Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.06.1999, Az.: 16 Sa 287/99

- siehe dazu Urteil des BAG vom 07.12.2000 - 6 AZR 488/99

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.06.1999
Aktenzeichen
16 Sa 287/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 33142
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1999:0611.16SA287.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Lingen - 10.12.1998 - AZ: - 1 Ca 282/98

Fundstelle

  • ZTR 1999, 473

Amtlicher Leitsatz

Bei der Regelung SR 2 a zu § 38 MTArb Nr. 10 Abs. 6 handelt es sich nicht um eine statische Verweisung. Die Anspruchsgrundlage für die Reisekostenpauschale für Streckenwarte folgt vielmehr direkt aus § 38 MTArbG, der auf die jeweils geltenden Bestimmungen für Beamte verwist. Allerdings ist mindestens ein Anspruch auf Zehrgeld begründet, der als Mindesanspruch verbindlich ist.

Tenor:

  1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 10.12.98, Az. 1 Ca 282/98 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger DM 72,49 zu zahlen.Siehe Berichtigungsbeschluss vom 10.08.1999 Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.05.99 ein Zehrgeld nach Nr. 10 Absatz 4 SR 2 a i. V. m. § 38 MTArb zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Im übrigen wird die Berufung der Klägerin sowie die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 93,4 %, das beklagte Land zu 6,6 %.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist seit dem 01.03.1982 als Straßenwärter beim Straßenbauamt beschäftigt.

2

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 06.12.1995 und die diesen ergänzenden ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.

3

Der Kläger erhielt bis zum 31.12.1996 eine Reisekostenpauschale in Höhe von 125,- DM gemäß den Sonderregelungen für Straßenbauarbeiter sowie für Wasserbauarbeiter in Baden-Württemberg und Bayern nach § 2 Abs. 1 Abschnitt B Buchst. a (SR 2 a) gemäß Nr. 10 Abs. 6 zu § 38 MTArb. Ab dem 01.01.1997 zahlte die Beklagte an den Kläger nur noch eine Pauschale in Höhe von 50,- DM monatlich. Dieses geschah in der Weise, dass zunächst für Januar und Februar 1997 die Reisekostenpauschale noch in Höhe von 125,- DM gezahlt worden ist. Im März 1997 wurde jedoch eine Aufrechnung mit Überzahlungen vorgenommen. Der Kläger machte mit Schreiben vom 01.09.1997 (Bl. 124 d.A.) seinen Anspruch auf eine Pauschvergütung in Höhe von 230,- DM monatlich gemäß Nr. 10 Abs. 6 der SR 2 a geltend.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach der mit Wirkung zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Änderung des § 9 Bundesreisekostengesetzes (BRKG) sei das beklagte Land verpflichtet, an den Kläger monatlich eine Reisekostenpauschale in Höhe von 230,- DM zu zahlen, was sich daraus ergebe, dass als pauschaler Ersatz für Mehraufwendungen bei Dienstreisen von 24 Stunden nunmehr ein Betrag von 46,- DM anerkannt werde. Für die Monate Januar 1997 bis April 1998 sei demzufolge jeweils ein Betrag in Höhe von 180,- DM monatlich nachzuzahlen,

5

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.1997 eine Reisekostenpauschale in Höhe von monatlich 230,- DM brutto zu zahlen.

  2. 2

    Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.880,- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Zahlung der Reisekostenpauschale seien nicht mehr gegeben, da mit der Änderung des Bundesreisekostengesetzes und dem Wegfall der Reisekostenstufe A die Regelung der SR 2 a hinfällig geworden sei. Es sei hiernach eine Regelungslücke in einem Tarifvertrag aufgetreten, die die Tarifvertragsparteien nur selbst schließen könnten, da verschiedene Möglichkeiten der Regelung bestünden und die Arbeitsgerichte nicht anstelle der Tarifvertragsparteien entsprechende Regelungen schaffen könnten.

