Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.1999, Az.: 13 Sa 755/98
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.02.1999
- Aktenzeichen
- 13 Sa 755/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 33134
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0209.13SA755.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Oldenburg/Oldenburg - 25.02.1998 - AZ: 6 Ca 101/97
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 09.02.99 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht . und die ehrenamtlichen Richter und .
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 25.2.1998, 6 Ca 101/97, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1 055,25 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob im Krankheitsfall Anspruch auf 80 % oder 100 % Entgeltfortzahlung besteht. Die Klägerin begehrt mit Klage Zahlung von 206,40 DM brutto restliche Entgeltfortzahlung für 8 Arbeitsunfähigkeitstage aus Oktober und November 1996. Mit Anschlussberufung macht sie geltend weitere 848,85 DM brutto für 2 Arbeitsunfähigkeitstage aus April 1997, 3 Arbeitsunfähigkeitstage aus September 1997, 14 Arbeitsunfähigkeitstage aus Januar 1998 und 5 Arbeitsunfähigkeitstage aus Februar 1998.
Die Klägerin ist Angestellte, nach Arbeitsvertrag und kraft Tarifbindung findet der Manteltarifvertrag für Angestellte des Verkehrsgewerbes Niedersachsen vom 23.5.1996 Anwendung, seit dem 1.4.1997 kraft Nachwirkung.
§ 10 Nr. 2 MTV-Angestellte enthält folgende Regelung:
In Fällen unverschuldeter, mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit ist das Gehalt für ein von einem Versicherungsträger bewilligtes Heilverfahren bis zur Dauer/von 6 Wochen weiterzuzahlen, jedoch nicht über das Beschäftigungsverhältnis hinaus.
Die Beklagte, die für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer die Tarifverträge des Verkehrsgewerbes Niedersachsen anwendet, zahlt seit dem 1.10.1996 an alle Beschäftigten nur 80 % Entgeltfortzahlung. Zur Höhe des streitigen Entgeltfortzahlungsanspruchs wird das vorliegende Verfahren als Pilotverfahren betrieben.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 10 Nr. 2 MTV-Angestellte regele nicht nur die Gehaltsfortzahlung für ein bewilligtes Heilverfahren, sondern auch die Gehaltsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit. Dies ergebe eine Auslegung der Vorschrift. Für Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bestehe damit eine eigenständige tarifliche Regelung, die Anspruch auf Gehaltsfortzahlung in voller Höhe gewähre.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 206,40 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit 1.12.1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die fragliche tarifliche Vorschrift befasse sich nur mit Gehaltsfortzahlung bei einem Heilverfahren, sie sei nicht missverständlich, sondern vom Wortlaut her eindeutig.
Das Arbeitsgericht hat Tarifauskünfte eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Das Arbeitsgericht hat nach Klageantrag erkannt, auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit Berufung wiederholt die Beklagte ihre erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung und meint ausserdem, auch bei anderer Auslegung beinhalte die Vorschrift nur eine inhaltliche Wiedergabe der gesetzlichen Vorschriften. Von einer vom Gesetz abweichenden konstitutiven Regelung könne nicht ausgegangen werden. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg zum AZ 6 Ca 101/97 vom 25.2.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 848,85 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, § 10 Nr. 2 MW-Angestellte stelle eine konstitutive tarifliche Regelung dar und gewähre damit Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung. Im übrigen bestehe für gewerbliche Arbeitnehmer nach Tarifvertrag ein Anspruch auf 100 %ige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Insoweit sei auf das Gleichheitsprinzip zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten abzustellen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 518, 519 ZPO. Die Anschlussberufung der Klägerin ist gemäß § 521 ff ZPO zulässig. Die Berufung ist begründet und führt zur Klageabweisung, die Anschlussberufung war zurückzuweisen.
§ 10 Nr. 2 MTV-Angestellte gewährt keinen Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung. Dabei kann unterstellt werden, dass die Vorschrift nach Auslegung so zu lesen ist, dass bei unverschuldeter, mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit und bei einem Heilverfahren das Gehalt für die Dauer von 6 Wochen weiterzuzahlen ist. § 10 Nr. 2 MTV-Angestellte stellt auch dann keine eigenständige tarifliche Regelung dar, die abweichend vom § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf 100 % Gehaltsfortzahlung gewährt.
