Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.06.1999, Az.: 16 Sa 1433/98

- siehe dazu Urteil des BAG vom 07.12.2000 - 6 AZR 489/99

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.06.1999
Aktenzeichen
16 Sa 1433/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 33141
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1999:0611.16SA1433.98.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 07.12.2000 - AZ: 6 AZR 489/99

Amtlicher Leitsatz

Bei der Regelung SR 2 a zu § 38 MTArb Nr. 10 Abs. 6 handelt es sich nicht um eine statische Verweisung. Die Anspruchsgrundlage für die Reisekostenpauschale folgt vielmehr direkt aus § 38 MTArb, der auf die jeweils geltenden Bestimmungen für Beamte verweist. Allerdings ist mindestens ein Anspruch auf Zehrgeld begründet, der als eigenständiger Anspruch in Abs. 4 geregelt ist und damit für Streckenwarte als Mindestanspruch verbindlich ist.

Tenor:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 20.05.98, Az. 3 Ca 237/98 wird abgeändert. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger über den 31.12.98 hinaus Zehrgeld nach SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 als Sonderregelungen zu § 38 MTArb zu zahlen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen mit Ausnahme des Antrages zu Ziffer 3 des Schriftsatzes vom 11.06.99. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt mit der Klage die Zahlung einer Reisekostenpauschale von 125,- DM monatlich, hilfsweise Wege- und Zehrgeld nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT).

2

Der am 07.03.1940 geborene Kläger ist bei dem beklagten Land seit dem 01.02.1969 als Streckenwart im zu einer Bruttovergütung von zuletzt ca. 3.725,- DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) Anwendung.

3

Der Kläger erhielt bis zum 31.12.1996 eine Reisekostenpauschale von monatlich 125,- DM gemäß den Sonderregelungen für Straßenbauarbeiter sowie für Wasserbauarbeiter in nach § 2 Abs. 1 Abschnitt B Buchst. a (SR 2 a), Nr. 10 Abs. 6 zu § 38 MTArb).

4

Das beklagte Land zahlte entsprechend der Reisekostenstufe A den 5-fachen Betrag von 25,- DM, mithin 125,- DM monatlich.

5

Zum 01.01.1997 trat das Jahressteuergesetz 1997 in Kraft, mit dem das Bundesreisekostengesetz geändert wurde. Dabei wurde die Reisekostenstufen A - C ersatzlos gestrichen. Stattdessen verweist das Bundesreisekostengesetz auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), das je nach Abwesenheitszeiten feste Beträge festsetzt. Daraufhin zahlte das beklagte Land an den Kläger ab dem 01.01.1997 nur noch eine Pauschale in Höhe von monatlich 50,- DM, wobei für die Monate Januar und Februar 1997 zunächst noch die Reisekostenpauschale in Höhe von 125,- DM überwiesen wurde, im März 1997 jedoch eine Aufrechnung mit Überzahlungen vorgenommen wurde.

6

Der Kläger machte seine Reisekostenpauschale in Höhe von 125,- DM monatlich mit Schreiben vom 25.03.1997 sowie vom 05.05.1997 geltend. Insoweit wird auf den Inhalt des Protokolls vom 11.06.1999, Bl. 2 (Bl. 122 d.A. sowie auf Bl. 130 d.A.) verwiesen.

7

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst Zahlung der Differenzbeträge für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.05.1998 begehrt sowie ferner die Feststellung, dass ab 01.06.1998 eine Reisekostenpauschale von 125,- DM monatlich zu zahlen sei.

8

Der Kläger hat beantragt,

  1. 1

    das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 1.275,- DM brutto zu zahlen,

  2. 2

    festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.06.1998 eine monatliche Reisekostenpauschale in Höhe von 125,- DM brutto zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

10

Es hat die Ansicht vertreten, dass die tarifliche Regelung durch die Streichung der Unterteilung in die Reisekostenstufe A, B und C unanwendbar geworden sei. Diese Tariflücke könne durch die Arbeitsgerichte nicht geschlossen werden, da Anhaltspunkte dafür fehlten, wie vorliegend die Tarifvertragsparteien auf den Wegfall der Reisekostenstufe A reagiert hätten in Bezug auf die Reisekostenpauschale.

11

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 20.05.1998 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und der Streitwert auf 2.700,- DM festgesetzt.

12

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 29.05.1998 zugestellt. Hiergegen legte dieser am 29.06.1998 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 09.09.1998 am 09.09.1998.

