftliche Geltendmachung sei dann nicht geboten, wenn zwischen den Parteien noch ein Rechtsstreit über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses schwebe.

12

Gegen das ihr am 22.10.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.11.1998 Berufung eingelegt und sie am 30.11.1998 begründet.

13

Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest, die Ansprüche des Klägers seien gemäß § 16 BRTV-Bau verfallen. Der Kläger habe seine Lohnansprüche ungeachtet des vor dem Arbeitsgericht anhängigen Rechtsstreits anhängig machen müssen, um die Ausschlußfrist gemäß § 16 BRTV-Bau zu wahren.

14

Die Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 28.09.1998 abzuändern und die Klage abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

16

Der Kläger bestreitet, von der Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung aufgefordert worden zu sein. Er verteidigt im übrigen das angefochtene Urteil als zutreffend nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 08.12.1998.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Gründe

18

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 ZPO).

19

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht ein Vergütungsanspruch aus § 615 BGB für die Zeit vom 19.04. bis zum 29.09.1997 gegen die Beklagte nicht zu.

20

1.

Ein etwa bestehender Vergütungsanspruch des Klägers ist nach § 16 des Bundesrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes verfallen, der wie folgt lautet:

  1. 1

    Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

  2. 2

    Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt nicht für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens.

21

2.

§ 16 BRTV-Bau begründet eine sog. zweistufige Ausschlußfrist. Hierin wird zunächst die schriftliche Erhebung der beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zwei Monate nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei (§ 16 Abs. 1 BRTV-Bau, 1. Stufe) und - sofern sich dies als fruchtlos erweist - nach Ablehnung von weiteren zwei Monaten eine entsprechende gerichtliche Geltendmachung (§ 16 Abs. 2 BRTV-Bau, 2. Stufe) vorgeschrieben.

22

a)

Der Kläger hat die 1. Stufe der Ausschlußfrist durch die der Beklagten am 29.05.1997 zugestellte Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Eigenkündigung vom 20.03.1997 aufgelöst worden sei, gewahrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urt. v. 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 - AP Nr. 46 zu § 615 BGB) ist für den Bereich der privaten Wirtschaft die Erhebung einer Kündigungsschutzklage je nach Lage des Falles ein ausreichendes Mittel, um die Ansprüche, die während des Kündigungsrechtsstreits fällig werden und von dessen Ausgang abhängen, "geltend zu machen", sofern die einschlägige Verfallklausel nur formlose oder schriftliche Geltendmachung verlangt. In derartigen Fällen sei über den prozessualen Inhalt des Kündigungsschutzbegehrens hinaus das Gesamtziel der Klage zu beachten. Dieses Ziel beschränke sich in der Regel nicht auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes, sondern sei zugleich auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust der Arbeitsstelle möglicherweise verlorengingen. Im allgemeinen sei dieses Ziel dem Arbeitgeber klar erkennbar. Damit sei er aber bei solchen Ausschlußklauseln, die nicht bestimmte prozessuale Maßnahmen verlangen, gehörig von dem Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung bedrohten Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten.

23

Die Grundsätze dieser gefestigten, zuletzt durch Urteil vom 03.12.1998 (2 AZR 761/97) bestätigten Rechtsprechung sind auf den Streitfall übertragbar. Das Ziel der vom Kläger am 23.05.1997 erhabenen allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO war nicht nur auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes, sondern zugleich auf die Sicherung seiner Ansprüche - des Beschäftigungs- und Lohnanspruchs - gerichtet. Das wird durch den im Wege der objektiven Klagehäufung verfolgten Antrag auf (Weiter-)Beschäftigung hinreichend deutlich.

