Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.08.1999, Az.: 11 Sa 815/99
Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 16.08.1999
- Aktenzeichen
- 11 Sa 815/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18701
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1999:0816.11SA815.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 04.03.1999 - AZ: 2 Ca 2303/98
Amtlicher Leitsatz
Eine Befristung nach dem Beschäftigungförderungsgesetz ist gemäß SR 2 y BAT nur wirksam, wenn sie als solche vereinbart und gemäß Protokollnotiz Ziffer 6a zu Nr. 1 SR 2 y BAT im Arbeitsvertrag angegeben wird.
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 16.08.1999
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht... und
die ehrenamtlichen Richter... und...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 04.03.1999 - 2 Ca 2303/98 - abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei dem Beklagten nicht mit Fristablauf zum 31.12.1998 beendet wird, sondern darüber hinaus unbefristet fortbesteht.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 10.237,00 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin war zunächst aufgrund Arbeitsvertrages vom 15.01.1997 seit dem 01.02.1997 befristet für die Zeit vom 01.02.1997 bis 30.04.1997 bei dem Beklagten als Pädagogin beschäftigt. Nachdem durch Vertrag vom 15.05.1997 das Arbeitsverhältnis bis zum 31.05.1997 verlängert worden war, vereinbarten die Parteien mit Vertrag vom 15.05.1997 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.06.1997 bis 31.12.1998. Außerdem vereinbarten die Parteien in § 2 dieses Arbeitsvertrages, daß der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in seiner jeweils für den Bund geltenden Fassung, mit Ausnahme der §§ 20, 37, 40, 44, 46, 53 Abs. 3 und 56 Anwendung findet.
Mit der am 17.02.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses sowie dessen Fortdauer über den 31.12.1998 hinaus geltend gemacht.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein sachlicher Grund für die Befristung habe nicht vorgelegen. Die Befristung sei auch nicht nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz zulässig, denn keiner der von ihr mit dem Beklagten abgeschlossenen Verträge enthalte einen Hinweis auf die Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes. Ein solcher Hinweis sei aber gemäß der Protokollnotiz 6 a zu Nr. 1 SR 2 y BAT erforderlich, um wirksam eine Befristung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz vereinbaren zu können.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht mit Fristablauf zum 31.12.1998 beendet wird, sondern darüber hinaus unbefristet fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Sonderregelung SR 2 y BAT sowie die entsprechenden Protokollnotizen fänden auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da es sich nicht um eine Regelung aus dem eigentlichen Tarifvertrag handele. Die Befristung sei auch ohne sachlichen Grund nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz wirksam. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin nach Ablauf der Befristung sei nicht gegeben.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 10.237,68 DM festgesetzt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zwar fände die Sonderregelung SR 2 y BAT auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, wie sich aus § 2 BAT ergebe, dessen Anwendbarkeit die Parteien im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen hätten. Die Befristung sei aber wirksam, da es sich um eine Befristung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz handele. Dem stehe nicht entgegen, daß im Arbeitsvertrag nicht angegeben sei, "daß nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz befristet werde. Zwar handele es sich bei der Protokollnotiz Nr. 6 zu Nr. 1 SR 2 y BAT um einen unmittelbaren Bestandteil des BAT. Danach hätte auch die Angabe der Befristung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz im Arbeitsvertrag erfolgen müssen. Das Unterlassen dieser Angabe allein führe aber nicht zur Unwirksamkeit der Befristung, denn insoweit handele es sich um eine bloße Formvorschrift. Sie habe lediglich den Zweck, dem Arbeitnehmer bewußt zu machen, daß der Arbeitgeber auch ohne sachlichen Grund für höchstens zwei Jahre eine befristetes Arbeitsverhältnis eingehen wolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei die Anwendung des Beschäftigungsförderungsgesetzes auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien möglich. Die Unwirksamkeit der Befristung ergebe sich auch nicht aus der Protokollnotiz Nr. 6 f. zu Nr. SR 2 y BAT, da diese den Arbeitgeber nur zur Prüfung verpflichte, ob eine unbefristete Weiterbeschäftigung möglich sei. Die Nichteinhaltung einer solchen Verpflichtung begründe keinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesen Befristungszeitraum hinaus.
Gegen dieses ihr am 25.03.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 26.04.1999, Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 28.06.1999 am 25.06.1999 begründet.
Sie ist weiter der Auffassung, daß gemäß § 2 BAT die Sonderregelung SR 2 y BAT Anwendung finde, da der BAT im Arbeitsvertrag vereinbart sei. Dementsprechend hätte sie nur befristet beschäftigt werden dürfen als Zeitangestellte, als Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellte. Dies hätte im Arbeitsvertrag vereinbart werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Die Befristung sei auch nicht nach § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz wirksam. Zwar könne gemäß Nr. 6 der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2 y BAT in Abweichung von der Protokollnotiz Nr. 1 bis zum 31.12.2000 auch nach § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz Arbeitsverhältnisses begründet werden. In einem solchen Fall sei jedoch im Arbeitsvertrag anzugeben, daß es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz handele. Dabei handele es sich nicht um eine bloße Formvorschrift, denn obwohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Angabe der Befristung nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz für eine solche Befristung im Arbeitsvertrag nicht erforderlich sei, hätten die Tarifvertragsparteien des Bundesangestelltentarifvertrages dieses ausdrücklich vorgeschrieben mit der Folge, daß die Nichteinhaltung der Formvorschrift zur Unwirksamkeit führe.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 04.03.1999 - 2 Ca 2303/98 - festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei dem Beklagten nicht mit Fristablauf zum 31.12.1998 beendet wird, sondern darüber hinaus unbefristet fortbesteht.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 26.07.1999 (Bl. 80 - 84 d. A.), auf den Bezug genommen wird.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch insgesamt zulässige Berufung ist begründet.
Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.1998 ist unwirksam mit der Folge, daß das Arbeitsverhältnisses nicht mit Fristablauf beendet worden ist.
Die Zulässigkeit der Befristung im Arbeitsvertrag der Parteien ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz, denn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind die Sonderregelung für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2 y BAT) anzuwenden.
Diese Sonderregelung ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar, denn die Parteien habe im letzten befristeten Arbeitsvertrag vom 15.05.1997 die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages in der jeweils für den Bund geltenden Fassung vereinbart mit Ausnahme einiger ausdrücklich aufgeführter Paragraphen. Der § 2 BAT ist im Arbeitsvertrag nicht ausgenommen worden. Nach § 2 BAT ist aber die Sonderregelung 2 y Bestandteil des Tarifvertrages.
Nach der Protokollnotiz Nr. 6 zu Nr. 1 der Anlage SR 2 y können zwar bis zum 31. Dezember 2000 abweichend von der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2 y BAT Arbeitsverhältnisse nach § 1 des Gesetzes über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung begründet werden. Nach der Protokollnotiz Ziff. 6 a ist aber im Arbeitsvertrag anzugeben, daß es sich um ein Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz handelt. Eine solche Angabe enthält der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag nicht.
Im Arbeitsvertrag ist nicht angegeben, daß es sich um ein Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz handelt. Unstreitig ist dies auch nicht mündlich vereinbart oder der Klägerin mitgeteilt worden.
Die Unterlassung der Angabe des Befristungsgrundes führt auch zur Unwirksamkeit der Befristung.
Zwar ist nach § 1 BeschFG die Wirksamkeit einer Befristung nicht davon abhängig, daß der Arbeitgeber bei Vertragsabschluß auf diese Norm zur Rechtfertigung der vereinbarten Befristung hinweist, denn dem Gesetz ist diese zusätzliche Voraussetzung nicht zu entnehmen (vgl. Urteil des BAG vom 08.12.1998 - 2 AZR 308/88 - in AP Nr. 6 zu § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 m. w. N.). Dies ist aber für den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages im Anwendungsbereich des BAT nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz anders, indem die Protokollnotiz Nr. 6 a Nr. 1 SR 2 y BAT bestimmt, daß für die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses nach § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz im Arbeitsvertrag anzugeben ist, daß es sich um ein Arbeitsverhältnis nach diesem Gesetz handelt.
Das Unterlassen der Angabe des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag führt zur Unwirksamkeit der Befristung, denn es handelte sich zum einen nicht um eine Soll- sondern um eine Ist-Vorschrift. Zum andern ergibt sich dies auch aus der Entstehungsgeschichte der Protokollnotiz.
Durch die Einführung der Protokollnotiz Nr. 6 ab 01.02.1996 aufgrund des 72. Änderungstarifvertrages zum BAT haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit geschaffen, befristete Arbeitsverhältnisse abweichend von der Maßgabe der Protokollnotiz Nr. 1 auch nach § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz zu begründen. Im Arbeitsvertrag, der gemäß § 4 Abs. 1 BAT schriftlich abgeschlossen wird, ist anzugeben, daß es sich um ein Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz handelt. Damit wollten die Tarifvertragsparteien offensichtlich hinsichtlich der Befristungsgrundform für den Arbeitsvertrag die Klarheit herstellen, die sie auch mit der Protokollnotiz Nr. 2 Abs. 1 zu Nr. 1 SR 2 y BAT bezwecken. Auch dort ist bestimmt, daß im Arbeitsvertrag zu vereinbaren ist, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien sollen diese Regelungen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienen (vgl. BAG Urteil vom 29.10.1998 in ZTR 1999, 221).
Dieser Normzweck erfordert es, daß der Arbeitgeber sich nicht auf Sachgründe der Befristung berufen kann, die einer Befristungsgrundform zuzuordnen sind, die im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde.
Die Tarifvertragsparteien haben zwar mit der Protokollnotiz 6 zu Nr. 1 SR 2 y BAT abweichend von der Protokollnotiz Nr. 1 bei Zeitangestellten für eine begrenzte Zeit eine Befristung auch ohne sachlichen Grund zugelassen. Sie haben es aber davon abhängig gemacht, daß dies im Arbeitsvertrag angegeben, also ein Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz zu vereinbart wird.
Der Beklagte hat für hier unstreitig nicht einmal mündlich bei Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages gegenüber der Klägerin erklärt, daß es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem Beschäftigungsförderungsgesetzes handelt. Ohne eine solche Vereinbarung ist jedoch der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz nach der Protokollnotiz 6 a zu Nr. 1 SR 2 y BAT nicht möglich mit der Folge, daß das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 72 Abs. 1 ArbGG.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 10.237,00 DM festgesetzt.
Milkau,
Hellriegel