13

Mit der Berufung macht der Kläger nunmehr hilfsweise ein Wege- und Zehrgeld geltend.

14

Er führt zur Begründung der Berufung an, die Anlage SR 2 a enthalte eine Anspruchsgrundlage für die weitere Vergütung der Reisekostenpauschale in Höhe von 125,- DM. Die Tarifvertragsparteien hätten sich ausdrücklich zur Berechnung auf die Reisekostenstufe A bezogen, so dass es sich um eine konstitutive tarifvertragliche Regelung handelt. Die Tarifvertragsparteien hätten sicherstellen wollen, dass diese Pauschale in dieser Höhe künftig bis zu einer Änderung des Tarifvertrages gezahlt werde.

15

Die tarifvertragliche Regelung nehme Bezug auf eine bestimmte Gesetzesfassung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages und beinhalte deshalb eine statische Verweisung. Es sei davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien einen eigenen Rechtsetzungswillen bei Abschluss dieser Tarifnorm gehabt hätten.

16

Die vom beklagten Land vorgenommene Absenkung der Reisekostenpauschale auf 50,- DM monatlich unterschreite zusätzlich die in Absatz 4 der SR 2 a eigenständig geregelte Zehrgeldklausel. Sie verstoße mithin gegen eine weitere Tarifnorm. Die pauschale Abgeltungsklausel solle dem beklagten Land ermöglichen, den Verwaltungsaufwand einer Spitzabrechnung von Wege- und Zehrgeld zu ersparen. Könne nach Nr. 10 der SR 2 a eine pauschale Reisekostenvergütung nicht mehr erfolgen, so stehe zumindest dem Kläger der Anspruch aus den übrigen Absätzen der Nr. 10 der SR 2 a zu.

17

Die regelmäßige dienstplanmäßige Arbeitszeit des Klägers betrage montags 8,5 Stunden, dienstags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden. Von montags bis donnerstags werde eine halbstündige Mittagspause am jeweiligen Arbeits- bzw. Aufenthaltsort verbracht. Aus der beruflichen Tätigkeit des Klägers sowie der zeitlichen Lage seiner Arbeit ergebe sich, dass regelmäßig an den Werktagen montags bis donnerstags die Anspruchsvoraussetzungen auf Zehrgeld erfüllt seien. Es ergebe sich deshalb ein Anspruch auf Zehrgeld für 178 Tage für 1997 und 180 Tage für 1998. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Zahlen ergebe sich somit für 1997 und 1998 ein Zehrgeld in Höhe von 407,42 DM brutto.

18

Darüber hinaus stehe dem Kläger ein Wegegeld nach SR 2 a Nr. 10 Abs. 2 zu.

19

Der Kläger beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 20.05.1998, Az. 3 Ca 237/98, abzuändern und

    1. 1

      das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.05.1999 2.175,- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    2. 2

      festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger über den 31.05.1999 hinaus eine monatliche Pauschvergütung von 125,- DM brutto zu zahlen, hilfsweise

    3. 3

      das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.1998 ein Zehrgeld in Höhe von 407,42 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    4. 4

      festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger über den 31.12.1998 hinaus Wege- und Zehrgeld nach SR 2 a Nr. 10 Absatz 2 und 4 zu zahlen.

20

Das beklagte Land beantragt,

  1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

21

Es verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 16.11.1998 (Bl. 68-71 d.A.) sowie vom 16.03.1999 nebst Anlagen (Bl. 104-106 d.A.).

22

Hierauf wird verwiesen.

Gründe

23

Bedenken gegen die Statthaftigkeit der Berufung bestehen nicht. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Beschwerdewert in dieser vermögensrechtlichen Angelegenheit übersteigt 800,- DM. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG. 518, 519 ZPO).

24

Bedenken gegen die begehrten Feststellungsanträge bestehen nicht, da ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO gegeben ist. Durch den allgemeinen Feststellungsantrag kann die rechtliche Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer Reisekostenpauschale bzw. eines Wege- und Zehrgeldes für die Zukunft festgestellt werden. Damit wird ein Teil eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien für die Zukunft geklärt. Das Feststellungsinteresse ergibt sich damit auch für die Vergangenheit, da insoweit eine einheitliche Feststellung begehrt werden kann.

25

Der Kläger hat entgegen der von ihm vertretenen Auffassung keinen Anspruch auf Zahlung einer Reisekostenpauschale ebensowenig wie einen Anspruch auf Wegegeld, jedoch steht ihm ein Anspruch auf Zehrgeld gemäß Nr. 10 Abs. 4 der SR 2 a zu.