8

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 10.12.1998 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.200,- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 06.06.1998 zu zahlen, weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger eine Reisekostenpauschale von monatlich 125,- DM brutto zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreites wurden der Beklagten zu 5/12 und dem Kläger zu 7/12 auferlegt und der Streitwert auf 6.480,- DM festgesetzt.

9

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 29.01.1999 zugestellt. Hiergegen legte dieser am 15.02.1999 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 13.04.1999 am 06.04.1999. Das Urteil wurde dem beklagten Land am 01.02.1999 zugestellt. Hiergegen legte dieses am 24.02.1999 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 26.04.1999 am 21.04.1999. Mit der Berufung macht der Kläger nunmehr nicht nur die Reisekostenpauschale weiter in Höhe von 230,- DM geltend, sondern hilfsweise auch einen Anspruch auf Zehrgeld und Wegegeld.

10

Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, dass bis zur Änderung des Bundesreisekostengesetzes zum 01.01.1997 das volle Tagegeld der Reisekostenstufe A 25,- DM betragen habe. Nach Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.01.1997 sei eine Änderung dahingehend eingetreten, dass bezüglich der Höhe des Tagegeldes für Mehraufwendungen für die Verpflegung auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verwiesen wird. Diese Änderung habe zur Folge, dass nunmehr keine Reisekostenstufen mehr vorhanden seien. Damit sei jedoch lediglich die vorherige Differenzierung der Höhe der zu zahlenden Reisekostenvergütung nach der Zuordnung der Besoldungsgruppen zu den Reisekostenstufen entfallen. Gleichgeblieben sei, dass es unterschiedliche Höhen des Tagegeldes je nach der Zeit der Abwesenheit gebe. Dabei betrage nunmehr der volle Tagessatz 46,- DM, auch für die nach dem früheren Recht der Reisekostenstufe A zuzurechnenden Beschäftigten. Damit sei das volle Tagegeld nunmehr in Höhe von 46,- DM festgesetzt. Hilfsweise stehe dem Kläger jedoch ein Zehrgeld zu. Dieses habe er bereits im März 1997 sowie nochmals am 01.09.1997 gegenüber dem Straßenbauamt Lingen geltend gemacht.

11

Der Kläger halte sich an allen Arbeitstagen an einem Streckenabschnitt über 5 km von seinem Wohnort entfernt auf und die Mittagspause betrage an allen diesen Tagen lediglich 1/2 Stunde, so dass er das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen könne und die Überbringung an den Arbeitsplatz auch nicht zumutbar sei. Wegen der Berechnung wird auf die Anlage zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 10.06.1999 verwiesen.

12

Der Kläger beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgericht Lingen vom 10.12.1998, Az. 1 Ca 282/98, teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.01.1997 eine Reisekostenpauschale in Höhe von monatlich 230,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.06.1998 zu zahlen,

    hilfsweise

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.680,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.06.1998 zu zahlen, weiter

    hilfsweise

    das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 1.773,55 DM Zehrgeld abzüglich 1.400,- DM zu zahlen, weiter

    hilfsweise

    festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.01.1997 ein Wege- und Zehrgeld nach Nr. 10 Absätze 1, 2 und 4 SR 2 a nach § 2 Abs. 1 Abschnitt b Buchst. a MTArb zu zahlen.

13

Die Beklagte beantragt,

  1. 1

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

  2. 2

    das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 10.12.1998, Az. 1 Ca 282/98, abzuändern und die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

  1. die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

15

Das beklagte Land trägt zur Begründung seiner Berufung vor, die Voraussetzung für die Zahlung der Reisekostenpauschale sei durch Änderung des Bundesreisekostengesetzes entfallen. Stattdessen beinhalte die nunmehr einschlägige Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des EStG eine steuerfreie Pauschale, die das Land in Höhe von 50,- DM monatlich zahle. Es handele sich bei der tariflichen Anspruchsgrundlage der SR 2 a nicht um eine statische Regelung, die eigenen Gehalt entfaltet. Vielmehr sei eine Tariflücke entstanden, die durch Auslegung nicht zu schließen sei, da die Tarifvertragsparteien verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten gehabt hätten, um ihrerseits eine Neuregelung zu verhandeln und abzuschließen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes seien eine Reihe von Regelungsmöglichkeiten gegeben, um die Lücke auszufüllen. Der Kläger müsse sich mithin die ausgehandelte dynamische Anspruchsgrundlage entgegenhalten lassen, so dass ein höherer Anspruch als der auf 50,- DM monatlich nicht bestehe.