24

c)

Der Kläger hat indes die 2. Stufe der Ausschlußfrist - die gerichtliche Geltendmachung innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung - nicht gewahrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfordert die gerichtliche Geltendmachung von Lohnansprüchen die Erhebung einer fristgerechten Lohnklage (vgl. BAG Urt. v. 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 - AP Nr. 46 zu § 615 BGB). Bei einer zweistufigen Ausschlußklausel ersetzt eine allgemeine Feststellungsklage nicht die gerichtliche Geltendmachung, wie sie für die 2. Stufe verlangt wird. Streitgegenstand einer allgemeinen Feststellungsklage ist nur das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, nicht aber das Bestehen von Forderungen. Obsiegt der Arbeitnehmer, steht damit noch nicht fest, ob und in welcher Höhe er einen Vergütungsanspruch hat. Die 2. Stufe beginnt gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 BRTV-Bau an sich mit der Ablehnung des schriftlich geltend gemachten Anspruchs. Diese Ablehnung ist im Streitfall im Abweisungsantrag der Beklagten im Vorprozeß zu sehen. Die Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß war keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütungsansprüche.

25

Diese Ansprüche wurden vielmehr zu demselben Termin fällig wie bei einer weiteren Arbeitsleistung des Klägers. Die zweimonatige Frist für die gerichtliche Geltendmachung hat der Kläger mit der am 26.01.1998 erhobenen Zahlungsklage nicht gewahrt.

26

3.

§ 16 Abs. 2 S. 3 BRTV-Bau steht dem Verfall nicht entgegen. Diese Bestimmung modifiziert die Rechtslage zugunsten des Arbeitnehmers für Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens. Diese Ausnahmevorschrift greift im Streitfall nicht ein.

27

a)

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lassen sich auch so zuverlässige Auslegungsergebnisse nicht gewinnen, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages und die praktische Tarifübung zurückgreifen (vgl. BAG Urt. v. 16.06.1998 - 5 AZR 638/97 - AP Nr. 212 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

28

b)

Die Begriffe "Kündigungsschutzprozeß" bzw. "Kündigungsschutzverfahren" haben im juristischen Sprachgebrauch eine vorgegebene Bedeutung. Verwenden die Tarifvertragsparteien einen Begriff, der in der Rechtsterminologie eine vorgegebene Bedeutung hat, ist davon auszugehen, daß sie ihn auch in ihrem Regelungsbereich, sofern sie nicht selbst etwas anderes bestimmen, in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwendet und angewendet wissen wollen (st. Rspr. des BAG, vgl. Urt. v. 25.11.1987 - 4 AZR 361/87 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). In einem Kündigungsschutzverfahren geht es um den geltend gemachten Kündigungsschutz, der sich auf Bestimmungen stützt, die Schranken für das freie Kündigungsrecht des Arbeitgebers ziehen. Der Begriff "Kündigungsschutzprozeß" umfaßt nach seinem Wortlaut nicht Rechtsstreitigkeiten, in denen über den Ausspruch einer Eigenkündigung, um die Wirksamkeit einer Befristung oder eines Aufhebungsvertrages gestritten wird.

29

c)

Für die Annahme, daß mit "Kündigungsschutzprozeß" abweichend vom Wortlaut jeder Rechtsstreit über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gemeint ist, geben weder der Gesamt Zusammenhang der Regelung noch der in der Regelung selbst erkennbar werdende Sinn und Zweck hinreichende Anhaltspunkte.

30

§ 16 Abs. 2 S. 3 BRTV-Bau will verhindern, daß über Entgeltansprüche ein Rechtsstreit geführt wird, bevor überhaupt feststeht, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die Vorschrift begünstigt nicht nur den Arbeitnehmer, indem sie ihm gestattet, seine Ansprüche erst nach Beendigung des Kündigungsschutzprozesses gerichtlich zu machen, sie schützt zugleich den Arbeitgeber. Dieser soll nicht genötigt sein, sich zu Ansprüchen des Arbeitnehmers, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen, schon vor der Beendigung des Rechtsstreits zu erklären. Solange der Arbeitgeber davon ausgeht, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet worden ist, muß er die geltend gemachten Ansprüche ablehnen. Diese Ablehnung muß nach § 16 Abs. 2 S. 1 BRTV-Bau dazu führen, daß der Arbeitnehmer wegen seiner Ansprüche Klage erhebt, auf die der Arbeitgeber sich einlassen muß. Gerade das will § 16 Abs. 2 S. 3 BRTV-Bau verhindern (vgl. BAG Urt. v. 22.10.1980 - 5 AZR 453/78 - AP Nr. 69 zu § 4 TVG Ausschlußfristen).