26

Gemäß § 38 MTArb sind für die Erstattung von Auslagen für Dienstreisen und Dienstgänge (Reisekostenvergütung) die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden:

  1. 1

    ...

  2. 2

    Für die Bemessung des Tage- und Übernachtungsgeldes werden die Arbeiter der Reisekostenstufe A, die Arbeiter des Landes Hessen der Reisekostenstufe II zugeteilt.

27

Die für die Beamten des Arbeitgebers insoweit geltenden Bestimmungen finden sich in § 98 des Niedersächsischen Beamtengesetzes, das wiederum auf die entsprechende Anwendung der für die Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften verweist. Nach § 9 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) bestimmt sich die Höhe des Tagegeldes für Mehraufwendungen für die Verpflegung des Dienstreisenden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG lautet wie folgt:

28

Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt

  1. a

    24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 46,- Deutsche Mark,

  2. b

    weniger als 24 Stunden aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 20,- Deutsche Mark,

  3. c

    weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 10,- Deutsche Mark abzuziehen;...

29

Zu § 38 MTArb sind Sonderregelungen für den Bereich der Länder vorhanden (SR 2 a), die entgegen der Überschrift nicht nur für Straßenbauarbeiter in und gelten, sondern wie sich aus Nr. 1 Satz 1 ergibt, wo auch ausdrücklich auf Arbeiter der Freien und Hansestadt verwiesen wird, für den gesamten Bereich der Länder. In Nr. 10 zu § 38 ist folgendes geregelt:

30

Absatz 1

31

Der Arbeiter erhält ein Wegegeld für jeden Tag, an dem

  1. a

    eine Rückkehr an den Wohnort möglich ist,

  2. b

    der Weg in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst. A zur Wärterstrecke, im übrigen zum Sammelplatz oder zum Arbeitsplatz außerhalb der Arbeitszeit zurückgelegt wird und

  3. c

    die kürzeste befahrbare Wegstrecke von der Mitte des Wohnortes in den Fällen der Nr. 4 Abs. 2 Buchst. a bis zur Wärterstrecke, im übrigen bis zum Sammelplatz oder Arbeitsplatz 5 km überschreitet. In der Wildbachverbauung in wird auf die Wegstrecke berücksichtigt, die nur zu Fuß zurückgelegt werden kann.

32

Der Arbeiter erhält das Wegegeld unter den Voraussetzungen des Unterabsatzes 1 Buchst, a - c auch, wenn er aus dienstlichen Gründen an einem Tage den Weg ein zweites Mal außerhalb der Arbeitszeit zurücklegt.

33

Absatz 2 (...)

34

Absatz 3 (...)

35

Absatz 4

36

Der Arbeiter erhält für jeden Tag, an dem der Arbeitsplatz so weit von seiner Wohnung entfernt ist, dass er das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen kann und die Überbringung an den Arbeitsplatz nicht zumutbar ist, ein Zehrgeld von 4,49 DM.

37

Absatz 5 (...)

38

Absatz 6

39

Die Ansprüche der ständigen Lastkraftwagenfahrer, der ständigen Beifahrer, der ständigen Bedienungsmannschaften wandernder maschineller Geräte, der ständigen Angehörigen von Unterhaltungstrupps (Kolonnenarbeiter) der Streckenwarte (Verkehrssicherheitswarte), motorisierten Straßenwarte, der ständigen Baumwarte, der ständigen Bauaufseher sowie der ständigen Meßgehilfen auf Reisekostenvergütungen für Dienstreisen und Dienstfahrten einschließlich Zehrgeld werden durch eine monatliche Pauschvergütung abgegolten. Die Pauschvergütung beträgt das 5-fache des vollen Tagegeldes der Reisekostenstufe A, im Lande der Reisekostenstufe II.

40

(...)

41

Bei der Regelung der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 handelt es sich nicht um eine statische Verweisung, die eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Pauschvergütung nach der bisherigen Reisekostenstufe A beinhaltet. Die Anspruchsgrundlage für eine Reisekostenvergütung ergibt sich vielmehr direkt aus § 38 MTArb. In der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 werden die Ansprüche der Streckenwarte bereits vorausgesetzt und die Höhe der Reisekostenvergütung und die Art der Zahlung geregelt. Dieses ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 38 i.V.m. mit der SR 2 a Nr. 10, denn Abs. 6 setzt bereits vom Wortlaut her keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen, sondern verweist auf die Ansprüche der Streckenwarte. Diese können sich aber insoweit nur aus § 38 MTArb ergeben. Hierin befindet sich aber ein Hinweis auf die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen, also eine Jeweiligkeitsklausel, die regelt, dass das im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung bestehende Recht anzuwenden ist, das für die Beamten des Arbeitgebers gilt. Dieses ist über das Niedersächsische Beamtengesetz das Bundesreisekostengesetz, das jedoch zum 01.01.1997 geändert worden ist und seinerseits auf das Einkommensteuergesetz verweist.