16

Ein Anspruch auf Zehrgeld sei nicht gegeben, da auch insoweit ein eigenständiger Anspruch wegen der nicht durch das Arbeitsgericht zu schließenden Tariflücke nicht bestehe. Die Tarifvertragsparteien hätten sich für eine Pauschalregelung entschieden, so dass die durch Gesetzesänderung entstandene Regelungslücke nur durch die Tarifvertragsparteien selbst geschlossen werden könnten.

17

Der Kläger verteidigt im übrigen das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 27.04.1999. Hierauf wird verwiesen (Bl. 102-108 d.A.).

Gründe

18

Bedenken gegen die Statthaftigkeit der Berufung bestehen nicht. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beschwerdewert in dieser vermögensrechtlichen Angelegenheit übersteigt 800,- DM. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO).

19

Bedenken gegen die begehrten Feststellungsanträge bestehen nicht, da ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO gegeben ist. Durch den allgemeinen Feststellungsantrag kann die rechtliche Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer Reisekostenpauschale bzw. eines Wege- und Zehrgeldes für die Zukunft festgestellt werden. Damit wird ein Teil eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien für die Zukunft geklärt. Das Feststellungsinteresse ergibt sich damit auch für die Vergangenheit, sobald diese im Verfahren Streitgegenstand ist, da insoweit eine einheitliche Feststellung begehrt werden kann.

20

Der Kläger hat entgegen der von ihm vertretenen Auffassung keinen Anspruch auf Zahlung einer Reisekostenpauschale ebensowenig wie einen Anspruch auf Wegegeld, jedoch steht ihm ein Anspruch auf Zehrgeld gemäß Nr. 10 Abs. 4 der SR 2 a zu.

21

Gemäß § 38 MTArb sind für die Erstattung von Auslagen für Dienstreisen und Dienstgänge (Reisekostenvergütung) die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden:

  1. 1

    ...

  2. 2

    Für die Bemessung des Tage- und Übernachtungsgeldes werden die Arbeiter der Reisekostenstufe A, die Arbeiter des Landes Hessen der Reisekostenstufe II zugeteilt.

22

Die für die Beamten des Arbeitgebers insoweit geltenden Bestimmungen finden sich in § 98 des Nieder sächsischen Beamtengesetzes, das wiederum auf die entsprechende Anwendung der für die Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften verweist. Nach § 9 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) bestimmt sich die Höhe des Tagegeldes für Mehraufwendungen für die Verpflegung des Dienstreisenden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG lautet wie folgt:

23

Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt

  1. a

    24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 46,- Deutsche Mark,

  2. b

    weniger als 24 Stunden aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 20,- Deutsche Mark,

  3. c

    weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 10,- Deutsche Mark abzuziehen; ...

24

Zu § 38 MTArb sind Sonderregelungen für den Bereich der Länder vorhanden (SR 2 a), die entgegen der Überschrift nicht nur für Straßenbauarbeiter in Baden-Württemberg und Bayern gelten, sondern wie sich aus Nr. 1 Satz 1 ergibt, wo auch ausdrücklich auf Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg verwiesen wird, für den gesamten Bereich der Länder. In Nr. 10 zu § 38 ist folgendes geregelt:

25

Absatz 1

26

Der Arbeiter erhält ein Wegegeld für jeden Tag, an dem

  1. a

    eine Rückkehr an den Wohnort möglich ist,

  2. b

    der Weg in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst. A zur Wärterstrecke, im übrigen zum Sammelplatz oder zum Arbeitsplatz außerhalb der Arbeitszeit zurückgelegt wird und

  3. c

    die kürzeste befahrbare Wegstrecke von der Mitte des Wohnortes in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst, a bis zur Wärterstrecke, im übrigen bis zum Sammelplatz oder Arbeitsplatz 5 km überschreitet. In der Wildbachverbauung in Bayern wird auf die Wegstrecke berücksichtigt, die nur zu Fuß zurückgelegt werden kann.

