Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.05.1999, Az.: 5 Sa 2389/98
Klage eines Arbeitnehmers (Arzt) gegen die vom Arbeitgeber ausgesprochene ordentliche (fristlgemäße) und außerordentliche (fristlose) Kündigung; Vorliegen einer ordnungsgemäßen Beteiligung des örtlichen Personalrats
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 31.05.1999
- Aktenzeichen
- 5 Sa 2389/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 17822
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0531.5SA2389.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 171 UmwG
- § 131 UmwG
- § 613a Abs. 1 BGB
- § 324 UmwG
- § 15 Abs. 2 KSchG
- § 108 BPersVG
In dem Rechtsstreitverfahren
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht D.,
der ehrenamtlichen Richterin ... und
des ehrenamtlichen Richters ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 22. September 1998 - 2 Ca 67/98 - in der Kostenentscheidung und insoweit geändert, als die Klage abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die ausserordentliche Kündigung des Beklagten vom 19. Mai 1998 nicht beendet worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche und ausserordentliche Kündigung des Beklagten vom 19. Mai 1998 beendet worden ist.
Der am 25. Januar 1952 geborene Kläger war seit dem 01. Juli 1982 in dem Regiebetrieb ... als Arzt tätig. Am 17. Februar 1997 beschloss der Kreistag des Beklagten, das ... eine GmbH umzuwandeln. Am 19. Dezember 1997 wurde der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet. Die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister erfolgte im September 1998.
Am 30. Dezember 1997 unterzeichneten die gesetzlichen Vertreter des Beklagten und der Geschäftsführer ... er errichteten, aber noch nicht eingetragenen ... GmbH folgende "Nutzungsüberlassungsabrede" (Fotokopie Bl. 16 d.A.):
Der Kreistag des ... hat beschlossen, daß der Landkreis den Regiebetrieb ... Stadtoldendorf als Gesamtheit ... auf die ... gegen Gewährung eines Geschäftsanteils überträgt.
Der Landkreis und die in Gründung befindliche GmbH (nachfolgend GmbH) sind übereingekommen, daß die GmbH bereits zum 01.01.98 die betriebliche Verantwortung für das Krankenhaus übernimmt. Dadurch wollen sich Landkreis und GmbH so stellen, als ob die Ausgliederung rechtlich und wirtschaftlich bereits zum 01.01.98 wirksam würde. Demgemäß überläßt der Landkreis der GmbH mit Wirkung zum 01.01.98, 0 Uhr, (Stichtag) das gesamte bewegliche ... Regiebetriebes zum Betrieb im eigenen Namen. Der Landkreis überläßt den Betrieb, wie er steht und liegt mit allen dazugehörigen Verträgen, Konzessionen, Erfahrungen, Verbindlichkeiten usw. Zum Stichtag gehen die tatsächliche Sachherrschaft und die Verkehrssicherungspflicht über. Die GmbH tritt mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.98 - wenn es möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, auch mit rechtlicher Wirkung zum genannten Zeitpunkt - in alle laufenden Verträge einschließlich Vertragsangebote des Landkreises ... des ....
Ein Nutzungsentgelt wird nicht vereinbart.
Am 12. Januar 1998 unterzeichneten die gesetzlichen Vertreter des Beklagten und der Geschäftsführer ... einen "Personalüberleitungsvertrag" (Fotokopie Bl. 19 bis 21 d.A.), der u. a. folgende Bestimmungen enthält:
§ 1 Gegenstand des Vertrages
(1)
Der Landkreis hat den Regiebetrieb ... (im folgenden "Kreiskrankenhaus" genannt) gemäß § 168 Umwandlungsgesetz (UmwG) im Wege der Ausgliederung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Der vorliegende Vertrag regelt die Überleitung der beim Kreiskrankenhaus Beschäftigten im Rahmen der Ausgliederung.(2)
Die Gesellschaft verpflichtet sich, die bei dem Kreiskrankenhaus tätigen Betriebsangehörigen weiter zu beschäftigen und die versorgungsberechtigten ehemaligen Bediensteten sowie ihre Hinterbliebenen zu versorgen. Den Namen der betroffenen Personen ergeben sich aus der Anlage zu diesem Vertrag.(3)
Landkreis und Gesellschaft sind sich darüber einig, daß dem genannten Personenkreis durch die Überleitung keine Rechtsnachteile entstehen dürfen. Im einzelnen gelten die nachfolgenden Regelungen.§ 2 Eintritt in die Dienst-, Arbeits- und Ausbildungsverträge sowie in sonstige Regelungen
(1)
Die Gesellschaft tritt in alle Dienst- und Arbeitsverträge mit den Beschäftigten des Kreiskrankenhauses ein, für die am Stichtag (§ 6) bei dem Kreiskrankenhaus ein Beschäftigungsverhältnis besteht.§ 6 Stichtag
Stichtag im Sinne dieses Vertrages ist der 01.01.1998, 0 Uhr. § 7Übergangsbestimmungen
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß der am Stichtag amtierende Personalrat des Kreiskrankenhauses bis zur Konstituierung eines Betriebsrates, längstens für die Dauer von sechs Monaten ab dem Stichtag, für den auf die Gesellschaft übergegangenen Krankenhausbetrieb die Rechte und Pflichten eines Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahrnimmt.
Der Personalrat wird von den Vertragspartnern für befugt angesehen, die erforderlichen Maßnahmen zur Einleitung von Betriebsratswahlen, insbesondere die Bestellung des Wahlvorstandes bereits vor dem Zeitpunkt des Übergangs des Krankenhausbetriebes auf die Gesellschaft als neuem Rechtsträger zu ergreifen und dabei die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der dazu erlassenen Wahlordnung anzuwenden.
Mit Schreiben vom 19. Mai 1998 (Fotokopie Bl. 49 ff. d.A.) kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
Außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrter ...
hiermit kündige ich das zwischen Ihnen und dem ... bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum 31.12.1998.Begründung
Mit Schreiben vom 23.12.1997 habe ich Sie unterrichtet, daß Ihr Arbeitsverhältnis beim ... Wirkung vom 01.01.1998 auf die Krankenhaus C. GmbH übergeht. Mit Schreiben vom 29.12.1997 haben Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen. Mit Wirkung vom 01.01.1998 wollten Sie auf der ab diesem Zeitpunkt vakanten Arztstelle im hiesigen Gesundheitsamt weiterbeschäftigt werden. Auf diese Stelle hatten Sie sich aufgrund der öffentlichen Ausschreibung bereits beworben. Ihnen wurde anläßlich eines persönlichen Gesprächs am 29.12.1997 erklärt, daß die Verwaltung sich vorstellen könnte, Sie auf dieser Stelle zu beschäftigen, diese Entscheidung aber in der Zuständigkeit des Kreisausschusses liege, der erst nach Ablauf der noch festzulegenden Widerspruchsfrist für die Beschäftigten des ... entscheiden sollte. Für alle Beschäftigten des ..., soweit sie nicht bereits widersprochen hatten, wurde die Erklärungsfrist für einen Widerspruch bis zum 20. Februar 1998 festgelegt. Am 26. Januar 1998 wurden die Beschäftigten über Ihr Widerspruchsrecht gegen die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses und der sich daraus ergebenden möglichen arbeitsrechtlichen Folgen unterrichtet. Ihnen habe ich die Einladung zu dieser Informationsveranstaltung lediglich zur Kenntnis gereicht, weil verwaltungsseitig in Aussicht genommen war. Sie im hiesigen Gesundheitsamt zu beschäftigen. Diejenigen Beschäftigten, die bereits vor der Informationsveranstaltung der Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen hatten, wurden über die möglichen Folgen ihres Widerspruchs aufgeklärt; ihnen wurde die Möglichkeit eingeräumt, ihren Widerspruch bis zum 20.02.1998 zu widerrufen. Unmittelbar nach Ablauf der Widerspruchsfrist hat sich der Kreisausschuß in seiner Sitzung am 23.02.1998 mit der Angelegenheit befaßt und in Ihrem Fall entschieden, vorrangig an dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Arztstelle im Gesundheitsamt festzuhalten. Diese Stelle war mit folgendem Stellenprofil öffentlich ausgeschrieben worden:
- Medizinaloberrätin/Medizinaloberrat (Besoldungsgruppe A 14)
- Funktion der/des stellvertretenden Amtsärztin/Amtsarztes im Gesundheitsamt
- Promovierte Fachärztin/promovierter Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen mit mehrjähriger ÖGD-Erfahrung
- Führung der Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" sowie EDV-Kenntnisse sind besonders vorteilhaft.Sie sind kein Arzt für öffentliches Gesundheitswesen. Eine Ausbildung zum Arzt für öffentliches Gesundheitswesen wäre in Ihrem Fall noch nach altem Recht durchzuführen. Danach besteht die Weiterbildung aus einer zweijährigen ärztlichen Tätigkeit in der kurativen Medizin, die Sie aufgrund Ihrer beruflichen Tätigkeit bereits erfüllt haben. Ferner einem halben Jahr in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einem sozialpsychiatrischen Dienst, wobei davon auszugehen ist, daß drei Monate beim sozialpsychiatrischen Dienst im hiesigen Gesundheitsamt und drei Monate im Landeskrankenhaus abzuleisten wären. Weiterhin wäre eine ärztliche Tätigkeit von zwei Jahren im öffentlichen Gesundheitswesen und zum Abschluß eine erfolgreiche Teilnahme an einem sechsmonatigen Kurs an der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen nachzuweisen. Somit könnten Sie die Facharztanerkennung für öffentliches Gesundheitswesen frühestens nach drei Jahren erlangen.
Ihre Weiterbildung zum Arzt für öffentliches Gesundheitswesen wäre auch unter Würdigung Ihrer Interessen für den Landkreis Holzminden nicht zumutbar. Da Sie auch keine mehrjährige ÖGD-Erfahrung auf weisen können, entsprechen Sie damit aus mehreren Gründen nicht den vom Kreisausschuß nunmehr endgültig festgelegten Anforderungen an diese Stelle. Ein anderer geeigneter Arbeitsplatz ist beim Landkreis Holzminden nicht zu besetzen, deshalb ist eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht gegeben.
Nach dem Personalüberleitungsvertrag zwischen dem... den und der Krankenhaus ... GmbH wäre Ihr Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen mit der Krankenhaus ... GmbH fortgesetzt worden. Sie haben dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund widersprochen. Die vage Chance auf einen anderen Arbeitsplatz beim bisherigen Arbeitgeber stellt keinen sachlich-objektiven Grund für einen Widerspruch dar. Eine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz entfällt daher.
Sie waren Mitglied des örtlichen Personalrats beim ... und des Gesamtpersonalrats beim .... Nach § 41 Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz in Verbindung mit § 15 Kündigungsschutzgesetz unterliegen Personalratsmitglieder grundsätzlich einem nachwirkenden Kündigungsschutz. Nach § 15 Abs. 5 Kündigungsschutzgesetz sind Personalratsmitglieder, die in einer Betriebsabteilung beschäftigt werden, die stillgelegt wird, in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet nach § 15 Abs. 5 Kündigungsschutzgesetz auf ihre Kündigung § 15 Abs. 4 Kündigungsschutzgesetzüber die Kündigung bei Stillegung eines Betriebs sinngemäß Anwendung. Das Kreiskrankenhaus ... war Betriebsabteilung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes und wurde durch die Umwandlung in eine GmbH als Betriebsabteilung des Gesamtbetriebes Landkreis ... stillgelegt. Eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betriebsteil des Landkreises Holzminden ist, wie zuvor ausgeführt, nicht möglich. In diesem Fall ist die Kündigung frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß die Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Stillegung im Sinne dieser Vorschrift ist die arbeitsrechtliche Stillegung, diese erfolgte mit der Überleitung der Beschäftigten zum 01.01.1998. Mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1998 werden Ihre Rechte als Personalratsmitglied nach dem Kündigungsschutzgesetz gewahrt.
Zwischenzeitlich war die Frist für eine Rücknahme bereits erfolgter Widersprüche gegen die Überleitung von Arbeitsverhältnissen abgelaufen. Ferner hatte die Verwaltung Ihnen gegenüber signalisiert, dem Kreisausschuß Ihre Beschäftigung im Gesundheitsamt zu empfehlen. Deshalb hat der Kreisausschuß, wie auch für andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschlossen, zur Vermeidung einer Kündigung Ihnen Gelegenheit zu geben, den Widerspruch gegen den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zurückzunehmen und für den Fall, daß das nicht geschieht, die außerordentliche Kündigung auszusprechen. Sie haben spontan erklärt, daß Sie an dem Widerspruch festhalten werden und haben letztlich von dem Ihnen am 24.02.1998 bis zum 26.02.1998 eingeräumten Widerrufsrecht auch keinen Gebrauch gemacht.
Der Personalrat beim ... wurde entsprechend der Vorschriften des Nds. Personalvertretungsgesetzesüber die Mitbestimmung bei einer ordentlichen Kündigung beteiligt.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, weil der Beklagte den Personalrat des Kreiskrankenhauses und den Gesamtpersonalrat nicht beteiligt habe. Die Zustimmung des Personalrats beim Landkreis ... zu der ordentlichen Kündigung und das Benehmen zu der ordentlichen Kündigung reichten nicht. Auch habe er anderweitig weiterbeschäftigt werden können.
Der Beklagte meint, am 01. Januar 1998 habe ein Betriebsübergang stattgefunden. Eine Zuständigkeit des Personalrats des ehemaligen K. und des Gesamtpersonalrats sei für die infolge ihres Widerspruchs bei dem Beklagten verbliebenen Arbeitnehmer mit Ablauf des Jahres 1997 nicht mehr gegeben gewesen.
Zur Darstellung der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im 1. Rechtszug wird auf das Arbeitsgericht Hildesheim vom 22. September 1998 (Bl. 118 bis 131 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 10. März 1998 nicht zum 30. September 1998 aufgelöst worden ist, und im übrigen die Klage abgewiesen, den Parteien die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 66.000,00 DM festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 19. Mai 1998 zum 31. Dezember 1998 aufgelöst worden. Die Kündigung sei auch unter Berücksichtigung des Sonderkündigungsschutzes nach § 15 Abs. 2 KSchG gemäß § 15 Abs. 4 KSchG gerechtfertigt. Zur Darstellung der näheren Begründung dieser Feststellung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Beteiligung des Personalrats sei nicht zu beanstanden. Die Zustimmung des Personalrats, dem der Kläger angehört habe, sei gemäss § 108 BPersVG nicht erforderlich gewesen, weil die außerordentliche Kündigung nur anstelle der tariflich ausgeschlossenen ordentlichen Kündigung getreten sei.
Beteiligt worden sei weiterhin auch der zuständige Personalrat.
Dem Personalrat des Krankenhauses habe zwar nach § 7 des Personalüberleitungsvertrages ein Restmandat zugestanden. Es gehe aber nicht um eine Kündigung von seiten der Krankenhaus GmbH. Zudem wäre auch bei einer Kündigung vor Betriebsübergang nicht der Personalrat des Krankenhauses, sondern der Gesamtpersonalrat nach § 80 Nds. PersVG zu beteiligen gewesen.
Bei der Kündigung vom 19. Mai 1998 sei jedoch nicht der Gesamtpersonalrat, sondern der Personalrat der Stammdienststelle zu beteiligen gewesen. Es könne dahinstehen, ob die Beteiligung des Gesamtpersonalrats bereits daran scheitern würde, dass nach dem Betriebsübergang die Voraussetzungen für seine Bildung nach § 49 Nds. PersVG nicht mehr gegeben gewesen sein; denn jedenfalls habe kein Grund für eine Beteiligung des Gesamtpersonalrats nach § 80 Nds. PersVG bestanden. Nach seinem Widerspruch sei der Kläger der Stammdienststelle zugeordnet gewesen.
Die nach den §§ 65 Abs. 2 Nr. 9, 68 Abs. 1 Nds. PersVG erforderliche Zustimmung des Personalrats vom 14. Mai 1998 habe der Beklagte dargelegt, ohne dass der Kläger dem entgegengetreten sei.
Gegen dieses Urteil, das ihr am 30. September 1998 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit einem am 28. Oktober 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die er, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Dezember 1998 verlängert worden war, mit einem am 23. Dezember 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten begründet hat.
Der Kläger meint, der Beklagte habe den falschen Personalrat angehört. Es hätte der Gesamtpersonalrat unter Beteiligung des örtlichen Hauspersonalrats des Kreiskrankenhauses nach § 80 Nds. PersVG beteiligt werden müssen. Die Anhörung des Personalrats der Stammdienststelle sei rechtswidrig gewesen. Die Beteiligungsbefugnis des Personalrats werde durch das Repräsentationsprinzip beschränkt. Die Personalvertretung könne nicht an Massnahmen beteiligt werden, die Personen betreffen, die nicht zu ihrer Wählerschaft gehörten. Genau das sei hier der Fall gewesen. Der Personalrat der Stammdienststelle werde nicht von Arbeitnehmern des Kreiskrankenhauses gewählt. Die Arbeitnehmer würden also nicht von diesem Personalrat repräsentiert.
Ausserdem verstosse das Verfahren des Personalrats der Stammdienststelle gegen § 79 Abs. 4 Nds. PersVG. Eine Stellungnahme des örtlichen Personalrats des Kreiskrankenhauses sei nicht eingeholt worden. Die Beteiligung des örtlichen Personalrats des Kreiskrankenhauses sei auch sinnvoll, da der Personalrat der Stammdienststelle ... keinen Bezug zu dem selbständigen Betriebsteil des Kreiskrankenhauses habe. Es habe daher zusätzlicher Informationen des örtlichen Personalrats bedurft.
Dem stehe nicht entgegen, dass nach Auffassung des Arbeitsgerichts nach erfolgtem Widerspruch der Kläger der Stammdienststelle zugeordnet worden sei. Es hätten drei Arbeitnehmer, ... und der Kläger, dem Betriebsübergang widersprochen. Es verbleibe eine eigenständige Rumpfbetriebsabteilung. Der Kläger sei also weiterhin dem Kreiskrankenhaus (Rumpfbetrieb) zugeordnet.
Zur Darstellung weiterer Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung des Klägers nebst Anlagen vom 23. Dezember 1998 (Bl. 151 bis 165 d.A.) und auf den Schriftsatz vom 14. Mai 1999 nebst Anlagen (Bl. 188 bis 220 f.d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 22. September 1998 zu ändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ausserordentliche Kündigung des Beklagten vom 19. Mai 1998 mit Wirkung zum 31. Dezember 1998 beendet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungserwiderung vom 28. Januar 1999 (Bl. 166 d.A.), auf die im übrigen Bezug genommen wird, wird ausgeführt, vor der Kündigung des Klägers ist der Personalrat ordnungsgemäß gehört worden.
Nach dem Widerspruch des Klägers gegen die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf die ... GmbH habe das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Landkreis fortbestanden. Zugeordnet sei der Kläger dem beklagten Landkreis als seiner Stammdienststelle gewesen. Eine "Rumpfbetriebsabteilung" ... mit drei Mitarbeitern und eigenem Personalrat habe nicht bestanden.
Das Übergangsmandat für den Personalrat des sei zugunsten der Mitarbeiter ... beurteilt worden und habe bis zur Betriebsratswahl im Juni 1998 Bestand gehabt. Bis dahin habe der Personalrat die Rechte und Pflichten eines Betriebsrates wahrnehmen können (§ 7 des Überleitungsvertrages). Die Personalratsfunktion gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber, dem beklagten Landkreis, sei mit dem Betriebsübergang erloschen. Der Kläger habe infolge seines Widerspruchs nicht zu dem Mitarbeitern der GmbH gehört, wodurch der Personalrat für seine Belange nicht zuständig gewesen sei.
Für die Kündigung seitens der Stammdienststelle sei der Personalrat der Stammdienststelle zu beteiligen gewesen. Dies sei ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung geschehen. Der Personalrat sei in dem Schreiben darum gebeten worden, der außerordentlichen Kündigung entsprechend den Vorschriften über die Mitbestimmung einer ordentlichen Kündigung (§§ 65, 68 ff. Nds. Personalvertretungsgesetz) zuzustimmen. Der Personalrat habe in seiner Sitzung am 13. Mai 1998 der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt.
Der Gesamtpersonalrat sei - soweit die Voraussetzungen zur Bildung eines Gesamtpersonalrates noch vorgelegen hätten - gemäß § 80 Abs. 1 Nds. Personalvertretungsgesetz nicht zu beteiligen gewesen, da die Kündigung ausschließlich den Bereich der Stammdienststelle betroffen habe. Im übrigen gebe es seit Dezember 1997 keinen Gesamtpersonalrat mehr. Die letzte Sitzung des Gesamtpersonalrats habe im Dezember 1997 stattgefunden.
Der Personalrat des Krankenhauses wäre, so meint der Beklagte weiter, nur dann zu beteiligen gewesen, wenn eine Kündigung seitens der GmbH ausgesprochen worden wäre. Dies sei nicht geschehen. Das Repräsentationsprinzip sei daher bei der Personalratsbeteiligung nicht verletzt worden. Die Interessen des Klägers hätten von dem Personalrat der GmbH nicht mehr wahrgenommen werden können. Dieser Personalrat sei nicht zu beteiligen gewesen.
Gründe
Die aufgrund der Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist damit zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit der Parteien unzutreffend entschieden, soweit es die Klage abgewiesen hat.
Die Kündigung ist bereits deswegen unwirksam, weil der Beklagte nicht den örtlichen Personalrat des ... dessen Mitglied der Kläger zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung war, vor Ausspruch der Kündigung beteiligt hat. Der Beklagte und ihm folgend das Arbeitsgericht verkennen, dass die Wirkungen der Ausgliederung des Regiebetriebs ... noch nicht am 01. Januar 1998 eintreten konnten. Nach § 171 Umwandlungsgesetz (UmwG) treten die Wirkungen der Ausgliederung nach § 131 mit deren Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers oder mit der Eintragung des neuen Rechtsträgers ein. Die Eintragung der ... im Handelsregister ist erst im September 1998 erfolgt. Dem Beklagten war, wie sich aus der Nutzungsüberlassungsabrede ergibt, durchaus bewusst, dass die Ausgliederung erst nach dem 01. Januar 1998 wirksam werden würde. Das ergibt sich daraus, dass die Partner der Nutzungsüberlassungsabrede darin ausgeführt haben, durch die Übernahme der betrieblichen Verantwortung für das Krankenhaus durch die in Gründung befindliche GmbH hätten sich Landkreis und GmbH so stellen wollen, als ob die Ausgliederung rechtlich und wirtschaftlich bereits zum 01. Januar 1998 wirksam würde. Tatsächlich ist der von der Ausgegliederung erfaßte Teil des Vermögens einschliesslich der Verbindlichkeiten des Beklagten erst mit der Eintragung im Handelsregister auf die ... übergegangen (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Damit ist auch der Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 1 BGB erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 324 UmwG). Weder die Nutzungsüberlassungsabrede noch der Personalüberleitungsvertrag können einen Betriebsübergang auf die Vor-GmbH bereits zum 01. Januar 1998 bewirken. Sollten derartige Wirkungen beabsichtigt gewesen sein, wären sie als Verstoss gegen §§ 131, 171 UmwG nichtig (§ 134 BGB).
Da am 01. Januar 1998 ein Betriebsübergang gemäss § 613 a BGB noch nicht erfolgt ist, ist kein Grund ersichtlich, aus dem zu diesem Zeitpunkt die Existenz des örtlichen Personalrats des ... beendet sein könnte.
Der Umstand, dass sich der Beklagte in der Lage sah, ohne weiteres anzuordnen, der Kläger sei "weiterhin als Assistenzarzt im ... eingesetzt (Schreiben vom 29. Dezember 1997 - Fotokopie Bl. 86) zeigt im übrigen, daß er auch nach dem 31. Dezember 1997 darüber bestimmen konnte, wer im Krankenhaus arbeitete.
Demzufolge musste der Beklagte vor Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger die zuständige Personalvertretung, also den Personalrat beteiligen, dem der Kläger, der den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 2 KSchG geniesst, angehörte (§ 108 BPersVG). Der Umstand, dass die Beteiligung der Personalvertretung entsprechend den Regeln der Beteiligung bei einer ordentlichen Kündigung zu erfolgen hatte, ändert an der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats des ... nichts.
Die Kostentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Streitwert ist unverändert.
Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).