42

Da es insoweit eine Reisekostenstufe A nicht mehr gibt, läuft damit die Regelung der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 ins Leere. Eine weitere Zahlung nach der Reisekostenstufe A kommt aufgrund der Jeweiligkeitsklausel des § 38 MTArb nicht mehr in Betracht.

43

Da SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 damit lückenhaft geworden ist, da weder die Reisekostenstufe A anzuwenden ist noch geregelt ist, welche Grundlage nunmehr für die Pauschvergütung zugrundezulegen ist, kommt grundsätzlich weder die Zahlung einer Pauschvergütung nach dem Einkommensteuergesetz in Betracht noch nach einer sonstigen Regelung. Vielmehr ist eine nicht gewollte und damit unbewusste Tariflücke entstanden, die jedoch durch die Arbeitsgerichte nicht ausgefüllt werden kann. Aufgrund der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Gesamtregelungssystematik des Reisekostenrechtes geändert hat, kann nunmehr nicht mehr festgestellt werden, welche Regelungen die Tarifvertragsparteien getroffen hätten, wenn ihnen diese Regelungslücke bekannt gewesen wäre. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass nur eine bestimmte Leistungsbestimmung durch die Tarifvertragsparteien gegeben sein könnte oder nur eine ganz bestimmte Regelung billigem Ermessen entspricht. Nur für diesen Fall könnten die Arbeitsgerichte korrigierend und ergänzend eingreifen, weil nur eine einzige Regelung insoweit zwingend geboten wäre (vgl. Urteile des BAG in AP Nr. 19 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, AP Nr. 1 zu § 8 Jugendarbeitsschutzgesetz).

44

Vorliegend könnte neben der Beibehaltung des bisherigen Pauschbetrages sowohl ein Rückgriff auf die neue Regelung des § 9 BRKG in Betracht kommen wie auch eine Anknüpfung an das Zehr- und Wegegeld oder die Vereinbarung einer pauschalen Summe unter Berücksichtigung tatsächlich entstehender Zusatzkosten der Arbeitnehmer.

45

Insoweit ist bezüglich der Reisekostenpauschale weder der Feststellungsantrag des Klägers begründet noch der insoweit gestellte Zahlungsantrag.

46

Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Zehrgeld gemäß SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 zu. Entgegen der Vorschrift der SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 enthält SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Sie regelt als Anspruchsvoraussetzung, dass der Arbeiter das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen kann, weil sein Arbeitsplatz zu weit von seiner Wohnung entfernt ist und zum zweiten die Überbringung an den Arbeitsplatz nicht zumutbar ist.

47

Insoweit ist ein festes Zehrgeld in Höhe von 4,49 DM pro Tag tarifvertraglich geregelt.

48

Wenn die Regelung der Anlage SR Nr. 10 Abs. 6 keinen Regelungsinhalt mehr hat und zudem ausweislich des Wortlautes des Absatz 6 die pauschale Reisekostenvergütungeinschließlich Zehrgeld gezahlt wird, so haben die Tarifvertragsparteien hiermit geregelt, dass der Anspruch aus Absatz 4 nicht gesondert zu vergüten ist, sofern die Pauschvergütung gezahlt wird. Kann diese aber nicht mehr gezahlt werden und auch durch das Arbeitsgericht inhaltlich nicht ausgefüllt werden, die Zahlung der 50,- DM monatlich durch die Beklagte damit eine freiwillige Leistung darstellt, mithin letztlich keine Sonderregelung für Streckenwarte bezüglich der Art und Weise der Bezahlung mehr vorhanden ist, so ist auf die Vorschrift des Absatzes 4 zurückzugreifen, da das Zehrgeld nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ausdrücklich gezahlt werden sollte, auch im Rahmen der Pauschvergütung mit abgegolten sein sollte.