27

Der Arbeiter erhält das Wegegeld unter den Voraussetzungen des Unterabsatzes 1 Buchst. a - c auch, wenn er aus dienstlichen Gründen an einem Tage den Weg ein zweites Mal außerhalb der Arbeitszeit zurücklegt.

28

Absatz 2 (...)

29

Absatz 3 (...)

30

Absatz 4

31

Der Arbeiter erhält für jeden Tag, an dem der Arbeitsplatz so weit von seiner Wohnung entfernt ist, dass er das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen kann und die Überbringung an den Arbeitsplatz nicht zumutbar ist, ein Zehrgeld von 4,49 DM.

32

Absatz 5 (...)

33

Absatz 6

34

Die Ansprüche der ständigen Lastkraftwagenfahrer, der ständigen Beifahrer, der ständigen Bedienungsmannschaften wandernder maschineller Geräte, der ständigen Angehörigen von Unterhaltungstrupps (Kolonnenarbeiter) der Streckenwarte (Verkehrssicherheitswarte), motorisierten Straßenwarte, der ständigen Baumwarte, der ständigen Bauaufseher sowie der ständigen Meßgehilfen auf Reisekostenvergütungen für Dienstreisen und Dienstfahrten einschließlich Zehrgeld werden durch eine monatliche Pauschvergütung abgegolten. Die Pauschvergütung beträgt das 5-fache des vollen Tagegeldes der Reisekostenstufe A, im Lande Hessen der Reisekostenstufe II.

35

(...)

36

Bei der Regelung der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 handelt es sich nicht um eine statische Verweisung, die eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Pauschvergütung nach der bisherigen Reisekostenstufe A beinhaltet. Die Anspruchsgrundlage für eine Reisekostenvergütung ergibt sich vielmehr direkt aus § 38 MTArb. In der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 werden die Ansprüche der Streckenwarte bereits vorausgesetzt und die Höhe der Reisekostenvergütung und die Art der Zahlung geregelt. Dieses ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 38 i.V.m. mit der SR 2 a Nr. 10, denn Abs. 6 setzt bereits vom Wortlaut her keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen, sondern verweist auf die Ansprüche der Streckenwarte. Diese können sich aber insoweit nur aus § 38 MTArb ergeben. Hierin befindet sich aber ein Hinweis auf die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen, also eine Jeweiligkeitsklausel, die regelt, dass das im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung bestehende Recht anzuwenden ist, das für die Beamten des Arbeitgebers gilt. Dieses ist über das Niedersächsische Beamtengesetz das Bundesreisekostengesetz, das jedoch zum 01.01.1997 geändert worden ist und seinerseits auf das Einkommensteuergesetz verweist.

37

Da es insoweit eine Reisekostenstufe A nicht mehr gibt, läuft damit die Regelung der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 ins Leere. Eine weitere Zahlung nach der Reisekostenstufe A kommt aufgrund der Jeweiligkeitsklausel des § 38 MTArb nicht mehr in Betracht.

