Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.03.1999, Az.: 16 Ta 103/99

Gewährung von Prozesskostenhilfe bei Bezug von Arbeitslosenhilfe

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
22.03.1999
Aktenzeichen
16 Ta 103/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 18704
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1999:0322.16TA103.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Linden - 28.01.1999 - AZ: 1 Ca 109/97

In dem Rechtsstreit

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lingen vom 28.01.1999, AZ: 1 Ca 109/97, aufgehoben.

Gründe

1

Der Kläger begehrte mit der Klage Zahlung von Vergütung sowie Herausgabe von Arbeitspapieren. Im Termin vom 15.04.1997 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Gleichzeitig wurde dem Kläger ab 24.02.1997 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz ohne Ratenzahlung bewilligt unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. Mit einer Vielzahl von Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, ein aktuelles Vermögensverzeichnis vorzulegen zur Prüfung der Frage, ob sich die Vermögensverhältnisse des Klägers geändert haben. Schliesslich legte der Kläger eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Datum vor mit einem Anschreiben vom 13.09.1998, in dem er mitteilte, dass er nicht in der Lage sei, alle Belege beizufügen und um Geduld bitte. Der Kläger wurde daraufhin erneut mit Schreiben vom 19.10.1998 um Einreichung eines Einkommensnachweises gebeten sowie um Mitteilung, in welcher Höhe monatlich auf die Verbindlichkeiten gezahlt wird. Der Kläger wurde erneut mit Schreiben vom 28.12.1998 erinnert. Ihm ... wurde mitgeteilt, dass für den Fall, dass die Unterlagen nicht bis 20.01.1999 vorliegen, mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe unter Einziehung der verauslagten Kosten zu rechnen sei. Schliesslich wurde mit Beschluss vom 28.01.1999 die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Insoweit wird auf den Beschluss vom 28.01.1999 (Bl. 9 d. PKH-Akten) verwiesen.

2

Gegen diesen Beschluss legte der Kläger mit Schriftsatz vom 12.02.1999 Beschwerde ein mit der Begründung, er habe erst im Januar des Jahres einen Arbeitslosenhilfebescheid bekommen und fügte diesen der Beschwerde bei.

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Das Arbeitsgericht Lingen legte die Beschwerde zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht vor.

4

Die Beschwerde ist zulässig und begründet, weil der Kläger aufgrund seiner Einkommensverhältnisse nicht in der Lage ist, die Kosten des Prozesses zu tragen.

5

Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen nach dem Prozesskostenhilfebeschluss ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichtes hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist, auch nach Verfahrensende. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist nur ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

6

Da der Kläger Arbeitslosenhilfe bezieht und es sich hierbei um eine staatliche Leistung handelt, die vergleichbar ist der Sozialhilfe, ergibt sich aus den §§ 114, 115 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG, dass nicht ausreichende Einkünfte in Geld oder Geldeswert vorhanden sind, um die Prozesskosten durch den Kläger bestreiten zu können. Auch aus der Höhe der tatsächlich gezahlten Arbeitslosenhilfe ergibt sich unter Berücksichtigung des § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufgrund der Tatsache, dass der Kläger unterhaltspflichtig ist für drei Personen unter zusätzlicher Berücksichtigung der Wohnkosten, dass von einem einzusetzenden Einkommen nicht ausgegangen werden kann.

7

Auch aus der Gewährung der Arbeitslosenhilfe ergibt sich, dass dem Kläger weitere Einnahmen nicht zustehen, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach der Vermögenslage des Klägers nach wie vor gegeben sind.

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Die Sanktion des § 124 Abs. 2 ZPO, wonach das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben kann, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht abgegeben hat, greift vorliegend nicht.

9

Zum einen hat der Kläger vorgetragen, dass er den Aufforderungen des Gerichtes nicht hat früher nachkommen können, weil der Änderungsbescheid erst vom 19.01.1998 datiert und nicht früher zur Verfügung gestellt werden konnte.

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Zum anderen aber ergibt sich dieses aus der Tatsache, dass das Arbeitsgericht nicht den Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern ausschließlich den Kläger selbst zur Abgabe seiner Erklärungen aufgefordert hat. Der Kläger war im gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte für diesen einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten des Klägers bezieht sich deshalb, wie aus § 81 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG ersichtlich ist, auch auf die zu dem Rechtsstreit zugehörigen und diesen betreffenden Prozesshandlungen, so dass auch das Prozesskostenhilfeverfahren von der Vollmacht abgedeckt ist. Beabsichtigt das Gericht deshalb, gemäß § 120 Abs. 4 ZPO vorzugehen und den Prozesskostenhilfebeschluss abzuändern, so hat es jedenfalls aufgrund nachwirkender Vollmacht den Prozessbevollmächtigten des Klägers einzuschalten. Dieses ist jedoch vorliegend nicht geschehen. Der Prozessbevollmächtigte hat sich selbst nach Erlass des Beschlusses vom 28.01.1999 erneut zu den Gerichtsakten gemeldet, Beschwerde eingelegt und die nötigen Unterlagen vorgelegt. Aus diesem Grunde kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er zunächst auf die Aufforderungen des Gerichtes nicht reagiert hat, weil er daruf vertrauen durfte, dass auch sein Prozessbevollmächtigter im Rahmen der erteilten Vollmacht vom Gericht eingeschaltet wird. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige, unvollständige oder gar keine Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat.

11

Da zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe durch das Landesarbeitsgericht nach Einschaltung des Prozessbevollmächtigten nunmehr die entsprechenden Unterlagen vorliegen, waren diese nach wie vor vom Landesarbeitsgericht zu beachten. Aus diesem Grunde war auf die Beschwerde des Klägers der Beschluss des Arbeitsgerichts Lingen aufzuheben, so dass die Gewährung der Prozesskostenhilfe fortläuft.

12

Da die Beschwerde erfolgreich war, ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei.

13

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ein Rechtsmittel nicht gegeben.