Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.01.1999, Az.: 14 Sa 170/98
Beendigung eines mehrmals befristeten Arbeitsverhältnisses
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 21.01.1999
- Aktenzeichen
- 14 Sa 170/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18702
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0121.14SA170.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Göttingen - 24.10.1997 - Az.: 3 Ca 39/97
In dem Rechtsstreit
hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 21.01.99
durch
den Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts Dr. Plathe und
die ehrenamtlichen Richter Krägel und
Pfeiffer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 24.10.1997 Az.: 3 Ca 39/97 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist seit dem 01.08.1995 bei der Niederlassung Prachtpost ... der Beklagten als Arbeiter beschäftigt gewesen.
Grundlage der Beschäftigung waren für die Zeit bis zum 26.10.1996 zehn jeweils befristete Arbeitsverträge.
Dabei betreffen der 9. Vertrag vom 30.09.1996 eine Beschäftigung für die Zeit vom 29.09. bis 13.10.1996 und der 10. Vertrag vom 10.10.1996 eine Befristung für die Zeit vom 14. bis 26.10.1996 jeweils als Urlaubsvertretung für den Arbeitnehmer U.
Die vorangegangenen acht Verträge enthalten ebenfalls jeweils Angaben über konkrete Vertretungsfälle als Befristungsgrund.
Der Kläger ist über den 26.10.1996 hinaus weiterbeschäftigt worden.
Hierzu haben die Parteien am 05.11.1996 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 27.10.1996 bis 25.01.1997 unterzeichnet, der als Befristungsgrund
"§ 1 BeschFG in der ab 01.10.96 gültigen Fassung"
ausweist.
Mit seiner am 15.01.1997 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, daß durch die Weiterbeschäftigung über den 26.10.1996 hinaus gem. § 625 BGB ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei, sowie, daß die Befristung im Arbeitsvertrag vom 05.11.1996 unwirksam sei, da für sie ein sachlicher Grund nicht vorgelegen hätte und einer Befristung nach § 1 BeschFG in der ab 01.10.1996 geltenden Fassung vom 25.09.1996 (BeschFG n. F.) die Überschreitung der Höchstzahl einer dreimaligen Verlängerung entgegenstehe.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht mit dem 25. Januar 1997 geendet hat, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet fortbesteht.
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen als Arbeiter weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, daß dem Kläger am 26.10.1996 mitgeteilt worden sei, daß eine weitere Beschäftigung nur befristet bis zum 25.01.1997 in Betracht komme und daß der Kläger sich damit einverstanden erklärt hätte.
Ferner hat die Beklagte die Auffassung vertreten, daß die Befristung des Arbeitsvertrages vom 05.11.1996 gem. § 1 BeschFG n. F. zulässig sei.
Das Arbeitsgericht, auf dessen Urteil auch wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, wie er in 1. Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß wegen insoweit nicht rechtzeitiger Klagerhebung von der Wirksamkeit der Befristung des 10. Arbeitsvertrages bis zum 26.10.1996 auszugehen sei und daß die Befristung des 11. Vertrages gem. § 1 BeschFG n. F. wirksam sei, da die vorausgegangenen Befristungen insoweit nicht anzurechnen seien.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagziel weiter.
Der Kläger meint:
Für die Beurteilung der Befristung des Arbeitsvertrages vom 05.11.1996 könne die Regelung des § 1 BeschFG n. F. nicht herangezogen werden, da er bereits seit dem 01.08.1995 auf der Grundlage von insgesamt elf aneinander anschließenden Arbeitsverträgen beschäftigt worden sei. Für die Befristung vom 05.11.1996 fehle es an einem sachlichen Grund. Zudem sei zu berücksichtigen, daß durch seine weitere Beschäftigung über den 26.10.1996 hinaus gem. § 625 BGB ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei.
Außerdem behauptet der Kläger, daß ihm immer wieder versichert worden sei, daß er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 24.10.1997 Az.: 3 Ca 39/97 abzuändern und
- 1.
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 25.01.1997 hinaus unbefristet fortbesteht,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Arbeiter weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet, dem Kläger sei zu keiner Zeit eine unbefristete Anstellung zugesichert oder in Aussicht gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Gründe
Die Berufung ist nicht begründet.
Die Klage ist nicht begründet, da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die entsprechende Befristung im Arbeitsvertrag vom 05.11.1996 mit Ablauf des 25.01.1997 beendet worden ist.
Die Wirksamkeit dieser Befristung ergibt sich aus § 1 I BeschFG n. F.