38

Da SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 damit lückenhaft geworden ist, da weder die Reisekostenstufe A anzuwenden ist noch geregelt ist, welche Grundlage nunmehr für die Pauschvergütung zugrundezulegen ist, kommt grundsätzlich weder die Zahlung einer Pauschvergütung nach dem Einkommensteuergesetz in Betracht noch nach einer sonstigen Regelung. Vielmehr ist eine nicht gewollte und damit unbewusste Tariflücke entstanden, die jedoch durch die Arbeitsgerichte nicht ausgefüllt werden kann. Aufgrund der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Gesamtregelungssystematik des Reisekostenrechtes geändert hat, kann nunmehr nicht mehr festgestellt werden, welche Regelungen die Tarifvertragsparteien getroffen hätten, wenn ihnen diese Regelungslücke bekannt gewesen wäre. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass nur eine bestimmte Leistungsbestimmung durch die Tarifvertragsparteien gegeben sein könnte oder nur eine ganz bestimmte Regelung billigem Ermessen entspricht. Nur für diesen Fall könnten die Arbeitsgerichte korrigierend und ergänzend eingreifen, weil nur eine einzige Regelung insoweit zwingend geboten wäre (vgl. Urteile des BAG in AP Nr. 19 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, AP Nr. 1 zu § 8 Jugendarbeitsschutzgesetz).

39

Vorliegend könnte neben der Beibehaltung des bisherigen Pauschbetrages sowohl ein Rückgriff auf die neue Regelung des § 9 BRKG in Betracht kommen wie auch eine Anknüpfung an das Zehr- und Wegegeld oder die Vereinbarung einer pauschalen Summe unter Berücksichtigung tatsächlich entstehender Zusatzkosten der Arbeitnehmer.

40

Insoweit ist bezüglich der Reisekostenpauschale weder der Feststellungsantrag des Klägers begründet noch der insoweit gestellte Zahlungsantrag.

41

Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Zehrgeld gemäß SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 zu. Entgegen der Vorschrift der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 enthält SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Sie regelt als Anspruchsvoraussetzung, dass der Arbeiter das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen kann, weil sein Arbeitsplatz zu weit von seiner Wohnung entfernt ist und zum zweiten die Überbringung an den Arbeitsplatz nicht zumutbar ist.

42

Insoweit ist ein festes Zehrgeld in Höhe von 4,49 DM pro Tag tarifvertraglich geregelt.

43

Wenn die Regelung der Anlage SR Nr. 10 Abs. 6 keinen Regelungsinhalt mehr hat und zudem ausweislich des Wortlautes des Absatz 6 die pauschale Reisekostenvergütungeinschließlich Zehrgeld gezahlt wird, so haben die Tarifvertragsparteien hiermit geregelt, dass der Anspruch aus Absatz 4 nicht gesondert zu vergüten ist, sofern die Pauschvergütung gezahlt wird. Kann diese aber nicht mehr gezahlt werden und auch durch das Arbeitsgericht inhaltlich nicht ausgefüllt werden, die Zahlung der 50,- DM monatlich durch die Beklagte damit eine freiwillige Leistung darstellt, mithin letztlich keine Sonderregelung für Streckenwarte bezüglich der Art und Weise der Bezahlung mehr vorhanden ist, so ist auf die Vorschrift des Absatzes 4 zurückzugreifen, da dieses nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ausdrücklich gezahlt werden sollte, auch im Rahmen der Pauschvergütung mit abgegolten sein sollte.

44

Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen aufgrund der Art seiner Tätigkeit. Er ist mit einem LKW der Beklagten von Montag bis Donnerstag unterwegs und kann angesichts der kurzen Mittagspause von 1/2 Stunde das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Überbringung des Mittagessens durch eine dritte Person an den Arbeitsplatz des Klägers zumutbar wäre, da nicht von vornherein feststeht, an welchem Ort die Pause gemacht wird.

45

Der Kläger hat damit für die Tage von Montag bis Donnerstag, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, einen Anspruch in Höhe von 4,49 DM.

46

Insoweit ist der Feststellungsantrag des Klägers bezüglich der Zahlung des Zehrgeldes begründet.

47

Nicht ersichtlich ist allerdings, inwieweit dem Kläger angesichts der Art seiner Tätigkeit ein Wegegeld zustehen könnte, da er nicht mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs ist. Die Anspruchsvoraussetzungen hierfür hat der Kläger nicht dargelegt. Insoweit war die Berufung zurückzuweisen.

48

Eine Geltendmachung des Anspruches ist jedoch nicht durch die ursprüngliche Geltendmachung des Anspruchs des Klägers erfolgt. Hierin hat der Kläger lediglich die Reisekostenpauschale gemäß der Reisekostenstufe A geltend gemacht und dabei ausdrücklich auf SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 zum MTArb hingewiesen.

49

Der Kläger hatte aber gemäß § 72 MTArb seinen Anspruch innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen.

50

Sinn und Zweck der Verfallfrist ist, im Rechtsleben eine möglichst große Sicherheit im Zusammenhang mit Erhebung von Ansprüchen der Arbeitsvertragsparteien zu erzielen und bezüglich solcher Ansprüche schnellstens Klarheit zu schaffen. Die Gegenseite soll sich innerhalb einer zeitnahen Frist darauf einstellen können, dass noch Ansprüche verfolgt werden.

51

Wie bereits ausgeführt, erhält jedoch SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 eine eigenständige Anspruchsgrundlage auf Zehrgeld für Straßenbauarbeiter aufgrund der Besonderheit seiner Arbeit. Das Zehrgeld ist nicht pauschal, sondern spitz abzurechnen, so dass insoweit Aufzeichnungen darüber geführt werden müssen, an welchen Tagen ein solcher Anspruch auf Zehrgeld entstanden sein kann. Dieses kann durchaus monatlich unterschiedlich aufgrund von Urlaubs- und Krankenzeiten oder aufgrund von Besonderheiten bei der Arbeitszeit sein.

52

Im Bereich der Pauschal Vergütung, brauchte die Beklagte entsprechende Unterlagen nicht zu führen. Wenn der Kläger deshalb einen Anspruch nach der eigenständigen Anspruchsgrundlage der SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 gegenüber der Beklagten geltend machen wollte, so hätte er dieses ausdrücklich gegenüber der Beklagten tun müssen, damit diese sich auf die insoweit geänderten Abrechnungsmodalitäten einstellen konnte.

53

Der Kläger hat seinen Anspruch auf Zehrgeld erstmals schriftlich mit Schriftsatz vom 27.04.1999 geltend gemacht, und zwar rückwirkend ab dem 01.01.1997. Dem Kläger steht deshalb aufgrund der Ausschlussfristen von 6 Monaten erst ein Anspruch ab November 1998 zu, und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem Zehrgeld gemäß der Berechnung des Schriftsatzes der Beklagten vom 10.06.1999 und den tatsächlich gezahlten 50,- DM monatlich. Dieses ergibt für den Monat November 1998 einen Betrag in Höhe von 26,33 DM, für den Monat Dezember 1998 einen Betrag in Höhe von 17,35 DM, für den Monat Januar 1999 einen Betrag in Höhe von 21,84 DM, für den Monat Februar 1999 in Höhe von 8,37 DM und für den Monat März 1999 in Höhe von 12,86 DM. Für den Monat April 1999 ist ein Differenzanspruch nicht gegeben. Insgesamt ergibt sich damit ein Anspruch auf Zehrgeld für den Zeitraum von November 1998 bis April 1999 in Höhe von 86,75 DM. Entsprechend war die Beklagte zu verurteilen. Soweit der Kläger allerdings für den gleichen Zeitraum einen Feststellungsantrag geltend macht, so ist aufgrund des vorrangigen Zahlungsanspruches ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung nicht gegeben, so dass lediglich festgestellt werden konnte, dass das beklagte Land insoweit verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.05.1999 ein Zehrgeld zu zahlen.

54

Soweit der Kläger weitere Ansprüche geltend macht, sind diese unbegründet. Insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Berufung des beklagten Landes war insoweit zurückzuweisen, als dieses die gesamte Abweisung der Klage begehrte.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 2, 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

56

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG.