Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.05.1999, Az.: 16a Sa 2078/98
Anspruch einer studentischen Aushilfe als Kassiererin / Verkäuferin auf Zahlung des Entgelts einer Vollzeitarbeitnehmerin
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 11.05.1999
- Aktenzeichen
- 16a Sa 2078/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 17745
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0511.16A.SA2078.98.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 16a. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 11.05.1999
durch
die Direktorin des Arbeitsgerichts ... und
die ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 14.05.1998 - 10 Ca 315/97 - wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
- 3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht Ansprüche auf Zahlung des Entgelts, das die bei der Beklagten beschäftigten Vollzeitarbeitnehmer erhalten, geltend.
Die Klägerin ist Studentin der Rechtswissenschaft. Sie war von März 1994 bis zum 18. August 1996 als teilzeitbeschäftigte Kassiererin/Verkäuferin in der von der Beklagten betriebenen Tankstelle tätig. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Niedersachsen vom 11. August 1993 (künftig: MTV). Dieser bestimmt:
§ 4 a - Aushilfen
1.
Die Einstellung zur Aushilfe muß ausdrücklich vereinbart sein. ... Wird das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt, so wird es zu einem Dauerarbeitsverhältnis.§ 14 - Verwirkung von Ansprüchen
...2.
Gegenseitige Ansprüche alle Art. aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Ausschlußfrist von 3 Monaten seit Fälligkeit schriftlich geltend zu machen.
...3.
Unter die Verfallklausel fallen nicht solche Ansprüche eines Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers gegen einen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, die auf eine strafbare Handlung oder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB gestützt werden. Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften.
Die Klägerin arbeitete seit September 1994 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zwischen 75 und 134 Stunden monatlich. Neben der Klägerin beschäftigte die Beklagte Arbeitnehmer im Rahmen von geringfügigen Arbeitsverhältnissen und Vollzeitarbeitnehmer, die sämtlich wie die Klägerin keine einschlägige Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann oder Tankwart aufwiesen, sondern angelernt waren. Hinsichtlich der Höhe der den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern gezahlten Vergütung differenziert die Beklagte, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Mai 1999 erklärt hat, allein danach, ob diese fest angestellt oder lediglich Aushilfen sind. Als festangestellt sieht sie nur Arbeitnehmer mit festen Arbeitszeiten an, als Aushilfen alle Arbeitnehmer, deren Arbeitszeiteinteilung sich wie die der Klägerin flexibel nach dem jeweils gültigen Schichtplan richtet, ohne daß eine vertragliche Arbeitszeit bestimmt war. Nur Vollzeitbeschäftigte haben feste Arbeitszeiten. Die Klägerin erhielt wie alle Aushilfen einen Stundenlohn von 12,00 DM brutto, seit September 1995 von 13,00 DM brutto, jeweils zuzüglich eines Zuschlags von 3,00 DM für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit. Der Zuschlag wurde ab Januar 1996 auf 3,25 DM je Stunde erhöht. Den festangestellten Vollzeitbeschäftigten, zu denen, wie die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 1999 unstreitig gestellt haben, die Arbeitnehmerinnen ... gehörten, zahlte die Beklagte bis August 1995 einen Stundenlohn von 14,00 DM brutto zuzüglich eines Zuschlags von 3,50 DM für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit, ab September 1995 von 15,00 DM brutto zuzüglich eines Zuschlags von 3,75 DM.
Die Klägerin begehrt für die Zeit von September 1994 bis zum 18. August 1996 die Differenz zwischen der ihr gezahlten und der Vergütung der Vollzeitbeschäftigten in rechnerisch unstreitiger Höhe von 5.418,00 DM brutto. Diesen Anspruch machte sie gegenüber der Beklagten dem Grunde nach mit Schreiben vom 10. Februar 1997 geltend und bezifferte ihn mit Schreiben vom 28. Februar 1997. Soweit die Klägerin erstinstanzlich auf Rückzahlung von 150,00 DM Lohn, die wegen Kassenfehlbeständen einbehalten worden waren, geklagt hat, hat sie die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 1999 zurückgenommen.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei mit den in Teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen ... vergleichbar, die im wöchentlichen Wechsel die Nachtschichten durchführten. Ein sachlicher Grund dafür, daß sie eine geringere Vergütung erhalten habe als diese Arbeitnehmer innen, liege nicht vor. Hinsichtlich der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf ihre Ausführungen in den Schriftsätzen vom 14. Juli 1997 (Bl. 38-40 d.A.) sowie vom 22. September 1997 (Bl. 47-51 d.A.) Bezug genommen. Soweit die Verfallklausel des MTV die Durchsetzung ihrer Ansprüche an sich hindern würde, sei an die Stelle der verfallenen Ansprüche ein Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung in derselben Höhe getreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 5.418,00 DM brutto sowie 150,00 DM netto nebst 4% Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 20. März 1997 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Klägerin könne als Aushilfskraft nicht dieselbe Vergütung wie die festangestellten Mitarbeiter beanspruchen, weil diese ihre Arbeitszeit anders als die Klägerin nicht selbst bestimmen könnten. Frau ... hätten auch andere Aufgaben als die Klägerin. Insoweit wird auf ihre Ausführungen in den Schriftsätzen vom 5. August 1997 (Bl. 42 f. d.A.) und 25. März 1998 (Bl. 52 f. d.A.) Bezug genommen. Jedenfalls seien die Zahlungsansprüche der Klägerin verfallen.
Durch das der Klägerin am 21. August 1998 zugestellte Urteil vom 14. Mai 1998 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 begründe keinen Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, da es sich nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele. Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die Klägerin bei gleicher Qualifikation die gleiche Arbeit wie die übrigen Teilzeit- und Vollzeitarbeitskräfte der Beklagten verrichtet hätte, seien ihre Ansprüche daher verfristet.
Hiergegen richtet sich die am 16. September 1998 eingelegte und mittels eines am 15. Oktober 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor, sie habe Arbeiten verrichtet, die denen der Vollzeitbeschäftigten gleichwertig gewesen seien. Auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 25. März 1999 (Bl. 109-114 d.A.) wird Bezug genommen. Ihre soziale Lage als Studentin rechtfertige ihre geringere Vergütung nicht. Da auch die Vollzeitbeschäftigten keine andere Qualifikation aufwiesen als die Klägerin, liege für die Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund vor. Ihre Zahlungsansprüche seien auch nicht verfallen. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 solle ausweislich der Gesetzesmaterialien die Teilzeitbeschäftigten vor einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Vollzeitbeschäftigten individuell schützen und sei daher ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 14. Mai 1998 - 10 Ca 315/97 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.418,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 20. März 1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin sei mit den Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern nicht vergleichbar. Auf den Schriftsatz vom 1. März 1999 (Bl. 105 f. d.A.) wird insoweit verwiesen. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, weil eine Verletzung dieser Norm nur einen vertraglichen Anspruch, nicht aber eine deliktische Haftung begründen könne. Die Zahlungsansprüche der Klägerin seien daher jedenfalls verfallen.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 1999 (Bl. 120-122 d.A.) wird Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und im Rahmen des zuletzt gestellten Antrags auch ausreichend begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte (§ 612 Abs. 2 BGB) ist verfallen (§ 14 Ziffer 2 MTV). § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Ein Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985), der den tariflichen Ausschlußfristen nicht unterliegt (§ 14 Ziffer 3 MTV), besteht daher nicht.
I.
Der Klägerin stand derselbe Stundenlohn wie den bei der Beklagten beschäftigten Vollzeitbeschäftigten zu. Die mit ihr getroffene Vergütungsabrede verstieß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und war daher nichtig (§ 134 BGB). An die Stelle der nichtigen Vergütungsvereinbarung trat als übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte. Die sich daraus ergebenden Vergütungsansprüche sind jedoch verfallen.
1.
a)
Nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeit gegenüber einem Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist damit eine besondere Ausprägung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Voraussetzung für ein Eingreifen dieser Norm ist daher, daß Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte vergleichbar sind. Vergleichbar sind zunächst Arbeitnehmer, deren Tätigkeit vergleichbar ist. Der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer ist jedoch dann weiter zu ziehen, wenn der Arbeitgeber selbst ein Vergütungssystem aufstellt oder anwendet, das nicht nur Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit erfaßt. Wendet der Arbeitgeber daher auf alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer allgemeine Vergütungsgrundsätze an, die auch die Tätigkeit der Teilzeitkraft erfassen, so kann diese nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 eine anteilige Vergütung nach diesen Vergütungsgrundsätzen auch dann verlangen, wenn es vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit nicht gibt. Arbeitnehmer sind damit bereits dann vergleichbar im Sinne von § 2 Abs. 1 BeschFG 1985, wenn das vom Arbeitgeber angewandte Regelwerk ihre verschiedenen Tätigkeiten erfaßt (BAG, 12.01.1994, 5 AZR 6/93, AP Nr. 112 zu § 242 BGB - Gleichbehandlung <B IV 1 d.Gr.>). Eine Ungleichbehandlung von Teilzeitarbeitnehmern, die nach diesen Maßstäben mit Vollzeitbeschäftigten vergleichbar sind, "wegen der Teilzeitarbeit" liegt immer dann vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft (BAG, 29.01.1992, 5 AZR 518/90, AP Nr. 18 zu § 2 BeschFG 1985 <B II 3 b d.Gr.>).
b)
Bei Anwendung dieser Grundsätze war die Klägerin mit den bei der Beklagten beschäftigten Vollzeitbeschäftigten vergleichbar und ist wegen der Teilzeitarbeit ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt worden.
aa)
Die Klägerin war mit den bei der Beklagten tätigen Vollzeitbeschäftigten vergleichbar. Dabei kann dahinstehen, ob sie Tätigkeiten verrichtet hat, die mit denen der Vollzeitbeschäftigten, insbesondere denen der Arbeitnehmerinnen ... vergleichbar waren. Die Beklagte wendet nämlich ein Vergütungssystem an, das die Tätigkeit aller bei ihr beschäftigter Arbeitnehmer erfaßt. Sie differenziert hinsichtlich der Höhe der den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern gezahlten Vergütung allein danach, ob diese fest angestellt oder lediglich Aushilfen sind. Als festangestellt sieht sie nur Arbeitnehmer mit festen Arbeitszeiten an, als Aushilfen alle Arbeitnehmer, deren Arbeitszeiteinteilung sich wie bei der Klägerin flexibel nach dem jeweils gültigen Schichtplan richten, ohne daß eine vertragliche Arbeitszeit bestimmt ist. Nur Vollzeitbeschäftigte haben jedoch feste Arbeitszeiten und sind damit festangestellt. Dieses Vergütungssystem erfaßt auch die Tätigkeit der Klägerin als teilzeitbeschäftigte Verkäuferin. Hätte es eine Vollzeitkraft mit der Tätigkeit der Klägerin gegeben, hätte diese Anspruch auf Bezahlung nach dem allgemeinen Vergütungssystem der Beklagten gehabt und wäre - wie alle anderen Vollzeitbeschäftigten und damit in den Augen der Beklagten allein "Festangestellten" - mit einem um 2,00 DM brutto höheren Stundenlohn entlohnt worden.
bb)
Die Klägerin ist auch wegen der Teilzeitarbeit unterschiedlich behandelt worden. Die Beklagte behandelt nur die Teilzeitbeschäftigten schlechter. Alle Vollzeitbeschäftigten erhalten als Festangestellte die höhere Vergütung. Alleiniges Differenzierungskriterium ist damit die Dauer der Arbeitszeit.
cc)
Für die Ungleichbehandlung gibt es keine sachlichen Gründe.
(1)
Ob die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen ... vergleichbare Tätigkeiten wie die Klägerin ausübten, oder ob sie höherwertige Tätigkeiten verrichteten, die eine höhere Vergütung rechtfertigten (vgl. BAG, 19.08.1992, 5 AZR 513/91, AP Nr. 102 zu § 242 BGB - Gleichbehandlung <II 3 b aa d.Gr.>), kann auch in diesem Zusammenhang dahinstehen.
Soweit die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen hat, sie werde gegenüber anderen Teilzeitbeschäftigten, nämlich den Arbeitnehmerinnen ... ungleich behandelt und dies im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils wiedergegeben ist (Bl. 61 d.A.), steht allerdings die Bindungswirkung des § 314 ZPO dem neuen Vortrag der Parteien, die Arbeitnehmer innen ... seien vollzeitbeschäftigt, nicht entgegen. Vor dem Berufungsgericht wird der Rechtsstreit in den durch die Anträge bestimmten Grenzen neu verhandelt (§ 525 ZPO). § 314 ZPO entfaltet für das Berufungsgericht daher keine Bindungswirkung dahin, daß neuer Tatsachenvortrag der Parteien nicht zu prüfen wäre (BGH, 20.05.1992, IV ZR 105/91, NJW-RR 1992, S. 1214 <1 d.Gr.>). Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 1999 unstreitig gestellt, daß die Arbeitnehmerinnen ... vollzeitbeschäftigt waren. Auch die Verspätungsvorschrift des § 67 ArbGG steht daher der Berücksichtigung dieses Vorbringens nicht entgegen.
Die Beklagte hat gerade nicht nach dem Inhalt der Tätigkeiten der einzelnen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer differenziert, sondern allein danach, ob diese feste oder flexible Arbeitszeiten hatten. Sie hat nicht nur den Arbeitnehmerinnen ... aufgrund ihrer Tätigkeit, sondern allen bei ihr beschäftigten vollzeitbeschäftigten unabhängig von ihrer jeweiligen Tätigkeit allein wegen ihrer festen Arbeitszeiten ein höheres Entgelt gezahlt. Auch die Klägerin hätte bei einer mit festen Arbeitszeiten verbundenen Vollzeitbeschäftigung damit bei unveränderter Tätigkeit einen um 2,00 DM brutto höheren Stundenlohn erhalten. An diesen von ihr selbst aufgestellten Differenzierungskriterien muß sich die Beklagte festhalten lassen.
(2)
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte Aushilfskräften ohne Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 eine niedrigere Vergütung zahlen kann. Die Klägerin war im streitbefangenen Zeitraum länger als drei Monate bei der Beklagten beschäftigt und daher keine Aushilfskraft mehr (§ 4 a Ziffer 1 Satz 3 MTV).
(3)
Die der Klägerin als Teilzeitbeschäftigter gewährte größere Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung ist kein Grund für eine geringere Entlohnung (BAG, 12.06.1996, 5 AZR 960/94, AP Nr. 4 zu § 611 BGB - Werkstudent <II 3 a d.Gr.>).
c)
Die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsabrede verstieß damit gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und war daher nichtig (§ 134 BGB). An die Stelle der nichtigen Vergütungsvereinbarung trat als übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte (vgl. BAG, 26.05.1993, 4 AZR 461/92, AP Nr. 2 zu § 612 BGB) - Diskriminierung <A III 2 b d.Gr.>.
2.
Die sich daraus ergebenden Vergütungsansprüche der Klägerin sind jedoch verfallen (§ 14 Ziffer 2 MTV). Die Klägerin hat diese Ansprüche nicht innerhalb von drei Monaten nach jeweiliger Fälligkeit, sondern erstmals im Februar 1997 geltend gemacht.
II.
Der Klägerin steht auch kein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 zu, der gemäß § 14 Ziffer 3 MTV von der tariflichen Ausschlußfrist nicht erfaßt wird. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist entgegen der vom BAG im Urteil vom 12. Juni 1996 (AP Nr. 4 zu § 611 BGB - Werkstudent <II 4 d.Gr.>) vertretenen Ansicht kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
1.
Für die Annahme eines Schutzgesetzes ist erforderlich, daß der Inhalt der Norm nach dem Willen des Gesetzgebers auch einem gezielten Individualschutz dient und gegen eine näher bestimmte Art. der Schädigung gerichtet ist. Stets muß in umfassender Würdigung des Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, geprüft werden, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, 29.06.1982, VI ZR 33/81, BGHZ 84, 312 <II 2 d.Gr.> m.w.N.). Die Prüfung, ob ein Gesetz einen solchen individuell begünstigenden Schutzzweck besitzt, muß daher letztlich immer direkt auf die Frage ausgerichtet sein, ob die Schaffung eines individuellen Schadenersatzanspruches, auch soweit dies nicht schon erkennbar vom Gesetz erstrebt wird, sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint. Nur so läßt sich die Tendenz zu einer Haftungserweiterung auf alle Vermögensschäden über den Umweg des § 823 Abs. 2 BGB, durch die die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine allgemeine Haftung für Vermögensschäden unterlaufen wird, vermeiden (BGH, 08.06.1976, VI ZR 50/75, BGHZ 66, 388 <1 b bb d.Gr.>).
Ein Schutzgesetz liegt also nur dann vor, wenn der Gesetzgeber beabsichtigte, an eine Verletzung der Norm gerade einen individuellen deliktischen Schadenersatzanspruch zu knüpfen oder wenn bei mangelnder Erkennbarkeit eines derartigen gesetzgeberischen Willens ein solcher Schadenersatzanspruch sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems geboten erscheint (vgl. auch BGH, 05.02.1980, VI ZR 169/79, NJW 1980, S. 1792 <II 2 b bb d.Gr.>, ebenso MK-Mertens, BGB, 3. Aufl. 1997, § 823, Rz. 162).
2.
§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gewährt den Teilzeitbeschäftigten, die gegenüber Vollzeitbeschäftigten ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden, zwar einen individualrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung. Der Gesetzgeber wollte den betroffenen Teilzeitbeschäftigten aber keinen deliktischen Schadenersatzanspruch gewähren.
a)
Das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 sollte zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen und so die schwierige Beschäftigungslage verbessern. Dazu sollte die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen gefördert werden. Teilzeitarbeit sollte sozial verträglicher gestaltet werden, so daß auf diese Weise zu ihrer weiteren Ausbreitung beigetragen wurde. Durch einen besseren arbeitsrechtlichen Schutz sollte Teilzeitarbeit auch für Vollzeitbeschäftigte, insbesondere Männer, attraktiv gemacht werden. Eine umfassende gesetzliche Regelung der Teilzeitarbeit hielt der Gesetzgeber dabei für entbehrlich, weil der angestrebte Zweck bereits durch ein Gesetz erreicht werden konnte, das sich auf die notwendigen Vorschriften zum Schutz von Teilzeitbeschäftigten in den Bereichen beschränkte, in denen sich in der Praxis ein besonderes Schutzbedürfnis ergeben hatte. Teilzeitarbeit wurde deshalb arbeitsrechtlich grundsätzlich ebenso abgesichert wie Vollzeitarbeit. Teilzeitbeschäftigte sollten im Arbeitsverhältnis vor einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Vollzeitbeschäftigten geschützt werden. Durch eine derartige wirksame arbeitsrechtliche Absicherung der Teilzeitarbeit sollte Vollzeitbeschäftigten der Übergang zur Teilzeitarbeit erleichtert werden (Entwurf des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 der Bundesregierung vom 11.10.1984, BTDrucks 10/2102, A I 2 und A II 2 a und b der Begründung, S. 14, 16 f.).
b)
§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 sollte damit den Teilzeitbeschäftigten einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Vollzeitbeschäftigten gewähren, um so Vollzeitbeschäftigten den Wechsel in ein Teilzeitarbeitsverhältnis zu erleichtern und damit das vorrangige beschäftigungspolitische Ziel des Beschäftigungsförderungsgesetzes der Vermehrung von Arbeitsplätzen umzusetzen. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gewährt den Teilzeitarbeitnehmern damit zwar einen arbeitsrechtlichen, also vertraglichen, Individualschutz. Ein weitergehender Wille des Gesetzgebers, den Teilzeitbeschäftigten gerade einen deliktischen Schadenersatzanspruch zu gewähren, läßt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Im Gegenteil sollte danach den Teilzeitbeschäftigten lediglich ein besserer arbeitsrechtlicher Schutz gewährt werden und dieser Schutz der Teilzeitbeschäftigten auf das zur Erreichung des beschäftigungspolitischen Zwecks des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985 erforderliche Mindestmaß beschränkt werden.
c)
Angesichts dieses eindeutigen Willen des Gesetzgebers, kommt eine Prüfung, ob die deliktische Einstandspflicht des Arbeitgebers, der gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 verstößt, sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems geboten ist oder ob die schützenswerten Interessen des Geschädigten ausreichend anderweitig abgesichert sind (vgl. dazu BGH, NJW 1980, S. 1792 [BGH 05.02.1980 - VI ZR 169/79]<II 2 b bb d.Gr.>; BGHZ, 84, 312 <II 4 b d.Gr.>), nicht in Betracht. Es lag eindeutig nicht in der Tendenz des Gesetzgebers, an die Verletzung des Gebots zur Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten eine deliktische Einstandspflicht zu knüpfen.
d)
§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gewährt damit Teilzeitbeschäftigten, die gegenüber Vollzeitbeschäftigten ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden, lediglich einen vertraglichen Anspruch auf Gleichbehandlung, insbesondere Zahlung der anteiligen Vergütung der Vollzeitkräfte, nicht aber einen deliktischen Schadenersatzanspruch und ist daher kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (im Ergebnis ebenso ErfKomm-Preis, § 2 BeschFG, Rz. 3; Adomeit, NJW 1997, S. 2295 <I 1 a.E.>).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.