Nach der Rechtsprechung des BAG (z. B. EzA § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz Tarifvertrag Nr. 2 und Nr. 3) greift die gesetzliche Neuregelung der Entgeltfortzahlung zum 1.10.1996 nicht in bestehende tarifliche Ansprüche ein. Voraussetzung für einen tariflichen Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung ist aber, dass der Tarifvertrag nicht nur eine deklaratorische Regelung enthält, sondern eine eigenständige (konstitutive) Regelung der Entgeltfortzahlung. Verweisen tarifliche Bestimmungen lediglich auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, fehlt typischerweise ein eigenständiger Regelungswille der Tarivertragsparteien. In diesen Fällen bedarf es besonders deutlicher Anhaltspunkte im Tarifvertrag dafür, dass gleichwohl Regelungswille bestand. Bei wortgleicher oder inhaltsgleicher Übernahme einschlägiger gesetzlicher Vorschriften spricht der Tarifwortlaut nicht gegen das Bestehen eines Regelungswillens, so dass weniger strenge Anforderungen an den Ausdruck dieses Willens zu stellen sind. Insbesondere für Tarifverträge, die eine Bezugnahme auf gesetzliche Entgeltfortzahlungsvorschriften enthalten, hat das BAG wiederholt eine eigenständige tarifliche Regelung verneint (z. B. Urteile vom 26.8.1998, 5 AZR 527/98 und 5 AZR 15/98; Urteil vom 11.11.1998, 5 AZR 270/98; Urteil vom 25.11.1998, 5 AZR 443/98).
Eine Auslegung des Tarifvertrages ergibt, dass § 10 Nr. 2 MTV-Angestellte nur eine deklaratorische, inhaltsgleiche Wiedergabe von § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlung bzw. vorher § 616 Abs. 2 BGB enthält. Bereits im Wortlaut kommt nicht klar zum Ausdruck, ob Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit und Heilverfahren oder nur Gehaltsfortzahlung für Heilverfahren geregelt ist. Bereits insoweit ist eine Auslegung des Tarifvertrages erforderlich. Geht man von einer Regelung, Gehaltsfortzahlung bis zur Dauer von 6 Wochen bei Arbeitsunfähigkeit, aus, so ist damit lediglich der Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zusammengefasst wiedergegeben. Darüber hinaus finden sich keine Anhaltspunkte im Tarifvertrag für eine eigenständige Regelung der Gehaltsfortzahlung. Soweit es heißt, dass das Gehalt fortzuzahlen ist, ist die Höhe nicht näher bestimmt, besondere Berechnungsvorschriften fehlen. Für die Höhe gilt damit das gesetzliche Entgeltausfallprinzip. Die Regelung unter Nr. 2 ist außerdem zu sehen im Zusammenhang mit § 10 Nr. 1, wo detailliert Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit geregelt sind. Gerade dieser tarifliche Zusammenhang spricht dafür, dass in Nr. 2 nur als Annex und zur Vervollständigung ein Hinweis auf die 6wöchige gesetzliche Gehaltsfortzahlungspflicht aufgenommen werden sollte. Es liegt damit lediglich eine inhaltsgleiche Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften vor, ein eigenständiger Regelungswille der Tarifvertragsparteien ist nicht erkennbar, so dass gemäß § 10 Nr. 2 MTV-Angestellte kein Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung besteht.
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht deshalb begründet, weil nach dem Tarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung besteht. Vielmehr ist die entsprechende Regelung für gewerbliche Arbeitnehmer wegen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 GG unwirksam. Da die Beklagte weder Arbeitern noch Angestellten 100 % Entgeltfortzahlung gewährt, besteht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung.
Der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes Niedersachsen vom 23.5.1996 regelt in § 11 Anzeige und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit übereinstimmend mit § 10 Nr. 1 MTV-Angestellte. Sodann ist in § 12 u. a. bestimmt:
Das Urlaubsentgelt, Krankengeld und Entgelt bei Arbeitsverhinderung (§§ 9, 10 und 11) wird nach dem durchschnittlichen Jahresbruttoverdienst des vorangegangenen Kalenderjahres berechnet, erhöht um die zwischenzeitlich eingetretene Tariflohnveränderung. Bei der Berechnung des Bruttojahresverdienstes bleiben unberücksichtigt .
Das tägliche Entgelt wird errechnet, indem der Bruttojahresverdienst durch 260 geteilt wird. Arbeitnehmer, die noch kein volles Kalenderjahr dem Betrieb angehören, erhalten als Entgelt den Betrag, den sie verdienen würden, wenn sie keinen Urlaub hätten (Lohnausfallprinzip § 2 Lohnfortzahlungsgesetz).
Die Regelung in § 12 MTV-Arbeiter enthält eine eigenständige tarifliche Regelung mit dem Ergebnis, dass das fortzuzahlende Entgelt 100 % beträgt, es handelt sich nicht nur um eine Regelung über die Bemessungsgrundlage für das fortzuzahlende Entgelt i. S. des § 4 Abs. 4 Entgeltfortzahlungsgesetz.
Im Urteil vom 26.8.1998, 5 AZR 740/97 (ähnlich Urteil vom 26.8.1998, 5 AZR 796/97) hat das BAG zu einer tariflichen Regelung, nach der Lohnfortzahlung nach Lohnfortzahlungsgesetz zu gewähren war und die Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts gesondert und detailliert geregelt war, entschieden, dass es sich um eine insgesamt eigenständige Regelung der Entgeltfortzahlung handele. Mit der Verknüpfung von Berechnungsmethode und Berechnungsgrundlage mit einem bestimmten Divisor (65) hätten die Tarifvertragsparteien dabei zwangsläufig auch die Höhe der täglichen Entgeltfortzahlung mit 100 % der entsprechenden Vergütung festgelegt. Im Urteil vom 21.10.1998, 5 AZR 155/98, hat das BAG entschieden über eine tarifliche Vorschrift, wonach die detaillierte Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts eingeleitet war mit folgender Bestimmung: "Für gewerbliche Arbeitnehmer, die einen Anspruch auf Lohnfortzahlung . haben, berechnet sich die Lohnfortzahlung gemäß § 2 Ziff. 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes wie folgt:". In diesem Fall hat das BAG angenommen, dass es sich um eine reine Berechnungsvorschrift im Rahmen des gesetzlichen Anspruchs handele, nicht um eine eigenständige Regelung auf 100 % Entgeltfortzahlung.