31

Der Sinn und Zweck der Regelung spricht zwar eher dafür, sie auch auf andere Bestandsschutzstreitigkeiten auszudehnen, bei denen eine ähnliche Interessenlage besteht. Gegen eine Ausdehnung spricht hingegen die Tarif Systematik. § 16 Abs. 2 S. 3 BRTV-Bau enthält eine Ausnahmeregelung, die dem Grundsatz unterliegt, daß Ausnahmebestimmungen eng auszulegen sind. Zudem war den Tarifparteien bei Abschluß des Tarifvertrages bekannt, daß es auch andere Bestandsschutzstreitigkeiten gibt, bei denen ähnliche Risiken bestehen. Es hätte nahegelegen, auch diese entsprechend zu regeln, wenn dies gewollt gewesen wäre (vgl. BAG Urt. v. 12.11.1998 - 8 AZR 301/97).

32

4.

Die Tarifgeschichte stützt die auf den Wortlaut gestützte enge Auslegung. Die Ausnahmevorschrift des § 16 Abs. 2 S. 3 BRTV-Bau hat durch den Tarifvertrag vom 03.02.1981 Eingang in die Bestimmung des § 16 Abs. 2 gefunden. Die Tarifvertragsparteien haben damit auf eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reagiert, wonach in der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keine gerichtliche Geltendmachung von Lohnansprüchen liegt (vgl. BAG Urt. v. 09.03.1966 - 4 AZR 87/65 - AP Nr. 31 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; 08.01.1970 - 5 AZR 124/69 - AP Nr. 43 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Sie sind einer Anregung des Fünften Senats gefolgt, der in seiner Entscheidung vom 22.02.1978 (5 AZR 805/76 - AP Nr. 63 zu § 4 TVG Ausschlußfristen) ausgeführt hat:

33

"Der Senat verkennt nicht, daß die tarifliche Regelung für Fälle der vorliegenden Art unbefriedigend ist. Einerseits wird der betroffene Arbeitnehmer kein Verständnis dafür aufbringen können, daß er mit der Lohnklage ausgeschlossen sein soll, wenn er sich zunächst nur gegen die Kündigung wehrt, obgleich doch die Unwirksamkeit der Kündigung Voraussetzung seines Zahlungsanspruchs ist."

34

"Der Senat sieht sich mit Rücksicht auf die inzwischen gefestigte Rechtsprechung der verschiedenen Senate des BAG nicht in der Lage, durch eine im Schrifttum verschiedentlich angeregte einschränkende Auslegung der Verfallklausel zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Insbesondere kann der Senat nicht den § 16 Abs. 4 RTV einschränkend dahin auslegen, daß die zweimonatige Klagefrist für solche Ansprüche, die vom Ausgang eines anhängigen Kündigungsschutzverfahrens abhängen, erst mit rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahrens in Lauf gesetzt wird." "Vielmehr ist es Sache der Tarifvertragsparteien, die für Fälle der vorliegenden Art nicht passende Ausschlußklausel zu ändern. Wenn die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Folgen und der Kritik die Tarifautonomie nicht dazu nutzen, den Sonderfall der Lohnklage nach einem vom Arbeitnehmer erfolgreich geführten vorgreiflichen Kündigungsschutzprozeß anders zu regeln, müssen sie selbst die Verantwortung dafür tragen."

35

III.

Der Kläger hat nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

36

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.