Auf die mit dem Arbeitsvertrag vom 05.11.1996 vereinbarte Befristung sind die Vorschriften des BeschFG in der Fassung vom 25.09.1996 anzuwenden, da dieses Gesetz am 01.10.1996 in Kraft getreten ist und keine Übergangsvorschriften etwa dahingehend enthält, daß es auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Arbeitsverhältnisse nicht oder nicht vollständig anzuwenden wäre. Aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift ergibt sich, daß die neuen Regelungen auch auf am 01.10.1996 bereits bestehende Arbeitsverhältnisse jedenfalls für die Beurteilung von nach diesem Zeitpunkt eingetretene Sachverhalte anzuwenden sind.
Die Zulässigkeit der im Arbeitsvertrag vom 05.11.1996 vorgesehenen Befristung ergibt sich aus § 1 I 1 BeschFG n. F.
Die Begrenzung des § 1 I 2 BeschFG n. F. steht dem nicht entgegen. Die dort bestimmte Höchstzahl von Befristungen betrifft nur Befristungen nach § 1 I 1 BeschFG n. F. und nicht Befristungen, die auf der Grundlage von § 620 BGB oder einem anderen gesetzlichen Befristungsgrund beruhen. Dies ergibt sich daraus, daß die Zulässigkeit von Befristungen aus anderen Gründen gem. § 1 IV BeschFG n. F. unberührt bleibt und sich das Anschlußverbot des § 1 III BeschFG n. F. nur auf befristete Arbeitsverträge "nach Absatz 1" bezieht. Diese dem Wortlaut und der Systematik der gesetzlichen Regelung entsprechende Auslegung wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. In der Begründung zur Änderung des BeschFG heißt es zu § 1 III, daß die Neuregelung es abweichend vom bisherigen Recht ermöglichen soll, im Anschluß an etwa aus sachlichen Gründen befristete Arbeitsverträge gem. und im Rahmen von § 1 I BeschFG n. F. neue befristete Verträge abzuschließen (BT-Drucks. 13/4612 Seite 17).
Der Ausschlußtatbestand des § 1 III BechFG n. F. steht der Zulässigkeit des Arbeitsvertrages vom 05.11.1996 ebenfalls nicht entgegen.
Da in den vorausgegangenen befristeten Arbeitsverträgen als Befristungsgrund jeweils konkrete Vertretungsfälle als sachlicher Grund vereinbart gewesen sind, fehlt es insoweit bereits an einem befristeten Arbeitsvertrag "nach Absatz 1" im Sinne von § 1 III BEschFG n. F.
§ 1 III BeschFG n. F. steht dem Arbeitsvertrag vom 05.11.1996 auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Anschlusses an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entgegen.
Soweit sich das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses dabei aus der Unwirksamkeit einer vorausgegangenen Befristung ergeben kann, steht dem bereits entgegen, daß der Kläger eine etwaige Unwirksamkeit der Befristung des 10. bis zum 26.10.1996 befristeten Arbeitsvertrages vor der Klagerhebung am 15.01.1997 nicht gerichtlich geltend gemacht hat und eine etwaige Unwirksamkeit der Befristung des 10. Vertrages damit gem. § 1 V BeschFG n. F. in Verbindung mit § 7 KSchG als geheilt gilt.
Hinzu kommt, daß der Kläger beim Abschluß des 11. Arbeitsvertrages keinen entsprechenden Vorbehalt erklärt hat, der vorbehaltlosen Unterzeichnung eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages jedoch der Erklärungswert zukommt, daß der neue Vertrag für die Rechtsbeziehungen der Parteien künftig allein maßgeblich sein soll (BAG AP Nr. 97, 179 zu § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag).
Soweit sich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aus einer widerspruchslosen Weiterbeschäftigung über den 26.10.1996 hinaus gem. § 625 BGB ergeben kann, liegt ein derartiger Sachverhalt nicht vor, da die Beklagte insoweit konkret unter Beweisantritt behauptet, daß dem Kläger am 26.10.1996 gesagt worden sei, daß seine weitere Beschäftigung nur befristet und zwar bis zum 25.01.1997 in Betracht komme und daß der Kläger sich damit einverstanden erklärt habe. Diese den Kläger persönlich betreffende Sachdarstellung ist gem. § 138 III ZPO als unstreitig anzusehen, da der Kläger hierzu eine substantiierte Stellungnahme nicht abgegeben hat.
Soweit der Kläger behauptet, ihm sei immer wieder versichert worden, daß er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würde, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung.
Abgesehen von dem Gesichtspunkt, daß ein derartiger Sachverhalt einen Einstellungsanspruch und damit formal einen anderen Streitgegenstand betrifft, fehlt es insoweit an einem konkreten Sachvortrag zu einer entsprechenden Zusage, da die Beklagte derartige Erklärungen bestreitet und sich aus dem vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgelegten Vermerk vom 26.01.1996 hierzu nichts ergibt, da in diesem Vermerk nur eine ununterbrochene Beschäftigung seit dem 01.08.1995 festgestellt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 1 ArbGG.
Krägel
Pfeiffer