§ 12 MTV-Arbeiter bestimmt, dass für die Berechnung der Entgeltfortzahlung der durchschnittliche Jahresbruttoverdienst zugrunde zu legen ist, das tägliche Entgelt wird errechnet mit Hilfe des Divisors 260. Das täglich fortzuzahlende Entgelt ist damit durch detaillierte Regelung konkret bestimmt. Es handelt sich um eine eigenständige tarifliche Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung, es wird nicht nur die Bemessungsgrundlage festgelegt. Dies folgt auch daraus, dass diese Berechnung gilt für Urlaubsentgelt, Krankengeld und Entgelt bei Arbeitsverhinderung. Für gewerbliche Arbeitnehmer besteht danach gemäß § 12 MTV-Arbeiter, berechnet nach festgelegten Regelungen, Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung.
Diese unterschiedliche Entgeltfortzahlungsregelung für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer in den Tarifverträgen verstößt gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG, an den auch die Tarifvertragsparteien gebunden sind. Zwar haben die Tarifvertragsparteien eine Ungleichbehandlung nicht beabsichtigt, zum Zeitpunkt der Tarifabschlüsse bestand nach zwingendem Entgeltfortzahlungsgesetz für Arbeiter und Angestellte Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung. Durch Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes zum 1.10.1996 ist aber aufgrund der unterschiedlichen tariflichen Regelungen festzustellen, dass gewerbliche Arbeitnehmer Anspruch auf 100 % Entgeltfortzahlung haben, Angestellte auf 80 % Entgeltfortzahlung. Darin ist ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG zu sehen, weil sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung nicht ersichtlich sind. Zwar bestehen für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe Niedersachen unterschiedliche Tarifwerke und unterschiedliche Tarif Systeme, die Entgeltfortzahlung knüpft aber an an unverschuldete Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit. Sie deckt das Entgeltrisiko bei Krankheit ab, insofern ist eine Differenzierung zwischen Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern sachfremd und nicht zu rechtfertigen.
Aus dem Verstoß gegen den Gleichheitssatz folgt aber vorliegend kein Anspruch für die Klägerin, also für Angestellte.
Soweit Arbeitnehmer nach Tarifvertrag von tariflichen Leistungen unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ausgenommen sind, kann allein der Anspruchsausschluß teilnichtig sein mit der Folge, dass die benachteiligte Arbeitnehmergruppe Anspruch unmittelbar aus Tarifvertrag hat. Ebenso kann ein Anspruch der benachteiligten Gruppe bejaht werden, wenn eine Auslegung des Tarifvertrages ergibt, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der Gleichheitswidrigkeit auch der benachteiligten Gruppe den Anspruch gewährt hätten. Kann ein solcher hypothetischer Regelungswille der Tarifvertragsparteien aber nicht festgestellt werden, so ist die gleichheitswidrig begünstigende Norm wegen Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG nichtig und kann deshalb auch der benachteiligten Gruppe keinen Anspruch gewähren (zur ähnlichen Problematik des Zuschusses zum Kurzarbeitergeld: BAG EzA Artikel 3 GG, Nr. 55).
Die Ungleichbehandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten nach den Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Niedersachsen ist nicht entstanden durch bewusste tarifliche Regelungen der Tarifvertragsparteien, sie ist durch Gesetzesänderung herbeigeführt worden. Welche Regelung die Tarifvertragsparteien getroffen hätten bei Kenntnis der Gesetzesänderung, lässt sich nicht ermitteln. Ein irgendwie gearteter hypothetischer Wille der Tarifvertragsparteien lässt sich nicht feststellen. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der Gleichheitswidrigkeit auch den Angestellten 100 % Entgeltfortzahlung gewährt hätten. Die Regelung in § 12 MTV-Arbeiter ist damit, soweit sie Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 %, nicht nur 80 %, betrifft, wegen Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG nichtig.
Die Beklagte hat nicht nur für Angestellte, sondern auch für gewerbliche Arbeitnehmer seit 1.10.1996 nur 80 % Entgeltfortzahlung gezahlt, sie hat damit Arbeiter und Angestellte gleichbehandelt. Zur Sicherstellung des Gleichheitssatzes für die Vergangenheit (dazu BAG EzA Artikel 3 GG, Nr. 55) ist es deshalb nicht erforderlich, der Klägerin Anspruch auf 100 % Gehaltsfortzahlung zuzubilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes auf § 3 ZPO. Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.