49

Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen aufgrund der Art seiner Tätigkeit. Er ist mit einem LKW der Beklagten von Montag bis Donnerstag unterwegs und kann angesichts der kurzen Mittagspause von 1/2 Stunde das Mittagessen nicht zu Hause einnehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Überbringung des Mittagessens durch eine dritte Person an den Arbeitsplatz des Klägers zumutbar wäre, da nicht von vornherein feststeht, an welchem Ort die Pause gemacht wird.

50

Der Kläger hat damit für die Tage von Montag bis Donnerstag, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, einen Anspruch in Höhe von 4,49 DM.

51

Insoweit ist der Feststellungsantrag des Klägers bezüglich der Zahlung des Zehrgeldes begründet.

52

Nicht ersichtlich ist allerdings, inwieweit dem Kläger angesichts der Art seiner Tätigkeit ein Wegegeld zustehen könnte, da er nicht mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs ist. Die Anspruchsvoraussetzungen hierfür hat der Kläger nicht dargelegt. Insoweit war die Berufung zurückzuweisen.

53

Eine Geltendmachung des Anspruches ist jedoch nicht durch die ursprüngliche Geltendmachung des Anspruchs des Klägers erfolgt. Hierin hat der Kläger lediglich die Reisekostenpauschale gemäß der Reisekostenstufe A geltend gemacht und dabei ausdrücklich auf SR 2 a Nr. 10 Abs. 6 zum MTArb hingewiesen.

54

Der Kläger hatte aber gemäß § 72 MTArb seinen Anspruch innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen.

55

Sinn und Zweck der Verfallfrist ist, im Rechtsleben eine möglichst große Sicherheit im Zusammenhang mit Erhebung von Ansprüchen der Arbeitsvertragsparteien zu erzielen und bezüglich solcher Ansprüche schnellstens Klarheit zu schaffen. Die Gegenseite soll sich innerhalb einer zeitnahen Frist darauf einstellen können, dass noch Ansprüche verfolgt werden.

56

Wie bereits ausgeführt, erhält jedoch SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 eine eigenständige Anspruchsgrundlage auf Zehrgeld für Straßenbauarbeiter aufgrund der Besonderheit seiner Arbeit. Das Zehrgeld ist nicht pauschal, sondern spitz abzurechnen, so dass insoweit Aufzeichnungen darüber geführt werden müssen, an welchen Tagen ein solcher Anspruch auf Zehrgeld entstanden sein kann. Dieses kann durchaus monatlich unterschiedlich aufgrund von Urlaubs- und Krankenzeiten oder aufgrund von Besonderheiten bei der Arbeitszeit sein.

57

Im Bereich der Pauschalvergütung, brauchte die Beklagte entsprechende Unterlagen nicht zu führen. Wenn der Kläger deshalb einen Anspruch nach der eigenständigen Anspruchsgrundlage der SR 2 a Nr. 10 Abs. 4 gegenüber der Beklagten geltend machen wollte, so hätte er dieses ausdrücklich gegenüber der Beklagten tun müssen, damit diese sich auf die insoweit geänderten Abrechnungsmodalitäten einstellen konnte.

58

Der Kläger macht mit der Klage einen Feststellungsantrag bezüglich des Zehrgeldes ab dem 01.01.1999 geltend.

59

Der Kläger hat seine Ansprüche erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.1999 geltend gemacht.

60

Ein Zahlungsanspruch kann deshalb rückwirkend nur für die vorausgegangenen 6 Monate dem Kläger zustehen. Da der Kläger aber für das Jahr 1998 lediglich pauschal angegeben hat, an wieviel Tagen er im Jahr insgesamt Anspruch auf ein Zehrgeld hat, konnte die Kammer nicht ermitteln, welche anteiligen Ansprüche für das Jahr 1998 tatsächlich bestehen. Insoweit konnte das Landesarbeitsgericht lediglich ein Teil-Urteil bezüglich des Feststellungsantrages zugunsten des Klägers machen und musste sich im übrigen wegen des Zahlungsanspruches vertagen und dem Kläger aufgeben, entsprechende Angaben zu machen.

61

Nach alledem war die Berufung des Klägers bezüglich der Pauschvergütung zurückzuweisen. Bezüglich des Zehrgeldes war festzustellen, dass dem Kläger ein solcher Anspruch über den 31.12.1998 zusteht. Bezüglich des Zahlungsanspruches auf Zehrgeld war die Entscheidung dem Schluss-Urteil vorzubehalten.

62

Die Kostenentscheidung war dem Schluss-Urteil vorzubehalten, da nur insgesamt über die Kosten einheitlich entschieden werden kann.

63

Die Revisionszulassung folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG.